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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 26.06.2009
Aktenzeichen: 1 K 859/08 U
Rechtsgebiete: UStG, Richtlinie 77/388/EWG


Vorschriften:

UStG § 4
Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b
Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f
Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Streitig ist, ob bzw. inwieweit insbesondere Personalgestellungen oder Beratungsleistungen durch die Klägerin umsatzsteuerfrei sind gem. § 4 Nr. 9b Umsatzsteuergesetz UStG- (in der für das Streitjahr geltenden Fassung).

Die Klägerin betreibt die Spielbanken in Nordrhein-Westfalen. Im Streitjahr wurde bei der Klägerin angestelltes Personal "für die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Verwaltung und Beratung sowie für Personalentsendungen" bei den A-Stadt Spielcasino GmbH & Co KG, Spielbank B-Stadt GmbH & Co KG, Spielcasino GmbH, C-Stadt, eingesetzt. Es handelt sich um Dienstleistungen gegenüber gesellschaftsrechtlich mit der Klägerin verbundene Unternehmen. Dafür erhielt die Klägerin im Streitjahr insgesamt einen Betrag i. H. v. 959.632,00 DM. Umsatzsteuer stellte die Klägerin hierfür nicht in Rechnung. Vielmehr betrachtete die Klägerin die entsprechenden Leistungen als unmittelbar durch den Betrieb der Spielbank verursacht und damit als umsatzsteuerfreie Leistung gem. § 4 Nr. 9b Satz 1 UStG.

Darüber hinaus hat die Klägerin erfahrenes eigenes Personal der Spielbank D-Stadt in Norddeutschland (Spielbank Norddeutschland GmbH & Co., D-Stadt KG) als nicht gesellschaftsrechtlich verbundenes Unternehmen zur Verfügung gestellt und zwar für Beratungsleistungen und den Aufbau der Spielbank. Insoweit wird auch auf § 2 des Beratungs- und Servicevertrags vom 08.10.1996 bzw. 05.09.1996 mit einer norddeutschen Landesbank verwiesen. Laut § 2 des Vertrages verpflichtet sich die Klägerin u. a. zur Entwicklung und Durchführung einer Konzeption "für die Spielbanken", Entwicklung und Umsetzung der Aufbau- und Ablauforganisation im kaufmännischen und spieltechnischen Bereich, Entwicklung der Marketing- und PR-Strategien, Entwicklung Controlling/Buchhaltung, Organisation/Betrieb der spieltechnischen Revision, Aus- und Fortbildung des Personals, Wartung der technischen Anlagen sowie der Automaten, Erbringung von Architektenleistungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen. Für die auf Grundlage des Vertrags erbrachten Leistungen hat die Klägerin im Streitjahr 407.829,85 DM zzgl. 61.174,47 DM Umsatzsteuer erhalten.

Anlässlich einer Betriebsprüfung für die Jahre 1997 bis 2001 vertraten die Prüfer die Auffassung, die benannten Leistungen gegenüber den anderen (verbundenen) Unternehmen seien nicht unmittelbar durch den Betrieb der eigenen Spielbanken (in Nordrhein-Westfalen) verursacht; die Umsätze und Erlöse seien nicht durch die Spielbankenabgabe abgegolten. Eine Umsatzsteuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 9b UStG komme daher nicht in Betracht. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 07.03.2005 - insbesondere Tz. 2.6. und 1.3.6. - Bezug genommen.

Entsprechend den Prüfungsfeststellungen erließ das damals zuständige Finanzamt E-Stadt unter dem 15.12.2006 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid. Nachdem der hiergegen eingelegte Einspruch durch den Beklagten abgewiesen worden war (vgl. Einspruchsentscheidung vom 26.02.2008), hat die Klägerin Klage erhoben.

Die Klägerin ist der Auffassung, die erbrachten Beratungsleistungen seien durch den Betrieb der Spielbanken bedingt und daher gem. § 4 Nr. 9b UStG umsatzsteuerfrei. Dies gelte nicht nur für die Leistungen gegenüber verbundenen Unternehmen, sondern auch für die Leistungen gegenüber der Spielbank in D-Stadt.

1. Zur Begründung verweist die Klägerin zunächst auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - vom 14.06.2007, Rs. C-434/05 "Horizon College", Slg. 2007, I4793-4840, Der Betrieb - DB - 2007, 1450, wonach sich eine Erweiterung von Steuerbefreiungsvorschriften für Leistungsbeziehungen zwischen mehreren steuerbegünstigten Einrichtungen ergeben könne, wenn mit den umsatzsteuerbefreiten Leistungen eng verbundene Umsätze vorlägen. Der durch den EuGH entschiedene Fall sei mit dem Streitfall vergleichbar.

Die Klägerin sei aufgrund § 4 Nr. 9b UStG von der Umsatzsteuer befreit. Sie habe ebenfalls nach derselben Norm umsatzsteuerbefreiten anderen Spielbanken erfahrenes eigenes Personal zum Aufbau und Betrieb der Spielbanken gegen Vergütung zur Verfügung gestellt, wobei diese Vergütungen unzutreffenderweise teilweise (betreffend die Spielbank in D-Stadt) netto zzgl. Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden seien.

Die Personalgestellung sei eng verbunden mit dem Spielbankenbetrieb, sowohl bei der Klägerin als auch bei den anderen Spielbanken und damit Nebenleistung zur Hauptleistung "Spielbankbetrieb". Nach der Rechtsprechung des EuGH sei eine Leistung als Nebenleistung zur einen Hauptleistung anzusehen, wenn sie keinen eigenen Zweck erfülle, sondern das Mittel darstelle, um die Hauptleistung unter den bestmöglichen Bedingungen zu erhalten.

Stelle eine Spielbank einer anderen qualifiziertes Personal zum vorübergehenden Aufbau und Betrieb der Spielbank zur Verfügung, so sei dies ein Vorgang, der grundsätzlich als mit dem Betrieb der Spielbank eng verbundene Dienstleistung eingestuft werden könne. Denn wenn bei einer Spielbank zeitweilig ein Mangel qualifizierter Mitarbeiter herrsche, könne die Gestellung qualifizierter Mitarbeiter durch andere Spielbanken an sie es ermöglichen, dass der Spielbankbetrieb unter den bestmöglichen Bedingungen durchgeführt werde.

Dabei sei es entsprechend dem Urteil des EuGH vom 14.06.2007, Rs. C-434/05 (a.a.O.), nicht erforderlich, dass die eng mit dem Spielbankbetrieb verbundene Personalgestellung unmittelbar gegenüber den Gästen der Spielbank erbracht werde. Entscheidend sei, dass ohne die Überlassung von qualifizierten Mitarbeitern der Klägerin kein gleichwertiger Spielbankbetrieb bei den anderen Spielbanken möglich gewesen wäre.

Im Übrigen sei die Personalgestellung auch nicht im Wesentlichen dazu bestimmt, der Klägerin zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die im unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten stünden, die durch gewerbliche - der Mehrwertsteuer insoweit unterliegenden - Unternehmen durchgeführt würden.

2. Darüber hinaus seien die fraglichen Dienstleistungen von der Abgeltungswirkung der Spielbankabgabe mit erfasst, und damit nicht der allgemeinen Besteuerung unterworfen.

Bei den erbrachten Beratungsleistungen der Klägerin handele es sich um Umsätze, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt seien. Als solche seien alle Umsätze anzusehen, die mit dem Betrieb der Spielbank unmittelbar zusammenhingen. Nicht zur Umsatzsteuer heranzuziehen seien u. a. die Eintritts- und Garderobengelder, die Parkgebühren, die Verpachtung von Vitrinen und Verkaufsständen sowie der Verkauf von Casinozeitungen. Umsatzsteuerpflichtig, da nicht zum Betrieb der Spielbank gehörend, seien dagegen Umsätze, die mit dem Betrieb einer Gaststätte, eines Hotels, eines sonstigen selbständigen Nebenbetriebs oder mit Grundstücken, die nicht unmittelbar dem Betrieb der Spielbank dienten, zusammenhingen (Hinweis auf Bundesminister der Finanzen -BMF- Schreiben vom 10.12.1956, Umsatzsteuerrundschau - UR- 1956, 204).

Die Beratungsleistungen stellten keinen selbständigen Nebenbetrieb der Spielbank dar. Die Beratungsleistungen gegenüber den anderen Unternehmen seien im Zusammenhang mit dem Spielbetrieb und der Verwaltung der jeweiligen Spielbank erbracht worden. Solche Beratungsleistungen seien nicht selbständig, wie es etwa bei dem Betrieb einer Gaststätte oder eines Hotels der Fall sei. Organisatorisch sei das Personal in den Betrieb der Klägerin vollumfänglich eingegliedert. Es habe sein Know-how unmittelbar durch den Einsatz im Spielbetrieb als solchen und in der Verwaltung bei der Klägerin erworben. Nur aufgrund seiner im Betrieb der Klägerin gewonnenen Erfahrungen sei es dem Personal möglich, Know-how weiterzugeben. Insofern seien die streitigen Tätigkeiten organisatorisch und inhaltlich dem Hauptbetrieb zuzuordnen. Die Leistungen könnten ohne den Spielbetrieb der Klägerin nicht erbracht werden.

Der Betreiber einer Spielbank sei von der Umsatzsteuer für alle Umsätze befreit, welche für den Betrieb der Spielbank anfielen. Sowohl der Spielbetrieb als solcher als auch die Verwaltungstätigkeiten seien Tätigkeiten, die ursächlich mit dem Betrieb der Spielbank zusammenhingen und durch diesen bedingt seien. Sie seien bereits mit der Spielbankabgabe abgegolten. Da die Beratungstätigkeit eng mit diesen Tätigkeiten zusammenhänge, seien auch die daraus resultierenden Umsätze bereits mit der Spielbankabgabe abgegolten.

Die Auffassung des Beklagten, dass die Umsatzsteuerbefreiung nur für die Umsätze aus dem Betrieb der Spielautomaten sowie des großen Spiels (Roulette, Black Jack etc.) gelte, sei unzutreffend. Eine derartige Begrenzung sei entgegen der Auffassung des Beklagten aus einem Gutachten des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 21.01.1954, V D 1/53 S, Bundessteuerblatt -BStBl- III 1954, 122, nicht zu entnehmen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Klagebegründung vom 05.06.2008 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 1997 vom 15.12.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.02.2008 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer um 125.169,39 DM herabgesetzt wird,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Nach Ansicht des Beklagten ist die von der Klägerin angeführte EuGH-Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar; auf Grund der Besonderheit der für inländische Spielbanken herrschenden Gesetzeslage seien die dort entschiedenen Fälle mit der im Streitfall vorliegenden Problematik nicht vergleichbar.

Der Ansicht der Klägerin, die Erlöse für die fraglichen Dienstleistungen seien von der Abgeltungswirkung der Spielbankabgabe erfasst, könne sich der Beklagte ebenfalls nicht anschließen. Denn die Spielbankabgabe werde vom Bruttospielertrag erhoben, der die durch die Personalgestellung erzielten Umsätze nicht mit einschließe. Der Betrachtung, die Beratungsleistungen stünden unmittelbar mit dem Betrieb der Spielbank in Zusammenhang, könne nicht gefolgt werden, da auch ohne die Einnahmen aus den Beratungsleistungen eine öffentliche Spielbank betrieben werden könne. Diese Beurteilung ändere sich auch nicht dadurch, dass das entgeltlich zur Verfügung gestellte Personal die durch den Einsatz im Spielbetrieb gewonnene Erfahrung weiter vermittle.

Darüber hinaus seien die in der Klagebegründung aufgeführten Entgelte für Garderobe oder die Nutzung von Parkplätzen wirtschaftlich eher von untergeordneter Bedeutung.

Im Hinblick darauf, dass die Spielbankenabgabe vom Bruttospielertrag erhoben werde, würde schließlich eine Umsatzsteuerfreiheit der fraglichen Umsätze zu einem - vom Gesetzgeber nicht gewollten - unversteuerten Letztverbrauch führen.

Die Klage ist unbegründet.

Die durch die Klägerin erbrachten Beratungsleistungen, Personalgestellungen etc. sind nicht nach § 4 Nr. 9b UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung umsatzsteuerfrei.

Nach § 4 Nr. 9b Satz 1 UStG alte Fassung sind u. a. umsatzsteuerfrei die Umsätze der öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind.

1. Personalgestellungen, Beratungsleistungen etc. gegenüber anderen Spielbanken sind keine durch den Betrieb der Spielbank bedingte Leistungen in diesem Sinne.

Der Bedeutungsgehalt von § 4 Nr. 9b Satz 1 UStG ist durch Auslegung zu ermitteln. Hierbei ist zu beachten, dass Begriffe, mit denen Steuerbefreiungstatbestände umschrieben sind, eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (vgl. z. B. EuGH, Urteil vom 14.06.2007, C434/05 "Horizon College", DB 2007, 1450).

a. Der Klägerin ist zuzustimmen, dass der Wortlaut von § 4 Nr. 9b Satz 1 UStG eine Erfassung der in Frage stehenden Leistungen nicht ausschließt. So ist z. B. die Leistung "Personalgestellung" erst dadurch möglich geworden, dass das gestellte Personal Erfahrungen/Know How bei dem Betrieb der Spielbanken der Klägerin sammeln konnte und so erst für andere Spielbanken interessant wurde. Insofern waren die Ausgangsumsätze Personalgestellung etc. gewissermaßen "durch den Betrieb der Spielbanken der Klägerin bedingt".

b. Mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift ist eine Umsatzsteuerfreiheit der fraglichen Leistungen aber nicht zu vereinbaren. Die Umsatzsteuerfreiheit laut § 4 Nr. 9b Satz 1 UStG zielt darauf ab, eine Doppelbesteuerung infolge der von den Spielbanken zu entrichtenden Spielbankenabgabe zu verhindern; die Umsatzsteuer wird insoweit von der Spielbankenabgabe mit abgegolten (vgl. hierzu van Nahmen in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 4 Nr. 9b Rz. 89 oder BFH, Gutachten vom 21.01.1954, BStBl III 1954, 122 zu der Vorgängervorschrift in § 6 der Verordnung über öffentliche Spielbanken vom 27.07.1938, Reichsgesetzblatt -RGBl- I 955). Vor diesem Hintergrund können nur solche Umsätze umsatzsteuerfrei sein, die letztlich mit der Spielbankenabgabe belastet sind. Bemessungsgrundlage für die Spielbankenabgabe ist der Bruttospielertrag (vgl. § 12 Abs. 2 SpielbG NW aktuelle Fassung). Bruttospielertrag eines Tages ist bei den Glücksspielen, bei denen die Spielbank ein Spielrisiko trägt, der Betrag, um den die täglichen Spieleinsätze die Gewinne der Spielenden übersteigen, die diesen nach den Spielregeln zustehen (Bruttogewinn), abzüglich der noch nicht verrechneten Verluste vergangener Spieltage, bei den Glücksspielen, bei denen die Spielbank kein Spielrisiko trägt, der Betrag, der der Spielbank zufließt (§ 12 Abs. 3 SpielbG NW).

Die Gewinne aus der Personalgestellung sind kein Bestandteil des Bruttospielertrags der Klägerin und werden daher nicht mit der Spielbankabgabe abgegolten. Vom Sinn und Zweck der Vorschrift des § 4 Nr. 9b UStG erstreckt sich die Steuerfreiheit damit jedenfalls soweit die Spielbankenumsätze der Klägerin betrachtet werden - nicht auf die fraglichen Leistungen.

2. Aus dem Umstand, dass Garderobengelder, Parkgebühren etc. von der Finanzverwaltung als umsatzsteuerfrei behandelt werden, lässt sich eine Steuerfreiheit der Umsätze gegenüber anderen Spielbanken nicht ableiten. Denn die diesen Entgelten zugrunde liegenden Leistungen sind Nebenleistungen zu den von der Klägerin erbrachten Hauptleistungen - Veranstaltung von Glücksspielen -, die das "Schicksal" der Hauptleistung hinsichtlich der Umsatzsteuerfreiheit gem. § 4 Nr. 9b Satz 1 UStG teilen.

Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter den bestmöglichen Bedingungen zu erhalten (vgl. z. B. EuGH, Urteil vom 14.06.2007, Rs. C-434/05 a. a. O., m. w. N.). Die Zurverfügungstellung von Parkraum oder die Garderobenleistung mag dazu dienen, unter den "bestmöglichen Bedingungen" an den von der Klägerin veranstalteten Glücksspielen teilnehmen zu können. Dies trifft auf die Personalgestellungen oder Beratungsleistungen gegenüber anderen Unternehmen jedoch nicht zu. Für den Teilnehmer an den Glücksspielen, d. h. den Leistungsempfänger der Hauptleistung der Klägerin, macht es keinen Unterschied, ob derartige Leistungen gegenüber anderen Unternehmen erbracht werden oder nicht. Die Qualiät der durch die Klägerin gegenüber den Besuchern ihrer Spielbanken erbrachten - der Spielbankenabgabe unterliegenden - Leistungen wird hierdurch nicht beeinflusst.

3. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht dadurch, dass die in Frage stehenden Leistungen gewissermaßen in die nach § 4 Nr. 9b Satz 1 UStG umsatzsteuerbefreiten Spielbankenumsätzen der Unternehmen mit einfließen, denen das Personal etc. seitens der Klägerin zur Verfügung gestellt wird (Zieleinrichtungen). Eine Umsatzsteuerfreiheit der Leistungen der Klägerin lässt sich hieraus nicht ableiten.

So kann zwar eine steuerbefreite Leistung (hier z. B. die Veranstaltung von Glücksspielen der Zieleinrichtung gegenüber ihren Kunden) in verschiedene - von unterschiedlichen Rechtsträgern erbrachte - Leistungen zerfallen, die dann ihrerseits steuerfrei sein können. In einem Urteil vom 12.06.2008 (V R 32/06, BStBl II 2008, 777 m.w.N.) hat der BFH allerdings in einem Fall, in dem es um Leistungen eines Rechenzentrums gegenüber Kreditinstituten ging, entschieden, dass die Leistungen nur dann steuerfrei sein können, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sind, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der - in diesem Fall relevanten - steuerfreien Finanzdienstleistung erfüllt (Hinweis auf EuGH, Urteil vom 05.06.1997, Rs. C-2/95 "SDC", in Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 Randnr. 66). Dabei komme es auch auf den "eigenständigen Charakter" der Leistung an (Hinweis auf EuGH, Urteil vom 05.06.1997, Rs. C- 2/95 a.a.O. Randnr. 67). Somit sei eine Leistung, bei der es sich um ein bloßes Element einer Finanzdienstleistung handele, nicht steuerfrei, mag dieses Element für die Bewirkung der steuerfreien Leistung sogar unerlässlich sein.

Bezogen auf den Streitfall bedeutet dies, dass die Leistungen der Klägerin gegenüber anderen Spielbanken nur steuerfrei sein können, wenn sie ihrerseits die wesentlichen Elemente steuerfreier "durch den Betrieb der Spielbank verursachten" (und mit der Spielbankenabgabe abgegoltenen) Leistungen gem. § 4 Nr. 9b Satz 1 UStG bzw. steuerfreier Glücksspiele i.S.v. Artikel 13 Teil B Buchst. f) der - im Streitfall maßgeblichen - Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) enthalten. In der Regel werden von beiden Vorschriften Glücksspielumsätze erfasst, bei denen dem Spielteilnehmer eine Gewinnchance eingeräumt wird und im Gegenzug die Spielbank das Risiko trägt, Gewinne auszahlen zu müssen.

Nach der Darstellung der Prozessvertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2009 betrafen die Leistungen der Klägerin ausschließlich den administrativen Bereich der anderen Spielbanken. Das gestellte Personal wurde nicht für den Spielbetrieb der anderen Spielbanken eingesetzt. In diesem Zusammenhang wird auch auf § 2 des Beratungs- und Servicevertrags vom 08.10.1996 bzw. 05.09.1996 zwischen der Klägerin und der norddeutschen Landesbank verwiesen. Auch hiernach betreffen sämtliche Dienstleistungen, zu deren Übernahme sich die Klägerin verpflichtet hat, nicht unmittelbar den Spielbetrieb. Zwar sind die - den administrativen Bereich betreffenden - Leistungen unerlässlich für die Durchführung der Glücksspielumsätze; dies reicht aber nicht aus. Maßgeblich ist, dass die Leistungen selbst keine für Glücksspielumsätze typischen Merkmale (z. B. Einräumung einer Gewinnchance) aufweisen; sie werden daher von den oben genannten Umsatzsteuerbefreiungsvorschriften nicht erfasst.

An dieser Stelle ist auch zu verweisen auf das Urteil des EuGH vom 13.07.2006, C89/05 "United Utilities", Slg. 2006, I-6813-6826, UR 2006, 521. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um Call-Center-Dienstleistungen, die zugunsten eines Organisators von Telefonwetten erbracht wurden und die die Annahme der Wetten im Namen des Wettorganisators durch das Personal des Erbringers dieser Dienstleistungen mit einschlossen. Der EuGH vertrat hierzu die Auffassung, dass diese Leistungen keine steuerbefreiten Wettumsätze i. S. v. Artikel 13 Teil B Buchst. f) der Richtlinie 77/388/EWG sind; denn diese Umsätze seien nicht dadurch gekennzeichnet, dass Wettteilnehmern eine Gewinnchance eingeräumt und im Gegenzug das Risiko hingenommen werde, den Gewinn auszahlen zu müssen. Die Situation im vorliegenden Streitfall ist vergleichbar; auch hier sind die durch die Klägerin ausgeführten Umsätze zwar erforderlich, damit die Zieleinrichtungen ihrerseits Glücksspielumsätze tätigen können, die streitigen Umsätze selbst sind aber keine Glücksspielumsätze.

4. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin angeführten Urteil des EuGH vom 14.06.2007, C-434/05 (a.a.O.). In dieser Entscheidung geht es um die Gestellung von Lehrkräften einer Unterrichtseinrichtung, die nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i) der Richtlinie 77/388/EWG umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringt, an eine andere, ebenso nach dieser Vorschrift umsatzsteuerbefreiten Einrichtung. Nach Ansicht des EuGH stelle zwar die Personalgestellung keine Unterrichtleistung i.S.v. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i) der Richtlinie 77/388/EWG dar, es handele sich aber um eine " damit eng verbundene Dienstleistung" im Sinne der Richtlinienvorschrift. Denn die Personalgestellung werde als Nebenleistung zum Unterricht als Hauptleistung erbracht. Diesem Ergebnis stehe nicht entgegen - so der EuGH -, dass die Gestellung der betreffenden Lehrkräfte an die Zieleinrichtung erfolge, ohne dass eine direkte Verbindung zwischen dem Personalgesteller und den Studierenden der Zieleinrichtung bestehe. Auch wirke sich die Tatsache, dass die Gestellung von Lehrkräften ein von dem Personalgesteller für eigene Rechnung erteilten Unterricht zu unterscheidender Vorgang ist, nicht auf das genannte Ergebnis aus. Denn damit die Studierenden der Zieleinrichtung unter den bestmöglichen Bedingungen in den Genuss des von dieser Einrichtung erteilten Unterrichts kommen könnten, sei es nicht erforderlich, dass die eng mit diesem Unterricht verbundenen Dienstleistungen unmittelbar gegenüber den Studierenden erbracht würden. Ferner sei es grundsätzlich unerheblich, dass eventuell zwischen der Haupttätigkeit der Einrichtung, die die Lehrkräfte zur Verfügung stelle, und deren zweitrangiger Tätigkeit, eng mit dem Unterricht verbundene Dienstleistungen zu erbringen, keine unmittelbare Verbindung bestehe.

Darüber hinaus könnten aber - so der EuGH -, wie sich auch aus Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b) erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG ergebe, Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, die eng mit den u. a. in Abs. 1 Buchst. i dieses Art. genannten Tätigkeiten verbunden sind, nur befreit werden, wenn sie zur Ausübung dieser steuerbefreiten Tätigkeiten unerlässlich sind. Schließlich sind gemäß Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b) zweiter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie die Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen von der in Abs. 1 Buchst. i) dieses Artikels vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen, wenn sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.

Bemerkenswert ist an dieser Entscheidung, dass die Voraussetzungen einer Nebenleistung (die der EuGH gleichsetzt mit einer eng mit der Hauptleistung verbundenen Tätigkeit i. S. v. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i) der Richtlinie 77/388/EWG) seitens des EuGH auch dann bejaht werden, wenn die fragliche Leistung dazu dient, die Hauptleistung einer anderen Person unter den bestmöglichen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

Unter Anwendung der sich aus dem Urteil des EuGH vom 14.06.2007, C-434/05 (a.a.O.) ergebenden Grundsätze würde aber eine Steuerfreiheit der fraglichen Leistungen entgegen der Auffassung der Klägerin wettbewerbsverzerrend wirken. Unabhängig von der Frage, ob das Kriterium der Wettbewerbsverzerrung im Rahmen der hier einschlägigen Steuerbefreiungsvorschrift überhaupt eine Rolle spielt, ist die Darstellung der Klägerin, aufgrund der staatlichen Konzessionierung von Spielbanken sei es ausgeschlossen, dass auch - nicht umsatzsteuerbefreite - Gewerbetreibende qualifiziertes Spielbankenpersonal zur Verfügung stellen könnten, nicht überzeugend. Die Tätigkeit des gestellten Personals betrifft den administrativen Bereich der Spielbanken. Der Senat hält es durchaus für denkbar, dass z. B. für die Gebiete Buchhaltung, Marketing oder die geschuldeten Architektenleistungen der Einsatz von Personal eines außerhalb des Spielbankensektors tätigen Dienstleistungsunternehmens, das insoweit keine Umsatzsteuerfreiheit in Anspruch nehmen kann, potentiell in Betracht kommt.

Da die hier in Betracht kommende Steuerbefreiungsvorschrift des Artikel 13 Teil B Buchst. f) der Richtlinie 77/388/EWG keine Einschränkungen entsprechend Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b) enthält, ließe sich aus dem Urteil des EuGH vom 14.06.2007 aber schließen, dass jede Leistung eines Unternehmers, die der steuerbefreiten Hauptleistung eines anderen Unternehmers zugute kommt, ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit ist, ohne Rücksicht darauf, ob sie für die Hauptleistung unerlässlich ist oder Wettbewerbsverzerrungen eintreten.

Der Senat folgt dieser Betrachtungsweise nicht. Die vom EuGH für die Vorschrift des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i) der Richtlinie 77/388/EWG aufgestellten Grundsätze lassen sich auf den Streitfall nicht übertragen. Es fehlt eine Vergleichbarkeit der maßgeblichen Steuerbefreiungsvorschriften und der Fallkonstellationen. So kennt z.B. Art. 13 Teil B Buchst. f) nicht den Begriff der "damit eng verbundenen Dienstleistung" des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i). Zu beachten ist darüber hinaus, dass die zur Verfügung gestellten Lehrkräfte in dem durch den EuGH entschiedenen Fall den Kern der durch Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i) umsatzsteuerbefreiten Leistung ausgeführt haben, nämlich die Erziehung/Erteilung von Unterricht. Eine derartige Qualität haben die hier zu beurteilenden Leistungen nicht.

Die Auffassung, wonach jede Leistung, die dazu beitrage, die Hauptleistung eines anderen Rechtsträgers "unter den bestmöglichen Bedingungen zu erhalten", als Nebenleistung zu dieser Hauptleistung zu qualifizieren sei, die dann deren Schicksal bzgl. der Frage der Steuerpflicht/Steuerfreiheit teile, stünde darüber hinaus in Widerspruch zu den oben zitierten Entscheidungen des BFH vom 12.06.2008, V R 32/06 (a. a. O.) und des EuGH vom 13.07.2006, C-89/05 (a. a. O.). Denn auch die Call-Center-Leistungen bzw. die Leistungen des Rechenzentrums sind Leistungen, die dazu dienen, die jeweiligen Hauptleistungen anderer Personen (Kreditinstitute, Wettanbieter) "unter den bestmöglichen Bedingungen zu erhalten". Hierauf kommt es aber, und dies ergibt sich eindeutig aus den Entscheidungen des BFH vom 12.06.2008 und des EuGH vom 13.07.2006, die der Senat hier für maßgeblich hält, nicht an. Entscheidend ist, dass die fraglichen Leistungen selbst die maßgeblichen Merkmale einer steuerbefreiten Leistung enthalten. Da dies hier nicht der Fall ist (s. o.), ist die Umsatzsteuerfreiheit zu versagen.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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