Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.07.2004
Aktenzeichen: 4 K 5726/01 Erb
Rechtsgebiete: ErbStG, AO, EGAO


Vorschriften:

AO § 47
AO § 169
AO § 170
EGAO Art. 97 § 10 Abs. 5
ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Schenkungsteuer durch den Beklagten im Zusammenhang mit einem Verkauf von Aktien der Firma B-AG vom 4. April 1991.

Bei der B-AG handelt es sich um eine reine Holdinggesellschaft, die an Gesellschaften aus der Modebranche beteiligt ist und deren Aktien nicht börsennotiert sind. Das Grundkapital der im Mai 1988 gegründeten Gesellschaft betrug bei Gründung 1.925.000 DM; hierzu wurden Aktien zu einem Preis von 55 DM je Aktie (= 110 % des Nennwerts von 50 DM) ausgegeben. Auf Grund von Beschlüssen der Hauptversammlung der Gesellschaft vom 14. Juli 1988, 6. Oktober 1988 sowie 6. Dezember 1989 beschlossen die Aktionäre Kapitalerhöhungen.

Mit Vertrag vom 22. November 1989 erwarb die Klägerin 9.299 Aktien der B-AG von ihrem Vater zu einem Preis von 55 DM je Aktie. Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss die Klägerin mit ihrem Vater noch am selben Tag einen Darlehensvertrag über 511.445 DM zu einem Zinssatz von 7 % p. a. ab.

Durch Beschluss vom 16. Juli 1990 gab die B-AG im Rahmen einer weiteren Kapitalerhöhung in Höhe von 800.000 DM Aktien zu einem Preis von 55 DM je Aktie aus. Am 4. April 1991 veräußerte die Klägerin ihr gesamtes Aktienpaket an die C-GmbH, deren Geschäftsführer der Vater der Klägerin ist, zu einem Preis von 250 DM je Aktie (= 500 % des Nennwerts).

Von den beiden Verkäufen aus Dezember 1989 und April 1991 erfuhr der Beklagte (Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerstelle) auf Grund eines Schreibens des Finanzamts O am 4. April 1995.

Der Beklagte ermittelte in schenkungsteuerlicher Hinsicht zunächst wegen des Aktienverkaufs vom 22. Dezember 1989, weil der Kaufpreis von 55 DM je Aktie seiner Ansicht nach erheblich zu niedrig angesetzt worden sei. Mit Schreiben vom 17. Juli 1995 forderte er die Klägerin wegen des Aktienkaufs vom 22. Dezember 1989 zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. Hinsichtlich des Verkaufs vom 4. April 1991 wies der Beklagte darauf hin, dass insofern ebenfalls eine Schenkungsteuererklärung erforderlich sein könnte für den Fall, dass der im Vertrag vereinbarte Kaufpreis höher sei als bei einem etwaigen Verkauf an einen fremden Dritten. Mit Schreiben vom 23. Oktober 1995 teilte die Klägerin mit, dass sich der Kursanstieg mit den überproportional gesteigerten Ertragsaussichten der B-AG erklären lasse.

Der Beklagte setzte mit Schenkungsteuerbescheid vom 27. März 1996 zunächst Schenkungsteuer gegen die Klägerin wegen des Aktienkaufs vom 22. Dezember 1989 in Höhe von 34.740 DM fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Auf Hinweis des erkennenden Senats hob der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 31. Oktober 2001 im sich anschließenden Klageverfahren 4 K 7370/97 Erb den Schenkungsteuerbescheid auf und die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Bereits mit Schreiben vom 16. November 2000 hatte der Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass die abschließende Beurteilung des Aktienverkaufs vom 4. April 1991 noch ausstehe. Sie (die Klägerin) werde daher gebeten, für diesen Verkauf nunmehr eine Schenkungsteuererklärung abzugeben. Hierfür werde eine Frist bis zum 15. Dezember 2000 gesetzt. Sollte bis zu diesem Termin keine Steuererklärung eingehen, würden die Besteuerungsgrundlagen geschätzt.

Nachdem die Klägerin zunächst Fristverlängerung beantragt hatte, teilte sie mit Schreiben vom 16. Januar 2001 mit, dass der Verkauf der Aktien im Jahre 1991 bereits festsetzungsverjährt sei. Es sei auch nicht klar, weshalb eine Veräußerung an die C-GmbH eine Schenkung begründen könne. Bereits am 14. Mai 1991 seien Aktien an Herrn D zu einem vergleichbaren Preis veräußert worden.

Daraufhin teilte der Beklagte mit Schreiben 21. Februar 2001 mit, dass die Abgabe einer Schenkungsteuererklärung im vorliegenden Fall erforderlich sei, weil vermutlich eine gemischte Schenkung vorliege. Denn Leistung und Gegenleistung beim Verkauf der Aktien an die C-GmbH stünden sich nicht gleichwertig gegenüber. Während der Kaufpreis für die 9.299 Aktien 2.324.750 DM betrage - dies entspreche 250 DM je 50 DM-Aktien bzw. 500 % des Nennwerts -, habe der gemeine Wert der Aktien zum Übertragungsstichtag in Anlehnung an weitere Aktienverkäufe lediglich 430 % des Nennwerts betragen, was der Beklagte im Folgenden weiter ausführte. Hinsichtlich der Frage der Festsetzungsverjährung sei darauf hinzuweisen, dass die vierjährige Verjährungsfrist wegen der Aufforderung zur Abgabe der Schenkungsteuererklärung erst am 31. Dezember 2002 geendet habe.

Mit Schenkungsteuerbescheid vom 23. April 2001 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) setzte der Beklagte gegen die Klägerin 116.064 DM Schenkungsteuer fest. Dabei ging er von einem Wert des Erwerbs in Höhe von 325.465 DM und einem Freibetrag zu Gunsten der Klägerin in Höhe von 3.000 DM aus. Zur Begründung führte er an, dass die Besteuerungsgrundlagen im vorliegenden Fall geschätzt worden seien, weil die Klägerin trotz Aufforderung keine Schenkungsteuererklärung eingereicht habe. Im vorliegenden Fall liege eine Schenkung vor. Denn nach seinen Feststellungen seien weitere 23.585 Aktien (2 Verkäufe von 16.385 bzw. 7.200 Aktien) zum Preis von zusammen 5.077.000 DM (= 215 DM je Aktie = 430 % des Nennwerts) veräußert worden. Dementsprechend liege in der Differenz in Höhe von 35 DM über dem Nennwert der Aktie (215 DM) eine Schenkung, weil insgesamt ein um 325.465 DM überhöhter Kaufpreis bezahlt worden sei (35 DM x 9.299 Aktien). Um diesen Betrag sei die Klägerin auch bereichert worden. Da der C-GmbH angesichts der Erwerbe weiterer 23.585 Aktien zu einem durchschnittlichen Wert von 215 DM der Wertunterschied bekannt gewesen sei, würden auch die subjektiven Voraussetzungen für eine freigebige Zuwendung vorliegen. Der nachgewiesene Aktienverkauf von Herrn D an die C-GmbH könne nicht als Bewertungsmaßstab zu Grunde gelegt werden, weil einerseits weitere Aktienverkäufe zu anderen Konditionen stattgefunden hätten und weil andererseits die Ableitung des gemeinen Werts aus nur einem Verkauf eines Zwerganteils ausgeschlossen sei. Im Übrigen sei die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen. Gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO beginne die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 1995 zu laufen. Durch die Aufforderung zur Abgabe der Schenkungsteuererklärung vom 17. Juli 1995 sei eine dreijährige Anlaufhemmung eingetreten (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO), so dass die reguläre vierjährige Verjährungsfrist vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2002 andauere und noch nicht abgelaufen sei.

Den hiergegen eingelegten Einspruch der Klägerin wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 12. September 2001 zurück.

Mit ihrer am 9. Oktober 2001 erhobenen Klage trägt der Klägerin zunächst zur Frage der Verjährung der Steuerschuld ergänzend vor: Durch die Aufforderung des Beklagten vom 17. Juli 1995, eine Schenkungsteuererklärung abzugeben (§ 31 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG)), würde die vierjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres beginnen, in dem die Steuererklärung eingereicht werde, spätestens jedoch nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Halbsatz AO mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, welches auf das Kalenderjahr der Steuerentstehung folge. Dies sei das Jahr 1994. Abweichend hiervon beginne für die Schenkungsteuer die Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt habe. Dies sei unstreitig spätestens das Jahr 1995. Die vierjährige Festsetzungsfrist beginne somit mit Ablauf des Jahres 1995 und ende am 31. Dezember 1999, so dass der streitige Schenkungsteuerbescheid nach Ablauf der Festsetzungsfrist bekannt gegeben worden sei. Der Beklagte übersehe bei seiner Argumentation Wortlaut und Systematik des Gesetzes. Zum einen beginne die Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Halbsatz AO nach dieser Vorschrift spätestens mit Ablauf des dritten auf die Steuerentstehung folgenden Kalenderjahres. Eine Anlaufhemmung bis zum Jahre 1999 (!) könne hieraus auf keinen Fall hergeleitet werden. Der weiteren Argumentation des Beklagten, wonach die Begrenzung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Halbsatz AO im vorliegenden Falle nicht gelte, da die Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO schon später beginne, könne nicht gefolgt werden. Denn die Vorschrift begrenze die Anlaufhemmung auf drei Jahre nach Ablauf der Steuerentstehung und nicht etwa auf drei Jahre nach Abgabe einer Aufforderung zur Schenkungsteuererklärung. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seinem Urteil vom 18. Oktober 2000 - II R 50/98 - lediglich klargestellt, dass die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO auch dann eingreife, wenn zwar nach Ablauf des Dreijahrezeitraums, aber noch innerhalb der regulären vierjährigen Festsetzungsfrist die Aufforderung zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung erfolge. Ausdrücklich habe der BFH in dieser Entscheidung jedoch darauf hingewiesen, dass dies die Begrenzung der Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Halbsatz AO auf drei Jahre nach der Steuerentstehung unberührt lasse. Der Ablauf der Festsetzungsfrist, so der BFH in der zitierten Entscheidung, ende - vorbehaltlich anderweitiger An- oder Ablaufhemmungen - spätestens nach sieben Jahren. Eine "anderweitige Anlaufhemmung" im Sinne dieser Entscheidung ergebe sich vorliegend aus § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO. Dementsprechend ende die Festsetzungsfrist im vorliegenden Falle auch nicht nach sieben, sondern nach acht Jahren. Auch habe die Formulierung zu Beginn des § 170 Abs. 5 AO den Zweck sicherzustellen, dass im Verhältnis zum Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 oder Abs. 2 AO jeweils der spätere Fristbeginn maßgebend sei. Damit solle vermieden werden, dass Ansprüche verjähren, bevor sie der Finanzverwaltung überhaupt bekannt würden (Hinweis auf Literatur). In diesem Sinne habe auch das Finanzgericht (FG) Köln in seinem Urteil vom 23. März 1998 - 9 K 5355/96 - entschieden, in dem es bezüglich der Frage der Verjährung zunächst den Regelfall des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO geprüft habe und sich anschließend gefragt habe, ob sich aus der Sonderbestimmung des § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO etwas anderes ergebe. Daraus folge aber, dass durch Abs. 5 Nr. 2 für die Schenkungsteuer ein weiterer Fristbeginn begründet werde, welcher maßgebend sei, wenn dieser über § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO hinausgehe. Dieses Verständnis werde auch im Schrifttum geteilt. Daraus folge: Da sie ihre Steuererklärung nicht abgegeben habe, beginne die vierjährige Frist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO erst Ende 1995 und ende damit mit Ablauf des Jahres 1998. Da der Beklagte aber erst im Jahre 1995 von der Schenkung Kenntnis erlangt habe, gelte im vorliegenden Fall § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO mit der weiteren Folge, dass die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 1995 beginne und nach vier Jahren mit Ablauf des Jahres 1999 ende. Der Beklagte könne auch nicht mit einem anderen Zweck der Vorschrift argumentieren, da schon der Wortlaut der Bestimmung eindeutig sei. Auch der Argumentation des Beklagten, dass der pflichtbewusste Steuerpflichtige einer siebenjährigen Festsetzungsfrist unterliege, während sie bei der Nichtbefolgung der Anzeigepflicht nur vier Jahre betrage, könne nicht gefolgt werden. Denn nach der vorliegenden Berechnung komme es zu einer Festsetzungsfrist von sogar acht Jahren. Ein Vorteil gegenüber dem pflichtbewussten Steuerpflichtigen sei daher in keiner Weise geben, zumal dieser durch Einreichen der Steuererklärung die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO eigenständig zu seinen Gunsten verkürzen könne. Ihre Auffassung werde auch durch die aktuelle Entscheidung des BFH, Urteil vom 5. Februar 2003 - II R 22/01 - bestätigt. Das Gericht habe darin ausdrücklich ausgeführt, dass § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO die Begrenzung der Anlaufhemmung auf höchstens drei Jahre gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO außer Kraft setze. Hieraus folge, dass der Regelungszweck von Abs. 5 Nr. 2 darin liege, die dreijährige Anlaufhemmung nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 aufzuheben und nicht wie der Beklagte meine, den Entstehungszeitpunkt der Steuer im Rahmen von § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zu ersetzen. Dementsprechend wende der BFH die Vorschrift in den Fällen an, wo sich aus § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO ein späterer Fristbeginn als nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ergebe. Eine zusätzliche, kumulative Fristhemmung von drei Jahren gemäß Abs. 2 Nr. 1 AO nehme der BFH gerade nicht an. Dies entspreche ihrer Auffassung, wonach Abs. 5 Nr. 2 lediglich eine Art Alternativvorschrift bezüglich des Fristbeginns darstelle und nicht in die Vorschrift des Abs. 2 Nr. 1 AO hineingelesen werden könne.

Darüber hinaus sei der Schenkungsteuerbescheid aber auch aus materiellen Gesichtspunkten fehlerhaft, was von der Klägerin im Einzelnen ausgeführt wird.

Die Klägerin beantragt,

den Schenkungsteuerbescheid des Beklagten vom 23. April 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. September 2001 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung trägt sie vor: Der Steueranspruch sei noch nicht durch Ablauf der Verjährungsfrist erloschen. Der Zeitpunkt, zu dem der Steueranspruch durch Verwirklichung des steuerpflichtigen Tatbestands entstanden sei, werde für Zwecke der Bestimmung der Festsetzungsfrist vollständig durch den in § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO bestimmten Zeitpunkt ersetzt. Die Anlaufhemmung korrigiere als notwendig erachteter Ausnahmetatbestand den im Übrigen (ohne den Hemmungstatbestand) eingetretenen Fristbeginn. Wenn allerdings noch nicht einmal die reguläre Festsetzungsfrist zu laufen begonnen habe, weil es an der notwendigen Kenntnis der Finanzbehörde vom Steuertatbestand fehle, dann könne schon allein nach logischem Verständnis nicht die Frist von drei Jahren beginnen, die die äußerste Dauer der Hemmung bestimme. Die Anlaufhemmung könne nämlich rechtssystematisch nicht als eigenständige Frist, die unabhängig von der regulären Festsetzungsfrist beginne und auch unabhängig von ihr ablaufe, angesehen werden, sondern sie sei mit der Festsetzungsfrist stets so verbunden, dass letztere unmittelbar nach Beendigung der Hemmung zu laufen beginne. Wenn im Extremfall das Vorliegen einer lebzeitigen Zuwendung erst nach Jahrzehnten durch die wahrheitsgemäße Beantwortung der Frage nach Vorerwerben in der Erbschaftsteuererklärung bekannt werde, könne sich nach Auffassung der Klägerin die Frage einer Anlaufhemmung im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Abgabe der Schenkungsteuererklärung und dem Zeitpunkt ihres Eingangs beim Finanzamt überhaupt nicht mehr stellen, weil seit dem Steuerentstehungszeitpunkt offenkundig mehr als drei Jahre vergangen seien. Es sei auch nicht ansatzweise ein überzeugender Gesichtspunkt dafür zu erkennen, weshalb in einem derartigen Falle unabhängig vom Zeitpunkt der Abgabe der angeforderten Schenkungsteuererklärung das Steuerfestsetzungsverfahren jetzt nach vier Jahren abgeschlossen sein müsste, während hierfür im "Normalfall" bis zu sieben Jahre zur Verfügung stehen würden. Eine derartig unterschiedliche Regelung in Bezug auf die Hemmung könne deshalb mit dem Sinn und Zweck der Regelung erkennbar nicht im Einklang stehen. § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO beziehe sich erkennbar auch auf die Frist nach § 170 Abs. 2 AO. Die "vorbehaltlich anderweitige Anlaufhemmung" im Sinne des Urteils des BFH vom 18. Oktober 2000 (AO) ergebe sich gerade aus § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO, wonach auf die Kenntnis der Finanzbehörde abgestellt werde. Bei der Fristberechnung der Klägerin bleibe nach wie vor völlig unberücksichtigt, dass die Erklärungspflicht, die die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO auslöse, erst durch die Aufforderung des Finanzamts zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung begründet werde und dass diese Aufforderung schlechterdings erst nach Beginn der Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO erfolgen könne. In diesem Punkt unterscheide sich der Fall der Klägerin auch von dem dem Urteil des Finanzgerichts Köln vom 23. März 1998 (a.a.O.) zu Grunde liegenden Sachverhalt. An der von ihr vertretenen Auffassung ändere auch nichts das Urteil des BFH vom 5. Februar 2003 (a.a.O.). Wenn nämlich die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO generell die Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ausschlösse, was aus der Entscheidung allenfalls auf den ersten Blick herausgelesen werden könne, beinhalte dies eine grundliegende Abkehr von den Entscheidungen des BFH vom 18. Oktober 2000 und 6. Dezember 2000 (a.a.O.). In diesen Urteilen habe der BFH dargelegt, dass das Gesetz für die Aufforderung zur Erklärungsabgabe als das die Erklärungspflicht konkretisierende und damit den Fristbeginn der Festsetzungsfrist beeinflussende Ereignis keine zeitliche Grenze enthalte und dass die Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO in Gang gesetzt werde, wenn die Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung noch innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist, die daher gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO erst mit Ablauf des Jahres 1995 beginne, erfolge. Der Senat habe in seiner letzten Entscheidung aber nicht zum Ausdruck gebracht, dass er an den vorgenannten Urteilen nicht mehr länger festhalten wolle. Dem angeführten Urteil vom 5. Februar 2003 (a.a.O.) könne deshalb ausschließlich entnommen werden, dass die Regelung in Abs. 5 Nr. 2 nur insoweit an die Stelle der Anlaufhemmung nach Abs. 2 Nr. 1 trete, als diese durch eine bestehende Anzeigepflicht - nicht aber als Folge einer Steuererklärungspflicht - begründet worden sei. Die beiden in § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO genannten Fälle, nämlich der Anzeigepflicht einerseits und der Steuererklärungs- bzw. Steueranmeldungspflicht andererseits, seien im Verhältnis zu der Regelung in § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO daher nicht einheitlich zu sehen.

Die Festsetzung der Schenkungsteuer sei aber auch in materieller Hinsicht zutreffend, wozu der Beklagte im Einzelnen weiter vorträgt.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Schenkungsteuerbescheid des Beklagten vom 23. April 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. September 2001 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)).

Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen einer freigebigen Zuwendung im Sinne von §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG überhaupt vorliegen. Denn die Festsetzung von Schenkungsteuer gegen die Klägerin ist jedenfalls wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist unzulässig (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO); die Schenkungsteuer ist durch Verjährung erloschen (§ 47 AO).

Die Festsetzungsfrist von vier Jahren (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) begann im vorliegenden Fall allerdings nicht bereits nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des 31. Dezember 1991, dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), zu laufen.

Gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (StMBG) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I, 2310) beginnt die Festsetzungsfrist dann, wenn eine Steuererklärung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erklärung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten auf die Steuerentstehung folgenden Kalenderjahres. Im vorliegenden Fall ist bereits diese Fassung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO anzuwenden, weil sie nach Art. 97 § 10 Abs. 5 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO) für alle bei Inkrafttreten des StMBG (1. Januar 1994) noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen gilt (vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 18. Oktober 2000 - II R 50/98 - Bundessteuerblatt (BStBl) II 2001, 14 (15)). Darüber hinaus ist mittlerweile höchstrichterlich geklärt, dass die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO auch dann noch eingreift, wenn die Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung zwar nach Ablauf des dritten auf das Kalenderjahr der Steuerentstehung folgende Kalenderjahr, aber noch innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist ergeht. Die Anlaufhemmung bleibt allerdings auch für diesen Fall auf drei Jahre begrenzt (vgl. BFH, Urteil vom 18. Oktober 2000 - II R 50/98 - (a.a.O.) sowie Urteil vom 6. Dezember 2000 - II R 44/98 - Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH/NV) 2001, 574).

Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass nach den §§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 170 Abs. 2 Nr. 1 AO die Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 1991 zu laufen begann und am 31. Dezember 1998 endete. Denn mit Schreiben vom 17. Juli 1995 ist die Klägerin aufgefordert worden, eine Schenkungsteuererklärung abzugeben. Zwar ist die Formulierung dort in Bezug auf den zweiten Veräußerungsvorgang vom 4. April 1991 etwas zurückhaltend formuliert ("könnte gelten"), so dass man durchaus Zweifel haben könnte, ob darin in Bezug auf den Vorgang 1991 von einer Aufforderung zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung ausgegangen werden muss. Allerdings sind der Klägerin für beide Veräußerungsvorgänge, nämlich 1989 und 1991, Vordrucke übersandt worden, so dass dieses Verlangen bei einem verständigen Empfänger auch als ernsthaft angesehen werden kann. Davon gehen im Übrigen auch die Beteiligten aus. Damit liegt aber die Aufforderung zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung noch innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist, so dass die Verjährung im Fall des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO - vorbehaltlich anderweitiger An- oder Ablaufhemmungstatbestände - spätestens nach sieben Jahren endet (vgl. BFH, Urteil vom 18. Oktober 2000 - II R 50/98 - a.a.O., 16). Da in der Folgezeit für die hier interessierende Schenkung aus dem Jahre 1991 keine Schenkungsteuererklärung abgegeben worden ist, ergibt sich eine dreijährige Anlaufhemmung ab dem Zeitpunkt der Steuerentstehung. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ist die Steuer mit Abschluss des Kaufvertrags am 4. April 1991 entstanden, so dass Fristende der 31. Dezember 1998 gewesen ist mit der weiteren Folge, dass der Steueranspruch auch unter Zugrundelegung der Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO verjährt wäre.

Darüber hinaus ist der Steueranspruch aber auch unter Berücksichtigung der weitergehenden Anlaufhemmung des § 170 Abs. 5 Nr. 2 2. Alt. AO verjährt. Danach beginnt die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat. Insoweit ist allerdings die Kenntnis der für die Festsetzung der Schenkungsteuer zuständigen Finanzbehörde erforderlich (vgl. BFH, Urteil vom 5. Februar 2003 - II R 22/01 - BStBl II 2003, 502 (504)), wobei Kenntnisnahme sowohl durch eine Anzeige des Steuerpflichtigen - hier nicht der Fall - als auch anderweitig erfolgen kann, wenn hierdurch ohne weitere Ermittlungen die Möglichkeit eröffnet wird zu prüfen, ob ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt (a.a.O., 503 f.).

Kenntnisnahme in diesem Sinne hat beim Beklagten als der für die Festsetzung von Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen Stelle unzweifelhaft mit dem Schreiben des Finanzamts O vom 29. März 1995, das am 4. April 1995 bei ihm eingegangen ist, vorgelegen. Denn aufgrund der dortigen Angaben war der Beklagte in der Lage zu prüfen, ob hinsichtlich des Aktienverkaufs an die C-GmbH vom 4. April 1991 ein schenkungsteuerlich relevanter Vorgang in Betracht kam. Dass diese Möglichkeit aufgrund der erfolgten Angaben des Finanzamts O für den Beklagten grundsätzlich gegeben war, ist von ihm im Laufe des Verfahrens auch nicht in Abrede gestellt worden. Der Umstand, dass der Beklagte sich zunächst auf den ersten, seiner Ansicht nach schenkungsteuerlich relevanten Verkauf aus dem Jahre 1989 konzentriert und den zweiten Verkauf aus dem Jahre 1991 zunächst zurückgestellt hatte, ändert an dieser Bewertung nichts. Denn entscheidend ist, dass für den Beklagten von Anfang an die Möglichkeit bestanden hat, den im vorliegenden Verfahren streitigen Verkauf schenkungsteuerlich zu prüfen. Lag aber Kenntnis des Beklagten hinsichtlich des zweiten Verkaufs der Aktien bereits im April 1995 vor, so begann gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 2. Alt. AO die Verjährungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 1995 und endete am 31. Dezember 1999, so dass der Schenkungsteuerbescheid vom 23. April 2001 auch unter Berücksichtigung der längeren Anlaufhemmung erst nach Ablauf der Verjährungsfrist bekannt gegeben worden ist.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist durch die Aufforderung zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung vom 17. Juli 1995 nicht eine weitere Anlaufhemmung von drei Jahren ab Kenntnis vom Verkauf eingetreten. Dies hätte, so der Beklagte, zur Folge, dass Fristbeginn der Ablauf des 31. Dezember 1995 gewesen wäre; durch die Aufforderung zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung würde zunächst die dreijährige Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO eingreifen, so dass Verjährung erst nach sieben (drei + vier) Jahren eingetreten wäre, nämlich mit Ablauf des 31. Dezember 2002.

Diese Auffassung ist mit Wortlaut, Systematik und auch dem Zweck der Regelungen über den Beginn der Festsetzungsfrist in § 170 AO nicht zu vereinbaren.

Der Wortlaut des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO stellt für die Frage des Fristbeginns im hier interessierenden Fall, dass eine Schenkungsteuererklärung trotz Aufforderung nicht abgegeben worden ist, auf den Zeitpunkt ab, "in dem die Steuer entstanden" ist. Die Anlaufhemmung ist dann auf maximal drei Jahre begrenzt (so auch ausdrücklich BFH, Urteil vom 6. Dezember 2000 - II R 44/98 - a.a.O.). Der Begriff der Entstehung der Steuer wiederum ist für die Erbschaft- und Schenkungsteuer in § 9 ErbStG eindeutig geregelt, nämlich in dem Sinne, dass bei einer Schenkung der Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung maßgeblich sein soll (Abs. 1 Nr. 2). Es kommt für den Fristbeginn nicht darauf an, dass die Behörde von der Schenkung auch Kenntnis erlangt hat, wie der Fall der unterlassenen Anzeige in § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO gerade zeigt. Die vom Beklagten vorgenommene Berechnung führt demgegenüber dazu, dass für den Beginn der dreijährigen Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO entgegen dem Wortlaut statt auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme abgestellt wird.

Darüber hinaus stellen § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO einerseits und § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO andererseits systematisch selbständige Tatbestände dar, die den Anlauf der Festsetzungsfrist hemmen. Das bedeutet aber, dass jeder der beiden Tatbestände für sich den Beginn der Festsetzungsfrist auslöst (vgl. Finanzgericht (FG) Köln, Urteil vom 23. März 1998 - 9 K 5355/96 - Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1171 m.w.N.). Ein solches Verständnis der Vorschriften liegt nach Ansicht des Senats auch der Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Urteil vom 5. Februar 2003 - II R 22/01 - (BStBl II 2003, 502) zugrunde. Denn dort wird zum Verhältnis der Vorschriften ganz allgemein festgestellt, dass § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO eine "weitere Hemmung" des Anlaufs der Festsetzungsfrist für die Schenkungsteuer vorsehe (a.a.O., 504), die dort unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung als "anderweitige Anlaufhemmung" bezeichnet wird (a.a.O., 505). Dazu fügt sich im Übrigen die Aussage im Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18. Oktober 2000 - II R 50/98 - (a.a.O., 15), wonach die Anlaufhemmung "von längstens drei Jahren" die Rechtsfolge des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO darstelle.

Auch der Zweck der Regelungen über den Beginn der Festsetzungsfrist lässt eine Auslegung in dem Sinne, dass im vorliegenden Fall ab Kenntnis eine erneute Anlaufhemmung durch Aufforderung zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung in Gang gesetzt wird, nicht zu. Denn § 170 Abs. 5 Nr. 2 2. Alt. AO soll die Finanzbehörde davor schützen, dass ein Steueranspruch verjährt, ohne dass die Behörde von der vollzogenen Schenkung überhaupt Kenntnis erlangt hat. Damit wird nach Auffassung des Senats der Zweck der Norm aber auch begrenzt. Denn die Finanzbehörde hat mit Ablauf des Jahres, in dem sie Kenntnis von der Schenkung erlangt, nunmehr vier Jahre Zeit (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO), die Steuern festzusetzen. Diese Zeit ist ausreichend bemessen. Denn zum einen ist - wie bereits dargestellt - nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für den Fristbeginn nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO Voraussetzung die Kenntnis der organisatorisch zuständigen Verwaltungseinheit, also hier der Erbschaft-

steuer- und Schenkungsteuerstelle. Zum anderen reicht nach der Rechtsprechung nicht irgendein Wissen von einem möglicherweise steuerpflichtigen Vorgang, sondern die organisatorisch zuständige Behörde muss in der Lage sein, den Vorgang aufgrund der Angaben schenkungsteuerlich zu prüfen. Es ist für den Senat auch kein vernünftiger Grund ersichtlich, im konkreten Fall eine weitere Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO anzunehmen, die dazu führen würde, dass weitere drei Jahre hinzugerechnet werden müssten mit der weiteren Folge, dass Verjährung erst am 31. Dezember 2002 eingetreten wäre. Denn kommt ein Steuerpflichtiger seinen Erklärungs- und Mitwirkungspflichten (§ 31 ErbStG, § 90 AO) nicht nach, so besteht für die Behörde die Möglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO zu schätzen. Dass eine weitere Anlaufhemmung nicht erforderlich ist, zeigt auch der vorliegende Fall. Denn die Schenkungsteuer hätte ohne weiteres innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist bis zum 31. Dezember 1999 festgesetzt werden können und müssen. Zwar hat der Beklagte von seiner Schätzungsbefugnis im angegriffenen Schenkungsteuerbescheid vom 23. April 2001 schließlich Gebrauch gemacht. Im konkreten Fall ist Verjährung allerdings deshalb eingetreten, weil man sich auf die Rechtmäßigkeit der vermeintlich ersten Schenkung aus dem Jahre 1989 offenbar "verlassen" hat. Erst nachdem im gerichtlichen Verfahren klar war, dass die dagegen eingelegte Klage Erfolg haben würde, ist der Veräußerungsvorgang aus dem Jahre 1991 wieder aufgegriffen und besteuert worden. Hierzu hätte allerdings auch schon vor dem 31. Dezember 1999 ausreichend Gelegenheit bestanden, zumal es sich um einen jeweils selbständig zu prüfenden Sachverhalt gehandelt hat.

Die Einschätzung des Beklagten, dass der "nicht pflichtbewusste" Steuerbürger durch die hier vorgenommene Auslegung bevorzugt werde, vermag der Senat nicht zu teilen. Die Nichtabgabe einer Schenkungsteuererklärung kann nämlich auch den Grund haben, dass man - wie hier - der Meinung ist, es liege bereits keine freigebige Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor; dies ist keine Frage von "Pflichtbewusstsein". Abgesehen hiervon ist für den Senat entscheidend, dass die Finanzbehörde in der Lage ist, die Schenkungsteuer innerhalb eines überschaubaren, aber auch ausreichenden Zeitraums festzusetzen, nachdem sie von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat. Hierfür ist ausreichend, wenn sich an die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 5 Nr. 2 2. Alt AO die vierjährige Verjährungsfrist anschließt; eine weitere Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ist vom Wortlaut und Zweck der Vorschrift nicht mehr gedeckt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Der Senat hat die vom Beklagten hilfsweise beantragte Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO oder Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht zugelassen. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, inwieweit bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation die Frage des Fristbeginns für die Verjährung im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig wäre. Für den Senat ist das Verhältnis der unterschiedlichen Anlaufhemmungen nach §§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 einerseits und § 170 Abs. 5 Nr. 2 2. Alt AO andererseits nach Wortlaut, Systematik und Zweck der Vorschriften eindeutig. Zwar ist dem Beklagten darin zuzustimmen, dass die Sachverhaltskonstellation - soweit ersichtlich - ausdrücklich von der Rechtsprechung noch nicht entschieden und der Frage in der Literatur bislang offenbar auch keine Beachtung geschenkt worden ist. Dieser Umstand allein sagt aber noch nichts über die Klärungsbedürftigkeit der Frage in einem Revisionsverfahren aus; ebenso wenig lässt sich hieraus herleiten, die Fortbildung des Rechts erfordere eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs. Denn hieraus könnte ebenso gut der Schluss gezogen werden, dass die vom Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage nicht als problematisch angesehen wird. Darüber hinaus sieht der Senat auch keine Veranlassung, die Revision zum Bundesfinanzhof für den Fall zuzulassen, dass die konkrete Frage der Verjährung anlässlich einer Vortragsreihe der Bundesfinanzakademie zu aktuellen Fragen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts offenbar - widerspruchslos - abweichend beurteilt worden ist, worauf der Vertreter des Beklagten mehrfach hingewiesen hat. Denn hieraus lässt sich jedenfalls offensichtlich keine allgemeine Verwaltungspraxis herleiten, die nach außen getreten wäre. Unabhängig von den vorstehenden Überlegungen ist das Verhältnis der unterschiedlichen Tatbestände über die Anlaufhemmung für den Senat auch durch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 5. Februar 2003 - II R 22/01 - (a.a.O.) als geklärt anzusehen. Zwar bezieht sich der Fall nur auf die unterbliebene Anzeige nach § 30 ErbStG. Dem Urteil kann aber - wie dargestellt - eine ganz allgemeine Aussage zum Verhältnis der beiden Anlaufhemmungen entnommen werden.

Ende der Entscheidung

Zurück