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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Bremen
Urteil verkündet am 12.10.2006
Aktenzeichen: 1 K 181/05 (6)
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2
EStG 1999 § 52 Abs. 16 S. 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Bremen

1 K 181/05 (6)

Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensteuerbesteuerung 1999 und 2000

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht Bremen - 1. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 12. Oktober 2006 durch

den Präsidenten des Finanzgerichts Hoffmann als Vorsitzenden, den Richter am Finanzgericht Sieling-Wendt, den Richter am Finanzgericht Weber, den ehrenamtlichen Richter Herr Heitmann, den ehrenamtlichen Richter Herr Neuhaus

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Voraussetzungen einer voraussichtlich dauernden Wertminderung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (EStG 1999) und einer Rücklage im Sinne des § 52 Abs. 16 S. 7 EStG 1999 gegeben sind.

Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom ...1995 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschaftszweck darin besteht, nach Ablieferung des Tankers MT diesen zum Erwerb durch die Seeschifffahrt zu verwenden. Das Wirtschaftsjahr der Klägerin entspricht dem Kalenderjahr.

Zur Finanzierung des Schiffes verwendete die Klägerin zum einen Einlagen der Reeder in Höhe von TDM 10.203 und zum anderen ein Schiffshypothekendarlehen in Höhe von TDM 23.320. Die Laufzeit endet am 29.07.2010. Einen Teil des Darlehens nahm die Klägerin in amerikanischen Dollar (USD), den anderen Teil in japanischen Yen (JPY) auf. Da sich der Dollar-Kurs von der Aufnahme des Darlehens am 29.07.1996 bis zum 31.12.1996 von 1,5209 auf 1,5588 erhöhte, nahm die Klägerin eine höhere Bewertung in Höhe der eingetretenen Kursverluste von DM 290.693 vor. An den folgenden Bilanzstichtagen unterließ die Klägerin eine Anpassung der Darlehensverbindlichkeit an den veränderten Dollarkurs, da sie Einnahmen aus dem Unigas-Konsortium in US-Dollar erzielte, welche der Höhe nach den Tilgungsverpflichtungen entsprachen (geschlossene Position). Bei dem in japanischen Yen aufgenommenen Darlehen berücksichtigte die Klägerin im Rahmen der Abschlussbuchungen der Wirtschaftsjahre ab 1996 dagegen sowohl die eingetretenen Kursverluste durch eine höhere Bewertung der in JPY bestehenden Darlehensverbindlichkeit als auch die durch den gefallenen JPY-Kurs eingetretene Wertaufholung. Für die Entwicklung der Schiffshypothekendarlehen sowie ihre Bilanzierung in der Handelsbilanz der Klägerin wird auf die Anlage 1 zur Einspruchsentscheidung der Klägerin vom 14.10.2005 (Bl. 29 Gerichtsakte) verwiesen.

Am 02.07.2001 erließ der Beklagte einen der Erklärung entsprechenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1999 und am 17.04.2002 den entsprechenden Bescheid für 2000. Beide Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und im Hinblick auf das beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren hinsichtlich der Anwendung des § 32c EStG vorläufig.

In der Zeit vom 18.06.2002 bis 30.06.2004 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung Bremen eine Betriebsprüfung bei der Klägerin für Umsatzsteuer, Gewinnfeststellung, Gewerbesteuer, Feststellung des Vortrags wegen Gewerbeverlustes und Feststellung des Unterschiedsbetrages gemäß § 5a Abs. 4 EStG für 1997 bis 2000 durch.

In seinem Betriebsprüfungsbericht vom 23.09.2004 kam der Betriebsprüfer für die Bewertung der Schiffshypothekendarlehen unter Tz. 14 zu folgender Auffassung:

"...

Nach § 6 (1) 3 EStG sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung des § 6 (1) 2 EStG zu bewerten. Aufgrund der Änderungen zu § 6 (1) 2 EStG durch das StENtlG 1999/2000/2002 sind erstmals für den Bilanzstichtag 31.12.1999 Werterhöhungen bspw. bei Darlehenschulden nur dann auszuweisen, wenn diese Veränderungen voraussichtlich von Dauer sein werden.

Für das Kriterium der dauernden Wertminderung ist - bezogen auf die Restlaufzeit der Darlehensschulden am jeweiligen Bilanzstichtag - zu untersuchen, ob aus der Sicht eines sorgfältigen Kaufmanns mehr Gründe für oder gegen eine nachhaltige Wertveränderung sprechen und ob während eines erheblichen Teils des vorgesehenen restlichen Tilgungszeitraums diese Wertminderung oder Werterhöhung mit mehr als 50%iger Wahrscheinlichkeit Bestand haben wird.

Bei Schwankungen von Wechselkursen, die sich für die jeweilige Währung in der für sie üblichen Bandbreite bewegen, kommt eine Teilwertabschreibung nicht in Betracht.

..."

Zu den von dem Betriebsprüfer aufgrund seiner vorgenannten Auffassung vorgenommenen Bewertung der infrage stehenden Schiffshypothekendarlehen zu den Bewertungsstichtagen im einzelnen wird auf Tz. 14 des Betriebsprüfungsberichts vom 23.09.2004 (Sonderakte "sonstige Vorgänge") verwiesen.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Großbetriebsprüfung an, änderte entsprechend dem Bp-Bericht vom 23.09.2004 mit Bescheiden vom 22.11.2004 die Feststellungsbescheide vom 02.07.2001 für 1999 und vom 17.04.2002 für 2000 und hob den Vorbehalt der Nachprüfung jeweils auf.

Am 09.12.2004 legte die Klägerin Einsprüche gegen die geänderten Feststellungsbescheide 1999 und 2000 ein.

Die in dem BMF-Schreiben vom 12.08.2002 erwähnten Begriffe "Dauerhaftigkeit" und "Nachhaltigkeit" seien anders auszulegen, als es das BMF tue. Nach dem BMF-Schreiben liege Nachhaltigkeit als Grundvoraussetzung für Dauerhaftigkeit immer dann vor, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtages aufgrund objektiver Anzeichen ernsthaft hiermit gerechnet werden müsse. Es handele sich hier insoweit um eine Prognose aus der Sicht des Bilanzstichtages. Es könne somit nicht zutreffend sein, dass in einem großen Zeitabstand zum Bilanzstichtag lange Zeiträume in der Vergangenheit betrachtet würden, um eine Entscheidung über das Vorliegen der Dauerhaftigkeit einer Wertminderung zu einem bestimmten Bilanzstichtag zu treffen. Vielmehr müsse hilfsweise zur Konkretisierung der Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Dauerhaftigkeit ein Zeitraum nach dem Bilanzstichtag herangezogen werden, der spätestens mit dem nächsten Bilanzstichtag ende. An Hand der Kursentwicklung in diesem Zeitraum sei dann zu entscheiden, inwieweit eine Dauerhaftigkeit bzw. Nachhaltigkeit der Wechselkurserhöhung zum letzten vorangegangenen Bilanzstichtag angenommen werden könne.

Zu den Darlehen lasse sich deshalb folgendes feststellen:

Der Entstehungskurs des Yen-Darlehens habe DM 1,378001 / 100 JPY betragen. Der Bilanzstichtag zum 31.12.1999 habe DM 1,9124 / 100 JPY betragen. Der Stichtagskurs entspreche dem Bewertungskurs in der Handelsbilanz. Der niedrigste Tageskurs bis zum 31.12.2000 sei am 24.02.2000 mit DM 1,75370 / 100 JPY erreicht worden.

Der Bilanzstichtagskurs zum 31.12.2000 habe DM 1,8349 / 100 JPY betragen. Der Stichtagskurs entspreche dem Bewertungskurs in der Handelsbilanz. Der niedrigste Tageskurs bis zum 31.12.2001 sei am 28.12.2001 mit DM 1,68320 / 100 JPY erreicht worden.

Der Entstehungskurs des US-Dollar-Darlehens habe DM 1,52086 /1 USD-Dollar betragen. Der Bilanzstichtagskurs zum 31.12.1999 habe DM 1,9562 / 1 US-Dollar betragen. Die Bewertung des Darlehens in der Handelsbilanz sei mit dem Briefkurs zum 31.12.1996 erfolgt und betrage DM 1,5588 / 1 US-Dollar. Der niedrigste Tageskurs bis zum 31.12.2000 sei am 12.01.2000 mit DM 1,8930 / 1 US-Dollar erreicht worden.

Der Bilanzstichtagskurs zum 31.12.2000 habe DM 2,109394 / 1 US-Dollar betragen. Die Bewertung des Darlehens in der Handelsbilanz sei erfolgt mit dem Briefkurs zum 31.12.1996. Dieser betrage DM 1,5588 / 1 US-Dollar. Der niedrigste Tageskurs bis zum 31.12.2001 sei am 06.01.2001 mit DM 2,04240 / 1 US-Dollar erreicht worden.

Danach lasse sich feststellen, dass sowohl für die in US-Dollar als auch für die in JPY valutierenden Darlehen die Prognose einer dauerhaften Wertveränderung durch die Wechselkursentwicklung unterstützt werde. Deshalb habe nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Nr. 2 S. 2 EStG die Erhöhung auch mit steuerlicher Auswirkung zu erfolgen.

Für die nicht aufgrund einer dauernden Erhöhung des Wechselkurses eintretenden Kursdifferenzen könnte eine steuerfreie Rücklage nach § 52 Abs. 16 S. 11 EStG in der Fassung vom 19.10.2002 zum Bilanzstichtag 31.12.1999 in Ansatz gebracht werden. Zu dem Gewinn, der sich aus der erstmaligen Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG in der Bilanz zum 31.12.1999 ergebe, gehöre auch der Kursverlust, der der Klägerin im Jahr der erstmaligen Anwendung der Vorschrift, vorliegend 1999, entstanden sei, sofern die Verbindlichkeit bereits zum 31.12.1998 bestanden habe. Dies ergebe sich daraus, dass Neubewertungen grundsätzlich in der Schlussbilanz erfolgten, vorliegend zum 31.12.1999, und nicht bereits in der Eröffnungsbilanz zum 01.01.1999. Diese Auffassung werde dadurch gestützt, dass auf eine im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehene Deckelung der Rücklage im endgültigen Gesetzestext verzichtet worden sei (vgl. Schmidt, EStG, Kommentar zu § 6 EStG Rz 402).

Mit Einspruchsentscheidung vom 17.10.2005 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.

Die Steigerung des Wechselkurses des JPY vom Kurs des Tages der Aufnahme mit 1,378 auf 1,9124 am Bilanzstichtag 31.12.1999 bleibe für steuerliche Zwecke unberücksichtigt. Bei der Steigerung des JPY-Umrechnungskurses handle es sich um eine übliche Wechselkursschwankung, die nicht zu einer voraussichtlich dauernden Wertsteigerung i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG führe.

Für die Betrachtung einer Verbindlichkeit, die am Bilanzstichtag noch eine Restlaufzeit von 10 Jahren und 9 Monaten habe, könne nicht auf eine kurzfristig angelegte Betrachtung des Devisenkurses abgestellt werden. Wie der Rückblick auf die Wechselkurse des japanischen Yen in den vergangenen 10 Jahren zeige, unterläge der JPY Schwankungen, die bei einer auf 10 Jahre in die Zukunft gerichteten Prognose zu Bewertungen über und unter den Anschaffungskosten/Rückzahlungsbetrag führen könnten. Die Bandbreite der Schwankungen erreiche über Monate und Jahre hinweg Differenzen, die denen im Streitfall entsprächen.

Mit der in den BMF-Schreiben vom 22.02.2000 und 12.08.2002 vorgenommenen restriktiven Auslegung der für Verbindlichkeiten geforderten "voraussichtlich dauernden Wertsteigerung" sei den Absichten des Gesetzgebers gefolgt worden, Verluste nicht schon dann zu erfassen, wenn sie wahrscheinlich seien. Die steuerliche Gewinnermittlung sei im Sinne dieser Absicht objektiviert worden mit dem Ziel, Verluste erst dann zu berücksichtigen, wenn sie tatsächlich eingetreten seien.

Eine Rücklage gemäß § 52 Abs. 16 EStG könne nicht berücksichtigt werden. Ein Gewinn im Sinne dieser Vorschrift könne nur durch eine Wertaufholung, das heiße eine Rückführung des Wertes von Altverbindlichkeiten auf ihre Anschaffungskosten entstehen. § 52 Abs. 16 S. 7 EStG nehme ausdrücklich auf die in S. 6 genannten Verbindlichkeiten Bezug. Bei diesen Verbindlichkeiten handele es sich um Verbindlichkeiten, die bereits zum Ende eines vor dem 01.01.1999 endenden Wirtschaftsjahres passiviert worden seien.

Am 16.11.2005 hat die Klägerin Klage erhoben.

Die Interpretation des Begriffes "dauernd" durch den Beklagten entspreche nicht der gesetzlichen Bestimmung. Die Begriffe "voraussichtlich dauernd" enthielten ein zukunftsweisendes Moment, während die auf den Bilanzstichtag bezogene "Nachhaltigkeit" einerseits ein statisches Element enthalte und andererseits offenbar nicht nur geringfügige Abweichungen meine. Der Argumentation des BMF-Schreibens könne nicht gefolgt werden, wenn auf diese Weise unbestimmte Rechtsbegriffe durch andere unbestimmte Rechtsbegriffe ersetzt würden, welche einen anderen Deutungsinhalt hätten. Auszugehen sei allein von der gesetzlichen Vorgabe.

Wenn der Beklagte mit Verweis auf das BMF-Schreiben vom 12.08.2002 (DB 2002, Seite 1738) meine, dass "übliche Wechselkursschwankungen" nicht zu einem höheren Wertansatz der Fremdwährungsverbindlichkeit berechtigten, finde dies im Gesetz keine Stütze. Allein entscheidend sei, ob eine voraussichtlich dauernde Wertänderung gegeben sei.

Die von dem Beklagten herangezogenen Beurteilungskriterien seien offenbar entwickelt worden für die Bewertung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, denen eigen sei, dass sie dazu bestimmt seien, dem Betrieb dauernd zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB). Verbindlichkeiten könnten demgegenüber nicht dauernd dem Betrieb dienen. Ihre Bestimmung liege darin, kurzfristig oder nach einem Tilgungsplan zurückgeführt zu werden. Der Rückzahlungsbetrag müsse daher ständig neu berechnet werden (Groh DB 1999, Seite 978ff, 983).

Für die "voraussichtlich dauernde Wertminderung" müssten objektive Beweisanzeichen vorliegen und es könne nicht allein auf den Zeitpunkt des Bilanzstichtages ankommen. Zunächst müssten wertaufhellende Fakten, die in der Zeit zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung einträten, berücksichtigt werden. Jedoch müsste bei Bilanzaufstellung die Entscheidung gefällt werden, ob die Wertänderung" voraussichtlich dauernd" sei oder nicht. Könne der Kaufmann dies aus eigener Kenntnis nicht beurteilen, müsse er sich auf das Urteil unabhängiger Fachleute stützen. Unabhängige Fachleute seien die Devisenexperten und Analysten der Banken. Sollte man dies anders sehen, wäre bei Fremdwährungsverbindlichkeiten eine "voraussichtlich dauernde Wertänderung" logisch ausgeschlossen.

Ein sorgfältiger und gewissenhafter Kaufmann sei zur vorsichtigen Bewertung verpflichtet. Er dürfe deshalb Werterhöhungen von Darlehensverbindlichkeiten in der Bilanz nicht unberücksichtigt lassen, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass diese nicht nur vorübergehenden Charakter hätten. Im Zweifel habe er davon auszugehen, dass die letzten Änderungen nicht vorübergehend, sondern dauernd seien (Hoyos/Schramm/M. Ring in: Beck'scher Bilanzkommentar § 253 Rdnr. 296).

Dementsprechend sei die Klägerin berechtigt und verpflichtet gewesen, die Fremdwährungsverbindlichkeiten zu den jeweiligen Bilanzstichtagen zu bewerten. An die Analysen der Bankfachleute sei die Klägerin gebunden gewesen, so dass sie als sorgfältiger und gewissenhafter Kaufmann sich diesen Prognosen habe anschließen müssen. Die Investmentbank Dresdner Kleinwort Benson habe Währungsprognosen vom 16.12.1999 und 02.02.2000 vorgelegt. Ausweislich dieser Kursprognosen sei für die folgenden 12 Monate folgende Kursentwicklung erwartet worden:

Dezember 1999: Prognostizierte Kurse für Dezember 2000

JPY Euro 1,-- / 108 JPY, d.h. DM 1,81 / 100 JPY

USD Euro 1,-- / 1,15 USD, d.h. DM 1,70 / 1,-- USD

Februar 2000: Prognostizierte Kurse für Dezember 2000

JPY Euro 1,-- / 108 JPY d.h. DM 1,81 / 100 JPY

USD Euro 1,-- / 1,15 USD d.h. DM 1,70 / 1 USD

Da der Wirtschaftsprüfer im Jahr 2000 damit begonnen habe, den Jahresabschluss der Klägerin zu prüfen, sei davon auszugehen, dass die Bilanz per 31.12.1999 spätestens Ende Februar 2000 aufgestellt gewesen sei. Die Prognosen vom 02.02.2000 seien daher wertaufhellend zu berücksichtigen.

Aus den Prognosen folge, dass mit einem Absinken der Währungskurse auf die vom Finanzamt angesetzten Entstehungskurse und jedenfalls in den folgenden 12 Monaten nicht habe gerechnet werden können. Bei einer für einen gewissenhaften Kaufmann gebotenen vorsichtigen Betrachtung hätten mehr Gründe dafür gesprochen, dass die eingetretene Wertänderung von Dauer sein würde als dagegen. Die Prognosen seien durch die Kursentwicklung in dem Zeitraum zwischen den Bilanzstichtag 31.12.1999 und der Aufstellung der Bilanz Ende Februar 2000 bestätigt worden. Im Februar 2000 habe der Kurs des JPY DM 1,8170 / 100 JPY betragen, der Kurs des US-Dollar habe DM 1,9888 / 1 US-Dollar betragen.

Der Kurs des JPY habe spätestens ab 1998 gegenüber dem Entstehungskurs erheblich steigende Tendenz aufgewiesen. In dem Zeitraum von Oktober 1998 bis einschließlich Dezember 2004 sei der Entstehungskurs von DM 1,3780 / 100 JPY nicht mehr erreicht worden. In den Jahren 1999 und 2000 hätten deutliche Kurssteigerungen stattgefunden. Der Kurs im Dezember 1999 habe um DM 0,3967 höher gelegen als der Kurs im Januar 1999. Dies sei eine Steigerung um rund 27% gewesen.

Die tatsächlich eingetretene Kursentwicklung in den auf den Bilanzstichtag folgenden 12 Monaten habe diese Einschätzung bestätigt. Im Jahr 2000 habe der niedrigste Tageskurs des JPY DM 1,75370 / 100 JPY betragen (Tageskurs am 24.02.2000). Der niedrigste Tageskurs des USD im Jahr 2000 habe DM 1,8930 / 1 USD betragen (Tageskurs 12.01.2000).

Prognosen über einen längeren Zeitraum von 12 Monaten seien nicht erhältlich, so dass sich die Klägerin bei der Bewertung an der 12-Monats-Prognose habe orientieren müssen. Dies sei auch deshalb sachgerecht, weil stets das Risiko bestehe, dass die Verbindlichkeiten, obwohl ihre Laufzeit in dem Beurteilungszeitpunkt noch 9 bzw. 10 Jahre betragen habe, wesentlich früher fällig würden. Sofortige Fälligkeit drohe insbesondere im Falle des Verlustes des Schiffes. Dass im Fall von Schiffshypothekendarlehen bestehende Risiko, dass das Schiff verloren gehe und die Verbindlichkeiten infolgedessen zur Rückzahlung fällig würden, verdeutlichte auch, dass Schiffshypothekendarlehen anders beurteilt werden müssten als sonstige langfristige Verbindlichkeiten wie etwa Immobiliendarlehen. Dass bei der Bestimmung der Voraussehbarkeit einer dauernden Wertveränderung die Eigenart des betreffenden Wirtschaftsguts berücksichtigt werden müsse, habe auch der BFH in seinem vom Beklagten zitierten Urteil vom 27.11.1974 (BStBl II 1975, 294) zum Ausdruck gebracht. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass die Verbindlichkeiten in Raten getilgt würden.

Die vom Beklagten vertretene Ansicht, eine "Wechselkursschwankung", die "üblich" sei, stelle keine voraussichtlich dauernde Wertveränderung dar, sei nicht richtig. Diese Sichtweise laufe darauf hinaus, den Ansatz des Teilwertes von einem zusätzlichen, im Gesetz nicht vorgesehenen Tatbestandsmerkmal abhängig zu machen. Dies sei bereits aus Gründen der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung abzulehnen. Steuerrecht sei Eingriffsrecht. Seine Anwendung zulasten des Steuerpflichtigen bedürfe eines hinreichend bestimmten gesetzlichen Tatbestands. Dieser sei hier mit § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG gegeben und setzte eine wie auch immer definierte "Unüblichkeit" der Wertveränderung nicht voraus.

Würde man der vom Beklagten vertretenen Auffassung folgen, wäre die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG auf langfristige Verbindlichkeiten ausgeschlossen.

Der Beklagte behandele langfristige Verbindlichkeiten im Ergebnis wie Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Dies sei nicht richtig. Verbindlichkeiten seien in ihrer Funktion weder mit dem Anlage- noch Umlaufvermögen vergleichbar. Die gesetzliche Verweisung auf die entsprechende Anwendung der für das Aktivvermögen geltenden Grundsätze mache es jedoch erforderlich, sich zu verdeutlichen, welcher Kategorie der aktiven Wirtschaftsgüter die Verbindlichkeiten näher stünden. Wegen des Fehlens einer dienenden Funktion könnten passive Wirtschaftsgüter nicht in Anlage- und Umlaufvermögen unterteilt werden. Die Verweisung auf die sinngemäße Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG zeige jedoch, dass Verbindlichkeiten nach dem Willen des Gesetzgebers - unabhängig von ihrer Laufzeit - behandelt werden sollten wie Umlaufvermögen, also die Wirtschaftsgüter, die dazu bestimmt seien, den Betrieben vorübergehend zu dienen.

Soweit das Gericht der von dem Beklagten vertretenen Auffassung folgen würde, sei in Höhe der Wertveränderung eine Rücklage gemäß § 52 Abs. 16 S. 7 EStG zu bilden.

Im Gesetzgebungsverfahren sei zunächst geplant gewesen, die Bildung der Rücklage ausdrücklich auf den Gewinn zu beschränken, "der auf einer Erhöhung des Teilwerts bis zum Ende des Letztjahres beruht" (§ 52 Abs. 7 S. 1, zweiter Halbsatz EStG in der Fassung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drucksachen 14/23). Wäre diese Formulierung Gesetz geworden, so wäre der Auffassung des Beklagten zuzustimmen. Dies sei indessen nicht der Fall. Daraus lasse sich schließen, dass die Bildung der Rücklage einer solchen Begrenzung nicht unterliegen solle. Vielmehr müssten auch solche Wertänderungen in die Rücklage einfließen, die im Jahr 1999 entstanden seien und die aufgrund der Neuregelungen durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 nicht mehr durch eine Teilwertab- bzw. bei Verbindlichkeiten -Zuschreibung berücksichtigt werden könnten (so auch Glanegger in: Schmidt, EStG 24. Auflage § 6 Rdnr. 402).

Die steuerliche Nichtberücksichtigung der im Jahr 1999 entstandenen Wertänderungen stelle entgegen der Auffassung des Beklagten einen Gewinn im Sinne des § 52 Abs. 16 S. 7 EStG dar. Für den betroffenen Steuerpflichtigen mache es keinen Unterschied, ob der in die Rücklage einzustellende Betrag Gewinn oder ein steuerlich nicht anerkannter Verlust sei. Beides sei in gleicher Weise ergebnis- und damit steuerwirksam.

Die vom Beklagten vertretene Auffassung liefe darauf hinaus, einen Zeitraum von 12 Monaten vor der erstmaligen Anwendung der Neuregelung von der Rücklage auszuschließen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 22.11.2004 und die Einspruchsentscheidung vom 17.10.2005 dahingehend zu ändern, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. DM 4.297.363,-- berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung und führt darüber hinaus aus:

Soweit in dem BMF-Schreiben vom 12.08.2002 der Begriff "dauernd" mit "nachhaltig" erläutert werde, handele es sich um eine zutreffende Erläuterung und nicht um einen anderen Bedeutungsinhalt.

Soweit nach den BMF-Schreiben vom 25.02.2000 die voraussichtliche Verweildauer eines Wirtschaftsgutes im Unternehmen für die Beurteilung einer voraussichtlich dauernden Wertminderung einbezogen werden solle, begegne dies keinen Bedenken (vgl. auch BFH vom 27.11.1974 I R 123/73 BStBl II 1975, 294). Gerade im Streitfall sei eine Verbindlichkeit zu bewerten, die an den Bilanzstichtagen noch eine Laufzeit von über 9 bzw. 10 Jahren gehabt habe. Damit könne an den Bilanzstichtagen 31.12.1999 und 31.12.2000 hinsichtlich des Wertes dieser Verbindlichkeit nicht von den Überlegungen ausgegangen werden, die von einer hypothetisch sofortigen und vollständigen Rückzahlung des Darlehens am Bilanzstichtag bzw. bis zum Tag der Aufstellung der Bilanz ausgingen. Das für Verbindlichkeiten aus laufendem Geschäftsverkehr etwas anderes gelten müsse, liege auf der Hand und gehe auch aus den BMF-Schreiben hervor.

Die Üblichkeit der Wechselkursschwankungen beim JPY ergäbe sich aus dem Rückblick auf die Kursveränderungen der letzten 10 Jahre. Der Rückblick auf 10 Jahre erscheine im Streitfall angesichts der noch andauernden Laufzeit der Schiffshypothekendarlehen von 10 Jahren bzw. 9 Jahren als zutreffender Betrachtungszeitraum. Unübliche Wechselkursschwankungen seien jedenfalls nicht erkennbar.

Die Akten des Beklagten (2 Bd. Feststellungsakten, 1 Bd. Rechtsbehelfsakten, 2 Bd. Sonderakten, 1 Bd. Gewerbesteuerakten) haben vorgelegen. Ihr Inhalt ist wie der der Gerichtsakte Grundlage der Entscheidungsfindung gewesen, soweit die Entscheidung darauf beruht. Insoweit wird auf den Inhalt ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Feststellungsbescheide vom 22.11.2004 und die Einspruchsentscheidung vom 07.10.2005 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die infrage stehenden Kursverluste in den Streitjahren nicht zu einer voraussichtlich dauernden Werterhöhung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 i.V.m. Nr. 2 S. 2 EStG 1999 geführt haben und dass für die in den Streitjahren eingetreten Kursverluste keine Rücklage gemäß § 52 Abs. 16 S. 8 EStG 1999 gebildet werden kann.

I.

Zu Recht hat der Beklagte die vorliegenden Fremdwährungsverbindlichkeiten mit den ursprünglichen Anschaffungskosten bewertet und zwischenzeitlich eingetretene Kursverluste nicht berücksichtigt.

Handelsrechtlich bestimmt sich der Wert der Rückzahlungsverpflichtung einer Fremdwährungsverbindlichkeit gemäß § 253 Abs. 1 S. 2 HGB nach ihrem Rückzahlungsbetrag. Steuerrechtlich sind hingegen Verbindlichkeiten gemäß § 6 Absatz 1 Nr. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 EStG zu bewerten und mit einem Zinssatz von 5,5 v.H. abzuzinsen. Aus der entsprechenden Anwendung der Regelungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG ergibt sich, dass der höhere Teilwert einer Verbindlichkeit nur angesetzt werden darf, wenn es sich um eine voraussichtlich dauernde Werterhöhung handelt. Für Wirtschaftsjahre, die vor dem 31.12.1998 endeten, waren nach der alten Rechtslage dagegen Verbindlichkeiten, deren Teilwert zum Bilanzstichtag gestiegen war, unter Berücksichtigung des Vorsichtsprinzips mit den höheren Teilwert zu bewerten, vgl. Urteil des BFH vom 15.11.1990 IV R 103/89, BFHE 162, 567, BStBl II 1991, 228. Mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 führte der Gesetzgeber die derzeitige gesetzliche Regelung ein, wonach bei der Bewertung von Verbindlichkeiten im Falle einer nur vorübergehenden Teilwerterhöhung der Ansatz des höheren Teilwerts ausgeschlossen ist.

Nach Ansicht des erkennenden Senats setzt eine voraussichtlich dauernde Werterhöhung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 i.V.m. Nr. 2 S. 2 EStG 1999 voraus, dass der Wert des Wirtschaftsguts sich für eine längere Zeit und damit nachhaltig erhöht. Für Fremdwährungsverbindlichkeiten muss sich dementsprechend der Wechselkurs einer Verbindlichkeit gegenüber ihrem Entstehungskurs nachhaltig erhöhen. Die Frage, ob eine entsprechende dauerhafte Werterhöhung vorliegt, ist aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen. Dementsprechend ist der Ansatz eines höheren Teilwerts nach der neuen Rechtslage nur dann möglich, wenn aus der Sicht des Steuerpflichtigen am Bilanzstichtag aufgrund objektiver Anzeichen mit einem dauerhaft höheren Teilwert zu rechnen ist. Aus der Sicht des Steuerpflichtigen müssen mehr Gründe für als gegen eine dauerhafte Werterhöhung sprechen. Dies ist bei den auf den Devisenmärkten üblichen Wechselkursschwankungen grundsätzlich nicht der Fall, vgl. Urteil des FG Hamburg vom 27.06.2006, 7 K 296/04 zitiert nach juris; Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 12.12.2005, 5 K 1460/03 EFG 2006, 562; BMF-Schreiben vom 12.06.2002, BStBl I 2002, 793; Ortmann-Babel Lademann EStG § 6 Anm. 851; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust EStG § 6 Anm. 677; a.A. Strahl in Korn EStG § 6 Anm. 202, 372. In diesem Sinne kommt der Ansatz des höheren Teilwerts einer Verbindlichkeit nur ausnahmsweise in Betracht, etwa bei dauerhafter Überverzinslichkeit eines Darlehens, während Wechselkurserhöhungen von Fremdwährungsverbindlichkeiten lediglich bei Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs, die bei Bilanzaufstellung noch anhalten, einen höheren dauerhaften Teilwert begründen können, vgl. Glanegger in Schmidt, EStG 25. Auflage § 6 Anm. 401.

Nur diese Auslegung entspricht nach Ansicht des erkennenden Senats sowohl dem Wortlaut der durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 geänderten Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG, als auch der Absicht des Gesetzgebers, den Ansatz des höheren Teilwerts für Verbindlichkeiten deutlich einzuschränken.

Durch die Änderungen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 hat der Gesetzgeber wesentliche Änderungen im Bereich der steuerlichen Bewertungsvorschriften vorgenommen. Die durch § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG 1999 vorgenommene Begrenzung der Teilwertabschreibung auf Fälle der dauernden Wertminderung wurde durch die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG 1999 auf Verbindlichkeiten übertragen. Nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung war eine Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 EStG 1999 nicht mehr zulässig. Diese Regelung sollte gemäß § 6 Abs. 3 EStG auch für Verbindlichkeiten entsprechend gelten. Hintergrund dieser Regelung war, dass die steuerliche Gewinnermittlung "objektiviert" werden sollte. Die Bildung von stillen Reserven sollte beschränkt werden, "damit die betroffenen Steuerpflichtigen - ähnlich wie Arbeitnehmer - nach ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit besteuert werden". Verluste sollten sich nicht vorzeitig, sondern erst bei Realisierung auswirken, vgl. Bundestagsdrucksache 14/23 vom 09.11.1998 S. 5 und S. 170. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren änderte der Gesetzgeber die für das Anlagevermögen getroffene Regelung dahingehend, dass eine Teilwertabschreibung lediglich aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung möglich ist. Auch diese Maßnahmen sollten dem Ziel der Objektivierung der Gewinnermittlung dienen, "da die geltenden Gewinnermittlungsvorschriften wegen ihrer auf dem Prinzip des Gläubigerschutzes basierenden Prinzipien nur einen eingeschränkten Blick in die tatsächliche Ertragslage ermöglichten", vgl. Bundestagsdrucksache 14/443 vom 03.03.1999 S. 17f. Die Bildung stiller Reserven sollte beschränkt werden, um die Unternehmen nach ihrer Leistungsfähigkeit zu besteuern. Die für das Anlagevermögen geschaffene und die Teilwertabschreibung einschränkende Regelung sollte in gleicher Weise für Verbindlichkeiten gelten.

Die Ansicht der Klägerin, nach der für die Bewertung von Fremdwährungsverbindlichkeiten jeweils eine aufgrund eines von einem Bankinstitut eingeholten Gutachtens erstellte Kursprognose maßgeblich ist, führt nach Ansicht des erkennenden Senats gegenüber dem vor 1999 geltenden Gesetzesstand für die vorliegenden Fremdwährungsverbindlichkeiten nicht zu der vom Gesetzgeber beabsichtigten Änderung der Rechtslage, nach der sich Verluste nicht vorzeitig, sondern erst bei Realisierung auswirken sollen. Vielmehr führt diese Ansicht auch weiterhin an den jeweiligen Bilanzstichtagen zu ständig wechselnden Bewertungsansätzen, obwohl es sich bei der zu bewertenden Verbindlichkeit um eine langfristige handelt.

Auch der Charakter der vorliegenden Fremdwährungsverbindlichkeiten spricht nach Ansicht des erkennenden Senats dafür, dass Wechselkursschwankungen, die sich bei einer Betrachtung des Wechselkurses über mehrere Jahre im Rahmen des Üblichen halten, nicht zu einer dauernden Werterhöhung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG 1999 führen. Die vorliegende Verbindlichkeit hatte eine Laufzeit von insgesamt ca. 15 Jahren. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann eine solche Verbindlichkeit nicht mit einer kurzfristigen Verbindlichkeit, insbesondere nicht einer Verbindlichkeit des laufenden Geschäftsverkehrs, gleichgestellt werden. Die langfristige Laufzeit eines solchen Darlehens ist auch bei der Bewertung dieses Darlehens zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat durch die Neuregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG 1999 die Teilwertabschreibung für Wirtschaftsgüter wie den Grund und Boden, Beteiligungen sowie der sonstigen Umlaufvermögens auf die Fälle der dauernden Wertminderung beschränkt, insoweit ist die dauernde Wertminderung je nach dem infrage stehenden Betriebsvermögen zu bewerten (vgl. dazu BMF-Schreiben vom 25.02.2000 BStBl I 2000, 372); dies gilt nach Ansicht des erkennenden Senats für die unterschiedlichen Arten der Verbindlichkeiten im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1999 in gleicher Weise. Gerade die Frage, ob eine Verbindlichkeit auf Dauer höher zu bewerten ist, hängt nach Ansicht des erkennenden Senats davon ab, ob es sich um eine kurzfristige oder eine langfristige Verbindlichkeit handelt. Da eine Verbindlichkeit des laufenden Geschäftsverkehrs nicht dazu geeignet ist, langfristig dem Betrieb zu dienen, sondern vielmehr in der Regel kurzfristig vom Schuldner beglichen wird, erscheint es sachgerecht, im Falle einer Werterhöhung einer solchen Verbindlichkeit dies im Rahmen der Bilanzierung zu berücksichtigen. Demgegenüber erscheint eine Wechselkursänderung bei einer langfristigen Verbindlichkeit, welche sich im Laufe der Jahre wieder ausgleicht, nicht geeignet, angesichts der bestehenden geänderten Gesetzeslage einen geänderten Bilanzansatz zu begründen. Dass für die Frage, an Hand welcher Umstände die Dauerhaftigkeit einer Wertminderung von Anlagevermögen zu beurteilen ist, die Restnutzungsdauer des Wirtschaftsguts von erheblicher Bedeutung ist, hat der BFH in seinem Urteil vom 14.03.2006 (I R 22/05 DStR 2006, 1311) bestätigt. Für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG 1999 hat der BFH die Auffassung vertreten, dass trotz der Übernahme des Begriffes der "dauernden Wertminderung" aus § 253 Abs. 2 S. 2 HGB eine voraussichtlich dauernde Wertminderung für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens gegeben ist, wenn der Wert des jeweiligen Wirtschaftsgutes zum Bilanzstichtag mindestens für die halbe Restnutzungsdauer unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt.

Gerade die Kursentwicklung des USD und des JPY in dem Zeitraum von 1996 bis 2006 zeigt nach Ansicht des erkennenden Senats, dass Wechselkursschwankungen, die nicht auf fundamentalen Veränderungen der Finanzdaten der betroffenen Länder beruhen, bei langfristigen Verbindlichkeiten nicht zu einer veränderten Bewertung der Verbindlichkeit führen können. Die monatlichen Briefkurse (Mittelkurse) jeweils zum 1.1. eines jeden Jahres haben sich nach den vom Bundesverband deutscher Banken veröffentlichten Daten wie folgt entwickelt:

Monatliche Briefkurse (Mittelkurse) jeweils zum 01.01. gem. Bundesverband deutscher Banken

 1 DM = ...US-$1 DM = ... JPY
19960,7072,01
19970,6575,25
19980,5672,68
19990,6067,81
20000,5252,77
20010,4855,15
20020,4660,05
20030,5463,76
20040,6469,07
20050,6971,17
20060,6171,24

ab 1999 zu Vergleichszwecken umgerechnet von Euro in DM

Sowohl die Umrechnungskurse des USD als auch die des JPY haben sich vom Zeitpunkt der Aufnahme der Kredite an bis zum Ende des Jahres 2004 fast wieder ausgeglichen. Zudem zeigt gerade die Kursentwicklung des JPY, dass seine Entwicklung zwischen 1996 und 2006 nicht einheitlich war. Der Kurs des JPY hat sich im Vergleich der Kurse zum 1.1. in den Jahren 1997 und 1998 gegenüber dem Vorjahr sogar abgeschwächt; erst anschließend hat sich der Kurs erhöht und zum Jahr 2001 seinen Höhepunkt erreicht. Daraus ergibt sich für den erkennenden Senat, dass bei langfristigen Fremdwährungsverbindlichkeiten sich eine dauernde Wertänderung aufgrund Kursschwankungen, die nicht auf dauerhafte Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse der beteiligten Länder zurückzuführen sind, ergeben kann.

Das Gericht geht - entgegen der Ansicht der Klägerin - davon aus, dass auch nach der veränderten Rechtslage für langfristige Fremdwährungsverbindlichkeiten unter bestimmten Umständen eine Höherbewertung möglich ist. Auch wenn Fremdwährungsverbindlichkeiten, welche in USD oder JPY aufgenommen werden, in der Regel mit den Anschaffungskosten zu bewerten sind, wird bei Vorliegen von der fundamentalen Währungskursänderungen eine angepasste Bewertung infrage kommen. Bei anderen Währungen, welche nicht über die Stabilität eines USD oder JPY verfügen, werden schon eher Umstände eintreten, welche eine fundamentale und dauerhafte Änderung des Wechselkurses begründen können.

Darüber hinaus lässt sich nach Ansicht des erkennenden Senats die Rechtsprechung des BFH, wonach für die Frage der Dauerhaftigkeit einer Wertminderung von Anlagevermögen, die Restnutzungsdauer des Wirtschaftsguts von erheblicher Bedeutung ist (vgl. Urteil vom 14.03.2006 I R 22/05 a.a.O.), auch auf die Frage der dauernden Werterhöhung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1999 übertragen. Auch für die Bewertung von Verbindlichkeiten ist die Frage der Restlaufzeit von entscheidender Bedeutung. Je kürzer die Restlaufzeit der ursprünglich langfristigen Verbindlichkeit wird, desto geringere Anforderungen sind an eine voraussichtlich dauernde Wertänderung zu stellen.

Auch das von der Klägerin zitierte Urteil des BFH vom 09.09.1986 (VIII R 20/85, BFH/NV 1987, 442) führt zu keiner veränderten Beurteilung. In diesem Urteil stellt der BFH lediglich klar, dass ein Indexabfall grundsätzlich eine Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG nicht begründen kann, sondern lediglich das konkrete Gebäude betreffende Umstände eine Teilwertabschreibung rechtfertigen können. Mit dieser Auffassung stimmt der erkennende Senat überein und verlangt für die Berücksichtigung einer Teilwertänderung im Falle einer langfristigen Verbindlichkeit, dass diese durch konkrete Umstände begründet ist.

Entgegen der Ansicht der Klägerin können die im Streit befindlichen Fremdwährungsverbindlichkeiten allerdings nicht deshalb wie Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs behandelt werden, weil im Falle von Schiffshypothekendarlehen jederzeit das Risiko besteht, dass das Schiff verloren geht und die Verbindlichkeit infolgedessen zur Zahlung fällig wird. Ob das Risiko des Schiffsverlustes tatsächlich größer ist, als die Gefahr, dass ein Gebäude durch Brand untergeht, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn der Verlust eines Schiffes ist derzeit noch weiterhin die große Ausnahme, so dass dies - allenfalls - geringfügig erhöhte Risiko den Charakter der Verbindlichkeiten nicht entscheidend verändert. Darüber hinaus muss ein vernünftiger Kaufmann, der ein langfristiges Schiffshypothekendarlehen aufgenommen hat, keinesfalls damit rechnen, dass das Darlehen jederzeit fällig gestellt wird. Dementsprechend bleibt der Charakter der Verbindlichkeit als langfristige von der Möglichkeit des Verlustes des Schiffes unberührt.

Die in Rede stehenden Kursschwankungen führen danach nicht zu solch dauerhaften Kursänderungen, die zu einer Höherbewertung der im Streit befindlichen Verbindlichkeiten führen können. Solche fundamentale Veränderungen der wirtschaftlichen und/oder finanzpolitischen Daten, die eine tatsächlich dauerhafte Veränderung der Wechselkurse begründen können, kann das Gericht im vorliegenden Fall - wie die Beteiligten auch - nicht erkennen.

Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung entspricht die hier vertretene Ansicht auch dem im Steuerrecht geltenden Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung. Wie dargestellt entspricht die hier vorgenommene Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 i.V.m. Nr. 2 EStG sowohl dem Wortlaut der durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vorgenommenen Gesetzesänderung als auch dem vom Gesetzgeber mit der Änderung verbundenen Absicht.

II.

In Höhe der im Jahr 1999 eingetretenen Wertänderung ist auch keine Rücklage gemäß § 52 Abs. 16 S. 7 EStG 1999 zu bilden.

Gemäß § 52 Abs. 16 S. 7 EStG 1999 ist für den Gewinn, der sich aus der erstmaligen Anwendung der in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1999 bei den in S. 6 genannten Verbindlichkeiten ergibt, eine Rücklage zu bilden. Voraussetzung für die Rücklagenbildung ist dementsprechend, dass es sich um einen Gewinn handelt, der die in S. 6 der Regelung genannten Verbindlichkeiten betrifft. S. 6 der Regelung des § 50 Abs. 16 EStG 1999 betrifft jedoch nur die Verbindlichkeiten, die bereits zum Ende eines vor dem 01.01.1999 endenden Wirtschaftsjahres angesetzt worden sind. Dementsprechend kann sich die Bildung einer Rücklage gemäß § 52 Abs. 16 S. 7 EStG 1999 nur auf solche Gewinne beziehen, die sich aus der veränderten Bewertung der Fremdwährungsverbindlichkeiten bis zum 31.12. 1998 ergeben. Demgegenüber ist für den Verlust, der sich infolge der Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1999 auf die Verhältnisse des Wirtschaftsjahres 1999 ergibt, keine Rücklage gemäß § 52 Abs. 16 S. 7 EStG 1999 zu bilden. Nach Ansicht des erkennenden Senats setzt die Bildung einer den Gewinn mindernde Rücklage nach der genannten Vorschrift voraus, dass durch die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1999 die Höherbewertung einer Verbindlichkeit rückgängig gemacht wird und dadurch ein Gewinn entsteht. Da für das Wirtschaftsjahr 1999 der Klägerin infolge der geänderten Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1999 keine höhere Bewertung der Fremdwährungsverbindlichkeiten infrage kommt, kann dementsprechend auch keine Rücklage im Sinne des § 52 Abs. 16 S. 7 EStG 1999 gebildet werden.

Dafür spricht nach Ansicht des erkennenden Senats auch der erkennbare Wille des Gesetzgebers, mittels der gewinnneutralisierenden Rücklage für Altfälle den Übergang zur neuen Rechtslage abzumildern, vgl. Kiesel in Herrmann/Heuer/Raupach EStG § 6 Anm. 1145. Für diese Abmilderung bestand für den Gesetzgeber jedoch nur für solche Gewinne Veranlassung, die dadurch entstanden sind, dass höhere Bewertungen, die bis zur erstmaligen Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1999 vorgenommen wurden, rückgängig gemacht wurden, da durch diese erstmalige Anwendung für die betroffenen Unternehmen erhebliche Belastungen entstehen konnten. Diese Belastungen sollten durch die Bildung der Rücklage i.H.v. 9/10 des sich durch die erstmalige Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1999 ergebenden Gewinns gemildert werden.

Demgegenüber hatte der Gesetzgeber keine Veranlassung, die Belastung, die sich daraus ergab, dass im Wirtschaftsjahr 1999 eine Höherbewertung der Fremdwährungsverbindlichkeiten durch die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1999 ausgeschlossen war, für die Betroffenen abzumildern. Eine solche Abmilderung der Besteuerung hätte nach Ansicht des erkennenden Senats nur dann Sinn gemacht, soweit zum 31.12.1999 besondere Härten in der Besteuerung hätten auftreten können. Eine solche Härte lag für die im Jahr 1999 infolge der geänderten Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1999 nicht berücksichtigten Wertzuwächse der vorliegenden Fremdwährungsverbindlichkeiten nach Ansicht des erkennenden Senats nicht vor.

Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang unbegründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist.

Der Streitwert wird auf EUR --,-- festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 2, 52 Abs. 1 GKG. Der Streitwert ist nach ständiger finanzgerichtlicher Rechtsprechung in Höhe von 25 v.H. der mit der Klage erstrebten Minderung des Feststellungsbetrages festzusetzen.

Dieser Beschluss ist nach §§ 68 Abs. 1 Satz 4, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.



Ende der Entscheidung

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