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Gericht: Finanzgericht Bremen
Urteil verkündet am 06.06.2007
Aktenzeichen: 2 K 147/06 (5)
Rechtsgebiete: UStG
Vorschriften:
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 | |
UStG § 2 | |
UStG § 4 Nr. 26 |
Finanzgericht Bremen
2 K 147/06 (5)
Umsatzsteuer 1997 bis 2003
In dem Rechtsstreit
...
hat das Finanzgericht Bremen - 2. Senat -
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. Juni 2007
durch
den Präsidenten des Finanzgerichts ... als Vorsitzenden,
den Richter am Verwaltungsgericht ...
die Richterin am Finanzgericht ...
die ehrenamtliche Richterin ...
den ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Umsatzsteuerbescheid 1997 vom 13. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Januar 2004 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 5/6 und der Beklagte 1/6.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i. H. von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110 v. H. des jeweils vollstreckbaren Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob das von der Arbeitnehmerkammer Bremen an die Klägerin gezahlte Entgelt für ihre Tätigkeit als Beraterin in der Öffentlichen Rechtsberatung der Arbeitnehmerkammer Bremen gemäß § 4 Nr. 26 UStG umsatzsteuerfrei ist.
Die Arbeitnehmerkammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. Gesetz über die Arbeitnehmerkammer im Lande Bremen vom 28. März 2000, Brem.GBl. S. 83, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG vom 20. Juni 2006, Brem.GBl. S. 291). Ihr sind Aufgaben der öffentlichen Rechtsberatung gemäß § 7 des Gesetzes über die öffentliche Rechtsberatung in der Freien Hansestadt Bremen (vom 1. Juli 1975, Brem. GBl. S. 297, zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. Dezember 2001, Brem. GBl. S. 407) übertragen. Gemäß § 12 des Gesetzes über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (vom 18. Juni 1980, BGBl. I 1980, 689, zuletzt geändert durch Art. 2 Gesetz vom 15. Dezember 2004, BGBl. I 3392, Beratungshilfegesetz - BeratHiG) tritt in den Ländern Bremen und Hamburg die öffentliche Rechtsberatung an die Stelle der Rechtsberatung nach dem Beratungshilfegesetz. Das Land Bremen erstattet der Arbeitnehmerkammer die entstandenen Aufwendungen (vgl. OVG Bremen, Urteil vom 26. Oktober 2004 1 A 282/03, NZA-RR 2005, 429).
Die Klägerin ist seit 1981 als Rechtsanwältin in eigener Kanzlei tätig. In den Streitjahren 1997 bis 2003 war sie als Beraterin in der Öffentlichen Rechtsberatung der Arbeitnehmerkammer Bremen tätig. Sie erhielt für ihre Tätigkeit in den Jahren 1997 bis 2001 für die volle Zeitstunde einen Betrag von DM 35,00 in den Jahren 2002 und 2003 pro Zeitstunde EUR 22,50. In den Streitjahren wurden folgende Entgelte gezahlt:
1997 | DM 8.391,00 |
1998 | DM 8.557,00 |
1999 | DM 9.056,00 |
2000 | DM 10.386,25 |
2001 | DM 13.895,00 |
2002 | EUR 9.250,41 |
2003 | EUR 8.336,30 |
Die Klägerin behandelte diese Entgelte in ihren Umsatzsteuererklärungen als umsatzsteuerfrei. Für die Jahre 1997 bis 2001 stimmte der Beklagte den Umsatzsteuererklärungen zunächst zu.
Mit Prüfungsanordnung vom 16. Juni 2003 wurde bei der Klägerin eine Außenprüfung angeordnet, die sich auf die Zeiträume 1999 bis 2001 erstrecken sollte.
Der Bericht über die Außenprüfung vom 22. Oktober 2003 enthält Prüfungsfeststellungen für den Zeitraum 1997 bis 2001. Die Betriebsprüferin sah die von der Arbeitnehmerkammer Bremen erhaltenen Beträge als steuerpflichtige Umsätze an und lehnte die Anwendung von § 4 Nr. 26 UStG unter Hinweis auf Abschnitt 120 (3) der Umsatzsteuer-Richtlinien ab. Bei der Mitwirkung von Rechtsanwälten in Rechtsberatungsdiensten handele es sich nicht um eine ehrenamtliche Tätigkeit, weil Rechtsanwälte in diesen Fällen nicht außerhalb ihres Hauptberufs tätig würden.
Sie erhöhte die steuerpflichtigen Erlöse daher um die folgenden Beträge:
Jahr | 15% | 16% |
1997 | DM 7.296,52 | |
1998 | DM 2.853,26 | DM 4.548,06 |
1999 | DM 7.806,90 | |
2000 | DM 8.953,45 | |
2001 | DM 11.978,45 |
Mit den Umsatzsteuerbescheiden 1997, 1998, 2000 und 2001 vom 13. Januar 2004, dem Umsatzsteuerbescheid 1999 vom 16. Januar 2004 und den Umsatzsteuerbescheiden 2002 und 2003 vom 12. Mai 2005 wurde die Umsatzsteuer entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung erhöht.
Die Klägerin legte am 9. Februar 2004 und 7. Juni 2005 Einsprüche ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung und Stundung. Sie machte geltend, dass die streitbefangenen Beträge umsatzsteuerfrei seien. Sie übe diese Tätigkeit außerhalb ihres eigentlichen Berufes als selbständige Rechtsanwältin aus. Eine Rechtsbeziehung zwischen dem Ratsuchenden und ihr komme nicht zustande. Die geringe Vergütung von DM 35 pro Zeitstunde belege, dass es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit für die Belange der Allgemeinheit handele. Eine leistungsbezogene Vergütung sei zweifelsfrei ausgeschlossen. Sie trage für ihre ehrenamtliche Tätigkeit kein Unternehmerrisiko und nehme sie nur in dem Umfang wahr, den sie an zeitlicher Kapazität erübrigen könne und möchte. Sie weise auf das BFH-Urteil vom 16. Dezember 1987 X R 7/82, BFHE 152, 182, BStBl II 1988, 384 hin.
Mit Verfügungen vom 19. Februar 2004 setzte der Beklagte die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1997 bis 2001 bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch aus und lehnte die Stundung ab. Am 16. Juni 2005 setzte er die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003 aus.
Mit Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2006 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Die streitbefangenen Zahlungen seien nicht nach § 4 Nr. 26 UStG steuerfrei. Die Klägerin habe Mitglieder der Arbeitnehmerkammer und Bürger mit geringem Einkommen in Rechtsangelegenheiten beraten. Bei einer derartigen Beratungstätigkeit einer Rechtsanwältin handele es sich nicht um eine ehrenamtliche Tätigkeit, weil sie nicht außerhalb ihres Hauptberufes tätig werde. Insoweit beziehe man sich auf Abschnitt 120 Abs. 3 UStR. Zudem handele es sich bei der gezahlten Vergütung von DM 35,-- je volle Zeitstunde offenkundig um eine Entlohnung der erbrachten Leistung und nicht um eine Entschädigung für Zeitversäumnis. Die Klägerin könne sich nicht auf das BFH-Urteil in BFHE 152, 182, BStBl II 1988, 384 berufen. Der Entscheidung habe die Tätigkeit eines selbständigen Unternehmers als (Ersatz-) Brandkassenschätzer für die Oldenburgische Landesbrandkasse zu Grunde gelegen. Er habe zudem keine Entlohnung, sondern lediglich eine angemessene Entschädigung für seinen Zeitaufwand erhalten. Mit Schreiben vom 11. Juli 2006 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass mit dem Erlass der Einspruchsentscheidung auch die gewährte Aussetzung der Vollziehung ende.
Die Klägerin hat am 11. August 2006 Klage erhoben.
Zur Begründung führt sie aus, dass sie bezweifele, dass die erhaltenen Entgelte steuerbar seien, da die Arbeitnehmerkammer eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei. Sie seien jedenfalls nicht umsatzsteuerpflichtig, da die von ihr ausgeübte Beratungstätigkeit als ehrenamtlich zu klassifizieren sei. Ihre Tätigkeit sei nicht mit der Tätigkeit von Rechtsanwälten, die kostenlose rechtsanwaltliche Rechtsberatung gegen eine Beratungspauschale von DM 30 erteilten, vergleichbar. Auch die Höhe des Entgelts spreche für eine Klassifizierung als ehrenamtliche Tätigkeit, denn eine Anwaltsstunde habe in den Jahren 1997 bis 2001 zumindest DM 250 bis DM 350 und nach der Währungsumstellung zumindest EUR 250 bis EUR 350 gekostet. Die Vergütung von DM 35 bzw. EUR 22,50 für die volle Beratungsstunde sei daher keine angemessene und leistungsbezogene Vergütung. Es sei ferner darauf hinzuweisen, dass die Klägerin für ihre Beratung in der Öffentlichen Rechtsberatung kein Haftungsrisiko trage, dies liege bei der Arbeitnehmerkammer. Sie habe keine festen Arbeitszeiten und bestimme ihren zeitlichen Beratungseinsatz nach ihren Kapazitäten. Sie trage auch kein Unternehmerrisiko.
Sie müsse mit dem Brandkassenschätzer, dessen Tätigkeit Gegenstand des BFH-Urteils in BFHE 152, 182, BStBl II 1988, 384 gewesen sei, gleichbehandelt werden. Sie habe ihre Tätigkeit für eine Körperschaft des öffentlichen Rechts im Allgemeininteresse ausgeübt. Ihr Entgelt sei als Entschädigung besonderer Art zu qualifizieren. Eine Orientierung an den Stundensätzen für die Entschädigung ehrenamtlicher Richter könne nicht erfolgen, da ihre Tätigkeit eine fachliche Kompetenz voraussetze. Anders als der Brandkassenschätzer im dem vom BFH entschiedenen Fall habe sie, auf der Grundlage einer Wochenarbeitszeit vom 40 Stunden, nur 10 bis 17% ihrer Arbeitszeit für diese Tätigkeit aufgewendet. Sie weise ferner darauf hin, dass die juristisch vorgebildeten abhängig Beschäftigten der Arbeitnehmerkammer Bremen, die in der öffentlichen Rechtsberatung tätig seien, ihres Wissens Bezüge nach Vergütungsgruppe I des Bundes-Angestelltentarifvertrag erhielten.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide 1997, 1998, 2000 und 2001 vom 13. Januar 2004, den Umsatzsteuerbescheide 1999 vom 16. Januar 2004, die Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003 vom 5. Dezember 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf die Einspruchsentscheidung.
Der Beklagte hat mit Bescheiden vom 5. Dezember 2006 die Umsatzsteuer 2002 von EUR 7.922,33 um EUR 204,16 auf EUR 7.718,17 und die Umsatzsteuer 2003 von EUR 6.639,61 um EUR 184 auf EUR 6.455,61 vermindert.
Auf ihren Antrag auf gerichtliche Aussetzung der Vollziehung vom 25. September 2006 ist mit Beschluss des Finanzgerichts vom 5. Januar 2007 2 V 214/06 (5) die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 1997 ausgesetzt und der Antrag im Übrigen abgelehnt worden.
Die Steuerakten (1 Bd. Umsatzsteuerakten, 2 Bde. Einkommensteuerakten, 1 Bd. Betriebsprüfungsakten, 1 Bd. Sonderakten Rechtsbehelfsakten, 1 Bd. Sonderakten) haben vorgelegen. Ihr Inhalt ist, wie der der Gerichtsakten, Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen, soweit die Entscheidung darauf beruht. Insoweit wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
Der Umsatzsteuerbescheid 1997 vom 13. Januar 2004 ist aufzuheben. Denn er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die übrigen angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.
1. Die Steuerfestsetzung für 1997 ist wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr zulässig. Die Klägerin hat ihre Umsatzsteuererklärung 1997 am 30. April 1999 eingereicht, so dass die Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres 1999 begann und nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO vier Jahre später, somit am 31. Dezember 2003 endete. Es trat keine Ablaufhemmung durch die Außenprüfung nach § 171 Abs. 4 AO ein, da die Prüfungsanordnung vom 16.06.2003, wonach sich die Prüfung auf die Jahre 1999 bis 2001 erstrecken sollte, nicht auf das Jahr 1997 erweitert wurde.
2. Die übrigen angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden sind rechtmäßig.
Die als Rechtsanwältin tätige Klägerin ist Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG umfasst das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Diese Regelung verdeutlicht den Gedanken der Unternehmenseinheit im Umsatzsteuerrecht. Jeder Unternehmer, der wie die Klägerin als Einzelperson unternehmerisch tätig wird, hat im Umsatzsteuerrecht nur ein Unternehmen, in dem sämtliche unternehmerischen Aktivitäten zusammengefasst sind. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG gehört jede Tätigkeit, die selbständig und nachhaltig mit Einnahmeerzielungsabsicht unternommen wird, zum Unternehmen.
Die von der Klägerin für die Arbeitnehmerkammer nachhaltig ausgeübte Tätigkeit ist selbständig unternommen worden. Soweit die Klägerin geltend macht, dass sie kein Unternehmer- und Haftungsrisiko trug, wird ihr Vorbringen nicht dahingehend verstanden, dass es sich bei ihrer Tätigkeit für die Arbeitnehmerkammer um eine nichtselbständige Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses handelte. Vielmehr wird der Prüfung zu Grunde gelegt, dass sie selbständig tätig war, wofür bereits ihre Darstellung, dass sie ohne feste Arbeitszeiten nach ihren freien Kapazitäten tätig geworden ist, spricht.
Ihre Tätigkeit für die Arbeitnehmerkammer war daher als eine von ihr im Rahmen ihres Unternehmens ausgeführte sonstige Leistung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar. Es ist insoweit unerheblich, dass diese Leistung von ihr an die Arbeitnehmerkammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts erbracht wurde.
Die streitbefangenen Umsätze sind nicht nach § 4 Nr. 26 UStG steuerfrei.
Gem. § 4 Nr. 26 UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei die ehrenamtliche Tätigkeit, a) wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder b) wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht.
Zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten i. S. des § 4 Nr. 26 UStG gehören alle diejenigen Tätigkeiten, die in einem (anderen) Gesetz ausdrücklich oder im allgemeinen Sprachgebrauch herkömmlicherweise als solche bezeichnet werden (BFH-Urteil vom 27. Juli 1972 V R 33/72, BFHE 106, 479, BStBl II 1972, 844).
In der Regel beruht eine ehrenamtliche Tätigkeit auf einer Wahl oder öffentlichen Bestellung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 152, 182, BStBl II 1988, 384; Heidner in Bunjes/Geist, Umsatzsteuergesetz, 8. Aufl., § 4 Nr. 26 Rz. 3, Hünnekens, in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 26 UStG Rn. 9). Ehrenamtliche Tätigkeiten werden grundsätzlich nebenberuflich ausgeübt (Weymüller, in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 26 Rn. 8).
Kennzeichen jeder ehrenamtlichen Tätigkeit, auch der für eine juristische Person des öffentlichen Rechts, ist die Unentgeltlichkeit (vgl. BFH-Urteil in BFHE 152, 182, BStBl II 1988, 384). Die ehrenamtliche Tätigkeit ist nicht mit einem Anspruch auf Besoldung im Sinne einer Leistungsvergütung verbunden (vgl. Rau/ Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 26 Rz. 21), sondern lediglich mit einer Entschädigung besonderer Art, die einen Ausgleich zwischen den öffentlichen und den beruflich-privaten Interessen schaffen soll. Sofern eine ehrenamtliche Tätigkeit für eine juristische Person des öffentlichen Rechts ausgeübt wird, hängt die Ehrenamtlichkeit gemäß § 4 Nr. 26 a) UStG nicht davon ob, die Entschädigung der Höhe nach für die Zeitversäumnis angemessen ist (vgl. Heidner in Bunjes/Geist, Umsatzsteuergesetz, 8. Aufl., § 4 Nr. 26 Rn. 4; Geist in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 26 Rn. 23; Hünnekens in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 26 Rn. 13; a. A. Schmidt, UR 1968, 259). Wenn diese Entschädigung den Verdienstausfall umfasst, wird damit nicht die Tätigkeit entlohnt, sondern ein Schadensersatz gewährt (BFH-Urteil in BFHE 152, 182, BStBl II 1988, 384). Wird eine Bezahlung geleistet, die nicht lediglich im Sinne eines Schadensersatzes die Zeitversäumnis oder den Verdienstausfall ausgleichen soll, sondern sich an der Qualifikation des Tätigen und seiner Leistung orientiert, liegt eine entgeltliche Tätigkeit vor. Ein Indiz für Entgeltlichkeit liegt vor, wenn die Höhe der gezahlten Entschädigung erheblich über den für ehrenamtliche Tätigkeiten üblichen Ersatz von Auslagen und die Gewährung von Aufwandsentschädigungen hinausgeht (Weymüller, in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 26 Rn. 14).
Zwar ist die Klägerin für die Arbeitnehmerkammer und damit für eine juristische Person des öffentlichen Rechts tätig geworden, doch geschah dies nicht ehrenamtlich.
Es fehlt bereits an der für die Feststellung einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Sinne von § 4 Nr. 26 a) UStG grundsätzlich erforderlichen Wahl oder öffentlichen Bestellung. Vielmehr beruht die Tätigkeit der Klägerin auf einem Dienstvertrag.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten kann die Ehrenamtlichkeit der Tätigkeit der Klägerin allerdings nicht bereits mit der Begründung verneint werden, dass sie als Rechtsanwältin im Hauptberuf eine Beratungstätigkeit ausübe. Denn sie wird nicht in ihrem Hauptberuf als Rechtsanwältin in einem Rechtsberatungsdienst (vgl. UStR Abschnitt 120), sondern lediglich entsprechend ihrer Ausbildung als Volljuristin und damit außerhalb ihres Hauptberufes Rechtsanwältin für die Arbeitnehmerkammer tätig. Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass sie nicht als Rechtsanwältin, sondern lediglich als Assessorin gegenüber den zu Beratenden auftreten darf.
Maßgeblich für die Verneinung der Ehrenamtlichkeit der Beratungstätigkeit der Klägerin ist deren Entgeltlichkeit. Die Klägerin war nicht unentgeltlich tätig. Sie erhielt nicht eine Entschädigung für Zeitversäumnis, sondern eine leistungs- und qualifikationsbezogene Vergütung. Die Klägerin selbst hat darauf hingewiesen, dass die Festsetzung des Entgelts ihre fachliche Kompetenz berücksichtige.
Dass eine entgeltliche Tätigkeit vorliegt, wird schließlich daran deutlich, dass Leistungen von der Art, wie sie die Klägerin selbständig für die Arbeitnehmerkammer erbracht hat, ebenfalls von abhängig Beschäftigten erbracht worden sind. Die Klägerin selbst hat vorgetragen, dass in der öffentlichen Rechtsberatung der Arbeitnehmerkammer Bremen auch abhängig Beschäftigte tätig sind, die hierfür Bezüge nach Vergütungsgruppe I des Bundes-Angestelltentarifvertrag erhalten haben. Ihre Tätigkeit für die Arbeitnehmerkammer in der öffentlichen Rechtsberatung hat sich von der der dort abhängig Beschäftigten allein dadurch unterschieden, dass sie nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern selbständig auf der Grundlage eines Dienstvertrages erbracht worden ist.
Im Übrigen spricht auch die Höhe der an die Klägerin geleisteten Zahlungen gegen die Ehrenamtlichkeit. Sofern eine zeitbezogene Entschädigung für den Verdienstausfall gewährt wird, geben die Regelungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) über die ehrenamtlichen Richtern gewährte Entschädigung für die Zeitversäumnis einen Anhaltspunkt (Meyer, EFG 2006, 1023 , Meyer, HFR 2000, 832). Nach § 16 JVEG wird für Zeitversäumnis eine Entschädigung in Höhe von EUR 5 pro Stunde gewährt. In dem Sachverhalt, der dem von der Klägerin zitierten BFH-Urteil in BFHE 152, 182, BStBl II 1988, 384 zu Grunde lag, erreichten die dem betreffenden Steuerpflichtigen geleisteten Erstattungen nicht die Höhe der ehrenamtlichen Richtern für die Zeitversäumnis gezahlten Entschädigungen. Die der Klägerin pro Beratungsstunde gezahlten DM 35 bzw. EUR 22,50 liegen dagegen weit oberhalb der ehrenamtlichen Richtern als Entschädigung gezahlten Beträge. Sie erhielt somit nicht nur eine Entschädigung für Zeitversäumnis, sondern eine leistungsbezogene Vergütung. Die Klägerin kann sich nicht auf die von ihr genannten Stundensätze von Rechtsanwälten berufen. Denn sie hat zu Recht geltend gemacht, dass sie nicht in ihrer Kanzlei, sondern in der Arbeitnehmerkammer Bremen und dort nicht als Rechtsanwältin und ohne Haftungsrisiko tätig wird. Für einen Vergleich wäre wohl eher auf die juristisch vorgebildeten abhängig Beschäftigten gezahlten Bezüge abzustellen. Insoweit erscheinen die gezahlten Stundensätze durchaus nicht unüblich.
Auch kann im Hinblick auf den zeitliche Umfang der Tätigkeit der Klägerin und die Höhe der Zahlungen der Arbeitnehmerkammer nicht mehr von einer nebenberuflichen Tätigkeit gesprochen werden. Der zeitliche Umfang der Tätigkeit für die Arbeitnehmerkammer betrug im Jahre 2003 nach Maßgabe des insgesamt gezahlten Entgelts von EUR 8.336,30 bei einem Stundensatz von EUR 22,50 immerhin etwa 370 Stunden jährlich oder ca. 30 Stunden monatlich. Auch die Höhe dieses Entgelts im Verhältnis zu dem von der Klägerin für 2003 erklärten Gewinn aus ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin in Höhe von EUR 15.863 spricht gegen die Nebenberuflichkeit.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen. Der Senat misst der Frage, ob es sich bei der Tätigkeit als Beraterin in der Öffentlichen Rechtsberatung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt, grundsätzliche Bedeutung zu.
BESCHLUSS
Der Streitwert wird auf EUR 6.314,51 festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 2, 52 Abs. 3 GKG. Der Streitwert entspricht der mit der Klage erstrebten Steuerersparnis.
Dieser Beschluss ist nach §§ 68 Abs. 1 Satz 4, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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