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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 31.07.2008
Aktenzeichen: 14 K 2206/06 Kg
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 67 S. 2 |
Finanzgericht Düsseldorf
14 K 2206/06 Kg
Tenor:
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin unter Änderung des Bescheides vom 10.06.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.05.2006 ab dem 01.01.2001 für das Kind Bülent, ab dem 01.10.2003 für das Kind T. und ab dem 01.11.2004 für das Kind A. Kindergeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin besitzt die türkische Staatsangehörigkeit. Nach dem Inhalt der vom Gericht beigezogenen Ausländerakte reiste die Klägerin im Jahr 1996 in die Bundesrepublik ein und stellte am 15.04.1996 einen Asylantrag. Daraufhin erhielt sie eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens. Im Bescheid vom 23.09.1996 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte und den Antrag auf Feststellung, dass Abschiebehindernisse nach § 53 des Ausländergesetzes (AuslG 1990) vorliegen, ab. Erstmalig am 10.04.2000 erhielt die Klägerin eine Duldung nach § 55 AuslG 1990. Am 29.09.2003 lehnte das Bundesamt einen Antrag der Klägerin auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens bzw. einer Änderung des Bescheides vom 23.09.1996 ebenfalls ab. Im Anschluss an diese Entscheidung erhielt die Klägerin weitere Duldungen. Seit dem 16.02.2007 ist die Klägerin im Besitz einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) mit der ihr zugleich eine Erwerbstätigkeit gestattet worden ist.
Am 06.06.2005 beantragte die Klägerin die Festsetzung von Kindergeld für Ihre Kinder Bülent (geb. am 30.11.1991), T. (geb. am 11.10.2003) und A. (geb. am 22.11.2004). Unter dem 18.05.2005 stellte die A-Stadt einen Antrag auf Festsetzung von Kindergeld im berechtigten Interesse gemäß § 67 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin im Bescheid vom 10.06.2005 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels sei, der einen Anspruch auf Gewährung von Kindergeld begründe. Eine Berücksichtigung nach dem Abkommen über Soziale Sicherheit für in Deutschland lebende türkische Staatsangehörige könne nicht erfolgen, da die Voraussetzungen hierfür in Form einer beitragspflichtigen Beschäftigung bzw. des Bezugs von Lohnersatzleistungen nicht erfüllt seien. Ferner erfülle die Klägerin nicht die Voraussetzungen des Vorläufigen Europäischen Abkommens, da sie über keine eigene Wohnung verfüge.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung machte sie geltend, dass für türkische Staatsangehörige nach dem Vorläufigen Europäischen Abkommen über Soziale Sicherheit vom 11.12.1953 ein Kindergeldanspruch bestehe, wenn sie seit mindestens 6 Monaten in Deutschland wohnten. Dem Kindergeldanspruch stehe nicht entgegen, dass sie in einem Übergangsheim wohne. Bei der von ihr und ihrer Familie bewohnten Unterkunft handele es sich nämlich um Wohnraum im Sinne des § 4a Wohngeldgesetz (WoGG). Es handele sich dagegen nicht um eine Aufnahmeinrichtung des Landes im Sinne des § 47 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG).
Die Beklagte wies den Einspruch in der Entscheidung vom 09.05.2006 als unbegründet zurück und führte ergänzend aus: Nach dem Vorläufigen Europäischen Abkommen über Soziale Sicherheit mit der Türkei in Verbindung mit § 62 Abs. 1 EStG bestehe ein Anspruch auf steuerliches Kindergeld für diejenigen, die im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben oder - ohne diese Voraussetzungen zu erfüllen - nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig seien oder nach § 1 Abs. 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt würden. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin nicht. Sie habe keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, weil sie im Streitzeitraum in A-Stadt, A-Straße 1 gewohnt habe. Bei dieser Unterkunft handele es sich um eine von der A-Stadt, Ressort Zuwanderung und Integration betreute Sammelunterkunft. Der in dem Abkommen verwendete Begriff "wohnen" sei nicht identisch mit dem Begriff des Wohnsitzes/Aufenthaltes des deutschen Rechts. Deshalb stellten zum Beispiel Hotelzimmer oder Gemeinschaftsunterkünfte keine Wohnung dar.
Zur Begründung ihrer am 26.05.2006 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend: Die Auffassung der Beklagten, dass sie nicht in Deutschland wohne, treffe nicht zu. Sie wohne seit Mai 1996, also seit 10 Jahren in A-Stadt. Von 1999 bis 2003 habe sie im Übergangsheim B gewohnt, wo ihr ein Zimmer mit eigener Toilette, Dusche und Backofen zur Verfügung gestanden habe. Seit 2003 bis 2007 habe sie mit kurzen Unterbrechungen im Übergangsheim A-Staße 1 in einer abgeschlossenen Wohneinheit, bestehend aus einem Raum zuzüglich Dusche und Toilette gewohnt. Lediglich die Küche habe sich nicht in der Wohneinheit befunden. Ihr habe dafür eine Gemeinschaftsküche mit anderen Bewohnern des Hauses zur Verfügung gestanden. Mittlerweile wohne sie in einer von ihr privat angemieteten Wohnung.
Die Entscheidung der Beklagten sei bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil sie zwar darlege, dass es sich bei dem Begriff "wohnen" im Sinne des anzuwendenden Abkommens nicht um den gleichen Begriff wie in der Abgabenordnung handele. Wie der Begriff "wohnen" aber statt dessen auszulegen sei, bleibe offen.
Mit Schriftsatz vom 18.12.2007 hat die Klägerin Meldebescheinigungen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die Kinder Bülent, T. und A. durchgehend in ihrem Haushalt gelebt haben.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihr unter Änderung des Bescheides vom 10.06.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.05.2006 ab dem 01.01.2001 für das Kind Bülent, ab dem 01.10.2003 für das Kind T. und ab dem 01.11.2004 für das Kind A. Kindergeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus: Der im Vorläufigen Europäischen Abkommen verwendete Begriff "wohnen" sei nicht identisch mit dem Begriff des "Wohnsitzes" im Sinne von § 8 der Abgabenordnung (AO). Allerdings setze auch der Begriff "wohnen" voraus, dass der Betreffende länger in Deutschland verweile und über eine eigene Wohnung verfüge. Besuchsaufenthalte - auch längere Zeiträume - reichten somit nicht aus. Ob die Wohnung des Betreffenden mit eigenen oder fremden Möbeln ausgestattet sei, sei unerheblich. Deshalb könnten auch möblierte Zimmer eine Wohnung sein. Keine Wohnung seien hingegen Hotelzimmer oder Gemeinschaftsunterkünfte. Bei der von der Stadt A-Stadt betreuten Sammelunterkunft handele es sich nicht um eine Wohnung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Die Ablehnung der Kindergeldfestsetzungen in dem von der Klägerin beantragten Umfang ist rechtswidrig und verletzt sie in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO).
Zwar kann die Klägerin als nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin nach der vom Senat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vertretenen Rechtsauffassung kein Kindergeld nach § 62 Abs. 2 EStG beanspruchen, weil ihr Aufenthaltsrecht im Streitraum, der von der Antragstellung bis zum Ergehen der Einspruchsentscheidung reicht (vgl. Finanzgericht - FG - Düsseldorf Urteil vom 23.01.2007 10 K 5107/05 Kg, Revisionsverfahren III R 13/07, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2007, 295) lediglich auf Duldungen beruhte (vgl. Grundsatzurteil des BFH vom 15.03.2007 III R 93/03, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 217, 443; Finanzgericht - FG - Düsseldorf vom 10.06.2008 14 K 2182/06Kg, n.v.). Da die Klägerin nach dem Akteninhalt im Streitzeitraum nicht erwerbstätig war bzw. keine Lohnersatzleistungen bezogen hat, erfüllt sie auch nicht die Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch nach dem Deutsch-Türkischen Abkommens über Soziale Sicherheit vom 30.04.1964 (Bundesgesetzblatt - BGBl - II 1965, 1169) i.d.F. des Zusatzabkommens vom 02.11.1984 (BGBl II 1986, 1040) oder nach Art. 3 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19.09.1980 (ARB 3/80; Amtsblatt EG Nr. C 110 S. 60).
Die Klägerin hat jedoch auf Grund einer Gleichstellung mit Inländern nach dem Vorläufigen Europäischen Abkommen vom 11.12.1953 über Soziale Sicherheit unter Ausschluss der Systeme für den Fall des Alters, der Individualität und zu Gunsten der Hinterbliebenen (BGBl II 1956, 507) einen Kindergeldanspruch nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Der bundesdeutsche Gesetzgeber hat dem Vorläufigen Europäischen Abkommen mit Gesetz vom 07.05.1956 zugestimmt (BGBl II 1956, 507) und damit innerstaatliche Geltung verliehen (Art. 59 Abs. 2 GG). Die Türkei ist dem Vorläufigen Europäischen Abkommen mit Wirkung zum 01.05.1967 ohne Vorbehalte beigetreten.
Entgegen seiner ursprünglichen Intention als "vorläufiges" Abkommen (vgl. hierzu seine Präambel) ist das Vorläufige Europäische Abkommen nach wie vor gültig (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 23.09.2004 B 10 EG 3/04 R, Sammlung der Entscheidungen des Bundessozialgerichts - BSGE - 93, 194). Insbesondere ist keine Kündigung des Abkommens nach dessen Art. 16 erfolgt.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 d findet das Abkommen Anwendung auf alle Gesetze und Regelungen über soziale Sicherheit, die in jedem Teil des Gebietes der Vertragschließenden am Tage der Unterzeichung Geltung haben oder in der Folge in Kraft treten und sich unter anderem auf Familienbeihilfen beziehen. Der Gewährleistungsanspruch nach den Art. 2 Abs. 1 d, Art. 1 Abs. 1 d des Abkommens umfasst dabei nach einhelliger Auffassung auch das nach deutschen Recht zu gewährende Kindergeld, dessen Leistung nicht auf Beiträgen beruht und welches sich als Familienbeihilfe im Sinne des Abkommens darstellt (BSG, BSGE 93, 194 ; FG Düsseldorf Urteil vom 23.06.2006 18 K 1773/05 Kg, n. v.; Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleich - DA-FamEStG - 62.4.3 Abs. 4 Satz 4, BStBl I 2007, 489). Denn durch das Schreiben des Ständigen Vertreters der Bundesrepublik Deutschland vom 19.08.1956 (vgl. hierzu Art. 7 Abs. 2 Vorläufiges Europäisches Abkommen; die Liste der Erklärungen zu diesem Abkommen ist aufrufbar unter www.conventions.coa.int/treaty) ist der Anhang I des Abkommens auf "family allowances" erweitert worden. In den nachfolgenden bundesdeutschen Bekanntmachungen über das Inkrafttreten sowie über den Geltungsbereich des Vorläufigen Europäischen Abkommens vom 08.01.1958 (BGBl II 1958 18, 19) und die Bekanntmachung der Neufassung der Anhänge I, II und III vom 08.03.1972 (BGBl II 1972, 175, 177) und vom 17.01.1985 (BGBl II 1985, 311, 313) wird dann in der deutschen Übersetzung der Begriff "Kindergeld" angeführt.
Die Klägerin wird auch von dem persönlichen Anwendungsbereich des Vorläufigen Europäischen Abkommens erfasst. Art. 2 Abs. 1 d des Abkommens gewährt den Staatsangehörigen eines der vertragsschließenden Staaten einen Anspruch auf die Leistungen nach den Gesetzen und Regelungen jedes anderen Vertragschließenden unter denselben Bedingungen wie den Staatsangehörigen des letzteren, sofern sie bezüglich der nicht auf Beiträgen beruhenden Leistungen - also vorliegend des Kindergeldes - seit wenigstens sechs Monaten im Gebiet des letzteren Vertragschließenden wohnen.
Die Klägerin besitzt die türkische Staatsangehörigkeit. Neben der Staatsangehörigkeit sind - abgesehen von einem sechsmonatigen Wohnen - weder nach dem Abkommenswortlaut noch nach der zur Abkommensauslegung heranzuziehenden Zielsetzung des Abkommens (vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen nach Art. 31 Wiener Übereinkommen vom 23.05.1969 über das Recht der Verträge, Wiener Vertragsrechtskonvention, BGBl 1985 II, 926, BSG, BSGE, 93, 194) weitere Voraussetzungen für die Gleichstellung zu erfüllen. Für die Zielsetzung des Abkommens ist insbesondere dessen Präambel maßgeblich, wonach das Abkommen dem "Grundsatz der Gleichbehandlung der Angehörigen aller Vertragsschließenden" dient. Daraus folgt, dass es das Ziel der Vertragsschließenden war, in dem geregelten Umfang eine Gleichstellung mit Inländern zu erreichen. Damit scheidet eine besondere Ausländerbehandlung aus und es kann kein spezifischer Aufenthaltstitel als Anspruchsvoraussetzung verlangt werden (vgl. Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, II Kommentierung Abkommen, Vor. Europ. Abkommen D Rz. 4; anders demgegenüber die im Zusammenhang mit der Zielsetzung des ARB 3/80 vertretenen unterschiedlichen Auffassungen BSG-Urteil vom 05.10.2006 B 10 EG 6/04 R, SozR 4 -1300 § 48 Nr. 8; Rz. 32; FG Köln Urteil vom 28.06.2001 3 K 3355/97, InfAuslR 2001, 430; Niedersächsisches FG Urteil vom 09.05.2000 14 K 333/98 Ki, EFG 1998, 750).
Für die Auslegung des Begriffs des Wohnens gelten dieselben Auslegungsgrundsätze. Er ist abkommensspezifisch und jedenfalls in den verschiedenen Signaturstaaten nicht unterschiedlich auszulegen, da Sinn des Abkommens insoweit eine einheitlich geltende Regelung ist. Zur Auslegung ist deshalb ein Rückgriff auf nationales Recht nicht zulässig. Aus dem Abkommen lassen sich keinerlei Gesichtspunkte für die von der Beklagten angenommene Einschränkung entnehmen, wonach ein Wohnen im Sinne des Abkommens nur bei einer privaten Wohnungsanmietung gegeben sein soll (ebenso ohne nähere Begründung Lange/Novak/Sander/Stahl/Weinhold, Kindergeldrecht im öffentlichen Dienst, § 62 EStG Erl. D VI 1 Rz. 118). Die vertragsschließenden Staaten haben die Gleichstellung unabhängig vom ausländerrechtlichen Status und vom Erwerbsstatus lediglich von der Voraussetzung eines sechsmonatigen Wohnens im jeweiligen Vertragsstaat abhängig gemacht. Der Anwendungsbereich des Vorläufigen Europäischen Abkommens kann deshalb nicht nachträglich im Wege ergänzender einschränkender Vertragsauslegung - etwa im Hinblick auf Asylproblematiken und die damit im Zusammenhang stehende Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften - korrigiert werden. Auch nach der Dienstanweisung des Beklagten DA-FamEStG 62.4.3 Abs. 4 Satz 4 (BStBl I 2007, 489, 492) hängt der Kindergeldanspruch lediglich von einem inländischen Aufenthalt ab (anders hingegen die im BA-Rundbrief 76/2002 vom 03.12.2002, Anlage 2, 2.5 Abs. 4 Satz 6 vertretene Auffassung, wonach die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft nicht ausreichen soll). Allgemein wohnt eine Person an dem Ort, an dem sie sich gewöhnlich aufhält und sich der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befindet, an dem sie sich also nicht lediglich besuchsweise aufhält.
Nach diesen Grundsätzen wohnte die Klägerin zu Beginn des Streitzeitraums bereits seit sechs Monaten im Inland. Sie hielt sich ab der Antragstellung bereits ununterbrochen seit ca. 5 Jahren in Deutschland auf. In Deutschland befand sich damit ihr Lebensmittelpunkt und ihr stand in der Gemeinschaftsunterkunft eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung.
Zugleich erfüllt die Klägerin auch die für Inländer geltenden Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG, denn auf Grund der Länge ihres Aufenthaltes hatte sie im Inland zumindest ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Nach § 9 Satz 1 AO unterhält jemand einen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend weilt. Dabei gilt nach der gesetzlichen Definition des § 9 Satz 2 1. Halbsatz AO ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten stets von Beginn an als gewöhnlicher Aufenthalt. Die Tatsache, dass die Klägerin im Streitzeitraum lediglich im Besitz von Duldungen war und damit ausländerrechtliche Bestimmungen einem dauerhaften Aufenthalt im Inland zunächst entgegenstanden, ändert hieran nichts. Denn die Prüfung der Voraussetzungen des § 9 AO ist allein anhand tatsächlicher Gegebenheiten vorzunehmen (vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO, 16. Aufl., § 9 Tz. 2 m.w.N.). Schließlich hatten auch die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (§ 63 Abs. 1 Satz 3 EStG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.
Ende der Entscheidung
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