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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Bremen
Urteil verkündet am 16.11.2006
Aktenzeichen: 4 K 169/04 (2)
Rechtsgebiete: VO (EG) Nr. 2193/2003, VO (EG) Nr. 171/2005, EGV, FGO


Vorschriften:

VO (EG) Nr. 2193/2003
VO (EG) Nr. 171/2005
EGV Art. 234
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Bremen

4 K 169/04 (2)

Zollrecht (einschl. Zolltarif)

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Bremen - 4. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. November 2006

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts Hoffmann als Vorsitzender,

die Richterin am Finanzgericht ten Weges,

den Richter am Finanzgericht Dr. Ehlers,

den ehrenamtlichen Richter Heitmann und

den ehrenamtlichen Richter Rathjen

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 5. März 2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2004 wird aufgehoben, soweit darin ein Zusatzzoll i.H. von EUR 2.523,93 festgesetzt ist und bei der Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer berücksichtigt wird.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H. von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H. von 110 v.H. des jeweils vollstreckbaren Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine GmbH, wendet sich gegen die Festsetzung eines Zusatzzolls auf aus den Vereinigten Staaten von Amerika eingeführte Landhausdielen aus Kirschenholz.

Aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 2193/2003 des Rates vom 8. Dezember 2003 zur Einführung zusätzlicher Zölle auf die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika (=VO (EG) Nr. 2193/2003; ABl. EG Nr. L 328/3) wurden Zusatzzölle erhoben. Die VO (EG) Nr. 2193/2003 trat am 17. Dezember 2003 in Kraft.

In den Erwägungsgründen der VO (EG) Nr. 2193/2003 heißt es:

(5) Auf Waren, für die vor dem Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung eine Einfuhrlizenz mit einer Zollbefreiung oder eine Zollermäßigung ausgestellt worden ist, sollten keine Zusatzzölle erhoben werden.

(6) Auf Waren, die nachweislich vor dem Inkrafttreten der Zusatzzölle aus den USA in die Gemeinschaft ausgeführt worden sind, sollten keine Zusatzzölle erhoben werden.

In Artikel 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 ist der Abgabensatz geregelt. Dessen Höhe ist nach unterschiedlichen Zeitpunkten gestaffelt, beginnend mit 5 v.H. vom 1. März 2004 bis zum 31. März 2004.

In Artikel 4 der VO (EG) Nr. 2193/2003, der eine Übergangsregelung enthält, heißt es:

Abs. 1: Im Anhang aufgeführte Waren, für die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung eine Einfuhrlizenz mit einer Zollbefreiung oder eine Zollermäßigung ausgestellt worden ist, sind nicht vom Zusatzzoll betroffen.

Abs. 2: Im Anhang aufgeführte Waren, die sich nachweislich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits auf dem Weg in die Gemeinschaft befinden und deren Bestimmungsort nicht geändert werden kann, sind nicht vom Zusatzzoll betroffen.

Nach der Bill of Lading der E.C. vom 20. Februar 2004 wurde die streitgegenständliche Einfuhrpartie in N, USA, am 20. Februar 2004 auf das Schiff "E. R." mit dem Bestimmungsort B, Bundesrepublik Deutschland, verladen. Als "Forwarding Agent" ist die "C.C." in T, USA, eingetragen.

Nach dem Ausdruck vom 9. Mai 2005 des von den Hafenbehörden genutzten Hafeninformationssystems lief das Schiff "E.R." aus A, Belgien, kommend am 3. März 2004 in B, Bundesrepublik Deutschland, ein und verließ den Liegeplatz am 4. März 2004.

Die Zollanmeldung wurde am 5. März 2004 vom Zollamt B angenommen. Mit Einfuhrabgabenbescheid vom gleichen Tag reihte der Beklagte die Waren entsprechend der Zollanmeldung unter der Code-Nr. 4409 2098 00 0 ein und erhob nach einem Zollwert von EUR 50.478,59 und nach einem Abgabensatz von 5 v.H. Zusatzzoll i.H. von EUR 2.523,93 und nach einem EUSt-Wert von EUR 53.282,52 Einfuhrumsatzsteuer i.H. von EUR 8.525,20. Zoll an sich fiel nicht an.

Hiergegen legte die Klägerin am 1. April 2004 Einspruch ein, den sie damit begründete, dass die streitgegenständliche Einfuhrpartie nachweislich vor dem Inkrafttreten der Zusatzzölle aus den USA in die Gemeinschaft ausgeführt worden sei, nämlich bereits am 20. Februar 2004. In Nr. 6 der Gründe der VO (EG) Nr. 2193/2003 spreche sich der Rat neben den in Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 genannten Fällen auch in diesen Fällen ausdrücklich gegen eine Zollerhebung aus. Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 und Nr. 6 der Gründe der VO (EG) Nr. 2193/2003 würden sich auf unterschiedliche Zeitpunkte beziehen und hätten daher unterschiedliche Anwendungsbereiche. Während Art. 4 der VO (EG) Nr. 2193/2003 eine Zollerhebung klar verbiete, nenne Nr. 6 der Gründe der VO (EG) Nr. 2193/2003 die Ansicht des Rates, dass in weiteren Fällen Zusatzzölle nicht erhoben werden sollten. Dies müsse umso mehr gelten, als die Ware wie hier zu Beginn der Einführung der Zusatzzölle eingeführt worden sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2004 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück.

Nach dem Wortlaut in Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 seien Waren, die sich nachweislich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits auf dem Weg in die Gemeinschaft befänden und deren Bestimmungsort nicht geändert werden könne, nicht vom Zusatzzoll betroffen. Im Widerspruch dazu heiße es im sechsten Erwägungsgrund, dass auf Waren, die nachweislich vor dem Inkrafttreten der Zusatzzölle aus den USA in die Gemeinschaft ausgeführt worden seien, keine Zusatzzölle erhoben werden sollten. Die VO (EG) Nr. 2193/2003 sei am 17. Dezember 2003, die Zusatzzollregelung am 1. März 2004 in Kraft getreten. Im Streitfall seien die Waren nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung, jedoch vor dem Inkrafttreten der Zusatzzölle aus den USA in die Gemeinschaft ausgeführt worden. Die Höhe der Einfuhrabgabenbelastung sei deshalb abhängig von der Klärung der Frage, ob bei der Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 oder der sechste Erwägungsgrund Anwendung finde. Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 schreibe eindeutig vor, dass es für die Anwendbarkeit der Zusatzzölle auf das Inkrafttreten der VO am 17. Dezember 2003 ankomme. Deshalb sei allein die Anwendung dieser Vorschrift europarechtmäßig. Die sechste Begründungserwägung zu der VO (EG) Nr. 2193/2003 stehe diesem Ergebnis nicht entgegen.

Nach Art. 253 EGV seien die Gemeinschaftsorgane verpflichtet, einen Rechtsakt zu begründen. Solche Begründungen müssten nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH lediglich die wichtigsten tragenden rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen enthalten, die notwendig seien, um den Gedankengang des Organs nachzuvollziehen (EuGH, Rs. 6/54, Slg. 1954/55, 213 und Rs. C-894/93 (richtig: C-84/94), Slg. 1996, I-5755). Die Begründungserwägungen könnten in Zweifelsfällen als Auslegungshilfe herangezogen werden. Eine darüber hinausgehende Bedeutung komme ihnen nicht zu. Insbesondere hätten die Begründungserwägungen keinen Regelungsgehalt, sondern lediglich den Charakter eines Programmsatzes. Im Streitfall ergebe sich dieses aus der Formulierung "sollte" im sechsten Erwägungsgrund.

Eine Auslegungsfrage, die durch Rückgriff auf die Begründungserwägungen zu lösen wäre, würde sich nur dann stellen, wenn die fragliche Norm überhaupt Spielraum für eine Auslegung biete. Angesichts des Wortlauts des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 ("zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung") bestehe jedoch kein Auslegungsspielraum.

Ein Auseinanderfallen von Begründungserwägungen und operativen Vorschriften eines Rechtsaktes führe nicht zu dessen Nichtigkeit. Eine Nichtigkeit werde vom EuGH nur ausnahmsweise bei offenkundigen, nicht tolerierbaren Fehlern erwogen (EuGH, Rs. C-137/92 P, Slg. 1994, I-2555). Nur schwerste Gemeinschaftsrechtverstöße könnten Fehler in diesem Sinne darstellen. Andere Verstöße würden lediglich zur Aufhebbarkeit des Rechtsaktes führen (Art. 230 u.a. 2 EGV). Im Streitfall sei kein Verstoß der VO (EG) Nr. 2193/2003 gegen das Gemeinschaftsrecht ersichtlich. Auch aus Art. 249 u.a. 2 EGV ergebe sich nichts anderes. Die dort angeordnete Verbindlichkeit für "alle Teile" einer Verordnung meine nicht, dass die Begründungserwägungen den gleichen rechtlichen Status hätten wie die operativen Vorschriften einer Verordnung. Vielmehr erschließe sich aus dem Vergleich mit der Richtlinie, die nach Art. 249 u.a. 3 EGV lediglich hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich sei, dass eine Verordnung außer dem Ziel weitere Elemente verbindlich vorschreiben könne. Die nationalen Rechtsvorschriften über die Wirksamkeit von Verwaltungsakten könnten auf die hier zu entscheidende Frage nicht angewendet werden. Das Gemeinschaftsrecht gehe jeglichem innerstaatlichen Recht vor und sei allein nach den für dieses Recht entwickelten Maßstäben auszulegen und zu beurteilen.

Die Anwendung des Wortlauts der VO (EG) Nr. 2193/2003 sei trotz der sich aus der Widersprüchlichkeit der VO ergebenden Verständnis- und Anwendungsprobleme zwingend. Allein der EuGH könne diese Verordnung für unwirksam erklären. Lt. Art. 10 EGV sei die Verordnung anzuwenden, bis der EuGH eine gegenteilige Entscheidung treffe. Bis zu einer solchen Entscheidung gestatte der EuGH sogar Gerichten eine Nichtanwendung von geltendem Europarecht nur unter extremen Umständen. Derartige Umstände seien hier nicht ersichtlich (EuGH, Rs. C-92/89, Slg. 1991, I-415).

Die Klägerin hat am 29. November 2004 Klage erhoben.

Die Begründung einer Verordnung habe nicht nur den Charakter eines Programmsatzes ohne eigenen Regelungsgehalt. Sie sei auch nicht nur als Auslegungshilfe und auch nicht nur für den Fall heranzuziehen, in dem die betreffende Norm der Verordnung einen Spielraum für eine Auslegung biete. Denn die Gemeinschaftsorgane seien nach Art. 253 EGV verpflichtet, ihre Rechtsakte zu begründen. Außerdem sei die Verordnung nach Art. 249 EGV in allen Teilen verbindlich. Diese Regelung sei nicht lediglich ein Kriterium zur Abgrenzung von Verordnung und Richtlinie. Sie besage vielmehr, dass auch der Begründung der Verordnung Rechtsverbindlichkeit zukomme.

Dies und das Verhältnis der VO (EG) Nr. 2193/2003 zu der sie tragenden Begründung könne aber dahinstehen. Als Ermächtigungsgrundlage für den Einfuhrabgabenbescheid habe der Beklagte Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 herangezogen. Hiernach sei das Zollamt ab dem 1. März 2004 berechtigt, auf bestimmte Waren zeitlich gestaffelte Zusatzzölle zu erheben. Zur Erhebung von Zusatzzöllen für Importe vor dem 1. März 2004 ermächtige die Vorschrift nicht. Die streitgegenständliche Einfuhrpartie sei indes nachweislich bereits am 20. Februar 2004 in die Gemeinschaft eingeführt worden. Für die Erhebung eines Zusatzzolles fehle es mithin an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage. Dem entspreche auch Nr. 6 der Gründe der VO (EG) Nr. 2193/2003, denn dieser besage, dass vor dem Inkrafttreten der Zusatzzölle, also vor dem 1. März 2003 (richtig: 2004), keine Zusatzzölle erhoben werden sollten. Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 stehe dem ebenfalls nicht entgegen. Diese Vorschrift bestimme lediglich, dass vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung am 17. November 2003 keine Zusatzzölle erhoben werden sollten. Sie ordne nicht an, dass zwischen dem Inkrafttreten der Zusatzzölle am 17. November 2003 und dem Inkrafttreten der Zusatzzölle am 1. März 2004 schon Zusatzzölle zu erheben seien.

Die Klägerin beantragt,

den Einfuhrabgabenbescheid vom 5. März 2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2004 aufzuheben, soweit darin ein Zusatzzoll i.H. von EUR 2.523,93 festgesetzt ist und bei der Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für die Anwendung der Bemessungsgrundlagen für die zu erhebenden Einfuhrabgaben sei nicht der Zeitpunkt des Verbringens einer Ware in das Zollgebiet der Gemeinschaft, sondern der Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld maßgebend (Art. 214 Abs. 1 ZK). Diese entstehe im Falle der Überführung einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware in den zollrechtlich freien Verkehr in dem Zeitpunkt, in dem die betreffende Zollanmeldung von der Zollstelle angenommen worden sei. Dies sei hier am 5. März 2004 der Fall gewesen. Im Übrigen treffe die Darstellung der Klägerin, die Einfuhrsendung sei nachweislich bereits am 20. Februar 2004 in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt worden nicht zu. Dies ergebe sich aus dem Ausdruck vom 9. Mai 2005.

Auf die gerichtliche Aufforderung vom 29. Juni 2006, darzulegen, an welchem Tag und an welchem Ort die Einfuhrpartie in die Gemeinschaft eingeführt worden ist, und dies mit Nachweisen zu belegen, wies die Klägerin darauf hin, dass bereits die Lebenserfahrung es als wahrscheinlich erscheinen lasse, dass die Partie vor dem 1. März 2004 in das Zollgebiet der EU eingeführt worden sei. Regelmäßig werde bei der Verschiffung von N, USA, aus zunächst der Hafen in A, Belgien, oder der in L, England, angefahren. Es sei daher wahrscheinlich, dass bereits vor dem 1. März 2004 die Ware in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt worden sei, da die Ankunft in B, Bundesrepublik Deutschland, am 3. März 2004 erfolgt sei. Als Beweis für die Tatsache, dass die streitgegenständliche Ware bereits vor dem 1. März 2004 in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt worden sei, bietet die Klägerin die Vernehmung eines instruierten Sachbearbeiters des in der Bill of Lading unter "Forwarding Agent" eingetragenen Spediteurs an.

Auf gerichtliche Veranlassung hatte der Beklagte die Zollbehörden in A, Belgien, um Auskunft zu den Aufenthaltszeiten des Schiffes "E.R." im Hafen von A, Belgien, gebeten. Nach deren Mitteilung vom 19. September 2006 war das Schiff "E.R." am 2. März 2004 in A, Belgien, eingetroffen und am 3. März 2004 wieder ausgelaufen. Ausweislich der von der Schiffseignerin -von der Berichterstatterin im Internet recherchierten- herausgegebenen Übersicht über die Route, die auch das Containerschiff "E.R." fährt, beträgt der Aufenthalt des Schiffes in A, Belgien, einen Tag (Beispiel: Ankunft 17. Januar, Abfahrt 18. Januar) und das Abfahrtsdatum in A, Belgien, entspricht dem Ankunftsdatum in B, Bundesrepublik Deutschland. In der Regel dauert die Fahrt zwischen N, USA, und A, Belgien, eine Woche.

Die die Klägerin betreffende Akte des Beklagten hat vorgelegen Ihr Inhalt ist wie der der Gerichtsakte Grundlage der Entscheidungsfindung gewesen, soweit die Entscheidung darauf beruht. Insoweit wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Einfuhrabgabenbescheid vom 5. März 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2004 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit darin Zusatzzoll i.H. von EUR 2.523,93 festgesetzt ist und dieser Betrag bei der Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer berücksichtigt wird. Die Berechnung der festzusetzenden Einfuhrumsatzsteuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.

Die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 für die Festsetzung des Zusatzzolls sind -entgegen der Ansicht der Klägerin- zwar gegeben (1.). Indes gelangt die Übergangsregelung des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 zur Anwendung, so dass von der Festsetzung eines Zusatzzolls abzusehen und dieser bei der Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer nicht zu berücksichtigen ist (2.).

1. Die VO (EG) Nr. 2193/2003 ist für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblich, denn deren Anwendung wurde -erst- ab dem 1. Januar 2005 ausgesetzt (vgl. Verordnung (EG) Nr. 171/2005 des Rates vom 31. Januar 2005 zur Änderung und zur Aussetzung der Verordnung (EG) Nr. 2193/2003, ABl. EG Nr. L 328/3).

Gemäß Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 wird im Zeitraum vom 1. März 2004 bis 31. März 2004 zusätzlich zu den gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2913/02 geltenden Zöllen auf die im Anhang der Verordnung aufgeführten Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika ein Wertzoll i.H. von 5 v.H. erhoben. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Die von der Klägerin eingeführten Landhausdielen, die aus den Vereinigten Staaten von Amerika ausgeführt worden sind, sind von Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 erfasst, denn sie sind -unstreitig- in die Tarifnummer 4409 2098, die im Anhang der VO aufgeführt ist, einzureihen.

Insoweit kann weiter dahinstehen, ob im vorliegenden Fall maßgeblicher Zeitpunkt für die (Nicht-)Anwendung des Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 das Verbringen der Ware in das Zollgebiet der Gemeinschaft oder erst das Entstehen der Zollschuld im Moment der Zollanmeldung ist, denn die Klägerin vermochte schon nicht zu belegen, dass die Ware vor dem 1. März 2004 das Zollgebiet der Gemeinschaft erreicht hat.

Aus der Bill of Lading der E.C. vom 20. Februar 2004 ergibt sich nämlich lediglich, dass die streitgegenständliche Ware am 20. Februar 2004 in N, USA, auf das Schiff "E.R." verladen worden ist. Dass das Schiff erst nach dem 1. März 2004 das Zollgebiet der Gemeinschaft erreicht hat, folgt demgegenüber zunächst aus dem Ausdruck vom 9. Mai 2005, denn hiernach lief das Schiff "E.R." aus A, Belgien, kommend am 3. März 2004 in B, Bundesrepublik Deutschland, ein und verließ den Liegeplatz am 4. März 2004. Hiernach muss die Ankunft in A, Belgien, am 2. März 2004 gewesen sein, denn aus der Übersicht über die Route, die auch das Containerschiff "E.R." fährt, ergibt sich, dass der Aufenthalt des Schiffes in A, Belgien, einen Tag beträgt und das Abfahrtsdatum in A, Belgien, dem Ankunftsdatum in B, Bundesrepublik Deutschland, entspricht. Dies wird durch die von dem Beklagten im September 2006 bei den Zollbehörden in A, Belgien, eingeholte Auskunft bestätigt, wonach das Schiff "E.R." am 2. März 2004 in A, Belgien, eingetroffen ist.

Die Beweisanregung der Klägerin, einen instruierten Sachbearbeiter des in der Bill of Lading unter "Forwarding Agent" eingetragenen Spediteurs zu vernehmen, ist demgegenüber zu unsubstantiiert, denn es ist weder ein genaues Datum, an dem das Schiff das Zollgebiet der EU erreicht haben soll, noch eine ladungsfähige Anschrift genannt. Insoweit ist auch auf die besondere Mitwirkungspflicht der Klägerin nach § 90 Abs. 2 AO hinzuweisen. Außerdem entspricht es gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass ein im Ausland ansässiger Zeuge nicht von Amts wegen geladen, sondern gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V. mit § 90 Abs. 2 AO zur Sitzung des Finanzgerichts gestellt werden muss, wenn eine Vernehmung von im Ausland lebenden Personen als Zeugen durch das FG für erforderlich gehalten wird (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Juli 2006 X B 115/05, juris).

2. Die Übergangsregelung des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003, wonach Waren, die sich nachweislich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits auf dem Weg in die Gemeinschaft befinden und deren Bestimmungsort nicht geändert werden kann, vom Zusatzzoll nicht betroffen sind, gelangt indes vorliegend zur Anwendung.

2.1 Soweit die Übergangsregelung des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 nur solche Waren betrifft, die sich bereits auf dem Weg in die Gemeinschaft befinden und deren Bestimmungsort nicht geändert werden kann, sieht der Senat diese Voraussetzungen aus den folgenden Gründen als gegeben an:

Die Formulierung des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 entspricht der Formulierung in der Begründung (Erwägungsgründe Nr. 6) "aus den USA in die Gemeinschaft ausgeführt worden sind" und ist dahin auszulegen, dass solche Waren gemeint sind, die vor dem maßgeblichen Stichtag die Vereinigten Staaten von Amerika mit dem Gemeinschaftsgebiet als Ziel verlassen haben. Insoweit ist bei einer Beförderung auf dem Seeweg darauf abzustellen, dass die Verladung vor diesem Zeitpunkt erfolgt ist. Bezüglich der weiteren Voraussetzung, dass der Bestimmungsort nicht geändert werden kann, ist zu fordern, dass der Bestimmungsort in einem (Schiffs-)Frachtbrief festgelegt ist.

Diese Auslegung ergibt sich aus dem Vergleich mit anderen Verordnungen, die ähnliche Formulierungen enthalten. Beispielsweise heißt es in Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 206/2005 der Kommission vom 4. Februar 2005 zur Einführung endgültiger Schutzmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von Zuchtlachs (ABl. EG Nr. L 33/8), in der (jedenfalls) der Begriff " Weg in die Gemeinschaft" definiert wird, wie folgt:

(1) Diese Verordnung gilt nicht für Waren, die sich auf dem Weg in die Gemeinschaft im Sinne des Absatzes 2 befinden.

(2) Waren auf dem Weg in die Gemeinschaft sind Waren, die

- das Ursprungsland vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung verlassen haben und

- mit einem vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung ausgestellten, gültigen Frachtbrief vom Verladeort im Ursprungsland bis zum Entladeort in der Gemeinschaft befördert werden.

(3) ...

Die Behörden können anerkennen, dass die Waren das Ursprungsland vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung verlassen haben, wenn eines der folgenden Dokumente vorgelegt wird:

- bei Beförderung auf dem Seeweg das Konnossement, aus dem hervorgeht, dass die Verladung vor diesem Zeitpunkt erfolgt ist,

....

Entsprechende Formulierungen sind in Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1964/2003 der Kommission vom 7. November 2003 zur Einführung vorläufiger Schutzmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter zubereiteter oder haltbar gemachter Zitrusfrüchte (Mandarinen usw.) (ABl. EG Nr. L 290/3), Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2767/1999 der Kommission über die Einführung einer Einfuhrlizenzregelung für Tomateneinfuhren aus Marokko vom 23. Dezember 1999 (ABl. EG Nr. L 333/3) und in Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2091/94 der Kommission vom 24. August 1994 über Schutzmaßnahmen für die Einfuhr von Knoblauch mit Ursprung in Taiwan oder Vietnam (ABl. EG Nr. L 220/8) enthalten.

Dass die vorstehend genannten Voraussetzungen gegeben sind, folgt aus der Bill of Lading der E.C. vom 20. Februar 2004 und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

2.2 Die im Streit stehende Einfuhrpartie befand sich auch zum maßgeblichen Stichtag auf dem Weg in die Gemeinschaft.

Der Senat legt insoweit den in Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 enthaltenen Begriff "Verordnung" entgegen dem Wortlaut dahin aus, dass damit der -erstmalige- Anwendungszeitpunkt der Zusatzzollregelung, mithin der 1. März 2004, gemeint ist. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Die VO (EG) Nr. 2193/2003 nennt hinsichtlich der Übergangsregelung für Waren i.S. des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 unterschiedliche Stichtage in der Begründung und im Text der Verordnung. Während in der Begründung (Nr. 6 der Erwägungsgründe) auf das Inkrafttreten der Zusatzzölle (= 1. März 2004) abgestellt wird, ist nach dem Verordnungstext (Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003) das Inkrafttreten der Verordnung (= 17. Dezember 2003) ausschlaggebend.

Dass in Bezug auf die Anwendungszeitpunkte unterschiedliche Stichtage gemeint sind, ergibt sich aber nicht nur aus den unterschiedlichen Formulierungen in der VO (EG) Nr. 2193/2003 selbst, die die Waren des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 betreffen ("Inkrafttreten der Zusatzzölle" in Nr. 6 der Begründungserwägung einerseits und "Inkrafttretens dieser Verordnung" in Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 andererseits), sondern auch aus den Formulierungen, die sich auf die Waren beziehen, die in Art. 4 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 geregelt sind. Denn insoweit ist sowohl nach der Begründung (Nr. 5 der Begründungserwägung) als auch nach dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 das Inkrafttreten der Verordnung der maßgebliche Stichtag. Es ist mithin kein Grund dafür ersichtlich, dass für die Waren des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 in der Begründungserwägung Nr. 6 der VO (EG) Nr. 2193/2003 ein anderer Begriff (Inkrafttreten der "Zusatzzölle") verwandt worden ist, der aber den gleichen Stichtag meint, wie er in Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 ("Inkrafttretens dieser Verordnung") genannt ist.

Diesem Ergebnis stehen auch nicht die -die Verordnung vorbereitenden- Materialien entgegen. Denn in dem Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates zur Einführung zusätzlicher Zölle auf die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika vom 5. November 2003 (KOM 2003/0661 Endg.; ABl. Nr. C 203E/2002 S. 114) sind hinsichtlich der maßgeblichen Stichtage die gleichen Formulierungen enthalten.

Ein Übersetzungsfehler in der Begründungserwägung Nr. 6 der VO (EG) Nr. 2193/2003 kann ebenfalls ausgeschlossen werden. Denn auch die englische Fassung verwendet unterschiedliche Begriffe für den Stichtag hinsichtlich der Waren i.S. des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003. So heißt es in der Begründungserwägung Nr. 6 "date of first application of the additional customs duties" und in Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 "date of entry into force of this Regulation". Derartig unterschiedliche Formulierungen für die Waren des Art. 4 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 werden -ebenfalls der deutschen Übersetzung entsprechend- nicht verwandt, denn insoweit wird sowohl in der Begründungserwägung Nr. 5 der VO (EG) Nr. 2193/2003 als auch im Verordnungstext selbst in Art. 4 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 auf das Inkrafttreten der Verordnung "date of entry into force of this Regulation" abgestellt. Entsprechendes gilt für die französische Fassung.

Der Stichtag ist mithin für die Waren i.S. des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 widersprüchlich in der Begründungserwägung Nr. 6 und in dem Verordnungstext geregelt.

Dass etwa die Begründungserwägung Nr. 6 der VO (EG) Nr. 2193/2003 die maßgebliche Stichtagsregelung enthält, kann die Klägerin allerdings nicht für sich herleiten. Denn eine Begründungserwägung einer Verordnung kann zwar dazu beitragen, Aufschluss über die Auslegung einer Rechtsvorschrift zu geben, sie kann jedoch nicht selbst eine solche Vorschrift darstellen (vgl. EuGH-Urteil vom 13. Juli 1989 215/88, Slg. 1989, 2789). Der Beklagte weist auch zu Recht auf die Formulierung "sollten" in der Begründungserwägung Nr. 6 hin, was die Unverbindlichkeit zum Ausdruck bringt, so dass der Begründungserwägung ein Regelungsgehalt abzusprechen.

Insoweit braucht indes auch nicht entschieden zu werden, welche Folgen die Widersprüchlichkeit zwischen der Begründungserwägung Nr. 6 und der Regelung in Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 für die Wirksamkeit bzw. Rechtmäßigkeit der VO (EG) Nr. 2193/2003 insgesamt und der darauf beruhenden Einzel(Verwaltungs-)akte hat. Denn zugunsten der Klägerin ist Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 entgegen seinem Wortlaut dahin auszulegen, dass nicht das Inkrafttreten der Verordnung der maßgebliche Zeitpunkt ist, sondern der Zeitpunkt der Anwendung der -erstmaligen- Zusatzzollregelung, wie sie in Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 geregelt ist, gemeint ist. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Eine Auslegung einer Vorschrift gegen ihren Wortlaut ist dann nach der Rechtsprechung des BFH möglich, wenn die Feststellung des sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und ihrem Sinnzusammenhang ergebenden objektivierten Willens des Gesetzgebers zu einem sinnwidrigen oder wirtschaftlich unvertretbaren Ergebnis führen würde (vgl. BFH-Urteile vom 8. Juni 2000 IV R 37/99, BFHE 193, 85, vom 3. Februar 2000 III R 30/98, BFHE 190, 569 und vom 17. Februar 1994 VIII R 30/92, BFHE 175, 226 und VIII R 79/88, BFHE 168, 111 jeweils m.w.N.). Redaktionsversehen, die dann gegeben sind, wenn der Gesetzgeber die Regelung nicht gewollt hat und die Gesetzesfassung etwas anderes zum Ausdruck bringt als dem Willen des Gesetzgebers entspricht (vgl. BFH-Urteil vom 7. März 1978 VIII R 176/75, BFHE 124, 536) sind zu korrigieren (vgl. BFH Urteil vom 8. Juni 2000 IV R 37/99, a.a.O.). So liegt es hier. Denn soweit die Regelung in Art. 4 Abs. 2 der VO auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung abstellt, ist sie sinnwidrig und kann so vom Verordnungsgeber nicht gewollt gewesen sein.

Aus Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 folgt nämlich, dass ein Zusatzzoll für solche Waren nicht erhoben wird, die vor dem 1. März 2004 in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht bzw. angemeldet worden sind. Da gemäß Art. 5 der VO (EG) Nr. 2193/2003 die Verordnung am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft getreten ist (= 17. Dezember 2003), ist der Zeitpunkt der Anwendung der Zusatzzollregelung mithin hinausgeschoben. Insoweit bot sich auch durchaus an, eine Übergangsregelung für solche Waren zu treffen, die vor dem 1. März 2004 ausgeführt bzw. verladen worden sind, aber erst am 1. März 2004 oder danach in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht bzw. angemeldet worden sind, und für diese Waren -ebenfalls- von der Erhebung des Zusatzzolls abzusehen.

Die in Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 enthaltene Übergangsregelung käme aber bei Abstellen auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung nur für solche Waren in Betracht, die bereits vor dem 17. Dezember 2003 ausgeführt bzw. verladen und am 1. März 2004 oder später in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht bzw. angemeldet worden sind. Es würden also nur solche Waren erfasst werden, die sich mindestens 2 1/2 Monate auf dem Weg in die Gemeinschaft befinden. Angesichts des auch aus Kostengründen grundsätzlich anzunehmenden Interesses an einem zügigen Transport, der zur Verfügung stehenden Transportwege zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Gemeinschaftsgebiet und auch der üblichen Transportzeit bei Verschiffung der Waren, die z.B. nach der Übersicht über die Route zwischen N, USA, und A, Belgien, ca. eine Woche beträgt, erscheint es als nahezu ausgeschlossen, dass es überhaupt Waren gibt, die in den Anwendungsbereich der Übergangsregelung fallen könnten. Nach ihrem Wortlaut erscheint die Regelung des Art. 4 Abs. 2 der VO mithin ohne jeglichen Sinn und kann vom Verordnungsgeber nicht beabsichtigt gewesen sein.

Auch der Vergleich mit anderen Verordnungen spricht für die hier gefundene Auslegung des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003.

So waren in der Verordnung (EG) Nr. 1031/2002 des Rates vom 13. Juni 2002 zur Einführung zusätzlicher Zölle auf die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika (ABl. EG Nr. L 157/8) in Artikel 2 bis 4 ebenfalls zusätzliche Zölle zu Zeitpunkten vorgesehen, die nach dem Inkrafttreten der Verordnung lagen und damit hinausgeschoben waren. Ebenfalls enthielt diese Verordnung Übergangsregelungen. Hierzu wird in den Begründungserwägungen folgendes dargelegt:

(11) Waren, für die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung eine Einfuhrlizenz mit einer Zollausnahme oder eine Zollermäßigung ausgestellt worden ist, sollten von den zusätzlichen Zöllen nicht betroffen sein.

(12) Waren, die nachweislich vor dem Inkrafttreten der zusätzlichen Zölle aus den Vereinigten Staaten von Amerika in die Europäische Gemeinschaft exportiert worden sind, sollten von den zusätzlichen Zöllen nicht betroffen sein.

In Artikel 6 dieser VO heißt es:

Abs. 1: Waren gemäß Anhang I, für die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung eine Einfuhrlizenz mit einer Zollausnahme oder eine Zollermäßigung ausgestellt worden ist, sind von den zusätzlichen Zöllen in Anhang I nicht betroffen.

Abs. 2: Waren gemäß Anhang I, die sich nachweislich zum Zeitpunkt der Anwendung dieses Anhangs bereits auf dem Weg in die Gemeinschaft befinden und deren Bestimmungsort nicht geändert werden kann, sind nicht von den darin festgesetzten zusätzlichen Zöllen betroffen.

Waren, die in Anhang II, aber nicht in Anhang I aufgeführt sind, sich nachweislich zum Zeitpunkt der Anwendung von Anhang II bereits auf dem Weg in die Gemeinschaft befinden und deren Bestimmungsort nicht geändert werden kann, sind nicht von den zusätzlichen Zöllen gemäß Anhang II betroffen.

Die Verordnung (EG) Nr. 1031/2002, die im Übrigen die gleichen oder zumindest ähnliche Formulierungen wie die Verordnung (EG) Nr. 2193/2003 enthält, stellt in Art. 6 Abs. 2 somit gerade nicht auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung, sondern entsprechend der Begründungserwägung Nr. 12 auf den Anwendungszeitpunkt der Zusatzzollregelung ab.

Entsprechende Begrifflichkeiten finden sich darüber hinaus in den Verordnungen (EG) Nr. 673/2005 des Rates vom 25. April 2005 zur Einführung zusätzlicher Zölle auf die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika (ABl. EG Nr. L 110/1) und Nr. 632/2006 der Kommission vom 24. April 2006 zur Ersetzung der Anhänge I und II der Verordnung (EG) Nr. 673/2005 (ABl. EG Nr. L 111/5). Insbesondere ist die Verordnung (EG) Nr. 632/2006 bereits am 25. April 2006 in Kraft getreten. Die (geänderte) Zusatzzollregelung galt indes erst ab dem 1. Mai 2006 (vgl. Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 632/2006). Die Übergangsregelung des Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 632/2006 differenziert hinsichtlich des maßgeblichen Stichtages wiederum zwischen Waren, für die eine Einfuhrgenehmigung mit einer Zollbefreiung oder Zollsenkung erteilt wurde, und Waren, bei denen nachgewiesen werden kann, dass sie sich bereits auf dem Weg in die Gemeinschaft befanden, und deren Bestimmungsort nicht mehr geändert werden kann. Für die zuerst genannten Waren ist der Tag des Inkrafttretens der Verordnung und für die letzteren Waren der Tag der Anwendung und nicht des Inkrafttretens der Verordnung maßgeblich.

Insoweit sind -auch vor dem Hintergrund der Sinnhaftigkeit einer Regelung, die auf den Tag der Anwendung der Zusatzzollregelung abstellt- keine Gründe dafür ersichtlich, dass der hierdurch zum Ausdruck kommende Wille des Verordnungsgebers nicht auch den eigentlichen Willen im Hinblick auf die Verordnung (EG) Nr. 2193/2003 darstellt. Die Begriffswahl in Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 kann damit nur versehentlich erfolgt sein. Insoweit ist der Senat im Hinblick auf die Staffelung des Wertzolls in Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 der Ansicht, dass die Übergangsregelung nur für die Fälle einschlägig ist, in denen es darum geht, ob überhaupt ein Zusatzzoll festzusetzen ist (die Waren wurden vor dem 1. März 2004 in die Gemeinschaft ausgeführt und nach dem 1. März 2004 eingeführt) und nicht auch für solche Sachverhalte, bei denen die Höhe des Zusatzzolls in Streit stehen könnte (die Waren wurden beispielsweise am 15. März 2004 in die Gemeinschaft ausgeführt und am 5. April 2004 eingeführt). Denn für eine derartige Differenzierung gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

Die so verstandene Übergangsregelung des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 ist vorliegend auch einschlägig, denn die streitgegenständliche Einfuhrpartie befand sich am 1. März 2004 auf dem Weg in die Gemeinschaft. Ein Zusatzzoll ist mithin nicht festzusetzen. Da gemäß § 21 UStG die Zollschuld bei der Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer berücksichtigt wird, es aber an einer Zollschuld fehlt, ist auch die Einfuhrumsatzsteuer entsprechend zu mindern.

Schließlich sieht der Senat davon ab, die Sache hinsichtlich des Verständnisses des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der EuGH hat zwar hierzu noch nicht entschieden. Eine Verpflichtung zur Anrufung des EuGH besteht indes für das Finanzgericht nicht (vgl. Art 234 EGV). Außerdem ist der Senat von der hier gefundenen Auslegung des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 überzeugt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ergibt sich aus § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Gegenstand der Entscheidung ist zwar eine Übergangsregelung, die zudem in einer Verordnung enthalten ist, die mit Wirkung vom 29. Mai 2006 aufgehoben wurde (vgl. Verordnung (EG) Nr. 728/2006 des Rates vom 15. Mai 2006 zur Aussetzung der Anwendung und bedingten Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2193/2003 (ABl. EG Nr. L 127/1) und Bekanntmachung der Kommission vom 30. Mai 2006 (ABl. EG Nr. C 126/7)). Gleichwohl ist die Zulassung der Revision geboten, da die Auslegung des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003 und die Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 2193/2003 in Streit steht. Zwar hat der Senat keine Zweifel an der Auslegung des Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 2193/2003, auszuschließen sind sie dennoch nicht, so dass die Möglichkeit besteht, dass in einem künftigen Revisionsverfahren eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen sein wird (vgl. Gräber, FGO, Rdnr. 37 zu § 115).

Ende der Entscheidung

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