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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: 14 K 5189/03 G
Rechtsgebiete: GG, GewStDV, GewStG, RennwLottG, EStG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GewStDV § 13
GewStG § 3 Nr. 1
RennwLottG § 17
RennwLottG § 19
EStG § 4 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

14 K 5189/03 G

Tenor:

Die geänderten Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1998 und 1999 vom 31.03.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.09.2003 werden dahingehend geändert, dass beim Messbetrag nach dem Gewerbeertrag die Gewinne jeweils um Betriebsausgaben in Höhe der Spieleinsatzanteile von 44,8 % abzüglich der Abschläge für tatsächlich gespielte Lottoscheine von 329.557,78 Euro (= 644.559 DM) für 1998 und 259.676,97 Euro (507.884 DM) für 1999 vermindert werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Neuberechnung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 25 % und der Beklagte zu 75 %.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin eine KG betreibt seit 1997 ein Lotto-Dienstleistungsunternehmen. Komplementärin im Streitzeitraum war zunächst die B-Services B.V. und ab 25.06.1999 die C-Services B.V., beide jeweils mit Sitz in den Niederlanden. Alleinvertretungsberechtigter Direktor der Komplementärinnen war jeweils Herr Peter T.

Die Klägerin organisiert unter der Bezeichnung "C-Services" Spielgemeinschaften zur Teilnahme an wöchentlichen Ausspielungen des Deutschen Lotto- und Totoblocks mit von ihr entwickelten Systemreihen (Zahlenkombinationen), welche für die in Spielgemeinschaften verbundenen Mitspieler einzusetzen sind. Die Mitspieler erteilen der Klägerin gemäß Ziff. 7 der Teilnahmebedingungen (Allgemeine Geschäftsbedingungen) unter Befreiung von § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Vollmacht, im Namen der Mitspieler Gesellschaftsverträge zur Gründung von BGB-Spielgemeinschaften, den Treuhandvertrag für die Spieler/die Spielgemeinschaften mit dem Treuhänder und einen Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Spieler/den Spielgemeinschaften und sich selbst abzuschließen.

Das Vertragsverhältnis mit dem Spieler wird mit der Einzahlung des Spielbetrages auf ein Einzahlungskonto der Klägerin begründet. Nach § 2 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrages hat die Klägerin die auf dem Einzahlungskonto eingehenden Beträge wir folgt zu verwenden:

44,8 v. H. zur Vertragserfüllung an die Treuhandgesellschaft,

36,0 v. H. für die Spielvermittlung an die Klägerin,

19,2 v. H. für Serviceleistung und Konzeption der Spielmöglichkeit an die Klägerin.

Gemäß Ziff. 8 der Teilnahmebedingungen beauftragen die Mitspieler einen von der Klägerin bestellten Treuhänder, im eigenen Namen, aber für Rechnung der Spielgemeinschaft den Spielvertrag mit den Lottogesellschaften über deren Annahmestellen abzuschließen, die Lottoscheine in Verwahrung zu nehmen, etwaige Gewinne für die Spielgemeinschaft gegenüber der Lottogesellschaft geltend zu machen, die Gewinne entgegenzunehmen und einem Treuhandkonto zuzuführen sowie die Gewinne schließlich an die Mitspieler auszuzahlen. Nach Ziff. 3 der Teilnahmebedingungen hat die Klägerin das Recht, sich selbst an einer Spielgemeinschaft zu beteiligen, wenn sich in einer Spielgemeinschaft nicht genügend Spieler zusammen finden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Teilnahmebedingungen Bezug genommen.

Treuhänder ist nach dem vorliegenden Treuhandvertrag vom 08.12.1997, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, die B-Services B.V. Diese wurde bei dem Vertragabschluss von Herrn Peter T. als Direktor vertreten.

Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Steuerfahndungsprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin in ihren Gewinnermittlungen für die Streitjahre 1998 und 1999 von den Mitspielbeträgen lediglich die Anteile für Spielvermittlung (36 %) und für Serviceleistung und Konzeption (19,2 %), nicht aber den Spieleinsatzanteil i. H. v. 44,8 %, der an den Treuhänder abzuführen war, als Betriebseinnahmen erfasst hatte. Außerdem traf der Prüfer die Feststellung, dass nur in geringem Umfange tatsächlich Lottoscheine erworben wurden. Der Prüfer vertrat die Auffassung, die bisher erklärten Einnahmen, die ausschließlich auf den Serviceanteilen basierten, seien um die auf den Spieleinsatzanteil entfallenden Einnahmen zu erhöhen. Die Höhe der Gesamteinnahmen (Service- und Spieleinsatzanteil) ermittelten der Prüfer und die Klägerin nach einem Vermerk vom 19.02.2002 übereinstimmend mit 7.090.154 DM für 1998 und 10.665.565 DM für 1999. Diesen verminderten sie um Abschläge für tatsächlich gespielte Lottoscheine von 644.559 DM für 1998 und 507.884 DM für 1999. Bei der Gewinnermittlung berücksichtigte der Prüfer auf Grund der Annahme, die Klägerin sei Veranstalter einer inländischen Lotterie und es bestehe daher eine Lotteriesteuerpflicht, eine Lotteriesteuerrückstellung. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf Tz. 17 des Prüfungsberichts vom 20.11.2002 sowie den Vermerk vom 19.02.2002 Bezug genommen.

Der Beklagte legte die vom Prüfer ermittelten Besteuerungsgrundlagen den geänderten Gewerbesteuermessbescheiden 1998 und 1999 vom 31.03.2003 zu Grunde und setzte den Gewerbesteuermessbetrag für 1998 auf 31.104,44 EUR und für 1999 auf 54.529,28 EUR fest. Die Änderung der ursprünglich auf Gewerbesteuermessbeträge von Null DM lautenden Gewerbesteuerbescheide beruht auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO).

Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Einsprüche ein und trug zur Begründung vor:

Es habe sich bei den für den Spieleinsatz vorgesehenen Geldern (44,8 % der gesamten Einzahlungen der Spieler) um Fremdgelder gehandelt, die auf Treuhandkonten zu verwahren gewesen und dementsprechend als durchlaufende Gelder in den Jahresabschlüssen behandelt worden seien. Auf Grund dessen seien diese Einnahmen nicht als steuerpflichtige Betriebseinnahmen anzusehen. Die Feststellung der hinzuzurechnenden Betriebseinnahmen hänge zudem von der nicht abschließend geklärten Frage einer Lotteriesteuerpflicht ab. Eine Lotterie sei von ihr nicht betrieben worden.

Der Beklagte wies die Einsprüche in der Einspruchsentscheidung vom 11.09.2003 als unbegründet zurück und führte aus: Auf die Höhe der festgestellten Betriebseinnahmen habe die Frage einer Lotteriesteuerpflicht nur insoweit Auswirkungen, als die Rückstellung für Lotteriesteuern gewinnerhöhend aufzulösen sei, wenn tatsächlich keine Lotteriesteuerpflicht bestehen sollte.

Da die Klägerin trotz einer entsprechenden Aufforderung bzgl. der Behandlung der Spieleinsatzanteile die Treuhandkonten nicht näher bezeichnet und Unterlagen vorgelegt hätte, könnten die Spieleinsätze nicht als Fremdgelder behandelt werden.

Mit der unter dem 17.09.2003 erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Da sie die Teilnahme an Ziehungen des staatlichen Lotterieblocks vermittle und die entsprechenden Entgelte einnehme, sei der Rechtsgedanke des § 13 der Gewerbesteuerdurchführungsverordnung (GewStDV), der die Gewerbesteuerfreiheit von (staatlichen) Lotterieeinnehmern statuiere, auch für die von ihr ausgeübte Tätigkeit zu berücksichtigen. Eine abweichende steuerliche Behandlung stelle einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) dar. Soweit sie in Spielgemeinschaften eigene Anteile gehalten und entsprechend mitgespielt habe, sei dies nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) unschädlich.

Im Übrigen könne ihr der auf die Spieleinsätze entfallende Anteil von 44,8 v. H. nicht als Betriebseinnahme zugerechnet werden, weil es sich um Treugut der Mitspieler handele, das zur Vertragserfüllung auf die B-Services B.V. als Treuhänder übertragen worden sei. Sie selbst trete in diesem Vertragsverhältnis auf der Grundlage der allgemeinen Teilnahmebedingungen als Geschäftsbesorgerin für die Mitspieler auf.

Das Treuhandverhältnis sei im Vorhinein klar und eindeutig vereinbart und tatsächlich auch durchgeführt worden. Auf der Grundlage der Teilnahmebedingungen werde sie die Klägerin vom Mitspieler ermächtigt, einen Treuhandvertrag mit der B-Services B.V. zu schließen. Aus dem abgeschlossenen Treuhandvertrag gehe eindeutig hervor, dass die Treuhänderin den Spielvertrag mit der Lottogesellschaft abschließe, den entsprechenden Schein in Verwahrung nehme und gegenüber dem Veranstalter die Gewinne geltend mache, um anschließend die Auskehrung vorzunehmen. Unter § 1 D des Treuhandvertrages sei zudem normiert, dass der Treuhänder das Spielgeld übertragen erhalte. Insoweit entspreche der Treuhandvertrag den Erfordernissen der höchstrichterlichen Rechtssprechung. Die Rechtsbeziehungen zwischen Treugeber, Treuhänder und ihr selbst seien vertraglich so gestaltet, dass der Treugeber zweckgebunden einen Betrag zur Verfügung stelle, mit dem neben den Kosten das Spielentgelt entrichtet werde. Nach Abgabe des Lottoscheins könne der Treugeber weder rechtlich noch tatsächlich das Geschehen beherrschen, wie dies im Übrigen bei einer unmittelbaren Teilnahme am Lottospiel auch nicht der Fall sei. Der Schein könne nicht zurückgegeben und der Einsatz nicht zurückgezahlt werden. Das Treuhandverhältnis setze sich allerdings an dem Surrogat fort, doch bestehe keine Möglichkeit, die Herausgabe zu verlangen, da der Treugeber nicht alleiniger - dinglicher Rechtsinhaber sei. Erst wenn der Schein einen Gewinnanspruch verkörpere, könne der Treugeber wieder direkten Einfluss auf das Treugut in diesem Fall den Schein und den darin verkörperten Gewinnanspruch nehmen und auch gegenüber dem Veranstalter als Anspruchsinhaber auftreten. Die Wirksamkeit des Treuhandverhältnisses werde durch die fehlende Einwirkungsmöglichkeit im Zwischenzeitraum nicht berührt.

Der Anspruch auf Auszahlung des Gewinns ergebe sich ebenfalls aus dem Vertragswerk. Nach Ziff. 4 der Teilnahmebedingungen seien die einzelnen Mitspieler neben dem Treuhänder berechtigt, die Gewinne gegenüber der Lottogesellschaft geltend zu machen und die Auszahlung der Gewinne an den Treuhänder zu verlangen.

Die tatsächliche Durchführung des Treuhandverhältnisses werde anhand der vorgelegten Unterlagen (Lastschriftenliste, Kontoauszüge) deutlich. Danach sei das Treuhandverhältnis in den folgenden Schritten vollzogen worden:

Nach Zahlung des Gesamteinsatzes (100 %) durch die Mitspieler an sie - die Klägerin - sei dieser wie folgt buchungsmäßig erfasst worden:

Zahlungseingang Bank (Kto. 1200) an Verrechnungskonto Spieleinsätze (Kto. 1564).

Die Feststellung in Textziffer 15 des Steufa-Berichts vom 20.11.2002, wonach der umsatzsteuerfrei behandelte Spieleinsatzanteil an keiner Stelle der Buchführung in Erscheinung getreten sei, sei daher unzutreffend.

Die Überweisung der Spieleinsätze (44,8 % des Gesamtentgelts) an den Treuhänder werde in ihrer Buchführung durch die Buchungssätze - Verrechungskonto Spieleinsätze (Kto. 1564) an Verrechungskonto Treuhänder (Kto. 1562) - Verrechnungskonto Treuhänder (Kto. 1562) an Bank (Kto. 1200) nachvollzogen.

Die Serviceentgelte würden vom Verrechnungskonto Spieleinsätze auf Umsatzerlöse und Umsatzsteuer umgebucht.

Aus der vorgelegten Lastschriftenliste seien die Abbuchungen der einzelnen treugebenden Mitspieler ersichtlich. Aus den für die einzelnen Mitspieler geführten Konten ergebe sich, an welchen Spielgemeinschaften und welchen Spielen die Spieler teilgenommen hätten. Aus den Bildschirm-Hardcopies sei ersichtlich, wann welcher Betrag eingezogen und für welche Spiele er verwendet worden sei. Darüber hinaus seien die Buchungen zugunsten der einzelnen Spieler erkennbar.

Durch den Transfer der Spieleinsätze auf Bankkonten des Treuhänders werde auch die Trennung von Eigenvermögen und Treugut vollzogen. Die Spieleinsatzanteile seien von den verschiedenen Konten, auf welche die Mitspieler ihre Einsätze leisteten, auf das Konto 12345 bei der A-Bank überwiesen worden, dessen Inhaber der Treuhänder sei. Nach Beendigung der Geschäftsbeziehung mit der A-Bank werde das Konto 67890 bei der D-Bank, dessen Inhaber ebenfalls der Treuhänder sei, als Spieleinsatzkonto geführt. Zur Auszahlung seien die Gewinne vom Konto 112233 bei der A-Bank, dessen Inhaber ebenfalls der Treuhänder sei, gelangt.

Infolge dieser Buchungsvorgänge seien die Verrechnungskonten Spieleinsätze Treuhänder - abgesehen von geringfügigen zeitlich bedingten Differenzen - ausgeglichen. Weil sie - die Klägerin - nicht Treuhänder sei, sei dies zutreffend. Das Treugut sei nicht bei ihr, sondern beim Treuhänder auszuweisen.

Nachdem die Spieleinsätze dem Treuhänder gutgebracht worden seien, weise sie den Treuhänder an, Spielscheine zu erwerben oder keine Spielverträge mit den Lottogesellschaften abzuschließen. Diese Anweisung erfolge dergestalt, dass auf den Abrechnungsbögen der Spielgemeinschaft vermerkt werde, wie viele Anteile tatsächlich gezeichnet worden seien ("Ist") und wie viele Anteile gezeichnet werden müssten, damit die Spielgemeinschaft zustande komme ("Soll"). Bleibe die Ist- hinter der Soll-Angabe zurück, werde der Spielvertrag durch den Treuhänder nicht geschlossen. In diesem Falle würden dem Treuhänder die Spielentgelte gleichwohl gutgebracht, der sie nach § 1 D des Treuhandvertrages nach den Bedingungen des Treuhandvertrages verwalte. Zu diesen Bedingungen gehöre der Ersatz in anderer Weise. Die Ermittlung eines etwaigen Ersatzanspruches erfolge unter Zugrundelegung der amtlich gezogenen Gewinnzahlen und der amtlichen Gewinnquoten. Ergebe sich, dass ein Spieler Anspruch auf Ersatz habe, werde insoweit das Treuhandkonto belastet. Im Übrigen blieben die Spieleinsätze auf dem Treuhandkonto. 44,8 % der Spieleinsätze würden unabhängig davon an den Treuhänder weitergeleitet, ob dieser im eigenen Namen, aber für Rechung der Spielgemeinschaften, Lottoscheine erwerbe oder nicht.

Das Treugut (Spieleinsätze vermindert um die ausgezahlten Gewinne) sei sowohl in dem Konzept des Jahresabschlusses 1998 des Treuhänders, welches dem niederländischen Finanzamt vorgelegt worden sei, mit einem Betrag von 355.873 hfl., als auch in dem endgültigen Jahresabschluss des Treuhänders ausgewiesen worden. Auf Grund der vorausgegangenen Nullfestsetzung der Körperschaftsteuer des Treuhänders sei in den Niederlanden eine (nachträgliche) Einreichung des endgültigen Jahresabschlusses beim niederländischen Finanzamt nicht erfolgt.

Lege man entgegen den vorstehenden Ausführungen die Argumentation des Beklagten zu Grunde, es handele sich bei den Spieleinsatzanteilen um Betriebseinnahmen, führe jedenfalls der Abfluss der entsprechenden Beträge zu Betriebsausgaben. Zum einen trage der Beklagte selbst den Abfluss der Gelder an die holländische B.V. vor, wobei es auf die Wirksamkeit des Treuhandverhältnisses bei tatsächlicher Durchführung nicht ankomme. Zum anderen belegten die obigen Ausführungen zu den Zahlungsflüssen das bisherige Vorbringen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zur Erläuterung ihres Spielsystems ergänzend vorgetragen: Die Spieler, die sich entschlossen hätten, an ihrem Lottospiel teilzunehmen, würden vorab eine Information darüber erhalten, welche Zahlenkombinationen für sie gespielt werde und in welcher Höhe sie an der Spielgemeinschaft beteiligt seien. Dementsprechend könne der einzelne Spieler selbst nachvollziehen, ob für seine Spielgemeinschaft und die entsprechenden Zahlen ein Gewinn angefallen sei und wenn ja, welche Quote und somit welcher Gewinn auf ihn entfalle.

Die Klägerin beantragt,

die Gewerbesteuermessbescheide 1998 und 1999 vom 31.03.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.09.2003 aufzuheben,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er trägt vor: Die Gewerbesteuerfreiheit nach § 13 GewStDV beziehe sich ausschließlich auf die Betreiber von Lotto-Annahmestellen, die sich als Einnehmer einer staatlichen Lotterie betätigten.

Die Klägerin habe den nach § 159 Abs. 1 AO erforderlichen Nachweis eines steuerlich anzuerkennenden Treuhandverhältnisses nicht erbracht. Einer ernsthaften Durchführung eines Treuhandverhältnisses stehe bereits der fehlende Ausweis darüber, welche Beteiligung bzw. welches Treugut wem zuzurechnen sei, entgegen. Hierzu hätten von Anfang an namentlich benannte Beteiligungskonten eingerichtet werden müssen. Solche Konten seien von der Klägerin nach den vorliegenden Unterlagen aber nicht geführt worden. Ein geeigneter Nachweis, wem welches Treugut gehöre, stehe bisher aus.

Das Handeln des Treuhänders in fremdem Interesse müsse auf Grund der tatsächlichen Durchführung klar erkennbar sein. Nach den vorliegenden Unterlagen könne der Treugeber (= Mitspieler), der weder den Namen des Treuhänders noch die betragsmäßige Höhe des Treugutes kenne, dem Treuhänder keine Weisungen erteilen. Ein Handeln im Interesse des Treugebers sei daher auszuschließen. Ein Treuhandverhältnis könne steuerlich auch nur anerkannt werden, wenn dem Treugeber im Innenverhältnis die Rechte an dem Treugut (= Spieleinsatz) zustünden und der Treugeber das Marktgeschehen jederzeit beherrsche. Da dem Treugeber der Treuhänder unbekannt sei, könne eine Weisungsbefugnis im Innenverhältnis nicht angenommen werden.

Es sei auch nicht erkennbar, dass der Treuhänder, deren alleiniger Geschäftsführer Peter T. sei, überhaupt im fremden Namen handeln könne, da der Treuhandvertrag mit der Klägerin, deren alleiniger Geschäftsführer ebenfalls Peter T. sei, geschlossen worden sei. Die sich daraus ergebende Interessenkollision schließe ein Treuhandverhältnis aus.

Bei dem von der Klägerin genannten Verrechnungskonto 1564 handele es sich um ein Konto aus der firmeneigenen Buchhaltung, das keinen Aufschluss über einen umsatzsteuerfrei behandelten Spieleinsatzanteil hergebe. Aus diesem Konto sei nicht ersichtlich, auf welches Treuhandkonto bzw. Bankkonto der Spieleinsatzanteil von 44,8 % überwiesen worden sei. Die Existenz eines Treuhandkontos sei daher bisher nicht durch geeignete Unterlagen glaubhaft gemacht worden. Das in diesem Zusammenhang von der Klägerin benannte Konto 112233 bei der A-Bank könne ein solches Treuhandkonto nicht sein. Aus diesem Konto sei nicht ersichtlich, welche Geldbeträge für wen treuhänderisch gehalten worden seien. Es handele sich nach den Prüfungsfeststellungen um ein normales Abwicklungskonto, von welchem überwiegend anteilige Gewinne, jedoch ohne Namensnennung, im Einzelfall aber auch anderweitige Beträge ausgezahlt worden seien und welches im Bedarfsfall, um eine Unterdeckung zu vermeiden, aus anderen Quellen aufgefüllt worden sei. Was den Zu- und Abfluss der vereinnahmten Gelder und das Nichtvorhandensein eines Treuhandkontos angehe, werde auch auf die Stellungnahme der Steuerfahndung vom 31.10.2003 verwiesen.

Die vorläufige Bilanz der Treuhänderin für 1998 habe keine eindeutigen Hinweise auf Treuhand- bzw. Fremdgelder enthalten. Lediglich unter dem Bilanzposten "B-Services B.V. & Co. C-Services KG, Treuhandgeld Kontokorrentkonto" sei eine Betrag von 355.873 hfl. ausgewiesen worden. Hieraus ergebe sich keine sorgfältige Trennung des Treugutes vom Eigenvermögen. Erst in der Bilanz vom 11.11.2002 für 1998 werde ein Treuhandgut von 1.018.493 hfl. ausgewiesen. Nach der Rechtsprechung sei jedoch erforderlich, das Treuhandgeld zur Verhinderung von Manipulationen und missbräuchlichen Gestaltungsmöglichkeiten von Anfang an als fremdes Vermögen dargestellt werde, wobei der bilanziellen Behandlung nach der Rechtsprechung des BFH jedoch nur indizielle Bedeutung zukomme.

Im Übrigen seien die Teilnahmebedingungen in wesentlichen Teilen wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 395 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) nichtig. Von der Nichtigkeit werde auch der Treuhandvertrag als Bestandteil der Teilnahmebedingungen erfasst, dessen Inhalt zudem selbst gegen das Transparentgebot verstoße, weil den Treuhänder keinerlei Haftung gegenüber den Mitspielern treffe. Wenn das Treuhandverhältnis wegen Nichtigkeit schon zivilrechtlich nicht anzuerkennen sei, könne es auch steuerlich keinen Bestand haben.

Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum ein schlichtes Lottosystemspiel ein Firmenkonglomerat wie im Streitfall erforderlich mache. Grund könne allenfalls sein, dass angestrebt werde, für Außenstehende und Gläubiger absichtlich unklare Rechtsverhältnisse zu schaffen.

Schließlich sei von der Steuerfahndung auch festgestellt worden, dass die Klägerin sich nicht an ihre eigenen Verträge gehalten habe sowie kaum Lottoscheine gespielt und bei der Nationalen Lottogesellschaft eingereicht habe.

Ein Betriebsausgabenabfluss, der über den von der Steufa angenommenen Abfluss hinausgehe, sei zum einen rein tatsächlich nicht nachgewiesen und es fehle auch an einer betrieblichen Veranlassung durch das Treuhandverhältnis, weil dieses nichtig sei. Im Ergebnis seien deshalb die zugeflossenen Gelder demjenigen als Betriebseinnahmen zuzurechnen, auf dessen Konten sie eingegangen seien. Das seien die Konten der Klägerin.

Der Senat hat einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Beschluss vom 13.01.2004 im Verfahren 14 V 5117/03 A (G) abgelehnt. Auf die Gründe des Beschlusses wird verwiesen.

Eine von der Klägerin gegen die Lotteriesteuerfestsetzungen erhobene Klage hat da Finanzgericht Köln mit Urteil vom 16.11.2005 11 K 3095/04 abgewiesen. Gegen das Urteil ist ein Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen II R 4/06 anhängig.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist insoweit begründet, als die in den angefochtenen Gewerbesteuermessbescheiden 1998 und 1999 beim Gewerbeertrag zugrunde gelegten Gewinne um Betriebsausgaben in Höhe der Spieleinsatzanteile von 44, 8 % abzüglich der Abschläge für tatsächlich gespielte Lottoscheine zu mindern sind. Eine grundsätzliche Gewerbesteuerbefreiung der Klägerin besteht hingegen nicht.

I.

Soweit sich die Klägerin auf eine Gewerbesteuerbefreiung beruft, begehrt sie die ersatzlose Aufhebung der geänderten Gewerbesteuermessbescheide (vgl. zum Rechtsschutzinteresse bei einer Null-Festsetzung Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13.07.1994, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1995, 134).

Die Klägerin unterliegt nach § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) als gewerbliches Unternehmen i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Gewerbesteuer.

Die Voraussetzungen für eine Gewerbesteuerbefreiung der Klägerin nach § 13 der Gewerbesteuerdurchführungsverordnung (GewStDV) sind nicht erfüllt. Nach dem Wortlaut des § 13 GewStDV unterliegt die Tätigkeit der Einnehmer einer staatlichen Lotterie auch dann nicht der Gewerbesteuer, wenn sie im Rahmen eines Gewerbebetriebes ausgeübt wird. Einnehmer sind die Inhaber der Annahmestellen (Vertriebstellen), die die Lotteriegeschäfte mit den Kunden abschließen (vgl. Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 2 Rz. 896). Sie vermitteln die Lotterieverträge im unmittelbaren Verkehr mit den Teilnehmern (Lenski/Steinberg, a. a. O., § 3 Rz. 368). § 13 GewStDV steht im Zusammenhang mit § 3 Nr. 1 GewStG, wonach staatliche Lotterieunternehmen selbst von der Gewerbesteuer befreit sind. Voraussetzung für die Befreiungsvorschrift ist das Vorliegen einer staatlichen Lotterie. Eine Lotterie ist staatlich, wenn sie der Staat (d. h. ein Bundesland) selbst (als Regiebetrieb) oder in Form einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts betreibt (vgl. BFH-Urteil vom 24.10.1984 I R 158/81, BStBl II 1985, 223).

Die Klägerin ist bereits keine Einnehmerin i. S. des § 13 GewStDV. Denn die Tätigkeit der Klägerin hat nicht bloß ein Vermitteln von Lotterieverträgen zum Gegenstand. Unstreitig entwickelt die Klägerin Systemreihen, wirbt Spieler an, gründet im Auftrag der Spieler Spielgemeinschaften und ermittelt die auf die einzelnen Mitspieler nach der amtlichen Lottoziehung entfallenden Gewinne. Damit gehen die Leistungen der Klägerin weit über eine vermittelnde Tätigkeit hinaus, wobei der Senat die Frage, ob die Klägerin selbst als Veranstalterin einer Lotterie im Sinne des § 19 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) anzusehen ist, dahinstehen lassen kann.

Auch soweit tatsächlich im geringen Umfang ein Erwerb von Losen staatlicher Lotterien stattgefunden hat, kommt eine Steuerbefreiung nach § 13 GewStDV nicht in Betracht. Denn die Klägerin kann insoweit ebenfalls nicht als Einnehmerin angesehen werden, weil sie nicht lediglich die Geschäfte zwischen den Spielern und den staatlichen Lotteriegesellschaften vermittelt hat. Vielmehr hat auf ihre Weisung der Treuhänder im eigenen Namen Lotteriescheine bei den staatlichen Lotteriegesellschaften erworben (vgl. Ziff. 8 der Teilnahmebedingungen).

Die Klägerin betreibt auch keine von der Gewerbesteuer gemäß § 3 Nr. 1 GewStG befreite staatliche Lotterie.

Die Nichterfassung anderer als staatlicher Lotterien und weiterer Personen als den Einnehmern einer staatlicher Lotterie von der Gewerbesteuerfreistellung verstößt nach Auffassung des Senats nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch die Steuergesetze rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden. Der mit jeder Besteuerung verbundene Eingriff in die Vermögens- und Rechtssphäre des Steuerpflichtigen gewinnt seine Rechtfertigung aus der Gleichheit der Lastenzuteilung. Im Steuerrecht müssen daher steuerbegründende Vorschriften dem Prinzip einer möglichst gleichmäßigen Belastung der Steuerpflichtigen besonders Rechnung tragen (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 27.06.1991 2 BvR 1493/89, BStBl II 1991, 654). Steuerbefreiungen einzelner Steuerpflichtiger bedürfen der Rechtfertigung. Dies gilt insbesondere dann, wenn andere Steuerpflichtige hierdurch in ihrer Wettbewerbsgleichheit beeinträchtigt werden (vgl. BVerfG-Beschluss vom 26.10.1976 1 BvR 191/74, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - BVerfGE - 43, 58). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. Beschluss des BVerfG vom 04.12.2002 2 BvR 400/98, BVerfGE 107, 27, 45). Genaue Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall der allgemeine Gleichheitssatz verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (vgl. Beschlüsse des BVerfG vom 08.04.1987 2 BvR 909/82, BVerfGE 75, 108, 157 und vom 04.12.2002 2 BvR 400/98, 107, 27, 46 ständige Rechtsprechung). Grundsätzlich ist es Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Lebensverhältnisse er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz kommt vor allem in Betracht, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen den beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Der Gleichheitssatz ist nicht verletzt, solange z. B. finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder steuertechnische Erwägungen die verschiedenen Behandlungen motivieren (vgl. BFH-Urteil vom 27.08.1996 VII R 14/95, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 181, 243, unter Bezugnahme auf den BVerfG-Beschluss vom 06.12.1983 2 BvR 127/79, BVerfGE 65, 325, 357, m. w. N.). Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt erst dann vor, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (vgl. BverfG-Beschluss vom 05.10.1993 1 BvL 34/81, BVerfGE 89, 132, 141 f). Ein Art. 3 Abs. 1 GG genügender Vergleich darf sich nicht auf die Prüfung der unterschiedlichen Belastungen innerhalb eines Steuergesetzes beschränken. Gleichheitserheblich ist vielmehr der durch die Gesamtregelung hergestellte Belastungserfolg (vgl. BVerfG-Beschluss vom 10.04.1997 2 BvL 77/92, BStBl II 1997, 518).

Gemessen an diesen Grundsätzen sieht der Senat die vom Gesetzgeber getroffene Unterscheidung zwischen staatlichen Lotterien und den für sie tätigen Einnehmern gegenüber den Tätigkeiten der Klägerin als verfassungsrechtlich vertretbar an. Die gewerbesteuerliche Privilegierung staatlicher Lotterien findet ihre Rechtfertigung grundsätzlich darin, dass diese als Veranstalter einer inländischen öffentlichen Lotterie gemäß §§ 17, 19 RennwLottG eine Lotteriesteuer von 20 % des planmäßigen Preises (Nennwert) sämtlicher Lose schulden, im Gegenzug dafür aber von der Gewerbe- und der Körperschaftssteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftssteuergesetzes) und auch der Umsatzsteuer (§ 4 Nr. 9 b des Umsatzsteuergesetzes) befreit sind (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit einer Ungleichbehandlung bei der Gewerbesteuerpflicht zwischen privaten Spielgerätebetreibern und zugelassenen öffentlichen Spielbanken auf Grund eines Belastungsvergleichs BFH-Beschluss vom 29.03.2001 III B 80/00, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2001, 1294). Da die Klägerin nach dem Urteil des Finanzgerichts Köln vom 16.11.2005 11 K 3095/04, gegen das ein Revisionsverfahren anhängig ist, lotteriesteuerpflichtig ist, ist eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung - soweit eine Lotteriesteuerpflicht auch im Revisionsverfahren bestätigt würde - nicht schon im Hinblick auf einen steuerlichen Belastungsvergleich zu verneinen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die steuerliche Doppelbelastung nur dann eintreten kann, wenn unter Umgehung des staatlichen Glücksspielmonopols eine lotteriesteuerpflichtige Tätigkeit ohne öffentlich-rechtliche Genehmigung ausgeübt wird. Für diese Fälle ist eine Ungleichbehandlung im Hinblick auf das grundsätzlich zulässige staatliche Glückspielmonopol, soweit es in seiner Ausgestaltung dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung dient (vgl. Beschluss des BVerfG vom 28.03.2006 1 BvR 1054/01, Neue Juristische Wochenschrift 2006, 1261 in dem das BVerfG dem Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung der Ausgestaltung bis zum 31.12.2007 gesetzt hat), nach Auffassung des Senats mit dem Willkürverbot vereinbar.

II.

Die Spieleinsatzanteile in Höhe von 44,8 % des Gesamtentgelts der Mitspieler haben bei der Ermittlung des Gewerbeertrages nach § 7 GewStG in Verbindung mit den Vorschriften des EStG keine steuerliche Auswirkung auf den Gewinn.

Ob die Voraussetzungen für eine Behandlung der Spieleinsatzanteile als Treuhandgelder gegeben sind, kann letztlich dahinstehen, da jedenfalls eine Berechtigung der Klägerin zum Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 4 EStG mit der Folge einer Gewinnneutralität besteht (vgl. BFH-Urteil vom 04.12.1996 I R 99/94, BStBl II 1997, 404). Zweifel an einem steuerlich anzuerkennenden Treuhandverhältnis mit der Folge, dass das betreffende Wirtschaftsgut dem Treugeber zuzurechnen wäre (§§ 39 Abs. 2, 159 AO), ergeben sich im Hinblick auf die Voraussetzung einer Verpflichtung des Treuhänders, das Eigentum jederzeit zurück zu übertragen sowie der Möglichkeit des Treugebers, das Treuhandverhältnis derart zu beherrschen, dass das rechtliche Eigentum des Treuhänders sich als "leere Hülse" darstellt (vgl. BFH-Urteil vom 15.07.1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152 m. w. N.; Tipke/Kruse, AO/FGO, 16. Aufl., § 39 AO Tz 39). Denn der einzelne Mitspieler hat nach der Leistung seines Spielgeldes aufgrund der vertraglichen Regelungen keinen Anspruch auf Rückzahlung seines Spieleinsatzes. Dies würde auch dem Spielzweck widersprechen. Damit ist die für ein Treuhandverhältnis wesentliche Verpflichtung des Treuhänders zur jederzeitigen Rückgabe des Treuguts nicht erfüllt. Dem Verweis der Klägerin darauf, dass bei Lotteriespielen allgemein kein Rückzahlungsanspruch bzgl. des Spieleinsatzes bestehe, kommt für die Frage eines Treuhandverhältnisses keine Bedeutung zu.

Betriebsausgaben i. S. des § 4 Abs. 4 EStG sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Betrieblich veranlasst sind alle Aufwendungen, die in einem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 26. Aufl., § 4 Rz 481).

Wesentliche Grundlage für die Beurteilung der Spieleinsatzanteile als betrieblich veranlasste Aufwendungen ist die vertragliche Verpflichtung der Klägerin zur Abführung der Spieleinsatzanteile an den Treuhänder nach § 2 Nr. 2 a des Geschäftsbesorgungsvertrages. Die Klägerin hat die Zahlungen der Mitspieler in Höhe der Spieleinsatzanteile mit der Verpflichtung erhalten, sie an den Treuhänder zur Bildung des Treuhandvermögens zu Gunsten der Mitspieler weiterzuleiten. Demzufolge handelt es sich bei der Abführung der Spieleinsatzanteile um die Erfüllung einer betrieblich veranlassten Verpflichtung gegenüber den Mitspielern als Auftraggebern und damit um eine Betriebsausgabe i. S. des § 4 Abs. 4 EStG. Die Tatsache, dass der Treuhänder zugleich Komplementär der Klägerin ist, rechtfertigt demgegenüber keine andere Beurteilung. Für die Frage des Betriebsausgabenabzugs ist die zivilrechtlichen Wirksamkeit des vertraglichen Regelungskonzepts der Klägerin gemäß § 41 Abs. 1 AO ohne Bedeutung (vgl. auch Schmidt/Heinicke, a. a. O., § 4 Rz 492). Selbst eine zivilrechtliche Nichtigkeit stünde der Anerkennung von Betriebsausgaben nicht entgegen. Schließlich ist auch die Besteuerung beim Empfänger (hier des Treuhänders) für die steuerliche Behandlung beim Geber ohne Belang (vgl. Schmidt/Heinicke, a. a. O., § 4 Rz 477; Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar, § 4 EStG Anm. 846).

An den im Aussetzungsbeschluss vom 13.01.2004 (14 V 5117/03 A (G)) bezüglich einer betriebliche Veranlassung der Zahlungen an den Treuhänder geäußerten Bedenken hält der Senat nicht mehr fest. Eine betriebliche Veranlassung der Zahlungen an den Treuhänder scheidet auch dann nicht aus, wenn tatsächlich - wie dies wohl der Regelfall war - keine Lottoscheine auf Anweisung der Klägerin durch den Treuhänder erworben worden sind. Denn in diesen Fällen erhalten die Mitspieler in anderer Weise Ersatz, in dem die Klägerin nachvollzieht, ob nach den im Rahmen der Lotterieziehung gezogenen Zahlen Gewinne entstanden wären. Die sich ergebenden Gewinnansprüche werden aus dem Treuhandgeld erfüllt. Durch die ergänzenden Erläuterungen zum Spielsystem bzw. Spielablauf in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin Bedenken gegen eine nicht mit den vertraglichen Vereinbarungen übereinstimmende Zuordnung der Spieleinsatzanteile und damit der Gewinnchancen zugunsten der einzelnen Mitspieler/Spielgemeinschaften auszuräumen vermocht. Aufgrund der an den Mitspieler übermittelten Informationen zur Spielgemeinschaft, Teilnahmequote und zu den Spielscheinnummern ist sichergestellt, dass der einzelne Spieler bei der Ziehung der amtlichen Gewinnzahlen selbst nachvollziehen kann, ob für seine Spielgemeinschaft ein Gewinn und gegebenenfalls mit welcher Quote angefallen ist. Eine entsprechende vertragliche Verpflichtung der Klägerin ergibt sich aus Ziff. 1 der Teilnahmebedingungen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin lediglich vorgetäuscht hätte, das amtliche Lottosystem nachzubilden und stattdessen in willkürlicher, einen bestimmten Plan entbehrender Weise "Gewinnanteile" den Spielern ausgezahlt hat, liegen nicht vor.

Der Senat hat auch keine Zweifel an einer tatsächlichen Weiterleitung der Spieleinsätze in Höhe von 44,8 % des Gesamtentgelts durch die Klägerin an den Treuhänder. Dies gilt auch für die Fälle, in denen auf Anweisung der Klägerin der Treuhänder keine Lottoscheine erworben hat. Denn der Fahndungsprüfer hat in der ergänzenden Stellungnahme vom 31.10.2003 (Bl. 197 der FG-Akte in Verfahren 14 V 5117/03 A (G)) einen tatsächlichen Abfluss der Spieleinsatzanteile von 44,8 % nicht in Frage gestellt. Für die Frage der tatsächlichen Weiterleitung ist auch ohne Belang, ob auf den von der Klägerin angegebenen Treuhandkonten auch noch andere - nicht mit der Treuhandgeldern im Zusammenhang stehende - Kontobewegungen stattgefunden haben. Schließlich steht auch der Einwand des Beklagten, die Höhe der auf dem Treuhandkonto ausgewiesen Gelder sei zu gering, der Annahme eines Abflusses nicht entgegen. Denn es ist zu berücksichtigen, dass die Treugelder auch zur Erfüllung der Ansprüche der Mitspieler als Treugeber gedient haben. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und dem Treuhänder lediglich um ein Scheingeschäft (§ 41 Abs. 2 AO) gehandelt hat, sind nicht ersichtlich.

Der danach in Höhe der Spieleinsätze von 44,8 % des Gesamtentgelts zu gewährende Betriebsausgabenabzug ist um die von der Steufa in die Berechnung nach Tz. 17 ihres Berichts vom 20.11.2002 in Verbindung mit dem Vermerk vom 19.02.2002 eingestellten Abschläge für tatsächlich gespielte Lottoscheine von 644.559 DM (= 329.557,78 Euro) für 1998 und 644.559 (= 329.557,78 Euro) für 1999 zu kürzen, da in Höhe dieser Beträge ansonsten eine doppelte gewinnmindernde Berücksichtigung stattfinden würde.

III.

Gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wird die Neuberechnung des Gewerbesteuermessbetrages dem Beklagten übertragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Obwohl sich der Antrag der Klägerin auf ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide auf Grund der ursprünglichen Null-Festsetzungen streitwertmäßig nicht auswirkt, sieht der Senat es als gerechtfertigt an, der Klägerin im Hinblick auf ihr Unterliegen bzgl. der Frage einer Gewerbesteuerfreistellung 25 % der Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) der Frage einer Gewerbesteuerfreistellung zuzulassen.



Ende der Entscheidung

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