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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.08.2007
Aktenzeichen: 17 K 2330/06 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 S. 1
EStG § 9 Abs. 1 S. 2
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1
EStG § 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

17 K 2330/06 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Zinsen für ein zur Finanzierung von (Kapital)Lebensversicherungsbeiträgen aufgenommenes Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind.

Der Kläger nahm im Zusammenhang mit dem Kauf verschiedener Immobilien Darlehen auf, deren Rückzahlung durch gleichzeitig abgeschlossene Lebensversicherungen mit einer Mindestlaufzeit von zwölf Jahren erfolgen sollte. Die Rechte und Ansprüche aus den Lebensversicherungen wurden an die finanzierenden Kreditinstitute abgetreten.

Die Versicherungsprämien der Lebensversicherungen finanzierte der Kläger seinerseits mittels verzinslicher Darlehen der X (Kläger) ....gmbH -GmbH-.

Durch die Finanzierung der Lebensversicherungsbeiträge entstanden folgende Aufwendungen:

 199249.382 DM
199373.177 DM
199419.824 DM
199525.281 DM
19969.948 DM
19974.066 DM

Der Beklagte (das Finanzamt FA ) erließ im Anschluss an eine Betriebsprüfung geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, in denen u.a. die Finanzierungskosten der Lebensversicherungsbeiträge nicht mehr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Ansatz gebracht wurden.

Mit den Einsprüchen machte der Kläger geltend, bei den strittigen Aufwendungen handele es sich um Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Der Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einkünften sei darin zu sehen, dass die Finanzierung auf Lebensversicherungsbasis für die verschiedenen Immobilien im Rahmen einer Finanzierung über die GmbH erfolgt sei, wofür Zinsen angefallen seien. Diese Zinsen seien im Rahmen des Abschlusses der Kaufverträge für die Immobilien entstanden, da mit dem Erwerb gleichzeitig die Finanzierung über Lebensversicherungen erfolgt sei. Die Lebensversicherungsverträge seien zeitgleich mit den Darlehensverträgen abgeschlossen worden. Bestandteil der Darlehensverträge sei jeweils eine Abtretungserklärung der entsprechenden Ansprüche aus den Lebensversicherungen. Nach § 368 Bürgerliches Gesetzbuch übernehme dadurch der Abtretungsempfänger die volle rechtliche Gläubigerstellung des Abtretenden. Folglich habe er keine rechtliche Möglichkeit gehabt, die Ansprüche aus der Lebensversicherung in anderer Weise geltend zu machen, als damit die Finanzierungsdarlehen abzulösen. Die Finanzierung sei ausschließlich zu dem Zweck erfolgt, Immobilien zu erwerben, mit denen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden sollten.

Das FA wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 4. Mai 2006 als unbegründet zurück. Es führte aus, die im Zusammenhang mit der Finanzierung der Lebensversicherungsprämien stehenden Zinsen seien zu Recht nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt worden. Schuldzinsen stellten Werbungskosten dar, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stünden ( § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz EStG ). Hieran fehle es im Streitfall, denn die Schuldzinsen stünden nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Finanzierung des Erwerbs der Immobilien. Sie seien vielmehr durch den Abschluss von Lebensversicherungsverträgen verursacht, da der Kläger die Prämien hierfür mittels eines ihm von seiner GmbH gewährten verzinslichen Kredits finanziert habe. Mit den Versicherungssummen sollten wiederum bei Fälligkeit der Lebensversicherungen die Refinanzierungskredite für den Erwerb der Immobilien getilgt werden. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs BFH vom 10. Dezember 1971 (Bundessteuerblatt BStBl II 1972, 250) bildeten aber Beträge, die zur Schuldentilgung verwendet würden, keine als Werbungskosten abziehbaren Finanzierungsaufwendungen. Dies müsse auch hinsichtlich der Aufwendungen für deren Finanzierung gelten. Die Schuldzinsen seien ferner nicht im Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten abzugsfähig, da die aus den Lebensversicherungen erzielten außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG nicht der Einkommensbesteuerung unterlägen.

Der Kläger hält im Klageverfahren an der Auffassung fest, die Schuldzinsen aus den Gesellschaftsdarlehen stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb der Immobilien und seien daher nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG als Werbungskosten abziehbar. Ein solcher Zusammenhang sei gegeben, wenn die Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet würden, die durch Einkünfteerzielung veranlasst sei. Diese Voraussetzung sei erfüllt, soweit das Darlehen zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet worden sei. Er habe die Gesellschaftsdarlehen allein deshalb aufgenommen, um die Prämien für die Lebensversicherungsverträge, die im Zusammenhang mit der Finanzierung der Grundstücke abgeschlossen worden seien, entrichten zu können. Bei den diesbezüglichen Schuldzinsen handele es sich nicht um Tilgungsleistungen, die zu einem Ausschluss des Abzugs als Werbungskosten führten. Wegen der Finanzierung der Lebensversicherungsprämien durch Gesellschaftsdarlehen seien bei der gebotenen Gesamtbetrachtung keine Schulden getilgt worden. Soweit die Darlehen gedanklich durch die wachsenden Ansparsummen der Lebensversicherungen getilgt würden, stünden dieser Tilgung in gleicher Höhe wiederum die Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft aus den Gesellschaftsdarlehen gegenüber. Die Finanzierung der Immobilien durch die Lebensversicherungen und die Refinanzierung durch die Gesellschaftsdarlehen stünden in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang. Die Aufnahme der Gesellschaftsdarlehen zur Tilgung der Lebensversicherungsprämien stelle nichts anderes als eine Umschuldung bestehender Darlehen dar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 2. Juni 2006 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1992 - 1997 dahingehend abzuändern, dass Aufwendungen von 49.382 DM (1992), 73.177 DM (1993), 19.824 DM (1994), 25.281 DM (1995), 9.948 DM (1996) und 4.066 DM (1997) als weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung weist das FA darauf hin, dass die Lebensversicherungsbeiträge dem Aufbau von Vermögen dienten, mit dem die zur Finanzierung der Immobilien aufgenommenen Hypothekendarlehen getilgt werden sollten. Die Schuldzinsen stellten damit - im Gegensatz zur klassischen Darlehensfinanzierung - kein Entgelt für bereits überlassenes Kapital dar. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH seien aber Zahlungen, die im Zusammenhang mit der Vermögensbildung stehen, nicht als Erwerbsaufwendungen abzugsfähig. Ein Werbungskostenabzug scheitere zudem daran, dass eine Lebensversicherung auch das private Todesfallsrisiko abdecke. Damit fielen die Aufwendungen mangels eines geeigneten Aufteilungsmaßstabes unter das Abzugsverbot des § 12 EStG. Der in der Literatur vertretenen Gegenmeinung (Schmidt/Drenseck, EStG, 26. Aufl., § 12 Anm. 25, Stichwort: Versicherungsbeiträge; Reuter, Neue Wirtschafts-Briefe Fach 3, S. 10697 ff) könne sich das FA daher nicht anschließen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 12.03.2007 verwiesen.

Das Gericht hat die Steuerakten des FA zum Verfahren beigezogen.

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Die Zinsaufwendungen sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen; sie sind bei der Einkunftsart abziehbar, bei der sie erwachsen sind ( § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG). Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG gehören auch Schuldzinsen zu den Werbungskosten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Der wirtschaftliche Zusammenhang mit einer Einkunftsart i. S. eines Veranlassungszusammenhangs ist dann gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung der Tätigkeit gemacht werden. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach dem Zweck der Schuldaufnahme. Es wird mit der erstmaligen Verwendung der Darlehensvaluta die Darlehensverbindlichkeit einem bestimmten Zweck unterstellt. Hierbei ist eine eindeutige und praktikable Zuordnung nur möglich, wenn für die Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs objektive Umstände maßgebend sind. Ansonsten wäre es ohne weiteres möglich, Darlehen trotz eines objektiv gegebenen Zusammenhangs subjektiv abweichend zuzuordnen und die Zinsen in ein einkommensteuerrechtlich relevanten Bereich zu verlagern. Für die Beurteilung einer Darlehensverbindlichkeit und den damit verbundenen Schuldzinsenabzug ist grundsätzlich die tatsächliche Mittelverwendung entscheidend. Nur die Beobachtung des Mittelflusses erlaubt eine sichere und verlässliche Abgrenzung.

Demgegenüber fallen private Schuldzinsen für Lebenshaltungskosten unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG. Ob private Schuldzinsen oder Schuldzinsen als Werbungskosten gegeben sind, richtet sich nach dem Zweck der zu Grunde liegenden Darlehensgewährung (vgl. von Bornhaupt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum EStG, § 9 Rdnr. C 95 m.w.N.). Ist eine Verbindlichkeit gleichermaßen durch Einkünfteerzielung und durch private Zwecke veranlasst, greift das Abzugsverbot ebenfalls ( § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze stehen die Zinsen nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Versicherungsbeiträge (Prämien), die für eine reine Risikolebensversicherung oder - wie im Streitfall - für eine Kapitallebensversicherung gezahlt werden, sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH, auf die zur weiteren Begründung verwiesen wird, regelmäßig wegen des privaten Charakters des versicherten Risikos (Daseinsvorsorge) nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten, hier bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteile vom 7. August 1990 IX R 139/86, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen den BFH 1991, 94 m.w.N.; vom 10. April 1990 VIII R 63/88, BStBl II 1990, 1017; vom 21. Mai 1987 IV R 80/85, BStBl II 1987, 710).

Nichts anderes gilt für die Zinsen der zur Finanzierung der Prämien aufgenommenen Darlehen.

Zinsen für ein Darlehen, dass lediglich dazu dient, die Prämien für eine Lebensversicherung zu zahlen, stellen aus dem gleichen Grund wie die Prämien als solche nicht abziehbare Kosten der Lebensführung gemäß § 12 Nr. 1 EStG dar (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 8. November 1990 IV R 127/86, BStBl II 1991, 505; Schmidt/Drenseck, § 12 EStG Anm. 25, Stichwort: Versicherungsbeiträge m.w.N.).

Eine andere Beurteilung ist im Streitfall nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Aufwendungen im Hinblick darauf, dass die Lebensversicherungen auch der Sicherung und Tilgung von Anschaffungskrediten für Immobilien dienten, mittelbar im Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung standen.

Der Senat vermag der in der Literatur vertretenen Auffassung, dass in derartigen Fällen Zinsen für einen weiteren Kredit, der der Bezahlung von Versicherungsprämien dient, als Werbungskosten abgezogen werden können (Schmidt/Drenseck, § 12 EStG Anm. 25, Stichwort: Versicherungsbeiträge; Reuter, Neue Wirtschafts-Briefe Fach 3, S. 10697 ff), nicht zu folgen.

Die insoweit angeführte Begründung, dass in diesen Fällen - auch wenn die Steuerfreiheit der Versicherung bestehen bleibt - der "wirtschaftliche Zusammenhang zu den Einkünften aus dem eigentlichen Objekt (z. B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung)" durchschlage, überzeugt nicht. Sie verkennt die Tatsache, dass sich die Zinsaufwendungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nach ihrem maßgeblichen wirtschaftlichen Gehalt (vgl. Schmidt/Drenseck, § 9 EStG Anm. 81) nicht als Zahlung einer Vergütung für die Überlassung von Kapital zur Finanzierung von Anschaffungskosten von für Vermietungszwecke genutzten Immobilien darstellen. Die zur Finanzierung der Versicherungsprämien aufgewendeten Schuldzinsen dienten vielmehr unmittelbar zur Erzielung steuerfreier Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG und sind damit nach § 3 c Abs. 1 EStG vom Abzug als Werbungskosten ausgenommen; sie fallen - anders als die Beiträge selbst - auch nicht unter § 10 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 2000 VIII R 35/99, BStBl II 2001, 698 m.w.N.). Hinzu kommt, dass die Schuldzinsen auch der Absicherung des Todesfallrisikos dienen und insoweit i.S. von § 12 Nr. 1 EStG gemischt veranlasst sind. Die Schuldzinsen wurden durch die rechtsgeschäftliche Verknüpfung der Kapitallebensversicherungen mit der Darlehensgewährung und die Absicht, die steuerfreien Versicherungsleistungen zur Tilgung von Immobiliendarlehen zu verwenden, nicht zu Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung. Allein die Verknüpfung mit der Darlehensgewährung ändert nichts an der Veranlassung der Aufwendungen. Die Tilgung der Immobiliendarlehen mit den Leistungen aus den Lebensversicherungsverträgen stellt sich als steuerlich unbeachtliche bloße Einkommensverwendung dar (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, § 20 EStG Anm. 214).

Im Übrigen würde es zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führen, wenn die Abziehbarkeit von Schuldzinsen für die Finanzierung von Beiträgen zu einer nicht von § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG erfassten Lebensversicherung davon abhinge, ob die Banken den Abschluss der Lebensversicherung - im Streitfall im Zusammenhang mit der Gewährung von Anschaffungskrediten für Immobilien - verlangt haben oder nicht (vgl. BFH in BStBl II 2001, 698 unter 4. der Gründe).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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