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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Bremen
Urteil verkündet am 03.09.1996
Aktenzeichen: 2 K 295012
Rechtsgebiete: BewG, GrStG, HafenG, BrWG


Vorschriften:

BewG § 22 Abs. 3
BewG § 22 Abs. 4 S. 3 Nr. 2
GrStG § 17 Abs. 2
GrStG § 4 Nr. 3 Buchst. a
HafenG § 1 Abs. 2
BrWG § 61 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Bremen

2 K 295012

Ablehnung Grundsteuer-Befreiung

Das Finanzgericht Bremen, 2. Senat, hat

durch ...

in der Sitzung vom 03. September 1996

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin des im ... -hafen in Bremen belegenen 122.497,5 qm großen Grundstücks .... Wegen der Lage des Grundstücks wird auf den Lageplan Bl. 102 GA und hinsichtlich des Zeitpunkts des Erwerbs der einzelnen zu diesem Grundstück gehörenden Flurstücke durch die Klägerin auf die Erläuterung zu diesem Lageplan Bl. 101 GA Bezug genommen. Das Betriebsgelände wurde zum Umschlag und zur Lagerung von Massengütern, zuletzt vor allem von Holz, genutzt. Der Betrieb wurde zum 30. April 1993 eingestellt.

Das beklagte FA hat den Einheitswert für diesen Grundbesitz bei der Hauptfeststellung auf den 1. Januar 1964 im Sachwertverfahren ermittelt und auf DM 5.062.300,- festgestellt. Wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse an dem Grundstück nahm das FA danach regelmäßig Wertfortschreibungen des Einheitswertes vor.

Da im Jahr 1987 auf dem Grundstück ein Bürogebäude fertiggestellt worden war, nahm das FA eine Wertfortschreibung auch auf den 1. Januar 1988 vor und stellte den Einheitswert wie folgt fest:

TABELLE_1

Gleichzeitig setzte es durch Neuveranlagung zum selben Stichtag den Grundsteuermeßbetrag neu fest auf DM 27.647,55 (3,5 v.T. des Einheitswerts). Dieser zusammengefaßte Einheitswert- und Grundsteuermeßbescheid vom 13. September 1989 wurde ebenso bestandskräftig wie der unter dem selben Datum ergangene Grundsteueränderungsbescheid für die Jahre 1988 und 1989, durch den die jährliche Grundsteuer für die Klägerin festgesetzt wurde auf DM 121.649,22.

Mit Schreiben vom 29. Juli 1991 beantragte die Klägerin nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 BewG zum 1. Januar 1988 Wertfortschreibung auf Null. Unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 06. März 1991 II R 97/89, später veröffentlicht in BFHE 164, 96, BStBl. II 1994, 123 vertrat sie die Auffassung, daß ihr Betriebsgrundstück nach § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG von der Grundsteuer zu befreien sei; dies sei erst durch das genannte BFH-Urteil klargestellt worden.

Gegen den Ablehnungsbescheid des FA vom 9. Dezember 1991 legte die Klägerin am 19. Dezember 1991 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, daß ihr Grundstück dem öffentlichen Verkehr diene. Dies ergebe sich aus dem von ihr im Jahr 1963 mit der Stadtgemeinde Bremen abgeschlossenen Betriebsvertrag über die Nutzung des Grundstücks. Außerdem habe das für die Klägerin zuständige Veranlagungs-FA ihr Vermögensteuerbefreiung für das Grundstück gewährt.

In dem Betriebsvertrag, der am 3. Juli 1963 und am 24. September 1963 unterzeichnet worden ist, heißt es u.a.:

"Die Vertragschließenden gehen davon aus, daß bei der engen wirtschaftlichen Verbindung, die zwischen den bremischen und den gesellschaftseignen Anlagen auf dem Gelände der Öffentlichen Umschlagstelle für Massengut besteht, weiterhin die Betriebsführung durch die Gesellschaft und daher eine Fortsetzung des jetzt bestehenden Überlassungsverhältnisses zweckmäßig ist.

Der Betriebsvertrag vom 7.7.1954 und die dazu abgeschlossenen Nachtragsverträge erhalten die folgende Fassung:

§ 1

Die Vertragschließenden verpflichten sich, beiderseits mit allen Kräften sich die Erhaltung, Förderung und weitere Ausgestaltung des Massengutverkehrs in Bremen angelegen sein zu lassen.

§ 2

Die Gesellschaft übernimmt für eigene Rechnung den Betrieb und die Bewirtschaftung der Öffentlichen Umschlagstelle für Massengut am Westufer des ... -hafens.

Das der Öffentlichen Umschlagstelle für Massengut zur Verfügung stehende Gelände ergibt sich aus dem anliegenden, einen Bestandteil dieses Vertrages bildenden Lageplan (Anlage 1), in dem dieses Gebiet farbig eingetragen ist.

§ 3

(1) Für die Zwecke der Öffentlichen Umschlagstelle für Massengut stellt Bremen der Gesellschaft die auf dem anliegenden Lageplan dargestellten Uferstreifen einschließlich Kaimauer sowie die Bremen gehörenden vorhandenen oder noch herzustellenden Verkehrs- und Umschlagsanlagen zur Verfügung.

(2) Die Gesellschaft stellt für die genannten Zwecke das ihr gehörende (im anliegenden Lageplan farbig angelegte) Gelände und ihre Verkehrs- und Umschlagsanlagen einschließlich Eisenbahnbetriebsmittel zur Verfügung.

(3) Die Gesellschaft leistet Gewähr dafür, daß das der Firma ... gehörende Gelände ihr für die Dauer des Vertrages zur wirtschaftlichen Ausnutzung im Sinne des Vertrages zur Verfügung steht.

§ 9

(1) Bremen ist bereit, erforderlichenfalls für die Herstellung weiterer Verkehrs- und Umschlagseinrichtungen die erforderlichen Mittel bereitzustellen.

(2) Die in Abs. 1 genannten Anlagen sollen nur im gegenseitigen Einverständnis errichtet werden.

(3) Neue Anlagen, die mit bremischen Mitteln hergestellt sind und sich auf dem Gelände der Öffentlichen Umschlagstelle für Massengut befinden, sind der Anlagenliste gemäß § 11 Abs. 1 dieses Vertrages zuzuschreiben und in die Erneuerungspflicht der Gesellschaft einzubeziehen, sofern im einzelnen nichts anderes vereinbart ist.

(4) ...

(5) ...

(6) ...

§ 10

(1) Soweit die Unterhaltungspflicht nicht schon im § 7 geregelt ist, verpflichtet sich die Gesellschaft, ihre eigenen Anlagen, soweit sie für die Zwecke der Öffentlichen Umschlagstelle für Massengut gebraucht werden, auf ihre Kosten ordnungsgemäß zu unterhalten und zu erneuern.

(2) Umschlagseinrichtungen und Schiffahrtsanlagen mit ihrem Zubehör, die von Bremen auf seine Kosten erstellt worden sind oder erstellt werden, sind von der Gesellschaft in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten. Die Erneuerung dieser Anlagen obliegt Bremen, ausgenommen die vor dem Gelände der Öffentlichen Umschlagstelle für Massengut stehenden Dalben, die im Bedarfsfalle von der Gesellschaft zu erneuern sind. Die Dalben 1, 2, 4 und 5 sind Eigentum der Gesellschaft.

(3) ...

§ 11

(1) Die Gesellschaft zahlt an Bremen jährlich für die Überlassung der bremischen Anlagen

a) einen festen Betrag als Erneuerung (mit Ausnahme der Brücke 5).

Die der Gesellschaft überlassenen bremischen Anlagen sowie die von der Gesellschaft jährlich zu zahlende Erneuerungsrücklage sind in einer Liste zusammengestellt, die diesem Vertrag als Anlage 3 beigefügt ist,

(b) einen veränderlichen Betrag als Tonnenabgabe.

Die Tonnenabgabe beträgt 4 DPfg. je Tonne auf den jährlichen Gesamtumschlag.

(2) ...

§ 15

(1) Dieser Vertrag tritt mit Wirkung vom 1. Januar 1963 in Kraft; er gilt bis zum 31. Dezember 1972.

(2) Die Geltungsdauer des Vertrages verlängert sich jeweils um 5 Jahre, wenn er nicht ein Jahr vor Ablauf von einem der Vertragschließenden gekündigt wird."

Am 24. September 1993 führte das FA zusammen mit dem jetzigen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin eine Augenscheinseinnahme des Betriebsgrundstücks durch. Der Versuch, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen, schlug fehl.

Daraufhin wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 20. Dezember 1994 den Einspruch als unbegründet zurück. In der Begründung führte es aus:

Nach der BFH-Rechtsprechung sei ein Hafen (einschl. der Landflächen) nur dann grundsteuerbefreit, wenn die sich aus dem Grundstückseigentum ergebenden Nutzungs- und Dispositionsbefugnisse durch öffentlich-rechtliche Bestimmungen eingeschränkt bzw. aufgehoben sei und der Eigentümer deswegen zur Gestattung eines - möglicherweise auch nur beschränkten - Gemeingebrauchs (Schiffsverkehr) verpflichtet sei. Diese Befreiungsvoraussetzungen seien hier nicht gegeben. Der Grundbesitz der Klägerin habe nicht den rechtlichen Status einer öffentlichen Sache. Das Hafengelände sei nämlich nicht für den öffentlichen Verkehr gewidmet worden. Öffentlich-rechtliche Bestimmungen, die die Befugnisse der Klägerin einschränkten, lägen nicht vor. Der Betriebsvertrag sei privatrechtlicher Natur.

Am 16. Januar 1995 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren und trägt weiter vor: Sie habe seit alters her auf dem direkt der Längsseite des ... -hafens angrenzenden Teilstück des gesamten Grundbesitzes einen Seehafenumschlagsbetrieb für spezielle Massengüter, nämlich Kohle, Erz, Kali und (seit Ende der 50er Jahre) Tropenholz betrieben. Sie sei durch den Betriebsvertrag mit der Stadtgemeinde Bremen einzig im Bereich aller bremischen Häfen als "öffentliche Umschlagstelle" bei Anlandung und Abladung solcher Güter ex Seeschiff in Binnenschiff oder Bundesbahn-Güterwagen bzw. umgekehrt ex Binnenschiff/Bundesbahn in Seeschiffe legitimiert gewesen, habe aber andererseits als Monopolbetrieb auch die strikte Verpflichtung gehabt, alle an ihrer Pier ankernden Schiffe umschlagsmäßig abzufertigen. Dieser Abfertigungspflicht habe spezielles, für Schwerstlasten (z.B. beladene Güterzugwagen) geeignetes Umschlagsgerät - sog. Brücken - gedient. Auf einem kleineren Teil des Areals an der östlichen Stirnseite des Hafenbeckens habe die Klägerin einen Säge- und Sägelager/Versandbetrieb unterhalten. Diesen Sägebetrieb habe sie bereits Ende März 1988 stillgelegt. Nach Beendigung des Seehafenumschlags zum 30. April 1993 seien Teilflächen des Gesamtareals an verschiedene Drittfirmen vermietet worden. Die Wiederaufnahme der Umschlagstätigkeit sei nicht beabsichtigt. Sie nehme von ihrem Befreiungsantrag die Flächen und Bauten ihres ehemaligen Sägebetriebes aus, da es sich insoweit nicht um eine dem öffentlichen Verkehr dienende, hafenspezifische Nutzung gehandelt habe. Außerdem habe sie ein auf ihrem hafenspezifisch genutzten Teilareal belegenes Sozialgebäude vom Klagebegehren ausgenommen, weil dieses schwerpunktmäßig mehr Belegschaftszwecken als unmittelbaren Betriebszwecken gedient habe. Alle anderen Baulichkeiten auf den dem Seehafenumschlag dienenden Teilflächen (Verwaltungsgebäude, Logschuppen, Holzlagerschuppen 1 und 2, Trafogebäude 1 und 2, Seilbahn- und Zollhäuschen, Speditionsbüro, Werkstattgebäude, Platzmeisterbüro, Magazin) müßten nach § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG von der Grundsteuer befreit werden. Eine Berücksichtigung der Befreiungsvoraussetzungen für vor dem 1. Januar 1988 liegende Hauptfeststellungs- und Wertfortschreibungsstichtage sei der Klägerin verschlossen, weil ihr dahingehendes Interesse an fehlerberichtigender Neufestsetzung eines ermäßigten Steuerbetrages nur im Aufleben einer Erstattungsmöglichkeit für bereits entrichtete Grundsteuer in Erhebungszeiträumen vor dem 1. Januar 1988 liegen könne, solche Erstattungsansprüche aber bereits verjährt gewesen seien, als die Klägerin sich erstmals darauf berufen habe. Dagegen sei für den 1. Januar 1988 und danach liegende Erhebungszeiträume ein Rechtsschutzinteresse für eine fehlerberichtigende Neuveranlagung bzw. Fortschreibung der EW-Grundlagenbescheide gegeben, denn die erstrebte Erstattung der Grundsteuer sei im Zeitpunkt der dahingehenden Antragstellung für diese Zeiträume noch unverjährt gewesen. Eine fehlerberichtigende Neuveranlagung nach § 22 BewG, § 17 GrStG sei nicht ausgeschlossen, denn sie habe nicht "jahrelang grundlos zugewartet". Der früheren Geschäftsleitung der Klägerin sei § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG unbekannt geblieben. Erst anläßlich der steuerlichen Außenprüfung durch das Veranlagungs-FA und der dort erreichten vermögensteuerlichen Befreiung nach § 117 BewG sei die Klägerin auf den § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG gestoßen, der dem § 117 BewG nachgebildet sei. Vor Ablauf von 2 Jahren seit Zustellung des EW-Bescheides per 1.1.1988 vom 13. September 1989 habe die Klägerin dann die Grundsteuerbefreiung beantragt.

Die Grundstücksteile, für die die Grundsteuerbefreiung begehrt werde, hätten dem öffentlichen Verkehr gedient. Die hier interessierenden Parzellen seien wasserseits mit allen technisch zeitgerechten Kajeeinrichtungen für Hochseeschiffe aller Größenordnungen versehen. Im ... -hafenbecken selbst habe sie auf eigene Kosten schwere Dalben zum Festmachen von Schiffen im Hafengrund verankert. Das Gelände sei von dichten Schienensträngen in einer Gesamtlänge von knapp 4 km für die Zuführung von Bundesbahn-Güterzügen durchzogen gewesen. Diese Schienenstränge hätten über Abzweigweichen am östlichen Beginn der ... straße in das Zentralgleis der bahneigenen Hafenbahn gemündet, die ihrerseits wiederum direkten Anschluß zur höhertrassigen Bahnstrecke Bremen/Bremerhaven gehabt habe. Mit ihrem inneren Schienen- und Weichennetz habe sie vertraglich den technischen Verkehrs-, Sicherheits- und Wartungsbestimmungen der Bundesbahn unterlegen, die Güterzüge mit eigenen Loks zugefahren und (nach umschlagsmäßiger Entleerung oder Ladung) wieder abgeholt habe. Das Rangieren und Bereitstellen von Einzel-Güterwagen sowie ihr Zusammenstellen zu neuen Zügen (nach Abfertigung) habe die Klägerin mittels einer eigenen Rangierlok besorgt. Dem Lagern der in oder ex See-/Binnenschiff umzuschlagenden Massengüter hätten im Vergleich zum ausgedehnten Schienennetz nur verhältnismäßig knappe Freiflächen gedient, ferner die Holzlagerschuppen 1 und 2.

Soweit im Betriebsvertrag aus dem Jahr 1963 das Gelände der Klägerin als "öffentliche Umschlagstelle für Massengut" bezeichnet werde, sei das Attribut öffentlich hier gleichbedeutend mit "für alle Reedereien und Schiffseigner für den Hafenumschlag zugangsbefugt". Der Kontrahierungszwang ergebe sich rechtlich aus dem der Klägerin für Massengüter zugewiesenen Umschlagsmonopol. Diesem Kontrahierungszwang habe sie sich in gleicher Weise wie der stadteigene bremische öffentliche Regiebetrieb, der sich auch als "öffentliche Umschlagstelle" bezeichnet habe, ständig und ausnahmslos bis zur Betriebseinstellung und Beendigung des Betriebsvertrages im Jahr 1993 unterworfen. Daß sie keinen Privathafen betrieben habe, zeige sich auch daran, daß sie auch hinsichtlich ihrer personellen Kapazitäten für einen reibungslosen, d.h. auf stets schnelle Abfertigung bedachten Hafenbetrieb habe sorgen müssen. In Zeiten höchster Auslastung habe sie nur zu 1/4 mit Eigenpersonal und zu 3/4 mit Stauereikräften gearbeitet. Diese Relation von Eigenpersonal und Stauern sei typisch für einen dem öffentlichen Verkehr dienenden Hafen. Charakteristisch für öffentliche Verkehrseinrichtungen sei die Tarifbindung ihrer Leistungen als Kehrseite einer örtlichen Monopolstellung. Sie sei der Hafengebührenordnung unterworfen gewesen. Sie sei nie ein Lagerungsunternehmen gewesen, schon gar nicht habe sie als "Lagerhalter" das in den §§ 1 Abs. 2 Nr. 6 sowie 416 ff. HGB so bezeichnete Grundhandelsgewerbe betrieben. Die Finanzverwaltung und das Fachschrifttum bemäßen die sog. Dispositionsfrist, innerhalb derer das Verbleiben von Umschlagsgut auf dem Hafengelände noch Umschlag (und nicht Lagerei) sei, mit 4 - 6 Wochen vor bzw. nach Ver- bzw. Ausladung. Die Klägerin habe, wenn umgeschlagene oder umzuschlagende Güter länger als 6 Wochen "auf Kai" verblieben seien, ab der 7. Woche Lagerentgelte berechnet. Solche "echten" Lagereiumsätze seien selten gewesen, sie hätten im Jahresdurchschnitt nicht einmal 1/10 der übrigen Umsätze ausgemacht, also der Hafengebühren und Sägebetriebsumsätze der Klägerin (einschließlich Hilfsgeschäften) und seien überhaupt nur bei angelandetem Tropenholz (nicht sonstigen Massengütern) vorgekommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 9. Dezember 1991 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Dezember 1994 das FA zu verpflichten, im Wege fehlerberichtigender Neuveranlagung bzw. Fortschreibung des Einheitswert bescheides per 1. Januar 1988 vom 30. September 1989 sowie der darin enthalte nen Festsetzung des Grundsteuermeßbetrages per 1. Januar 1988 letzteren von bisher DM 27.644,- um DM 22.231,- auf DM 5.413,- herabzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bezieht sich auf die angefochtene Einspruchsentscheidung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze mit Anlagen Bezug genommen. Dem Senat haben die folgenden Akten vorgelegen, die insoweit Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, als sie in diesem Urteil verwertet worden sind:

1. Einheitswertakten Grundvermögen betr.

2. Akten des Bauordnungsamts Bremen

a. ...

b. ...

c. ...

d. ...

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 3. September 1996 ist der Regierungsdirektor vom Senator für Häfen, Überregionaler Verkehr und Außenhandel als sachverständiger Zeuge zu der Frage vernommen worden, welche Beziehungen zwischen der Klägerin und der Stadtgemeinde Bremen bis zum Jahr 1993 hinsichtlich der Nutzung des -hafens und der Grundstücke der Klägerin bestanden haben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 3. Sept. 1996 GA Bl. 85 - 91 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

I. Der Senat geht aufgrund des Vorbringens der Klägerin im Gerichtsverfahren davon aus, daß sie in erster Linie die fehlerberichtigende Wertfortschreibung des Einheitswerts nach § 22 Abs. 3 BewG auf den 1. Januar 1988, hilfsweise die Neuveranlagung des Grundsteuermeßbetrages nach § 17 Abs. 2 GrStG ebenfalls auf den 1. Januar 1988 begehrt. Diese Anträge sind schon deshalb unbegründet, weil eine Wertfortschreibung des Einheitswerts und eine Neuveranlagung des Grundsteuermeßbetrages auf den Zeitpunkt des 1. Januar 1988 nicht in Frage kommt.

Die Klägerin macht für einen Teil ihres Grundbesitzes geltend, daß der Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG vorliege. Die Beteiligten gehen zutreffend davon aus, daß dieses Begehren im Rahmen der Einheitswertfeststellung zu überprüfen ist. Der Hebesatz der Grundsteuer stellt einen bestimmten Hundertsatz des Steuermeßbetrags dar (§ 25 Abs. 1 GrStG). Der Steuermeßbetrag ist durch Anwendung eines Tausendsatzes (Steuermeßzahl) auf den Einheitswert oder seinen steuerpflichtigen Teil zu ermitteln, der nach dem BewG im Veranlagungszeitpunkt für den Steuergegenstand maßgebend ist (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GrStG). Nach § 19 Abs. 4 BewG werden Einheitswerte nur festgestellt, soweit sie auch für die Besteuerung von Bedeutung sind. Unterliegt das Grundstück weder der Grundsteuer noch einer anderen Steuer, unterbleibt eine Einheitswertfeststellung; unterliegt es nur mit einem Teil einer Steuer, wird auch der Einheitswert nur für diesen Teil festgestellt (vgl. Troll, GrStG, 6. Aufl., § 3 RdNr. 3).

Nach § 22 Abs. 3 BewG findet eine Fortschreibung des Einheitswertes "auch zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung statt". Fortschreibungszeitpunkt für eine solche sog. fehlerbeseitigende Fortschreibung ist nach § 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 BewG der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem FA bekannt wird. Ein Fehler wird dem FA bekannt, wenn es u.a. durch einen Hinweis eines Beteiligten erkennt bzw. bei zutreffender Rechtsauslegung ohne weiteres erkennen müßte, daß in diesem Einzelfall bisher ein unzutreffendes Ergebnis festgestellt wurde. Das Bekanntwerden eines Fehlers wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß das FA trotz eines klaren Hinweises auf einen Fehler gleichwohl eine unzutreffende Rechtsauffassung vertritt oder aus anderen Gründen zu Unrecht den Fehler nicht korrigiert (FG Nürnberg, Urteil vom 20. November 1986 IV 361/84 EFG 1987, 229, 230).

Hier ist das beklagte FA erst durch den Antrag der Klägerin auf Wertfortschreibung vom 29. Juli 1991 auf die aus ihrer Sicht fehlerhafte Einheitswertfestsetzung hingewiesen worden. Hierbei ist die Klägerin selbst davon ausgegangen, die aus § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG herzuleitende Grundsteuerbefreiung sei erst durch das BFH-Urteil vom 6. März 1991 II R 97/89, BFHE 164, 96, BStBl. II 1994, 123 "klargestellt" worden. Schon aufgrund ihres eigenen Vortrags kam deshalb eine Wertfortschreibung - die Richtigkeit ihrer Rechtsauffassung vorausgesetzt - erst auf den 1. Januar 1991 in Frage.

Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man berücksichtigt, daß der BFH sich im Urteil BFHE 164, 96, BStBl. II 1994, 123 auf seine Urteile vom 7. Dezember 1988 II R 115/88 BFHE 155, 400, BStBl. II 1989, 302 und vom 21. Juni 1989 II R 235/85 BFHE 157, 227, BStBl. II 1989, 740 bezieht. In diesen beiden Entscheidungen hat der BFH in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (vgl. insbesondere das Urteil vom 14. November 1980 III R 23/78 BFHE 132, 475, BStBl. II 1981, 355) entschieden, daß für die Wertung, ob ein Grundstück als Straße, Weg oder Platz dem öffentlichen Verkehr dient, nicht auf das Staßenverkehrsrecht, sondern darauf abzustellen ist, ob das Grundstück eine "öffentliche Sache" im Sinne des Straßenrechts ist. Seit dem Ergehen dieser beiden Urteile stand also fest, daß im Unterschied zur vorherigen Rechtsprechung eine Grundsteuerbefreiung nur noch in Betracht kam, wenn das Grundstück als öffentliche Sache im Sinn des Straßenrechts zu qualifizieren war. Im Urteil BFHE 164, 96, BStBl. II 1994, 123 ist diese Rechtsprechung auch für die Grundsteuerbefreiung eines Hafens für maßgeblich erklärt worden. Infolge der Rechtsprechungsänderung war somit keine für die Klägerin günstigere Rechtslage eingetreten, sondern im Gegenteil hatten sich die Anforderungen für die Gewährung einer Grundsteuerbefreiung verschärft. Hinzukommt, daß das beklagte FA bereits mit Bescheid vom 5. Juli 1954 einen Antrag der Klägerin abgelehnt hatte, für ihren Grundbesitz in der damaligen Größe Grundsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a GrStG 1951 zu gewähren. Da die jetzt geltende Vorschrift des § 4 Nr. 3 a GrStG 1973 der genannten Vorschrift des GrStG 51 entspricht, bestand für das FA umso weniger Anlaß, aufgrund der durch die neue Rechtsprechung eingeengten Voraussetzungen für die Gewährung der Grundsteuerbefreiung davon auszugehen, daß die im Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1988 vorgenommene Wertfestsetzung fehlerhaft sei.

Auch der von der Klägerin hilfsweise gestellte Antrag auf Neuveranlagung des Grundsteuermeßbetrages nach § 17 Abs. 2 GrStG führt nicht zum Erfolg.

Die Vorschrift des § 17 Abs. 1 GrStG enthält den Grundsatz, daß bei einer Fortschreibung des Einheitswerts automatisch auch eine Neuveranlagung des Steuermeßbetrags durchgeführt wird, wobei dieser Neuveranlagung die im Fortschreibungsbescheid getroffenen Feststellungen zugrunde gelegt werden. Da hier eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1988 nicht infrage kommt, scheidet eine Neuveranlagung des Steuermeßbetrages ebenfalls aus. Die Vorschrift des § 17 Abs. 2 GrStG, die die isolierte Neuveranlagung des Grundsteuermeßbetrages ermöglicht, ist nur für die Fälle bedeutsam, in denen zwar der Einheitswert unverändert bleibt, der Steuermeßbetrag aber deshalb neu festzusetzen ist, weil Änderungen eingetreten sind, die zu einer anderen Veranlagung führen, wie z.B. nach § 92 des II. WoBauG und nach § 36 GrStG, die den Einheitswertbescheid unberührt lassen (so die Begründung zur Regierungsvorlage BT-Drucksache VI/3418 zu § 17, abgedruckt bei Troll § 17 RdNr. 1). Im übrigen ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 GrStG Neuveranlagungszeitpunkt bei Fehlerhaftigkeit der letzten Veranlagung entsprechend der Regelung des § 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 BewG der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem FA bekannt wird, so daß auch eine Neuveranlagung nur zum 1. Januar 1991 möglich wäre.

Da die Klägerin die Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1988 begehrt, kann der Senat nicht prüfen, ob eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1991 - dem Beginn des Kalenderjahres der Antragstellung und des Hinweises auf die angebliche Fehlerhaftigkeit - in Frage kommt. Da die Klägerin den Antrag auf den 1. Januar 1988 beschränkt hat und das FA nur den auf diesen Wertfortschreibungszeitpunkt gestellten Antrag abgelehnt hat, ist Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens nur die begehrte Wertfortschreibung auf den genannten Stichtag. Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 15. August 1996 (GA Bl. 63, 65 f.) ausgeführt hat, daß die Grundsteuerbefreiung jedenfalls bis zum Jahr 1993 gewährt werden müsse, bezieht sie sich auf die Folgen einer von ihr erstrebten stattgebenden Gerichtsentscheidung auf den 1. Januar 1988 für das beklagte FA; dieses müsse dann von Amts wegen für alle nachfolgenden Stichtage die begehrte Befreiung gewähren. Im übrigen hat das FA am 18. November 1993 im Wege der Wertfortschreibung einen Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1989 erlassen, durch den die Höhe des Einheitswertes und als Folge die festgesetzte Grundsteuer vermindert worden sind. Im Klageantrag wird die herabzusetzende Grundsteuer nach dem für 1988 festgesetzten Betrag beziffert, der sich in den Folgejahren verändert hat.

Die Klage muß also schon deshalb abgewiesen werden, weil eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1988 nicht in Frage kommt.

II. Unabhängig hiervon ist die Klage auch deshalb unbegründet, weil der Steuerbefreiungstatbestand des § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG nicht gegeben ist. Danach sind von der Grundsteuer befreit "die dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen, Wege, Plätze, Wasserstraßen, Häfen und Schienenwege sowie die Grundflächen, mit denen diesem Verkehr unmittelbar dienenden Bauwerken und Einrichtungen, z.B. Brücken, Schleuseneinrichtungen, Signalstationen, Stellwerke, Blockstellen."

Was unter dem Begriff "dem öffentlichen Verkehr dienend" zu verstehen ist, erläutert das Gesetz nicht. Nach der neueren BFH-Rechtsprechung, der der Senat folgt, ist diese Voraussetzung nur dann erfüllt, wenn das betreffende Grundstück eine "öffentliche Sache" im Sinn des Straßenrechts ist (BFHE 157, 227, BStBl. II 1989, 740; BFHE 164, 96, BStBl. II 1994, 123). Die zum Hafengrundstück der Klägerin gehörenden Flurstücke, für die sie Grundsteuerbefreiung begehrt, waren im entscheidungserheblichen Zeitraum keine "öffentliche Sache" im Sinn des Straßenrechts.

Bei Sachen, deren Rechtsqualität als öffentliche Sache sich - wie beim Hafengrundstück der Klägerin - nicht aus der Natur ihrer Beschaffenheit ergibt, bedarf es einer Widmung, um sie dem öffentlichen Recht zu unterstellen und damit zur öffentlichen Sache zu machen (BFH-Urteil vom 11. November 1970 III R 55/69 BFHE 100, 325, 326, BStBl. II 1971, 32). Eine Widmung kann durch Verfügung vorgenommen werden, sie kann sich aber auch aus gesetzlichen Vorschriften ergeben oder im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung ausgesprochen werden (vgl. Kodal-Krämer, Straßenrecht, 5. Auflage, Kapitel 7, RdNr. 1.4, 2 ff., 19.1, 19.2). Die Klägerin behauptet selbst nicht, daß die streitigen Flurstücke ihres Hafengrundstücks durch Verfügung der zuständigen Behörde dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden sind. Für eine solche Widmungsverfügung liegen auch keine Anhaltspunkte vor.

Auch aus gesetzlichen Vorschriften ergibt sich keine Widmung des Hafengrundstücks zum öffentlichen Verkehr.

Das Wasserhaushaltsgesetz vom 27. Juli 1957 BGBl. I, 1110 bestimmte in seinem § 23 Abs. 1 (jetzt § 23 in der Fassung vom 12. November 1996 BGBl. I S. 1695), daß jedermann oberirdische Gewässer in einem Umfang benutzen darf, wie dies nach Landesrecht als Gemeingebrauch gestattet ist. Das auf Grund dieser Rahmenvorschrift (Art. 75 Nr. 4 GG) erlassene Bremische Wassergesetz vom 13. März 1962 BremGBl. S. 59 regelte in § 61 Arten und Zulässigkeiten des Gemeingebrauchs auf und an Gewässern. Die Regelung entsprach in etwa dem bisher geltenden Umfang, der sich in der Stadt Bremen aus dem gemeinen Recht und in der Stadt Bremerhaven aus dem Preußischen Wassergesetz ergab (vgl. die Senatsbegründung, Bremische Bürgerschaft, Landtag, 5. Wahlperiode, Drucksachenabteilung I Nr. 114 S. 43). In § 61 Abs. 6 wurde bestimmt, daß in den Häfen des Landes Bremen und der Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven ein Gemeingebrauch nur stattfinde, soweit die Hafenordnungen diesen zuließen.

§ 61 Abs. 6 des Bremischen Wassergesetzes in der ursprünglichen Fassung wurde durch § 19 Abs. 1 des Bremischen Hafengesetzes vom 27. September 1966 BremGBl. S. 131 neu gefaßt. Danach wurden "die öffentlichen Hafenbecken" und andere zum Hafenbereich gehörende Gewässer und Anlagen als dem Gemeingebrauch unterliegend definiert, soweit nicht durch das Hafengesetz und die aufgrund des Hafengesetzes erlassenen Rechtsverordnungen Einschränkungen vorgenommen wurden. In der Senatsvorlage zum Bremischen Hafengesetz wurde davon ausgegangen, daß die im Privateigentum der Stadtgemeinde oder des Landes Bremen stehenden Hafenanlagen öffentliche Sachen nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts darstellten. Die Hafenanlagen stünden danach grundsätzlich als öffentliche Sachen im Gemeingebrauch, der allerdings mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse in den Häfen weitgehend eingeschränkt werden müsse. § 1 Abs. 2 des Bremischen Hafengesetzes lautet in der bis heute unveränderten Fassung:

"Hafengebiet sind: a) die öffentlichen Hafenbecken, Vorhäfen, Schleusenkammern und Hafeneinfahrten (Häfen); b) ... c) die öffentlichen Schiffsumschlags- und -liegeplätze sowie Landungsanlagen am Strom (Anlagen am Strom); d) ... zum Hafengebiet gehören außer den o.g. Wasserflächen auch die sie unmittelbar umgebenden Landflächen und die hierauf befindlichen baulichen Anlagen, soweit sie den Verkehr von Schiffen mit dem Land, insbesondere dem Löschen und Laden, dienen."

In der aufgrund der Ermächtigung in § 1 Abs. 4 Bremisches Hafengesetz erlassenen Bremischen Hafenordnung vom 18. November 1966 BremGBl. S. 177 hieß es in § 1 Abs. 1, daß die landseitige Abgrenzung des Hafengebietes im Sinne von § 1 Abs. 2 des Hafengesetzes jeweils durch die Kaje oder Böschung einschließlich der dort vorhandenen Anlagen zur Befestigung der Schiffe und der zum Löschen und Laden bestimmten Einrichtungen gebildet werde.

Durch die zitierten landesrechtlichen Vorschriften ist das Hafengrundstück der Klägerin nicht - und zwar auch nicht hinsichtlich einzelner Flurstücke - dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden. § 61 Abs. 6 Bremisches Wassergesetz legte den Gemeingebrauch nur für das Hafenbecken und verschiedene andere hier nicht interessierende Anlagen fest. Die Bestimmung des Hafengebietes im Bremischen Hafengesetz i.V.m. der Bremischen Hafenordnung enthält, abgesehen von gebührenrechtlichen Vorschriften, ordnungsrechtliche Regelungen, wobei die Befugnisse der Hafenbehörden und der Hafenbeamten auf das im einzelnen beschriebene Hafengebiet begrenzt sind. Der Umstand, daß "die öffentlichen Schiffsumschlags- und -liegeplätze" zum Hafengebiet gehören, läßt deshalb keine Schlußfolgerung auf die Einordnung dieser Anlagen nach dem öffentlichen Sachenrecht zu. Auch in der vorstehend zitierten Senatsbegründung zum Bremischen Hafengesetz wird nur davon ausgegangen, daß die im Privateigentum der Stadtgemeinde oder des Landes stehenden Hafenanlagen öffentliche Sachen darstellten, nicht jedoch die in anderem Eigentum stehenden Grundstücke und Anlagen.

Auch zu einem späteren Zeitpunkt hat der bremische Gesetzgeber keine Widmung des Hafengrundstücks der Klägerin zum öffentlichen Verkehr vorgenommen. Durch Gesetz zur Änderung des Bremischen Wassergesetzes vom 15. Mai 1973 (BremGBl. S. 106) ist in § 61 Abs. 6 klargestellt worden, daß die öffentlichen Wasserflächen im Hafengebiet nach dem Bremischen Hafengesetz und der Bremischen Hafenordnung in der jeweils geltenden Fassung dem Gemeingebrauch insoweit unterliegen, als nicht durch das Hafengesetz und die aufgrund des Hafengesetzes erlassenen Rechtsverordnungen Einschränkungen vorgenommen werden. Diese Vorschrift gilt unverändert, jetzt allerdings als § 71 Abs. 6 Bremisches Wassergesetz in der Fassung vom 26. Februar 1991 BremGBl. S. 65.

Ebensowenig kann die Klägerin für sie günstige Schlüsse aus der Änderung des § 1 Abs. 1 der Hafenordnung durch Verordnung vom 28. März 1984 BremGBl. S. 113 ziehen. In dieser Vorschrift wird nunmehr auf die Darstellung der einzelnen zum Hafengebiet gehörenden Flächen in der Anlage 1 verwiesen.Nach der ursprünglichen Fassung der Anlage gehörten Teile des Hafengrundstücks der Klägerin zu den Landflächen i.S. von § 1 Abs. 2 des Bremischen Hafengesetzes, und ihr gesamtes Grundstück war dem Hafengebiet im Sinn "nur der §§ 34 und 35 der Bremischen Hafenordnung" zuzurechnen. Diese Grenzziehungen mit der Einbeziehung des Hafengrundstücks der Klägerin bzw. eines Teils davon in das Hafengebiet haben nicht zu einer Widmung als öffentliche Sache und damit als öffentliche Verkehrsfläche geführt, sondern sie betreffen nur ordnungsrechtliche Verpflichtungen der betroffenen Eigentümer und Nutzungsberechtigten der Grundstücke im Hafengebiet.

Eine Widmung des Hafengrundstücks der Klägerin ist auch nicht durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung begründet worden. Vor allem ergibt sich eine Widmung nicht aus dem zwischen der Klägerin und der Stadtgemeinde Bremen am 3. Juli / 24. Sept. 1963 abgeschlossenen Betriebsvertrag (Bl. 49 - 56 GA), denn dieser Vertrag enthält nur zivilrechtliche Regelungen. Dies ergibt sich aus folgendem:

Der vom Senat als sachverständiger Zeuge vernommene zuständige Referent beim Senator für Häfen, Überregionalen Verkehr und Außenhandel hat glaubhaft erläutert, daß anläßlich des ersten Grundstückserwerbs durch die Klägerin im Jahr 1923 (Grundfläche von 30.928,5 qm) ihr durch privatrechtlichen Vertrag von der Stadt aufgegeben wurde, den Umschlag von Massengut im Kohlenhafen vorzunehmen. Hierdurch sollte gewährleistet werden, daß sie jedes Schiff, das den Kohlenhafen anlief, annehmen und abfertigen mußte. Der Begriff "Öffentliche Umschlagstelle" wurde als Verdeutlichung dieser Monopolstellung im -hafen verwendet. Die Stadt wollte der Klägerin hierdurch keine öffentlich-rechtliche Verpflichtung als Hoheitsträger auferlegen. Dieser Begriff "Öffentliche Umschlagstelle" ist dann auch in den späteren Verträgen, die von der Stadt mit der Klägerin abgeschlossen worden sind, verwendet worden, zuletzt in dem genannten Betriebsvertrag aus dem Jahr 1963. Er bezog sich zunächst nur auf die im Jahr 1923 erworbenen Grundflächen und sollte sich dann aber auch auf die zusätzlichen später erworbenen Grundflächen beziehen; jedenfalls ist er in den späteren Verträgen so verwendet und verstanden worden. Anläßlich des Abschlusses der Kaufverträge und der Grundstücksübertragung ist jeweils zugunsten der Stadt eine Dienstbarkeit im Grundbuch mit dem Inhalt eingetragen worden, daß die Stadt der Klägerin verbieten konnte, auf den betreffenden Grundflächen andere Tätigkeiten auszuüben als den öffentlichen Umschlag für Massengut.

Der Senat folgt dieser Auffassung des Vertreters der zuständigen senatorischen Behörde, denn der Betriebsvertrag aus dem Jahr 1963 enthält keine Anhaltspunkte oder Hinweise, aus denen auf eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Klägerin geschlossen werden könnte, ihr Betriebsgrundstück dem öffentlichen Verkehr mit der Folge zu widmen, daß das gesamte Betriebsgrundstück oder Teile davon den öffentlich-rechtlichen Bindungen einer öffentlichen Sache zu unterliegen hätten. Vielmehr liegt dem Betriebsvertrag ein zivilrechtlicher Interessenausgleich zugrunde. Beiden Vertragspartnern lag an der "Erhaltung, Förderung und weiteren Ausgestaltung des Massengutverkehrs in Bremen". Da diese Tätigkeit Gegenstand der Geschäftstätigkeit der Klägerin war und sie zu diesem Zweck die Grundflächen am Kohlenhafen erworben hatte, lag die eingeräumte Monopolstellung in ihrem Interesse, da sie aufgrund der Vereinbarung dagegen gesichert war, daß in einem anderen Hafengebiet ein Konkurrenzunternehmen Massengüter umschlug. Auf der anderen Seite war es für die Stadt und die von ihr im öffentlichen Interesse in der Form des Zivilrechts wahrzunehmenden Aufgaben im Hafenbereich von entscheidender Bedeutung, daß auf dem hierfür geeigneten Hafengrundstück der Umschlag von der Klägerin als Monopolbetrieb wahrgenommen wurde, wodurch sie als Stadt dagegen abgesichert war, daß bei der Vornahme des Umschlags von dem Unternehmen ggf. aus wirtschaftlichen Erwägungen unerwünschte Differenzierungen vorgenommen wurden.

Eine öffentlich-rechtliche Bindung ergibt sich auch nicht aus § 11 des Betriebsvertrages, wonach die Klägerin an die Stadt für die Überlassung der bremischen Anlagen (Verkehrs- und Umschlagsanlagen wie Brücken) - für deren Herstellung nach § 9 Abs. 1 des Vertrages die Stadt die erforderlichen Mittel bereitstellen mußte - eine "Erneuerungsrücklage" und eine "Tonnenabgabe" auf den jährlichen Gesamtumschlag zu zahlen hatte. Auch hierbei handelte es sich um zivilrechtliche Nutzungsentgelte und nicht um öffentlich-rechtliche Gebühren.

Soweit die Klägerin sich auf die Verpflichtung zur Zahlung von Hafengebühren bezogen hat, hat der sachverständige Zeuge bei seiner Vernehmung zutreffend ausgeführt, daß aufgrund der hafengesetzlichen Regelungen (§ 9) für die Inanspruchnahme der Häfen eine allgemeine Hafengebühr (Hafengeld) erhoben wird, zu der die Raumgebühr, das Liegegeld und die Kajegebühr gehören. Mit der Einziehung dieser im einzelnen in der Hafengebührenordnung geregelten Gebühren hatte die Klägerin nichts zu tun, sondern diese Aufgabe fiel in die Zuständigkeit des Hafenamtes.

Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht hinsichtlich der Grundstücksteile, auf denen sich Verladebrücken befanden, die in den Kohlenhafen hineinragten. Im Jahr 1982 ist der Klägerin noch die Aufstellung einer neuen 45 t. Verladebrücke mit Drehlaufkatze auf vorhandener Brückenfahrbahn zwischen den Brücken 10 und 11 genehmigt worden (Bauakte A. ). Diese Brücke diente nach der Baubeschreibung für den Lade- und Löschbetrieb von Massenstückgütern und war damit Bestandteil der öffentlichen Umschlaganlage, die lt. Betriebsvertrag von der Klägerin betrieben wurde. Allein der Umstand, daß diese Brücke wie die weiteren Verladebrücken in das im Gemeingebrauch stehende Hafenbecken hineinragte, führte zu keiner öffentlich-rechtlichen Bindung der Klägerin hinsichtlich der Grundflächen, auf denen sich diese Brücken auf ihrem Grundstück befanden. Ebensowenig hatte die im Jahr 1981 vom Bauordnungsamt genehmigte Herstellung von 3 Stück 80 t. Pollern an der Pier-Anlage (Bauakte A. ) Einfluß auf die privatrechtliche Nutzung des Betriebsgrundstücks der Klägerin.

Der Klägerin ist zuzugeben, daß die neuere BFH-Rechtsprechung hinsichtlich der Frage, ob ein Hafen dem öffentlichen Verkehr dient, nicht völlig eindeutig ist. Während im Urteil BFHE 157, 227, BStBl. II 1989, 740 im Rahmen der Begründung der Zurückverweisung dem FG für den 2. Rechtsgang zu prüfen aufgegeben worden war, ob der dortige im Hafen befindliche Abstellplatz "durch Widmung und Indienststellung zu einer öffentlichen Sache geworden" sei, wird dem zuständigen FG in dem zurückverweisenden Urteil BFHE 164, 96, BStBl. II 1994, 123 (nur) aufgegeben zu prüfen, "ob die sich aus dem Eigentum ergebenden Nutzungs- und Dispositionsbefugnis durch öffentlich-rechtliche (wasser- und hafenrechtliche) Bestimmungen eingeschränkt bzw. aufgehoben ist und der Eigentümer deswegen zur Gestattung eines (möglicherweise auch nur beschränkten) Gemeingebrauches in Form des Schiffsverkehrs verpflichtet ist". Da aber auch im Urteil BFHE 164, 96, BStBl. II 1994, 123 ausdrücklich auf die vorangegangene Entscheidung BFHE 157, 227, BStBl. II 1989, 740 verwiesen wird, geht der Senat davon aus, daß der BFH auch in der letzten einschlägigen Entscheidung daran festhalten wollte, daß ein Hafengrundstück nur dann dem öffentlichen Verkehr dient, wenn es als öffentliche Sache gewidmet worden ist. Nur vorsorglich bemerkt der Senat, daß sich - wie oben ausgeführt - aus dem Betriebsvertrag keine öffentlich-rechtlichen Einschränkungen der Nutzungs- und Dispositionsbefugnis ergeben. Den allgemeinen hafenrechtlichen Einschränkungen der Nutzungsbefugnis von Grundstücken im Hafengebiet unterliegen aus polizeilichen Gründen sämtliche Eigentümer von Hafengrundstücken, ohne daß diese Grundstücke oder Grundstücksteile infolge dieser polizeilichen Bindungen zu öffentlichen Sachen geworden sind.

Fehl geht der Hinweis der Klägerin auf die insoweit gleichlautenden Erlasse Nordrhein-Westfalen G 1108-1-VA 4 vom 30. März 1995, StEK GrStG § 4 Nr. 82 und Berlin vom 1. November 1995 III C 31-G 1108-1/92, StED 1995, 746. In diesen Erlassen wird darauf hingewiesen, daß nach der neueren BFH-Rechtsprechung die Befreiung auch von Hafengrundstücken eine Widmung und Indienststellung voraussetze, bisher gewährte Befreiungen für die Vergangenheit (vor 1995) jedoch im Hinblick auf § 22 Abs. 4 Nr. 2 BewG bzw. § 17 Abs. 3 Nr. 3 GrStG nicht in Frage zu stellen seien. Aus dieser verwaltungsmäßig verfügten Aufrechterhaltung der aufgrund der großzügigeren BFH-Rechtsprechung praktizierten Steuerbefreiung von Hafengrundstücken kann die Klägerin nicht herleiten, daß sie nunmehr rückwirkend den Eigentümern der Hafengrundstücke gleichgestellt werden müßte, die vor der Rechtsprechungsänderung mit Erfolg Befreiungsanträge gestellt hatten.

Ebensowenig kann sich die Klägerin auf die Verfügung der OFD Kiel G 1108 A-St 246 vom 3. August 1995, StEK GrStG § 4 Nr. 84 berufen. In diesem Erlaß werden zwar bestimmte Bauwerke und Nutzflächen von Hafengrundstücken als grundsteuerfrei bezeichnet, doch ist Ausgangspunkt dieser Einordnung das schleswig-holsteinische Landesrecht, nach dem offenbar die Bestimmung eines Hafens als öffentliche Sache nach den Vorschriften des Wasserrechts auch die Landflächen und die Grundflächen der anderen zur Benutzung des Hafens erforderlichen Einrichtungen umfaßt.

Die Kosten des erfolglosen Klageverfahrens muß die Klägerin nach § 135 Abs. 1 FGO tragen.

Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 FGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hinsichtlich beider selbständiger Begründungen, auf die das Urteil gestützt ist, zugelassen. Soweit ersichtlich, hat der BFH sich noch nicht mit dem Zeitpunkt einer Wertfortschreibung bzw. Neuveranlagung des Steuermeßbetrages bei Reduzierung des Einheitswerts bzw. des Steuermeßbetrages befaßt. Außerdem ist die Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob das Vorliegen eines Befreiungstatbestandes vom FA von Amts wegen auch für spätere Zeitpunkte zu prüfen ist, wenn eine Wertfortschreibung bzw. Neuveranlagung zum beantragten Zeitpunkt nicht möglich ist. Hinsichtlich der Anwendung des Befreiungstatbestandes des § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG bedarf im Hinblick auf den letzten Absatz des Urteils BFHE 164, 98, BStBl. II 1994, 123 die Frage grundsätzlicher Klärung, ob Hafengrundstücke nur bei Widmung und Indienststellung dem öffentlichen Verkehr dienen, oder ob eine anderweitig sich ergebende Einschränkung der Nutzungs- und Dispositionsbefugnis aufgrund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen ausreicht, den Befreiungstatbestand eines dem öffentlichen Verkehr dienenden Hafens zu bejahen.

Ende der Entscheidung

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