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Gericht: Finanzgericht Bremen
Beschluss verkündet am 05.03.1990
Aktenzeichen: I 27/85 V
Rechtsgebiete: FGO, KStG


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 2
FGO § 69 Abs. 3
KStG § 6 Abs. 1
KStG § 4 Abs. 4
KStG § 11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Bremen

I 27/85 V

Tenor:

Aussetzung der Vollziehung (Körperschaftsteuer 1972):

Die Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheids für 1972 vom ... wird hinsichtlich weiterer ... DM Körperschaftsteuer und ... DM Ergänzungsabgabe bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache (...) ausgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens fallen dem Finanzamt zur Last.

Der Streitwert wird auf ... DM festgesetzt.

Die Beschwerde an den Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Gründe:

A 1. Die Antragstellerin (Astin) spendete am ... der ... (SV) einen Betrag von ... DM. Die SV war aufgrund der Zweiten Verordnung (VO) über den Abzug von Spenden zur Förderung staatspolitischer Zwecke vom 23. Oktober 1956 (BStBl I 1956, 457) als begünstigte juristische Person i.S. des § 49 Nr. 3 EStDV 1955 und des § 26 Nr. 3 KStDV 1955 anerkannt worden. Die VO wurde durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 24. Juni 1958 2 BvF 1/57 (BVerfGE 8, 51) als mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar erklärt, obwohl das BVerfG in dem genannten Urteil die Nrn. 1 und 2 der §§ 49 EStDV 1955 und 26 KStDV 1955 für nichtig erklärt hatte. Als Folge dieses BverfG-Urteils wurden §§ 49 EStDV und 26 KStDV neu gefaßt: die bisherige Nr. 3 wurde Abs. 1 und dahin ergänzt, daß eine anerkannte juristische Person keine politische Partei sein und ihre Mittel nicht für die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden dürfe (ÄndVO zur EStDV vom 12. März 1959, BStBl I 1959, 87, und ÄndVO zur KStDV vom 5. August 1959, BStBl I 1959, 809). Die VO vom 23. Oktober 1956 blieb unverändert, sie wurde erst durch VO vom 7. März 1984 (BStBl I 1984, 220) mit Wirkung ab 1. Januar 1984 aufgehoben. § 49 EStDV in der jeweils ab 1959 geltenden Fassung wurde ebenfalls mit Wirkung ab 1. Januar 1984 durch die VO vom 7. März 1984 aufgehoben. § 26 KStDV in der ab 1959 geltenden Fassung war bereits mit Wirkung ab 1977 - Inkrafttreten des KStG 1977 - entfallen. Für Körperschaften gilt bzw. galt seitdem § 49 EStDV.

Die SV erteilte der Art in über die ... DM eine Spendenquittung, in der sie bestätigte, daß sie - die SV -

1. ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der GemVO vom 24. Dezember 1953 verfolge und den zugewendeten Betrag satzungsgemäß verwenden werde,

2. aufgrund der Zweiten VO vom 23. Oktober 1956 als begünstigte juristische Person i.S. des § 49 Abs. 1 EStDV und des § 26 Abs. 1 KStDV anerkannt sei und

3. den ihr zugewendeten Betrag und ihre übrigen Mittel nur für staatspolitische Zwecke, nicht aber für die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwende.

Die Astin machte die Zahlung der ... DM unter Vorlage der Spendenquittung in ihrer am 12. Mai 1976 abgegebenen - endgültigen - Körperschaftsteuer (KSt)-Erklärung 1972 als abziehbare Aufwendung geltend. Das Finanzamt (FA) berücksichtigte die ... DM bei der zunächst vorläufigen bzw. unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden, mehrfach geänderten KSt-Bescheiden für 1972 als Spende i.S. des § 11 Nr. 5 a KStG 1969 ( KStG). Auch in der nach einer Betriebsprüfung durchgeführten endgültigen KSt-Festsetzung für 1972 vom 4. Oktober 1984 wurde der Spendenabzug vom FA anerkannt.

In einem Steuerstrafverfahren gegen die Verantwortlichen der SV, das die Staatsanwaltschaft Bonn bzw. die Steuerfahndungsstelle St. Augustin eingeleitet haben, wurde festgestellt, daß die SV die ihr zugewendeten Gelder entgegen der Aussage in den erteilten Spendenquittungen und entgegen den gesetzlichen Bestimmungen nahezu ausnahmslos an politische Parteien im Sinn des ParteiG weitergeleitet hat. Hierunter sollen auch die von der Astin der SV gezahlten ... DM fallen.

Die daraufhin auch gegen die Verantwortlichen der Astin eingeleiteten steuerstrafrechtlichen Ermittlungen durch die Steuerfahndungsstelle bei der Oberfinanzdirektion (OFD) Bremen erbrachten hinsichtlich der im Jahr 1972 von der Astin an die SV geleisteten Spende folgendes:

Im Sommer 1972 hat der damalige Schatzmeister der CDU, Herr L K, den Geschäftsführer der Astin, ... (J), aufgesucht und um finanzielle Unterstützung der CDU für den bevorstehenden Bundestagswahlkampf gebeten. J wandte sich daraufhin schriftlich an Vorstandsmitglieder der ... AG in Bremen, um sich mit dieser Firma über die Höhe der Spende und das Verfahren abzustimmen. In einem Schreiben vom ... 1972 verwies er dabei auf eine beigefügte Notiz mit der Anschrift und den Konten der SV, an die eine etwaige Spende gezahlt werden sollte. Nach entsprechender Abstimmung mit der ... AG übermittelte J schließlich mit Schreiben vom ... 1972 der SV einen Verrechnungsscheck über ... DM. In dem Schreiben bringt J zum Ausdruck, daß der Betrag für staatspolitische Zwecke verwendet und daß in der erbetenen Spendenquittung bestätigt werden möge, daß der Betrag nicht für parteipolitische Zwecke zur Verfügung gestellt werde. Gleichzeitig teilte J Herrn K mit, daß er seiner Bitte um Unterstützung entsprochen habe und daß er bereit sei, im kommenden Jahr (1973) in gleicher Weise zu verfahren.

Die Steuerfahndungsstelle der OFD Bremen teilte dieses Ermittlungsergebnis mit Schreiben vom 1. November 1984 dem FA mit. Das FA gelangte aufgrund der mitgeteilten Feststellungen zu der Überzeugung, daß die von der Astin 1972 an die SV gezahlten ... DM nicht mehr als Spende gem. § 11 Nr. 5 a KStG anerkannt werden können. Es erließ deshalb unter dem 13. Dezember 1984 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AO i.V. mit § 144 Abs. 1 Satz 1 AO i.d.F. vor 1977 (RAO) geänderten KSt-Bescheid für 1972. In diesem Bescheid berücksichtigte es die ... DM bei der Ermittlung des Einkommens der Astin nicht mehr als abzugsfähige Spende nach § 11 Nr. 5 a KStG. Gleichzeitig ließ es einen von der Astin an den Verein ... e.V. (Marktverein) gezahlten Beitrag von ... DM nicht mehr zum Abzug als Betriebsausgabe zu.

Die Astin legte gegen den Änderungsbescheid Einspruch ein und beantragte gleichzeitig seine Aussetzung der Vollziehung insoweit, als mit ihm KSt für die nicht zum Abzug zugelassenen Beträge von ... DM und ... DM nachgefordert werden. Das FA setzte mit Verfügung vom 25. Januar 1985 die Vollziehung nur hinsichtlich ... DM KSt und ... DM Ergänzungsabgabe (ErgAbg) aus - diese Steuern entfielen auf die Beitragszahlung von ... DM an den Marktverein - und lehnte den Antrag im übrigen als unbegründet ab. Den Einspruch wies es mit Entscheidung vom 14. März 1985 als unbegründet zurück. Hiergegen erhob die Astin unter dem 17. April 1985 Klage, über die noch nicht entschieden ist (Aktenzeichen I 85-86/85 K). Zuvor hatte die Astin bereits mit Schreiben vom 14. Februar 1985 beim Gericht die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids hinsichtlich der abgelehnten Beträge beantragt.

2. Zur Begründung ihres Aussetzungsantrags trägt die Astin im einzelnen vor:

Eine Änderung des aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen KSt-Bescheids vom 4. Oktober 1984 sei nur zulässig, wenn dem FA nachträglich neue Tatsachen oder Beweismittel bekanntgeworden sind, die zu einer höheren Steuer führen, und wenn eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt (§ 172 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. AO). Diese Tatbestandsmerkmale seien nicht erfüllt, zumindest bestünden aber erhebliche Zweifel am Vorliegen einer Steuerhinterziehung durch die Astin bzw. deren Geschäftsführer J.

a) Der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung sei nicht gegeben. Die ... DM seien nämlich zu Recht als Spende nach § 11 Nr. 5 a KStG bei der Ermittlung des Einkommens berücksichtigt worden, und zwar auch dann, wenn man die Feststellungen der Ermittlungsbehörden bei der SV als zutreffend unterstelle. Die SV sei durch die VO vom 23. Oktober 1956 bis einschließlich 1983 ausdrücklich als eine juristische Person anerkannt worden, die zur Entgegennahme von Spenden für staatspolitische Zwecke berechtigt ist. Die Anerkennung der SV durch die genannte VO sei vom BVerfG im Urteil BVerfGE 8, 51 ff ausdrücklich als mit dem GG vereinbar bezeichnet worden. Das BVerfG habe es dabei als unschädlich angesehen, daß die SV Mittel an politische Parteien weitergeleitet hat. An dieser rechtlichen Beurteilung ändere auch nichts die Tatsache, daß das BVerfG im gleichen Urteil die seinerzeitige Vorschrift des § 26 Nr. 2 KStDV 1955 für verfassungswidrig erklärt habe (Felix, DB 1982, 461 und 2107; a.A. Iber DB 1982, 2104). - Nach § 26 Nr. 2 KStDV waren ebenso wie nach § 49 Nr. 2 EStDV 1955 Zuwendungen an juristische Personen als Spenden abzugsfähig, wenn die juristische Person staatspolitische Zwecken diente und die erhaltenen Mittel an politische Parteien weitergab. - Denn das BVerfG habe die Verfassungsmäßigkeit der VO vom 23. Oktober 1956 in Kenntnis der Tatsache bejaht, daß die SV erhaltene Mittel an politische Parteien weitergegeben hat. An diesem Rechtszustand habe auch die spätere Änderung des § 26 KStDV und des § 49 EStDV durch die ÄndVOen im Jahr 1959 nichts geändert. Denn die VO vom 23. Oktober 1956 sei unverändert bis zum Ende des Jahres 1983 in Kraft geblieben. Im Gegensatz zu anderen juristischen Personen, die nicht durch eine besondere VO als begünstigt anerkannt worden sind, habe deshalb die SV bis 1983 erhaltene Mittel an politische Parteien weiterleiten dürfen.

b) Wolle man gleichwohl eine Bindung der SV an § 26 KStDV i.d.F. ab 1959, d.h. mit der vom BVerfG als verfassungsgemäß anerkannten Einschränkung bejahen, könne sich das FA dennoch nicht auf eine Verletzung der Vorschrift berufen. Es fehle nämlich an einer ausreichenden Ermächtigungsnorm im KStG. § 23 a Abs. 1 Nr. 2 e KStG scheide als Ermächtigungsgrundlage aus, weil er nur eine Beschränkung auf bestimmte Körperschaften vorsehe. Sei eine Körperschaft aber einmal durch eine besondere VO bestimmt und anerkannt, so könne deren anschließendes - ggf. gesetzlich nicht mehr vorgesehenes - Verhalten an ihrer Bestimmung bis zur Aberkennung durch eine neue VO nichts ändern. Auch § 23 a Abs. 1 Nr. 1 KStG enthalte keine ausreichende Ermächtigung für den Erlaß des § 26 KStDV. Die in dieser Ermächtigungsnorm aufgeführten besonderen Anlässe lägen sämtlich bei § 11 Nr. 5 a KStG nicht vor.

Nach alledem sei die Rechtmäßigkeit des Abzugs der ... DM als Spende an die SV allein nach § 11 Nr. 5 a KStG zu beurteilen, allerdings unter Beachtung der Rechtsprechung des BVerfG zur Parteienfinanzierung. Danach sei aber der Abzug seinerzeit zu Recht gewährt worden.

c) Solle entgegen der bisher vorgetragenen Auffassung dennoch davon ausgegangen werden müssen, daß die Spende an die SV zu Unrecht einkommensmindernd berücksichtigt worden sei, könne gleichwohl ein Steuerdelikt nicht angenommen werden. Dem stehe § 2 Abs. 3 StGB entgegen. Nach dieser Vorschrift sei der Sachverhalt nach dem KStG 1984 als dem mildesten Gesetz zu beurteilen. Nach § 9 Nr. 3 KStG 1984 könnten heute nämlich Zuwendungen an politische Parteien ebenso wie Spenden an andere gemeinnützige Vereinigungen einkommensmindernd berücksichtigt werden. § 2 Abs. 4 StGB stehe der Anwendung des § 9 Nr. 3 KStG 1984 nicht entgegen, weil das KStG kein Zeitgesetz im Sinn dieser Vorschrift sei.

d) Schließlich beruft sich die Astin auf den sich aus dem Verhalten der Verwaltung ergebenden Vertrauensschutz. Die Tatsache, daß Vereinigungen wie die SV jahrelang benutzt worden seien, um Spenden an politische Parteien steuerlich einkommensmindernd berücksichtigen zu können - was bei unmittelbarer Zahlung an die Partei nur sehr beschränkt möglich gewesen sei -, sei der Finanzverwaltung von Anfang an, spätestens seit dem BVerfG-Urteil BVerfGE 8, 51 bekanntgewesen Gleichwohl habe weder sie noch die Bundesregierung etwas unternommen, um diese Handhabung zu unterbinden oder zumindest durch Aufhebung der VO vom 23. Oktober 1956 der SV die Eigenschaft als begünstigte Körperschaft i.S. des § 26 Nr. 3 KStDV 1955 bzw. § 26 Abs. 1 KStDV 1959 ff abzuerkennen. Erst im Zuge des sog. "Parteispendenskandals" sei dies mit der VO vom 7. März 1984 geschehen.

e) Der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfordere jedoch nicht nur die Erfüllung des objektiven Tatbestands, sondern auch das Unrechtbewußtsein (subjektiver Tatbestand) des Täters. Ob dies bei den Verantwortlichen der SV vorgelegen habe, sei dahingestellt. Auf keinen Fall sei es bei ihrem Geschäftsführer J vorhanden gewesen. J habe von den "Machenschaften" der SV nichts gemußt. Im übrigen habe er darauf vertraut, daß der von maßgebenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens - z.B. von Herrn K - gewiesene Weg für die Förderung politischer Parteien gesetzmäßig ist.

f) Abschließend weist die Astin darauf hin, daß die ... DM auch aus betrieblichen Gründen gezahlt worden seien und daß deshalb vorrangig ein Abzug als Betriebsausgabe in Betracht komme. Das Verbot, Zuwendungen an politische Parteien als Betriebsausgaben abzuziehen ( § 4 Abs. 6 EStG 1983), sei erst durch das Gesetz vom 22. Dezember 1983 (BStBl I 1984, 7) in das EStG eingefügt worden. Im Jahre 1972 sei deshalb ein Betriebsausgabenabzug zulässig gewesen.

3. Das FA hält den Antrag für unbegründet. Es hält nach wie vor den Tatbestand der Steuerhinterziehung in objektiver und subjektiver Hinsicht durch den Geschäftsführer der Astin J für erfüllt. J habe die CDU mit ... DM im Wahlkampf unterstützen wollen. Da er gewußt habe, daß eine unmittelbare Zahlung an die Partei steuerlich nur in sehr begrenztem Umfang abziehbar gewesen sei, habe er den Umweg über die SV gewählt. Die Spende sei der SV auch nicht etwa zur freien Verfügung überwiesen worden, sondern mit der ausdrücklichen Bestimmung, sie an die CDU weiterzuleiten. Dies ergebe sich aus dem dem Gericht in Fotokopie vorliegenden Schriftwechsel des J mit verschiedenen Personen in dieser Angelegenheit. Im übrigen seien die rechtlichen Ausführungen der Astin zur Abzugsfähigkeit der Spende im Hinblick auf die eindeutige Rechtsprechung des BVerfG zur Parteienfinanzierung rechtlich nicht haltbar, was im einzelnen eingehend ausgeführt wird.

4. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, hinsichtlich der Feststellungen bei der SV und der Astin auf den Vermerk der Staatsanwaltschaft Bonn vom 28. Dezember 1982/16. Februar 1983 - 40 Js 114/81 (SV) - Bl. 21 ff der Sonderakten "Spendenverfahren" sowie auf das Schreiben der Steuerfahndungsstelle der OFD Bremen vom 1. November 1984 mit Anlagen (Bl. 1 ff der Sonderakten "Spendenverfahren") Bezug genommen.

J ist zum Vorwurf der Steuerhinterziehung bisher nicht gehört worden.

B 1. Der Antrag ist zulässig, da das FA den bei ihm gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des KSt-Bescheids vom 13. Dezember 1984 mit Verfügung vom 25. Januar 1985 überwiegend abgelehnt hat (Art. 3 § 7 Abs. 1 Satz 1 VGFGEntlG).

2. Der Antrag ist auch begründet.

Nach § 69 Abs. 3 i.V. mit Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel bestehen, wenn eine summarische Prüfung ergibt, daß neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen; der Erfolg braucht jedoch nicht wahrscheinlicher als der Mißerfolg zu sein (Tipke-Kruse, AO, 11. Aufl., § 69 FGO Tz 5 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BFH). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.

a) Das FA stützt den angefochtenen KSt-Bescheid auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (neue Tatsachen oder Beweismittel). Da der ursprüngliche KSt-Bescheid vom 4. Oktober 1984 jedoch aufgrund einer Betriebsprüfung ergangen ist, die begrifflich einer Außenprüfung gleichsteht (BFH-Urteil vom 10. November 1983 IV R 191/82, BFHE 139, 359, BStBl II 1984, 49), ist die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO zu beachten. Hiernach können die aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen Steuerbescheide nur geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Außerdem darf der Steueranspruch nicht verjährt sein. Eine Verjährung ist nicht eingetreten, wenn es sich bei der nachgeforderten KSt um hinterzogene KSt handelt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 RAO i.V. mit Art. 97 § 10 Abs. 1 Satz 2 EGAO). Hängt die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids davon ab, ob der Steuerpflichtige eine Steuerhinterziehung begangen hat, müssen zur Bejahung der Rechtmäßigkeit des Bescheids die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung vorliegen (BFH-Urteil vom 16. Januar 1973 VIII R 52/69, BFHE 108, 286, BStBl II 1973, 273). Ob diese Tatbestandsmerkmale vorliegen, ist nicht nach den Vorschriften der StRO, sondern nach den Vorschriften der AO und FGO zu prüfen (BFH-Beschluß vom 5. März 1979 GrS 7/77, BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570). Es scheidet deshalb insbesondere die Anwendung des § 203 StPO über die Anordnung des Hauptverfahrens bei hinreichendem Tatverdacht aus. Andererseits ist auch im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Grundsatz des Strafverfahrensrechts "in dubio pro reo" zu beachten, wenn zu prüfen ist, ob der Steuerpflichtige eine Steuerhinterziehung begangen hat. Mit dieser Auffassung wird nach dem BFH (BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570) lediglich zum Ausdruck gebracht, daß immer dann, wenn zum Tatbestand einer steuerrechtlichen Norm die Begehung einer strafbaren Handlung gehört, die Finanzbehörde die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale der strafbaren Handlung trägt. Daher ist für die Feststellung der Steuerhinterziehung, die nach § 76 Abs. 1 Sätze 1 und 5 FGO von Amts wegen zu treffen ist, kein höherer Grad von Gewißheit erforderlich als für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das FA die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt.

Diese Grundsätze gelten auch im Aussetzungsverfahren. Allerdings ist in diesem Verfahren zum Vorliegen einer Steuerhinterziehung noch keine abschließende Feststellung zu treffen, sondern nur ein Wahrscheinlichkeitsurteil abzugeben. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids ( § 69 FGO) bestehen, wenn nach dem vorliegenden Streitstoff, einschließlich präsenter Beweismittel, ernstlich zweifelhaft ist, ob sich im Hauptverfahren vor dem Finanzgericht die Feststellung der Tatbestandsmerkmale der strafbaren Handlung werde treffen, lassen. Dabei ist kein höherer Grad von Wahrscheinlichkeit erforderlich als für das Vorliegen anderer Tatsachen, für die die Finanzbehörde die objektive Feststellungslast trägt (BFH, BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570). Ausgehend von diesen Grundsätzen bestehen ernstliche Zweifel, ob im Streitfall eine Steuerhinterziehung vorliegt.

b) Als Betriebsausgaben nach § 6 Abs. 1 KStG i.V. mit § 4 Abs. 4 EStG war die Spende entgegen der Auffassung der Astin nicht abzugsfähig. Zwar ist im Schrifttum streitig, ob vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 6 EStG i.d.F. des ÄndG vom 22. Dezember 1983 Spenden an politische Parteien oder Vereinigungen als Betriebsausgaben abgezogen werden konnten (Institut "Finanzen und Steuern" - Institut FSt -, Briefe 230 und 245 mit weiteren Nachweisen). Der Senat kann dahingestellt sein lassen, welche Auffassung zutreffend ist. Im Streitfall hat jedenfalls die Astin nicht hinreichend glaubhaft gemacht, geschweige denn nachgewiesen, daß die ... DM an die SV allein aus betrieblichen Gründen gezahlt worden sind.

Es dürften vielmehr allgemeine politische Erwägungen und damit außerbetriebliche Gründe gewesen sein, die den Geschäftsführer der Astin J veranlaßt haben, der Bitte des Herrn K zu entsprechen.

c) Die Spende könnte deshalb nur im Rahmen des § 11 Nr. 5 KStG abzugsfähig gewesen sein. Nach dem im Zeitpunkt der Spendenzahlung gültigen Wortlaut des § 11 Nr. 5 KStG - "Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke" - wäre eine Abzugsfähigkeit gegeben; denn die Spende ist nach Überzeugung des Senats von der SV für staatsbürgerliche Zwecke im weitesten Sinn verwendet worden.

Eine Förderung staatspolitischer Zwecke liegt nämlich auch in der Förderung der Parteien im Sinn des ParteiG. § 11 Nr. 5 KStG wird jedoch ergänzt durch § 26 KStDV. Der Senat hält diese Vorschrift im Gegensatz zur Astin für wirksam, weil die Ermächtigung in § 23 a Abs. 1 Nr. 2 e KStG den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG entspricht und sich § 26 KStDV im Rahmen dieser Ermächtigung hält. Nach § 26 Abs. 1 KStDV war eine Ausgabe für staatspolitisch Zwecke jedoch nur abzugsfähig, wenn sie an eine durch VO anerkannte juristische Person gegeben wurde, die nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung ausschließlich staatspolitische Zwecke verfolgt und weder eine politische Partei ist, noch ihre Kittel für die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwendet. Nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft Bonn und der Steuerfahndungsstelle St. Augustin, an deren Richtigkeit zu zweifeln der Senat keinen Anlaß hat, wurden diese gesetzlichen Voraussetzungen von der SV nicht erfüllt. Mithin entfiele eine Abzugsmöglichkeit der Spende nach § 11 Nr. 5 a KStG i.V. mit § 26 Abs. 1 KStDV.

Es bestehen jedoch Zweifel, ob die Anwendung der genannten Vorschriften in ihrer im Streitjahr gültigen Fassung rechtens ist. Die SV wurde seinerzeit durch die VO vom 23. Oktober 1956 als juristische Person anerkannt, als § 26 KStDV mit einem anderen Inhalt galt. Aus § 26 Nr. 3 KStDV 1955 kann man nämlich nicht ohne weiteres folgern, daß Zuwendungen einer anerkannten juristischen Person an eine politische Partei unzulässig waren. Dies war auch der Grund, weshalb das Land Hessen das BVerfG zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der VO vom 23. Oktober 1956 angerufen hatte. Wenn das BVerfG in Kenntnis der Tatsache, daß die SV politische Parteien mit empfangenen Spendengeldern unterstützt, gleichwohl die VO vom 23. Oktober 1956 als verfassungsgemäß ansah, dann kann daraus durchaus geschlossen werden, daß diese Möglichkeit ihr auch weiterhin belassen werden sollte (so Felix, DB 1982, 461 und 2107).

Gegen die Anwendung des § 11 Nr. 5 a KStG i.V. mit § 26 Abs. 1 KStDV ab 1959 könnte weiterhin die Tatsache sprechen, daß die Bundesregierung die VO vom 23. Oktober 1956 nicht geändert und auch zunächst nicht aufgehoben hat, obwohl die Praxis der SV bekannt war. Die Finanzverwaltung würde sich deshalb widersprüchlich verhalten, wenn sie den mit der VO vom 23. Oktober 1956 gesetzten Umstand, daß die SV eine als begünstigt anerkannte juristische Person ist, nunmehr leugnen und sie als nicht begünstigte Person behandeln würde. Dies würde den durch die VO geschaffenen Vertrauenstatbestand beseitigen (Heuer, DStZ 1985, 594 mit weiteren Hinweisen). Nach Meinung des Senats ist es zweifelhaft, ob dem eine eventuelle Bösgläubigkeit des Geschäftsführers J der Astin entgegengehalten werden könnte. Denn die Meinung (Heuer, a.a.O.), daß es in den Fällen, in denen der Vertrauensschutztatbestand durch einen Rechtsetzungsakt des Gesetz- und Verordnungsgebers begründet worden ist, auf die Fahrlässigkeit bzw. Gut- oder Bösgläubigkeit des Rechtsunterworfenen nicht ankommt, ist vertretbar und wird in der Literatur auch vertreten (vgl. Heuer, a.a.O. mit Hinweisen; den Vertrauensschutz bei Spenden an die SV grundsätzlich bejahend: FG Münster, Urteil vom 3. September 1985 IX 7234/84 K, EFG 1985, 627; a.A. FG München, Beschluß vom 29. Mai 1985 XII 266/84 Aus E, EFG 1985, 494).

Eine Berufung auf den Vertrauensschutz ist im Streitfall nach Überzeugung des Senats nicht völlig auszuschließen. Zwar trägt grundsätzlich der Spender das Risiko dafür, daß alle Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit der Spende gegeben sind, insbesondere, soweit sie in der Person oder Handlungsweise des Spendenempfängers vorliegen müssen (BFH-Urteil vom 18. Juli 1980 VI R 167/77, BFHE 131, 345, BStBl II 1981, 52). Dieser Grundsatz erleidet aber dann eine Ausnahme, wenn der Spender aufgrund eines besonderen Verhaltens der Finanzbehörde darauf vertrauen darf, daß die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit der Spende in der Person des Empfängers vorliegen. Dies könnte hier durchaus der Fall gewesen sein.

Die Astin bzw. J konnte bei Hingabe der Spende davon ausgehen, daß die Spendenbescheinigung der SV zutreffend erteilt wurde; dies insbesondere auch deshalb, weil von Herrn K ausdrücklich auf diesen Weg verwiesen worden ist. Denn es ist kaum anzunehmen, daß Herr K als Schatzmeister einer der großen demokratischen Parteien einem zur Unterstützung seiner Partei bereiten Bürger eine strafbare Handlungsweise empfehlen würde. Hinzu kommt, daß davon auszugehen ist, Bundesregierung und Bundesrat als Verordnungsgeber würden vor Anerkennung des SV und auch danach überprüft haben, ob die Voraussetzungen der Anerkennung vorliegen und weiter vorliegen werden. Bei verständiger Würdigung der Sachlage konnte also die Astin bzw. ihr Geschäftsführer J davon ausgehen, daß die SV alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung und damit als Spendenempfänger auch im Jahr 1972 erfüllte (im Ergebnis ebenso FG Münster, EFG 1985, 627; Groh, NJW 1985, 993 ff).

Dem steht nicht entgegen, daß die Klin. um eine Unterstützung des Wahlkampfs der CDU gebeten worden war. Eine solche Unterstützung hätte nämlich auch dadurch geschehen können, daß der SV gespendete Gelder bei dieser verblieben und von ihr im Interesse der CDU eingesetzt wurden, ohne diese Partei jedoch selbst unmittelbar oder mittelbar zu fördern (z.B. durch Veranstaltungen wie z.B. Seminare, Tagungen oder durch Herausgabe von Schriften). Eine solche Verwendung wäre sicher als unschädlich, da zur Förderung staatspolitischer Ziele dienend anzusehen.

d) Geht man entgegen den vorstehend dargelegten Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Änderungsbescheids davon aus, daß der Tatbestand des § 11 Nr. 5 a KStG i.V. mit § 26 Abs. 1 KStDV nicht erfüllt und damit der Abzug der Spende objektiv unzulässig ist, bestehen dennoch nach Überzeugung des Senats Zweifel daran, ob im, Hinblick auf die Klin. bzw. ihren Geschäftsführer eine Steuerhinterziehung bejaht werden kann. Zwar erscheint es für das Aussetzungsverfahren als ausreichend wahrscheinlich, daß die Verantwortlichen der SV als Spendenempfänger den objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung ( § 370 AO) erfüllt haben. Rechtlich unentschieden bleibt jedoch, ob dies der Astin zugerechnet werden könnte. Hierfür spricht wohl die Rechtsprechung des BFH, wonach es für die Frage des Vorliegens einer Steuerhinterziehung nicht darauf ankommen soll, wer die Steuerhinterziehung begangen hat (Urteil vom 4. März 1980 VII R 88/77, BFHE 130, 131). Hiergegen sind jedoch mit guten Gründen Bedenken geltend gemacht worden. Eine Berichtigung aufgrund einer Steuerhinterziehung innerhalb der 10jährigen Verjährungsfrist soll dann nicht zulässig sein, wenn der Steuerpflichtige an der Steuerhinterziehung des fremden und außenstehenden Dritten selbst nicht beteiligt war (sog. subjektive Berichtigungstheorie, FG München, Beschluß vom 26. April 1985 II 242/84, nicht veröffentlicht, vgl. Handelsblatt Nr. 95/1985). Die hieraus zu folgernde Unentschiedenheit verbietet es, für das Aussetzungsverfahren davon auszugehen, die in der Sphäre der SV anzunehmende Steuerhinterziehung werde im Hauptsacheverfahren mit großer Wahrscheinlichkeit bei der Astin zu einer Aufhebung der Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO führen.

Es bleibt mithin entscheidend, ob in der Sphäre der Astin mit Wahrscheinlichkeit eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung stattgefunden hat, die die Aufhebung der Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO rechtfertigt. Das Finanzamt erhebt einen solchen Vorwurf gegen den verantwortlichen Geschäftsführer der Astin, Herrn J, und bezieht sich dafür auf den geführten Schriftwechsel. Hieraus ergibt sich in der Tat ein gewichtiger Verdacht. Andererseits ist festzustellen, daß bisher der Geschäftsführer J weder persönlich zu dem Vorwurf gehört worden ist, noch das FA oder die Steuerfahndung zumindest den Versuch unternommen hat, ihn zu hören. Unbeschadet der Aussagekraft der vom FA angeführten Schriftstücke erscheint es nicht zulässig, bei einem gravierenden Vorwurf wie dem einer Steuerhinterziehung ohne rechtliches Gehör auszukommen und vor allem die subjektive Tatseite in der Person des Geschäftsführers J nur anhand der Beweisunterlagen vorweg zu bejahen. Damit ist eine Unklarheit in tatsächlicher Hinsicht gegeben, die nicht zu überwiegen braucht.

e) Abschließend weist der Senat zur Begründung seiner Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids insgesamt auf die Materialsammlung zur Parteispendenproblematik in DStZ 1986, 35-38 hin. Allein aus dieser Materialsammlung ergibt sich, welche Zweifel unter den verschiedensten rechtlichen Gesichtspunkten von Rechtsprechung, Schrifttum und Verwaltung geltend gemacht werden. Die Zweifelhaftigkeit der Rechtslage muß deshalb auch dem einzelnen Steuerpflichtigen zugutekommen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Den Streitwert hat der Senat mit 10 vH der im Hauptverfahren streitigen KSt angesetzt.

Die Beschwerde an den Bundesfinanzhof war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO i.V. mit Art. 1 Nr. 3 BFHEntlG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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