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Gericht: Finanzgericht Bremen
Urteil verkündet am 21.05.2008
Aktenzeichen: 2 K 221/07 (1)
Rechtsgebiete: GG, GrEStG, UmwG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3
UmwG § 123 Abs. 3 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Bremen

2 K 221/07 (1)

Gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Bremen - 2. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. Mai 2008

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts Hoffmann als Vorsitzenden,

die Richterin am Finanzgericht Dr. Wendt,

den Richter am Finanzgericht Weber,

die ehrenamtliche Richterin ...

den ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Übertragung von Grundstücken im Rahmen einer Ausgliederung i.S.v. § 123 Abs. 3 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) der Grunderwerbsteuer unterliegt.

Am 26. Mai 2004 schlossen der rechtsfähige wirtschaftliche Verein "..." (nachfolgend: Verein) und die X-AG einen Ausgliederungsvertrag gemäß § 149 Abs. 1, § 123 Abs. 3 Nr. 1, § 69 Abs. 1 UmwG. Die X-AG änderte ihre Firma im Zuge der Ausgliederung in "..." (nachfolgend: Klägerin). Der Verein übertrug seinen ...-Betrieb im Wege der Ausgliederung auf die Klägerin gegen Gewährung von Aktien der Klägerin. Der Verein sollte fortan die Rolle einer Finanzholding an der Spitze der ...-Gruppe wahrnehmen. Die Klägerin sollte das operative Geschäft des Vereins weiterführen.

Gemäß § 7 Ziffer 7.1 des Ausgliederungsvertrags wurde das zivilrechtliche Eigentum an den in Anlage 7.1 aufgeführten Grundstücken des Vereins im Rahmen der Ausgliederung auf die Klägerin übertragen. Das zivilrechtliche Eigentum an dem wesentlichen Teil des Grundbesitzes des Vereins sollte bei diesem verbleiben. Nur das wirtschaftliche Eigentum hieran wurde auf die Klägerin übertragen.

Am 14. Juli 2004 schlossen der Verein und die Klägerin einen Nachtrag zum Ausgliederungsvertrag vom 26. Mai 2004. Nachdem die Bundesanstalt für ... dieses Ausgliederungskonzept zunächst in Gesprächen befürwortet hatte, bekundete sie nach Vornahme der Beurkundung des Ausgliederungsvertrags vom 26. Mai 2004, dass sie der Klägerin die benötigte Erlaubnis zur Führung ihrer Geschäfte nur erteilen werde, wenn auch noch das zivilrechtliche Eigentum an den der Ausgliederung unterworfenen Grundstücken auf die Klägerin übertragen werde. Die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums erfolgte dann aufgrund des Nachtrags zum Ausgliederungsvertrag vom 14. Juli 2004, ohne dass dem Verein hierfür im Gegenzug weitere Aktien gewährt wurden.

Die auf die Klägerin gemäß Anlage 7 des Nachtragsvertrags vom 14. Juli 2004 übertragenen Grundstücke liegen in den Bezirken verschiedener Finanzämter.

Der Beklagte erließ am 1. Februar 2007 gegenüber der Klägerin einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer. Er stellte u.a. fest, dass Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer für alle in der Anlage zum Bescheid aufgeführten Grundstücke die Grundbesitzwerte nach § 138 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes seien. Gegen diese Feststellung wandte sich die Klägerin mit ihrem Einspruch vom 15. Februar 2007.

Zur Begründung ihres Einspruchs machte die Klägerin geltend, die Erhebung der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) bei Grundstücksübertragungen im Rahmen von Ausgliederungen gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seinen Ausprägungen als Willkürverbot und als Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Bei der Ausgliederung handele es sich um eine übertragende Umwandlung, die bei einer an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientierten Besteuerung ebenso behandelt werden müsse wie eine formwechselnde Umwandlung, d.h. grunderwerbsteuerfrei sein müsse. Für die Ungleichbehandlung von übertragenden Umwandlungen, die zivilrechtlich mit einem Rechtsträgerwechsel verbunden seien, und formwechselnden Umwandlungen, bei denen dies nicht der Fall sei, gebe es keinen sachlichen Grund. Die Anknüpfung an den zivilrechtlichen Unterschied sei entgegen der Auffassung des BFH in den Beschlüssenvom 26. Januar 2000 II B 108/98 (BFH/NV 2000, 1136) undvom 20. Dezember 2000 II B 53/00 (BFH/NV 2001, 817) sachlich nicht gerechtfertigt. Denn der Erwerber erlange durch den Erwerb der Grundstücke keine zusätzliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und wende hierfür auch keine Mittel auf. Die Anteile, die der übernehmende Rechtsträger dem übertragenden Rechtsträger gewähre, stellten keine Gegenleistung für den Erwerb der Grundstücke dar. Die Gewährung von Anteilen sei gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG eine zwangsläufige Folge des Ausgliederungsvorgangs. Im Streitfall bildeten die Aktien, die die Klägerin dem Verein gewährt habe, lediglich den Vermögenswert des übertragenen Betriebs im Vermögen des Vereins ab.

Die Anknüpfung an den Rechtsträgerwechsel als Rechtfertigung für die Annahme einer grunderwerbsteuerpflichtigen Grundstücksübertragung in Ausgliederungsfällen sei auch im Hinblick auf Grundstücksübertragungen nach §§ 5 und 6 GrEStG steuerrechtssystematisch willkürlich. Denn nach diesen Vorschriften sei das bloße Auswechseln von Miteigentums- und Gesamthandsanteilen grunderwerbsteuerfrei, obwohl ein Rechtsträgerwechsel stattfinde. Zur Untermauerung ihrer Argumentation beruft sich die Klägerin auf Aufsätze von Beuthien/Helios (Der Konzern 2004, 653) und Beuthien (BB 2007, 133).

Der Beklagte wies den Einspruch am 2. November 2007 als unbegründet zurück. Er berief sich auf die BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2000, 1136 und BFH/NV 2001, 817 sowie auf das Urteil des Hessischen FG vom 16. März 2006 5 K 4400/02 (EFG 2006, 1091), dessen Entscheidungsgründe er wörtlich in der Einspruchsentscheidung wiedergab. Ergänzend verwies er auf den BFH-Beschluss vom 29. August 2007 II B 108/06 (BFH/NV 2007, 2350). Der BFH sei nach wie vor der Auffassung, dass die unterschiedliche grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung eines Grundstücksübergangs aufgrund einer formwechselnden Umwandlung einerseits und einer übertragenden Umwandlung andererseits verfassungsgemäß sei.

Am 4. Dezember 2007 hat die Klägerin ihre Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihre Rechtsausführungen aus dem Einspruchsverfahren. Der BFH habe weder in den vom Beklagten genannten Entscheidungen noch in der Entscheidung vom 19. August 2004 II B 60/03 (BFH/NV 2005, 69) überprüft, ob im Vergleich zu Übertragungen von einer Personengesellschaft auf eine andere gemäß §§ 5 und 6 GrEStG eine Ungleichbehandlung von übertragenden Umwandlungen vorliege. Wenn einzelne zivilrechtliche Tatbestände die Steuerpflicht auslösten, andere aber nicht, bedürfe es hierfür einer Rechtfertigung. Eine solche sei nicht ersichtlich und ergebe sich auch nicht aus den Ausführungen des Hessischen FG in seinem Urteil in EFG 2006, 1091 oder denen des Beklagten. Soweit das Hessische FG darauf abstelle, dass das Anknüpfen an den zivilrechtlichen Übertragungsvorgang aus Vereinfachungsgründen zulässig sei, bleibe es eine Erklärung schuldig, warum dann eine Grundstücksübertragung von einer Personenhandelsgesellschaft auf eine andere oder von einer BGB-Gesellschaft auf eine andere grunderwerbsteuerfrei sei. Es sei nicht zu rechtfertigen, jene Grundstücksübertragungen aus Vereinfachungsgründen grunderwerbsteuerfrei zu stellen, eine Grundstücksübertragung im Rahmen einer Abspaltung von einer GmbH auf eine andere aber mit Grunderwerbsteuer zu belegen. Diese willkürliche Ungleichbehandlung belaste Kapitalgesellschaften im Vergleich zu Personengesellschaften, behindere ihre umwandlungsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und verschlechtere ihre Wettbewerbssituation in unzulässiger Weise.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 1. Februar 2007 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer und die Einspruchsentscheidung vom 2. November 2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich auf seine Einspruchsentscheidung und gibt die Ausführungen des BFH im Beschluss vom 7. September 2007 II B 5/07 (BFH/NV 2007, 2351) wieder.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

1. Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Alternative 2 GrEStG für den Erlass eines Feststellungsbescheids sind gegeben, da die von der Ausgliederung gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG betroffenen Grundstücke sich in den Bezirken verschiedener Finanzämter befinden.

Die Ausgliederung gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG ist eine Form der übertragenden Umwandlung, bei der hinsichtlich der Gesellschaftsgrundstücke ein Rechträgerwechsel stattfindet. Sie ist deshalb ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG grunderwerbsteuerbarer und -pflichtiger Vorgang. Die Steuer bemisst sich gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG nach den Werten i.S. des § 138 Abs. 2 oder 3 des Bewertungsgesetzes (vgl. Fischer in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 16. Aufl., § 1 Rz 539a, 541; Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 8 Rz 63).

Die unterschiedliche grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung von Umwandlungsvorgängen, die zu einem Rechtsträgerwechsel führen, einerseits und des bloßen Formwechsels andererseits ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar, wie der BFH bereits wiederholt entschieden hat (zuletzt BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 2351, m.w.N.). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Aus den im Urteil des Hessischen FG in EFG 2006, 1091 genannten Gründe, auf die Bezug genommen wird und denen sich der Senat ebenfalls anschließt, liegt kein Verstoß gegen das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit vor.

Soweit die Klägerin meint, im Vergleich zu Übertragungen von einer Personengesellschaft auf eine andere gemäß §§ 5 und 6 GrEStG liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von übertragenden Umwandlungen vor, vermag der Senat dem nicht zu folgen. §§ 5 und 6 GrEStG enthalten Vergünstigungsvorschriften für die Grundstücksübergänge, die zwischen den an einer Gesamthand Beteiligten und der Gesamthand oder zwischen einer Gesamthand und einer anderen Gesamthand stattfinden (Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 5 Rz 2). Obwohl bei diesen Grundstücksübergängen Rechtsträgerwechsel stattfinden, unterbleibt die Besteuerung insoweit, als sich die Berechtigung des bisherigen Mit- oder Alleineigentümers am Grundstück in Höhe seines Anteils am Gesellschaftsvermögen fortsetzt bzw. umgekehrt der Wert der gesamthänderischen Beteiligung am Grundstück bei Übergang desselben in das Mit- oder Alleineigentum einer oder mehrerer an der Gesamthand beteiligter Personen oder bei Übergang auf eine andere Gesamthand erhalten bleibt (BFH-Urteil vom 16. Januar 1991 II R 78/88, BFHE 163, 249, BStBl II 1991, 376; Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 5 Rz 3 f.). Die Vorschrift beruht auf dem Grundgedanken, dass einem Grundstückserwerber insoweit Steuerfreiheit gewährt werden soll, als er bereits im Rahmen seiner gesamthänderischen Berechtigung am Gesamthandsvermögen am Wert des erworbenen Grundstücks beteiligt war (BFH-Beschluss vom 27. Juli 2001 II B 20/01, BFH/NV 2002, 70; Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 6 Rz 2). Dieser Grundgedanke lässt sich nicht auf die Gesellschafter von Kapitalgesellschaften übertragen. Denn Kapitalgesellschaften sind keine Gesamthandsgemeinschaften. Gesellschafter von Kapitalgesellschaften sind - anders als Gesellschafter von Personengesellschaften - nicht aufgrund ihrer Gesellschafterstellung sachenrechtlich, d.h. eigentumsmäßig am Gesellschaftsvermögen einschließlich des Grundbesitzes mitberechtigt, da das Gesellschaftsvermögen in der Hand der Kapitalgesellschaft kein Gesamthandsvermögen, sondern verselbständigt ist. Es ist nicht willkürlich und verstößt daher auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn der Gesetzgeber die unterschiedlichen zivilrechtlichen Sachverhalte zum Anknüpfungspunkt für eine unterschiedliche grunderwerbsteuerliche Behandlung nimmt. Die zivilrechtlichen Unterschiede beider Gesellschaftsformen rechtfertigen das unterschiedliche steuerrechtliche Ergebnis (vgl. dazu, dass die Grunderwerbsteuer an die zivilrechtlichen Gegebenheiten anknüpft, z.B. Fischer in Boruttau, a.a.O., Vorb Rz 166 - 168; BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 1136).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind. Allein der Umstand, dass das Hessische FG die Revision gegen seine Entscheidung in EFG 2006, 1091 zugelassen hat und die Revision eingelegt wurde (Az. des BFH: II R 32/06), verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 2351).



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