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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 05.02.2007
Aktenzeichen: 16 V 3454/06 A(AO)
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 146
AO 1977 § 147 Abs. 1 Nr. 2
AO 1977 § 147 Abs. 6 S. 1
AO 1977 § 147 Abs. 6 S. 2

Entscheidung wurde am 30.04.2007 korrigiert: das Verkündungsdatum muss 05.02.2007 statt 02.11.2007 lauten
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

16 V 3454/06 A(AO)

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin (Astin) ist ein Unternehmen in Form einer Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland. Sie ist 100%-ige Tochter der AA- AG, an der wiederum die A-AG 100% der Anteile hält. Die Astin wickelt ihre handelsrechtliche Finanzbuchhaltung über ERP-Software ab.

Die Belegarchivierung war bei der Astin in den Streitjahren 2001 bis 2003 wie folgt organisiert: Für den Zeitraum 1. Januar 2001 bis 30. Juni 2001 (Rumpfwirtschaftsjahr) wurden die Eingangsrechnungen allein in Papierform vorgehalten. Für das daran anschließende Rumpfwirtschaftsjahr 1. Juli bis 31. Dezember 2001 wurden die Eingangsrechnungen nachträglich eingescannt und im Anschluss daran die Originale vernichtet. Dabei wurden in einem einheitlichen Vorgang zusammen mit den steuerlich relevanten Unterlagen auch steuerlich irrelevante Unterlagen eingescannt, ohne dass im System eine Trennung beider Arten von Unterlagen möglich wäre. Ab dem 1. Januar 2002 implementierte die Astin einen neuen Arbeitsablauf ("kreditorischer Workflow"). Der größte Teil der eingehenden Rechnungen (ca. 90%) wurde nunmehr durch den konzerninternen Dienstleister AB-AG so verarbeitet, dass auch technisch eine Trennung zwischen steuerlich relevanten und irrelvanten Unterlagen möglich wurde. Nur noch etwa 10% der eingehenden Rechnungen wurden weiterhin in dem einheitlichen Scan-Verfahren verarbeitet, das keine Trennung ermöglichte. Ausgangsrechungen wurden von der Astin ab dem 1. Februar 2003 größtenteils als pdf-Dokumente archiviert. Für die Vorzeit wurden Duplikate der Originale aufbewahrt.

Der "reguläre Workflow" der Digitalisierung von Eingangsbelegen bei der Astin lief im einzelnen wie folgt ab: Zunächst wurden die Daten der Eingangsrechnungen in einer Vorerfassungsmaske erfasst. Anschließend ergänzte der Rechnungsprüfer den Beleg und verbuchte ihn. Mit der Verbuchung wurde aus dem Vorerfassungsbeleg ein Buchführungsbeleg (FI-Beleg), der in der Datenbank gespeichert wurde. Die Eingangsrechnung wurde sodann eingescannt und als tif-Datei im Archiv gespeichert, anschließend wurde das Original vernichtet. Die Ablage des FI-Belegs und der tif-Datei erfolgte also in unterschiedlichen Ablagesystemen. Allerdings befand sich im FI-Beleg ein Verweis auf die als tif-Datei gespeicherte Eingangsrechnung. Im Rahmen dieser Verlinkung konnte der eingescannte Beleg aus dem System heraus aus dem optischen Archivierungssystem aufgerufen werden, und zwar auch nach bestimmten Suchkriterien. Im System konnte auf diese Weise der Weg vom "Beleg zur Buchung" oder von der "Buchung zum Beleg" nachvollzogen werden.

Am 18. Juli 2005 ordnete der Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) die Durchführung einer Betriebsprüfung (BP) für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2003 an. Im Rahmen der laufenden BP gestattete die Astin dem FA - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - den unmittelbaren Zugriff im Sinne des § 147 Abs. 6 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) auf die seit dem 1. Januar 2002 archivierten Eingangsbelege, soweit sie über den "kreditorischen Workflow" verarbeitet worden waren. Die Astin untersagte dem FA dagegen den Datenzugriff auf den Teil der ab dem 1. Januar 2002 weiterhin einheitlich eingescannten Belege. Darüber hinaus untersagte sie ebenfalls in vollem Umfang den Datenzugriff auf die vor dem 1.1.2002 digital archivierten und papierenen Belege. Gleichzeitig bot die Astin an, sämtliche in Papierform vorgehaltenen Belege vorzulegen sowie die nicht freigegebenen Belege auf Wunsch in Papierform auszudrucken. Zur Begründung führte die Astin aus, dass insoweit aufgrund des Archivierungsprozesses eine Trennung von steuerlich relevanten und steuerlich irrelevanten Unterlagen unterblieben sei. Eine rückwirkende Trennung sei nicht bzw. nur mit einem erheblichen Kostenaufwand möglich, denn hierzu bedürfe es eines Ausdrucks der steuerrelevanten Belege und einer erneuten Einzelarchivierung. In Bezug auf die ab dem 1. Februar 2003 als pdf-Dateien archivierten Ausgangsrechnungen wurde der BP - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - der Datenzugriff in vollem Umfang eingeräumt. Für die Vorzeit wurde ein Duplikat der Originale in Papierform vorgelegt.

Mit Verwaltungsakt vom 31. März 2006 forderte das FA die Astin auf, binnen 4 Wochen den Datenzugriff auf die digitalisierten Belege (Ein- und Ausgangsrechnungen) für den Prüfungszeitraum 2001 bis 2003 durch die BP zu ermöglichen. Indem die Astin die Originalbelege mittels eines EDV-Systems speichere und die Originale vernichte, seien die digitalisierten Belege Teil der elektronischen Buchführung geworden. Dem FA stehe daher gem. § 147 Abs. 6 AO ein Einsichtsrecht zu. Für die Frage, ob Unterlagen im Sinne des § 147 Abs. 1 AO dem Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO unterlägen, komme es nicht darauf an, ob diese ursprünglich ohne Hilfe eines Datenverarbeitungssystems oder ob diese von Anfang an digitalisiert erstellt worden seien. Entscheidend sei allein, ob die zu prüfende Buchführung in digitalisierter Form vorliege. Das Verlangen der BP, den Datenzugriff freizuschalten, sei auch ermessensgerecht. Denn ein Online-Bildschirmzugriff auf die Belege vermeide zeitaufwendige schriftliche Beleganforderungen an die Astin. Die technische Umsetzung sei mit vergleichsweise geringem Aufwand verbunden, da die für Mitarbeiter bereits vorhandene Möglichkeit des Online-Zugriffs lediglich auch für die Prüfer freigeschaltet werden müsse. Die Tatsache, dass mit den Belegen möglicherweise auch solche Unterlagen angezeigt würden, die möglicherweise nicht der BP vorzulegen seien, rechtfertige keine anderslautende Entscheidung. Denn ansonsten könne durch eine entsprechende Vermischung von steuerrelevanten und -irrelevanten Daten der Datenzugriff generell verhindert werden. Es sei vielmehr Sache des Steuerpflichtigen, für eine entsprechende Trennung der Datenbestände zu sorgen (Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts --FG-- Rheinland-Pfalz vom 20. Januar 2005 4 K 2167/04, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2005, 667).

Dagegen legte die Astin fristgemäß Einspruch ein und beantragte zugleich Aussetzung der Vollziehung (AdV). Den AdV-Antrag lehnte das FA am 13. Juli 2006 ab. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes seien nicht zu erkennen. Es bestehe ein generelles Zugriffsrecht auf digitalisiert archivierte Daten gem. § 147 Abs. 5 AO. Auf die maschinelle Auswertbarkeit, die beim Datenzugriff gem. § 147 Abs. 6 AO gefordert werde, komme es bei dieser Norm nicht an.

Hiergegen richtet sich der AdV-Antrag gem. § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). In sachlicher Hinsicht sei zunächst auszuführen, dass der Eindruck der BP, dass kaum 10% der Aufwandsbelege freigeschaltet seien, nicht zutreffe. Dieser unzutreffende Eindruck resultiere möglicherweise daraus, dass im System weder die nicht freigeschalteten 10% der Belege noch die ausschließlich in Papierform vorliegenden Belege angezeigt würden.

In rechtlicher Hinsicht bestehe keine Rechtsgrundlage für einen digitalen Zugriff des FA auf die digital vorgehaltenen Ein- und Ausgangsrechnungen. Ein Datenzugriffsrecht nach § 147 Abs. 6 AO bestehe nicht. Zum einen handle es sich nicht um originär digitale Daten im Sinne des hierzu ergangenen Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 16. Juli 2001 IV D 2 - S 0316 - 136/01 (Bundessteuerblatt --BStBl-- I 2001, 415) betreffend die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU). Hierbei handle es sich nur um solche Unterlagen und Informationen, die beim Unternehmen in digitaler Form erstellt oder bereits empfangen worden seien, nicht aber um solche, die erst beim Anwender - etwa durch Scannen - von analoger in digitale Form transformiert würden. Diesen Bilddaten fehle es an der für den Datenzugriff erforderlichen "tatsächlichen Einbindung" in das DV-gestützte Buchführungssystem. Soweit das FA davon ausgehe, dass es das Recht auf Einsicht in die gespeicherten Unterlagen habe, wenn eine Buchführung mittels eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sei, gehe dies im Hinblick auf lediglich digital vorgehaltene Abbildungen der Originale zu weit. Das Gesetz gewähre lediglich ein Einsichtsrecht in die "gespeicherten Daten" und nicht in digital gespeicherte "Unterlagen".

Zum anderen seien die eingescannten Belege auch nicht - wie von § 147 Abs. 6 AO vorausgesetzt - maschinell auswertbar. Es handle sich zum Teil um pdf-Dateien, die lediglich betrachtet und ausgedruckt, aber gerade nicht mehr weiterverarbeitet werden könnten. Gleiches gelte, soweit die Unterlagen in tif-Dateien abgelegt worden seien. Hierbei handle es sich um ein Dateiformat zur Speicherung von Bilddateien. Insoweit handle es sich um ein grafisches Format ohne notwendige Strukturinformationen, das ebenfalls nicht maschinell auswertbar sei. An dem Fehlen der maschinellen Auswertbarkeit ändere sich auch durch die Verlinkung mit dem FI-Beleg im System nichts. Das optische Archiv sei von der digitalen Buchführung zu unterscheiden. Es handle sich um zwei Sphären von Daten, von denen die eine verarbeitungsfähig, die andere jedoch nicht verarbeitungsfähig sei. Die Bilddateien seien entgegen der Auffassung des FA auch nicht in das Buchführungssystem eingebunden. Allein die Möglichkeit der Sichtbarmachung am Bildschirm begründe jedoch mangels Auswertungsmöglichkeit kein Datenzugriffsrecht.

Auch aus § 147 Abs. 5 AO ergebe sich kein Anspruch des FA auf unmittelbare Einsichtnahme in die digital vorgehaltenen Belege am Bildschirm. Aus dieser Vorschrift lasse sich keine eigenes, unmittelbares, dem Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 Satz 1 AO vergleichbares Zugriffsrecht auf Wiedergabe der streitgegenständlichen Belege auf einem Bildschirm ableiten. § 147 Abs. 6 AO beinhalte eine abschließende Regelung des Datenzugriffs. Aus § 147 Abs. 5 AO, der die Lesbarmachung von Unterlagen zum Gegenstand habe, ergebe sich kein Vorrang des elektronischen Zugriffs auf die aufzubewahrenden Unterlagen. Die Entscheidung über die Art der Lesbarmachung obliege allein dem Steuerpflichtigen, und zwar auch dann, wenn ein elektronischer Zugriff aus Sicht des FA schneller und bequemer sei. Eine andere Wertung ergebe sich auch nicht aufgrund der Einführung des Datenzugriffs. Weder vor noch nach der Einführung existierte bzw. existiere ein Recht des FA, im Rahmen einer BP selbst auf die digital vorgehaltenen Daten zuzugreifen. Die Vorschrift stamme im Übrigen noch aus einer Zeit, in der man Bildträger - wie etwa Mikrofiche - kannte, die sich jedoch von digitalen Bilddateien unterscheiden würden. Daraus, dass der Tatbestand im Zuge der Einführung des Datenzugriffs, um das Wort "unverzüglich" ergänzt worden sei, sei nicht zu schließen, dass die Rechte der BP hätten erweitert werden sollen, insbesondere nicht im Sinne einer Priorisierung der Sichtbarmachung eines Beleges am Bildschirm gegenüber dem Ausdruck. Erst jüngst habe zudem das FG Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 13. Juni 2006 1 K 1743/05 (EFG 2006, 1634) entschieden, dass der Umstand, dass eine Ermittlung der Daten über den Weg der Finanzbuchhaltung umständlicher und zeitaufwendiger sei, die Gewährung des Datenzugriffs nicht notwendig im Sinne der vorzunehmenden Ermessensentscheidung mache.

Ferner lasse sich der Anspruch des FA auch nicht aus § 146 Abs. 5 AO ableiten. Daran habe sich auch durch die Änderung der Vorschrift im Zuge der Einführung des Datenzugriffs nichts geändert. Ausdruck, Bildschirmeinsicht oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktion stünden auch hier - ebenso wie im Rahmen des § 147 Abs. 5 AO - gleichberechtigt zur Verfügung. Nichts anderes ergebe sich aus dem ausdrücklichen Verweis des § 146 Abs. 5 Satz 3 AO auf den § 147 Abs. 6 AO. Hierüber werde der Datenzugriff nur insoweit gewährt, als es sich um maschinell auswertbare Daten handle. Dies treffe im Streitfall aber gerade nicht zu.

Selbst wenn man jedoch entgegen der Auffassung der Astin von einem Zugriffsrecht ausginge, sei das Zugriffsverlangen des FA im Streitfall unangemessen. Bei der Archivierung der Astin handle es sich lediglich um ein Ablagesystem, nicht aber um ein elektronisches Buchführungssystem. Der vom Gesetzgeber mit der Einführung des § 147 Abs. 6 AO verfolgte Zweck, die BP durch den digitalen Datenzugriff zu beschleunigen, könne daher im Streitfall nicht eintreten, da die Unterlagen nicht maschinell auswertbar seien. Die Anordnung des Datenzugriffs wäre daher nicht das mildeste Mittel zur Erreichung des Zwecks, da durch ein Ausdrucken der Daten das gleiche Ergebnis erreicht werden, die Astin aber auf diese Weise zwischen steuerrelevanten und -irrelevanten Daten trennen könne. Eine technische Trennung der steuerlich relevanten und -irrelevanten Daten sei rückwirkend nicht bzw. nur mit unverhältnismäßig hohem Kostenaufwand möglich. Durch den Ausdruck komme es auch zu keiner Behinderung der Prüfung, zumal den Prüfern bereits 90% der Unterlagen, die ab dem 1. Januar 2002 eingescannt wurden, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zur Verfügung gestellt worden seien.

Hinzu komme, dass § 147 Abs. 6 AO nach seinem Wortlaut zwar "Einsicht in die gespeicherten Daten" erlaube. Die Vorschrift sei jedoch verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass nicht der Zugriff auf alle Daten, sondern nur auf steuerrelevante Daten erlaubt sei (Kerssenbrock/Riedle/Strunk, Der Betrieb --DB-- 2002, Beilage 9 zu Heft Nr. 49, 5). Dem habe sich die Finanzverwaltung im GDPdU-Erlass vom 16. Juli 2001 (BStBl I 2001, 415, Tz. I 1.) angeschlossen. Die Formulierung der GDPdU verdeutliche, dass selbst ein Zugriff auf möglicherweise steuerlich relevante Daten unverhältnismäßig sei. Soweit sich das FA daher darauf berufe, dass zusammen mit den gescannten Eingangsrechnungen weitere "sachverhaltserhellende" Unterlagen aufbewahrt würden - was allerdings schon dem Grunde nach bestritten werde -, begründe dies vor diesem Hintergrund kein Zugriffsrecht. Jedes Verlangen eines Datenzugriffs auf eine Mischbestand von steuerlich relevanten und irrelevanten Daten sei in jeder Hinsicht per se unangemessen, da eben lediglich ein Zugriffsrecht auf steuerlich relevante Daten bestehe.

Ferner sei zu bedenken, dass in einer Eingewöhnungsphase nach Einführung des Datenzugriffs noch nicht mit einer perfekten Mitwirkung der Steuerpflichtigen gerechnet werden könne. Die unglückliche Archivierung falle genau in den Zeitraum, in dem die EDV-Systeme zwecks Anpassung an die Anforderungen umgestellt worden seien.

Die Vollziehung des Freigabeverlangens hätte schließlich für die Astin eine unbillige, nicht durch öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge. Eine unbillige Härte könne auch darin liegen, dass dem Betroffenen ein Tun, Dulden oder Unterlassen abverlangt werde, dessen nachteilige Folgen einen irreparablen Schaden hervorrufen würden. Dies sei vorliegend der Fall, da mit dem unverhältnismäßigen Eingriff des FA irreversible Folgen für das Datenschutzrecht der Astin verbunden seien.

Für die weiteren Ausführungen und Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Astin vom 24. August 2006 und vom 31. Oktober 2006 sowie auf die den Schriftsätzen beigefügten Anlagen Bezug genommen.

Die Astin beantragt,

die Vollziehung der Anordnung vom 31. März 2006, mit welcher der Antragsgegner den Datenzugriff auf die digitalisierten Belege (Ein- und Ausgangsrechnungen) für den Prüfungszeitraum 2001 bis 2003 fordert, auszusetzen sowie hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Beschwerde zuzulassen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Das FA hält an seiner Auffassung fest, dass ein Recht auf eine Einsichtnahme in die digitalisierten Belege für 2001 bis 2003 am Bildschirm bestehe. Die Astin habe der BP die Möglichkeit zur Belegansicht für einen Teil der Belege eingeräumt. Diese umfasse jedoch in weiteren Teilen nicht die Belege, die im allgemeinen Gegenstand einer Prüfung seien, wie z.B. Aufwandsbelege. Hier seien weit weniger als 90% der Belege freigeschaltet. Es sei der BP bislang lediglich gelungen, Grundsteuerbescheide als Belege anzuzeigen. Der Anteil der freigeschalteten Belege liege daher wohl eher unter 10%.

In rechtlicher Hinsicht sei nicht ernsthaft zweifelhaft, dass Belege, die ein Steuerpflichtiger nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS, vgl. BMF-Schreiben vom 7. November 1995 IV A 8 - S 0316 - 52/95, BStBl I 1995, 738) elektronisch archiviert habe und die in seiner Buchführung auswertbar integriert seien, dem Datenzugriff gem. § 147 Abs. 6 AO unterlägen. Am Bildschirm seien zudem die Unterlagen sichtbar zu machen, die der Steuerpflichtige zu seinen Buchführungsunterlagen nehme und zusammen mit seinen Belegen elektronisch archiviere. Vorliegend seien die ursprünglich in Papierform eingegangenen Unterlagen deshalb "mittels eines Datenverarbeitungssystems erstellt" worden, weil sie nunmehr nur noch in digitaler Form vorlägen und daher innerhalb des Datenverarbeitungssystems erstellt worden seien. Die von der Astin gespeicherten Bilddateien seien ferner auch maschinell auswertbar. Denn es verhalte sich nicht so, dass die Archivdatei außer der Belegnummer und dem Wirtschaftsjahr keine weiteren Daten über den Inhalt des gespeicherten Bildes enthalte. Vielmehr seien alle Teile des Beleginhalts, die datenmäßig auswertbar seien, zusammen mit der Bilddatei erfasst und abgespeichert worden. Diese Daten seien Teil des Datensatzes, der die bildliche Wiedergabe enthalte. Diese seien mit dem Buchführungssystem verknüpft und aus dem Buchungssystem heraus entweder sachverhaltsbezogen oder zu Auswertungszwecken separat aufzurufen. Aufgrund der Einbindung des Archivsystems in die Buchführung sei eine maschinelle Auswertung der Belege im Sinne eines Lese-, Filter- und Sortierzugriffs möglich.

Darüber hinaus sei die Astin auch nach § 147 Abs. 5 AO verpflichtet, die elektronisch archivierten Belege am Bildschirm sichtbar zu machen. Es stehe insoweit nicht im Belieben des Steuerpflichtigen, in welcher Form er die Unterlagen reproduziere und vorlege. Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut "zur Verfügung zu stellen". Diese Formulierung könne - entgegen der Ansicht der Astin - nicht so verstanden werden, dass sie lediglich die Hilfsmittel zur Lesbarmachung vorhalten müsse, ohne dass sich hieraus eine Berechtigung des FA zur Nutzung derselben ergebe. Auch ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen, in welcher Form er die Belege vorlege, bestehe nicht. Die Vorlage eines Ausdrucks sei schon deshalb nicht als gleichwertig anzusehen, weil dann nicht mehr überprüfbar wäre, ob die Kopie dem Original entspreche. Der Hinweis der Astin, dass das Archivierungssystem ordnungsgemäß sei, helfe insoweit nicht weiter, da die Prüfer ohne einen Zugang zu dem Speichermedium die Identität zwischen archivierter und ausgedruckter Version nicht feststellen könne. Der Prüfer müsse auch nicht davon ausgehen, dass die ihm vorgelegten Unterlagen vollständig seien. Schließlich könne dieser auch in der "Papierwelt" die Vorlage des Originalbelegs verlangen. Eine entsprechende Überprüfung sei in der "digitalen Welt" nur in der Online-Ansicht möglich. Im Übrigen sei der Steuerpflichtige bereits vor der Einführung des Datenzugriff nach den GoBS (Tz. 8.0) verpflichtet gewesen, die Hilfsmittel zur Sichtbarmachung von auf Datenträgern gespeicherten Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Auch § 147 Abs. 2 AO gehe erkennbar davon aus, dass mit der Einrichtung einer elektronischen Archivierung der mit Hilfsmittel sichtbar gemachte Beleg Gegenstand der Prüfung sei, während der Papierausdruck nur im Ausnahmefall verlangt werden könne.

Das Verlangen auf Freischaltung des Zugriffs auf die digitalen Belege sei schließlich auch ermessensgerecht. Der Online-Zugriff sei eine geeignete Methode, den Prüfungsablauf zu beschleunigen. Der von der Astin vorgeschlagene Weg, die Belege im Einzelfall schriftlich anzufordern, sie auszudrucken und dann zu prüfen, sei umständlich sowie zeit- und arbeitsintensiv. Da der Zugriff auf die Belege technisch unproblematisch sei, sei die Einräumung einer Zugriffsmöglichkeit auch kostengünstiger.

Soweit sich die Astin darauf berufe, dass sie zusammen mit den Belegen nicht steuerrelevante Unterlagen archiviert habe, treffe dies wohl schon dem Grunde nach nicht zu. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass es sich im Wesentlichen um sachverhaltserhellende Unterlagen - z.B. um Erläuterungen zu den einzelnen Buchungsvorgängen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht - handle. Derartige Unterlagen seien im Rahmen der Mitwirkungspflicht vorzulegen (Hinweis auf Weiß, Die steuerliche Betriebsprüfung --StBP-- 2004, 220 ff.). Selbst wenn die Unterlagen jedoch zum Teil als nicht steuerlich relevant zu qualifizieren seien, rechtfertige dies nicht, von einem Zugriff auf die Belege abzusehen. Es sei allein die Sache des Steuerpflichtigen, seine Buchführung so zu organisieren, dass das FA bei einer Prüfung keine geschützten Bereiche tangiere. Ansonsten hätte es der Steuerpflichtige in seiner Hand, durch eine Vermischung von relevanten und nicht relevanten Unterlagen die Vorlage der Buchführung im Rahmen der BP zu verhindern. Auch das "Anforderungs"-Argument könne nicht dazu führen, dass der Astin eine Übergangsfrist eingeräumt werde, die gesetzlich nicht vorgesehen sei.

Schließlich liege auch keine unbillige Härte im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 2.Alt. FGO vor. Von einer Verletzung des Datenschutzrechtes könne schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die mit den Eingangsbelegen verbundenen Unterlagen wohl ebenfalls vorlagepflichtig seien. Eine Reorganisation des Archivs habe das FA zu keinem Zeitpunkt verlangt.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

I. 1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 1. Alt. FGO soll das FG die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes auf Antrag dann aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden (§ 69 Abs. 3 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen. Die Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 6. Juni 2002 V B 110/01, Sammlung amtlich nicht zur Veröffentlichung bestimmter Entscheidungen des BFH --BFH/NV-- 2002, 1736, unter II. 1., m.w.N.).

2. Der Senat legt das Rechtsschutzziel der Astin dahingehend aus, dass diese dem FA das mit Verwaltungsakt vom 31. März 2006 beanspruchte Recht abspricht, aus dem System der Astin heraus "im Rahmen des Datenzugriffs" die Ein- und Ausgangsrechnungen des Prüfungszeitraums, soweit sie in digitalisierter Form vorliegen, aufzurufen und am Bildschirm zu Prüfungszwecken anzusehen. Der Senat versteht den Antrag der Astin zudem so, dass Antragsgegenstand allein die - erstmals ab dem 1. Juli 2001 - in digitalisierter Form vorgehaltenen Belege sind. Soweit die Astin in der Antragsschrift vom 28. August 2006 ausgeführt hat, sie habe die Möglichkeit des Datenzugriffs auf die Eingangsrechnungen für die vor dem 1. Januar 2002 erstellten papierenen und elektronischen Belege versagt, versteht der Senat diese Äußerung so, dass die Astin damit zwischen ursprünglich in Papierform angefallenen Eingangsrechnungen und originär elektronisch eingegangenen Eingangsrechnungen differenzieren will. Dass Antragsgegenstand auch der Zugriff auf in Papierform existierende Belege sein soll, ist aus Sicht des Senats jedenfalls nicht ersichtlich, zumal sich das Freigabeverlangen des FA ausschließlich auf digitalisierte Belege bezog, deren Originale vernichtet worden seien. Antragsgegenstand sind ferner nicht die Belege, die ab dem 1. Januar 2002 im Rahmen des kreditorischen Workflows verarbeitet wurden, denn hierauf bezog sich der Einspruch der Astin ausdrücklich nicht.

3. Im Streitfall bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass dem FA das Recht zusteht, auf die fraglichen Belege aus dem System der Astin heraus zuzugreifen und diese am Bildschirm einzusehen. Die Rechtsgrundlage hierfür ergibt sich nach Auffassung des Senats - wie auch vom FA in der Verfügung vom 31. März 2006 geltend gemacht - bereits aus § 147 Abs. 6 Satz 1 AO.

a) Gem. § 147 Abs. 6 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, wenn Unterlagen im Sinne des § 147 Abs. 1 AO mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen (sog. Nur-Lesezugriff bzw. Z1-Zugriff). Gem. § 147 Abs. 6 Satz 2 AO kann die Finanzbehörde auch verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet oder ihr die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt werden (sog. Z2- bzw. Z3-Zugriff).

b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen der im Streitfall allein maßgeblichen Vorschrift des § 147 Abs. 6 Satz 1 AO betreffend den Zugriff liegen vor. Bei den fraglichen Ein- und Ausgangsrechnungen, auf die sich das Zugriffsverlangen der BP erstreckt, handelt es sich um Unterlagen im Sinne des § 147 Abs. 1 AO. Bei den Eingangsrechnungen handelt es sich um empfangene Handels- und Geschäftsbriefe im Sinne des § 147 Abs. 1 Nr. 2 AO. Die Duplikate der abgesandten Ausgangsrechnungen fallen unter § 147 Abs. 1 Nr. 3 AO. Insgesamt handelt es sich zudem - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - auch um Buchungsbelege im Sinne des § 147 Abs. 1 Nr. 4 AO, da sowohl Eingangs- als auch Ausgangsrechnungen zur Verbuchung der Geschäftsvorfälle verwendet wurden.

c) Die Belege wurden nach Auffassung des Senats auch "mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt". Allerdings ist dieses Tatbestandsmerkmal auslegungsbedürftig, zumal das Gesetz keine Definition des Begriffs beinhaltet.

aa) Die Finanzverwaltung geht in den "GDPdU" (vgl. BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 IV D 2 - S 0316 - 136/01, BStBl I 2001, 415) im Abschnitt III, der sich mit der Archivierung digitaler Unterlagen befasst, unter 1. (betreffend Unterlagen im Sinne des § 146 Abs. 5 AO) davon aus, dass sich der Datenzugriff allein auf originär digitale Unterlagen erstreckt. Nach dem Verständnis der Finanzverwaltung sind hierunter die in das Datenverarbeitungssystem in elektronischer Form eingehenden und die im Datenverarbeitungssystem erzeugten Daten zu verstehen. Wann dies im einzelnen der Fall ist, wird unterdessen nicht näher ausgeführt. In dem vom BMF herausgegebenen Fragen- und Antwortkatalog zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung (Stand 1. Februar 2005, abrufbar auf der Internetseite des BMF, www.bundesfinanzministerium.de) wird die Frage, ob eine Pflicht zur Digitalisierung eingehender Unterlagen wie Geschäftsbriefen, Eingangsrechnungen etc. bestehe, prinzipiell verneint (vgl. Abschnitt III unter 2.). Im Folgenden heißt es aber: "Werden diese Unterlagen aus betrieblichen Erfordernissen jedoch "GoBS-konform" digitalisiert, besteht hingegen ein Zugriffsrecht der Finanzverwaltung auf die digitalisierten Unterlagen. Dies sollte bei der Entscheidung über die Anschaffung eines Dokumenten-Management-Systems unbedingt berücksichtigt werden." Diese Ausführungen stehen freilich in einem Gegensatz zu der nachfolgend aufgestellten "Faustregel", dass es sich um maschinell auswertbare Daten handeln muss. Verstünde man darunter - wie von der Finanzverwaltung vertreten - das Filtern und Sortieren von Daten, bestünde etwa bei als Image nachträglich digitalisierten Unterlagen regelmäßig kein Zugriffsrecht, weil Bilddateien nicht in diesem Sinne auswertbar wären (so auch ausdrücklich in Bezug auf Textdateien die "GDPdU" unter III.1.).

bb) In der Literatur wird zumeist an die Definition der Finanzverwaltung angeknüpft und ebenfalls gefordert, dass die Daten in elektronischer Form in das Datenverarbeitungssystem eingehen bzw. im Datenverarbeitungssystem selbst erzeugt werden müssen. Bei dieser Definition liegt der Literaturauffassung wohl in der Regel die Vorstellung zugrunde, dass es sich um Daten handelt, für die außerhalb der Datenverarbeitungsanlage keine Originale vorhanden sind (so etwa ausdrücklich Sauer, in Beermann, Kommentar zur AO, FGO, Loseblatt, § 147 AO Rn. 53). Darüber hinaus wird das Tatbestandsmerkmal der Erstellung mittels eines Datenverarbeitungssystems nahezu unisono mit dem Erfordernis der maschinellen Auswertbarkeit verknüpft. So vertritt beispielsweise Eller (Elektronische Rechnungsstellung und digitale Betriebsprüfung, Berlin 2003, 59) die Auffassung, dass Papier- und Faxdokumente, die zwar digitalisiert und eingespeichert, aber nicht so aufbereitet worden sind, dass sie maschinell weiterverarbeitbar wären, nicht unter den Datenzugriff fallen. Insoweit genüge die vollständige digitale Erfassung, Speicherung und Wiedergabe des ursprünglichen Dokumentes, das in der Prüfung lediglich sichtbar zu machen sei (Gl.A. etwa Kuhfus, in Kühn/v.Wedelstädt, 18. Aufl. 2004, § 147 Rn. 15; und Schmitz, StBP 2002, 221, 225, die zwischen originär digitalen Unterlagen auf der einen und originär in Papierform angefallen bzw. nicht zur Weiterverarbeitung in einem DV-geführten Buchführungssystem geeigneten Unterlagen unterscheiden).

cc) Der Senat vermag sich diesem von der Finanzverwaltung und Literatur vertretenen Begriffsverständnis nicht anzuschließen. Die Frage der maschinellen Auswertbarkeit ist zunächst von der Frage zu trennen, ob eine Unterlage im Sinne des § 147 Abs.1 AO "mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt" wurde. Die Auslegung des letztgenannten Begriffs hat am Wortlaut anzusetzen, der allerdings im Streitfall wenig ergiebig ist. Elektronische Datenverarbeitung (kurz EDV oder DV) ist ein Sammelbegriff, der alle Verarbeitungsformen von Daten durch elektronische Maschinen, insbesondere Computer, umfasst. Datenverarbeitung beschreibt den Vorgang, dass Daten in ein Datenverarbeitungssystem eingegeben oder von diesem erfasst, sodann verarbeitet und schließlich wieder ausgegeben werden. Diese Voraussetzung dürfte das bloße Scannen von Unterlagen streng genommen nicht erfüllen. Das Scannen eines Dokumentes führt dazu, dass von einem Dokument in Papierform ein elektronisches Abbild erzeugt und in Form einer Bilddatei - etwa im Format tif oder pdf - gespeichert wird. Diese Digitalisierung wird in der Regel mit dem Ziel unternommen, die gewonnenen digitalen Daten in einem elektronischen Datenverarbeitungssystem zu nutzen. Bei dem reinen Scannen handelt sich daher wohl erst um die Vorstufe einer Datenverarbeitung. Andererseits spricht der Wortlaut des § 147 Abs. 6 Satz 1 AO lediglich davon, dass die Unterlage "mit Hilfe" eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sein muss. Dies könnte - weit verstanden - auch die Daten, die mit einem an einer Datenverarbeitungsanlage angeschlossenen Peripheriegerät generiert werden, umfassen, ohne dass dadurch die Wortsinngrenze überschritten würde.

Dass das Scannen von Dokumenten jedenfalls dann als "Erstellung mit Hilfe einer Datenverarbeitungsanlage" zu verstehen ist, wenn die Originalunterlagen ursprünglich in Papierform vorhanden waren und nach dem Scannen vernichtet werden, folgt nach Auffassung des Senats jedoch aus der Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck des § 147 Abs. 1 und 2 AO. § 147 Abs. 6 Satz 1 AO verweist auf § 147 Abs. 1 AO, der den Kreis der aufzubewahrenden Unterlagen bestimmt. Diese Verweisung greift unterdessen insoweit zu kurz, als damit nicht jede mit einem Datenverarbeitungssystem erstellte Unterlage gemeint sein kann. Andernfalls würde beispielsweise jedes mit Hilfe eines Textverarbeitungsprogramms erstellte Papierdokument im Sinne des § 147 Abs. 1 AO diese Voraussetzung erfüllen, auch wenn die EDV vom Steuerpflichtigen nur wie eine Schreibmaschine eingesetzt wird. § 147 Abs. 2 AO eröffnet dem Steuerpflichtigen jedoch - ebenso wie die handelsrechtliche Parallelvorschrift des § 257 Abs. 3 des Handelsgesetzbuches (HGB) - ein Wahlrecht, in welcher Form er seiner Aufbewahrungspflicht nachkommen will. Wie sich zudem aus dem ebenfalls im § 147 Abs. 6 Satz 1 AO verwendeten Begriff der "gespeicherten Daten" ergibt, können mit der Verweisung auf § 147 Abs. 1 AO daher nur die Unterlagen gemeint sein, die der Steuerpflichtige aufgrund seines Wahlrechtes gem. § 147 Abs. 2 AO tatsächlich in digitaler Form aufbewahrt (gleiches gilt bei gleichzeitiger Aufbewahrung in herkömmlicher und digitaler Form, vgl. Urteil des FG Hamburg vom 13. November 2006 2 K 198/05, zitiert nach juris). Das Datenzugriffsrecht und die Aufbewahrungsmodalitäten stehen insoweit in einer Wechselbeziehung zueinander, die bei der Auslegung der jeweiligen Begrifflichkeiten zu berücksichtigen ist. Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass das im Zuge der Einführung des Datenzugriffs in den § 147 Abs. 2 Nr. 2 AO neu eingefügte Merkmal der "maschinellen Auswertbarkeit" seinerseits wiederum als Verweis auf § 147 Abs. 6 AO zu verstehen ist.

Hieraus folgt, dass bei der Auslegung des Merkmals "mit Hilfe einer Datenverarbeitungsanlage erstellt" zu berücksichtigen ist, ob der Steuerpflichtige mit der von ihm gewählten "Erstellungsweise" seine Aufbewahrungspflicht gerade im Sinne einer Speicherung auf Datenträgern erfüllen will. Mit anderen Worten: Entspricht es der betrieblichen Praxis, z.B. ein mit einer Textverarbeitung erstelltes Dokument digital vorzuhalten, oder entscheidet sich der Steuerpflichtige sogar allgemein für eine papierlose Buchführung, handelt es sich auch um "Unterlagen" bzw. "gespeicherte Daten" im Sinne des § 147 Abs. 6 Satz 1 AO (i.E. gl.A. Intemann/Cöster, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2004, 1981, 1984; ähnlich auch Stahl, Kölner Steuerdialog 2005, 14532, 14534). In diesem Fall kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob es sich um originär digitale Daten handelt. Es reicht vielmehr aus, wenn der Steuerpflichtige aufbewahrungspflichtige Unterlagen aus der "Papierwelt" in eine rein elektronische Ausgabeform überführt und die digitalisierten Daten damit an die Stelle der Originale treten.

Nur dieses Auslegungsergebnis wird letztlich auch dem Gesetzestelos gerecht, wonach durch den Datenzugriff gerade die Überprüfbarkeit papierloser Buchwerke sichergestellt werden soll (so die Begründung in der BT-Drucks. vom 28. September 1999, 14/1655, 20). Da nach derzeitigem Stand der Technik das betriebliche Dokumentenmanagement vielfach auf gescannten Unterlagen basiert, würde eine Trennung zwischen originär digitalen und nachträglich digitalisierten Unterlagen die vom Gesetzgeber gewollte Effektivierung der Prüfung in einem erheblichen Maße konterkarieren.

d) Darüber hinaus steht dem Begehren des FA auch nicht das Erfordernis einer "maschinellen Auswertbarkeit" der fraglichen Belege entgegen.

aa) Nach der wohl herrschenden Meinung in der Literatur und den einschlägigen Verwaltungsanweisungen setzt der Datenzugriff gem. § 147 Abs. 6 Satz 1 AO u.a. voraus, dass die Unterlagen im Sinne des § 147 Abs. 1 AO maschinell auswertbar sind (vgl. etwa Fragen- und Antwortkatalog des BMF zum Datenzugriff, Frage I.6.; Groß/Kampffmeyer/Eller, DStR 2005, 1214). Unter maschineller Auswertbarkeit wird dabei der wahlfreie Zugriff auf alle gespeicherten Daten einschließlich der Stammdaten und Verknüpfungen mit Sortier- und Filterfunktionen verstanden (vgl. Fragen und Antwortkatalog, a.a.O., unter III.3). Das Merkmal der maschinellen Auswertbarkeit der Daten begrenzt damit den Datenzugriff in erster Linie auf die Daten aus kaufmännischen Softwaresystemen, die als Datensatz vorliegen (vgl. etwa Groß/Kampffmeyer/Eller, DStR 2005, 1214). Werden Unterlagen in einer Art und Weise elektronisch gespeichert, dass sie nur maschinell gelesen, aber nicht maschinell selektiert und sortiert werden können, soll diese Form der Archivierung die Forderung nach maschineller Auswertbarkeit nicht erfüllen. Dies gelte z.B. für die Archivierung von Kopien von Ausgangsrechnungen in einem optischen Archiv, wenn diese nur als Image gespeichert sei und daher der Rechnungsinhalt lediglich angezeigt werden könne (vgl. AWV-Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e.V., Aufbewahrungspflichten und -fristen nach Handels- und Steuerrecht, 8. Aufl. 2002, 39). Die maschinelle Auswertbarkeit von Image-Dateien wie pdf oder tif wird also mit dem Argument verneint, es handle sich dabei um unstrukturierte Informationen, die nicht mittels mathematischer Operationen gefiltert und sortiert werden könnten (vgl. etwa Burchert, Die Information über Steuer und Wirtschaft --Inf-- 2006, 699, 703 m.w.N.). Auch Textdokumente sollen grds. vom Datenzugriff ausgnommen sein, da diese ebenfalls nicht zu einer Weiterverarbeitung in einem DV-gestützten Buchführungssystem geeignet seien (vgl. das BMF-Schreiben betreffend die "GDPdU" vom 16. Juli 2001 - IV D 2 - S 0316 - 136/01, BStBl I 2001, 415, 417).

bb) Der Senat folgt dieser Auslegung, die den Begriff der maschinellen Auswertbarkeit im Ergebnis auf die mathematischtechnische Auswertung im Rahmen von Datenbankprogrammen beschränkt, nicht.

(1) Aus der Vorschrift des § 147 Abs. 6 Satz 1 AO selbst, insbesondere aus dessen Wortlaut, lässt sich das Erfordernis einer "maschinellen Auswertbarkeit" der aufbewahrungspflichtigen Unterlagen zunächst überhaupt nicht ableiten. Die Vorschrift gewährt auf Tatbestandsseite bereits dann ein Einsichts- und Prüfungsrecht, wenn die betreffenden Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt wurden. Die von der Finanzverwaltung und Literatur geforderte "maschinelle Auswertbarkeit" wird lediglich im Satz 2 der Vorschrift erwähnt, der sich mit dem Z2-Zugriff befasst, während im Zusammenhang mit dem ebenfalls dort geregelten Z3-Zugriff von einer "maschinellen Verwertbarkeit" die Rede ist.

Auch der Wortlaut der im § 147 Abs. 6 Satz 1 AO angeordneten Rechtsfolge lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass eine maschinelle Auswertbarkeit der Unterlagen gegeben sein muss. Zwar kann danach das Datenverarbeitungssystem zur "Prüfung" der Unterlagen im Sinne des § 147 Abs. 1 AO genutzt werden. Zum einen ist dieser Begriff aber von seinem Wortsinn her deutlich weiter als der Begriff der "maschinellen Auswertbarkeit". Zum anderen sind die Rechte auf Einsichtnahme und Prüfung durch ein "und" miteinander verbunden, dem wohl eher ein aufzählender Charakter beizumessen ist. Die Rechte auf Einsichtnahme und Prüfung stünden dann gleichberechtigt nebeneinander, mit der Folge, dass der Datenzugriff auch die bloße Einsichtnahme im Sinne einer Lesbarmachung (und damit ohne jede maschinelle Auswertung) umfassen könnte.

Nichts anderes ergibt sich aus dem ebenfalls auf Rechtsfolgenseite verwendeten Begriff der "gespeicherten Daten". Zwar ließe der Wortsinn auch eine dahingehende Auslegung zu, dass dieser Begriff nicht als Synonym für die Unterlagen im Sinne des § 147 Abs. 1 AO, sondern im Sinne von datenbankmäßig auswertbaren Daten verwendet wird. Der Senat geht jedoch davon aus, dass im Rahmen des § 147 AO einheitlich unter "Daten" die auf Datenträgern gespeicherten Unterlagen im Sinne des § 147 Abs. 1 AO zu verstehen sind. Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte des § 147 Abs. 2 AO. Im Zuge des Gesetzes zur Änderung des HGB und der Reichsabgabenordnung (RAO) vom 2. August 1965 (Bundesgesetzblatt --BGBl-- I 1965, 665) war der Begriff der "Wiedergabe auf einem Bildträger" in die Vorgängervorschrift des § 147 Abs. 2 AO, den § 162 Abs. 9 RAO, eingefügt worden. Mit der Novellierung der AO im Jahr 1977 wurde dann zusätzlich die Aufbewahrung auf anderen Datenträgern zugelassen und der Gesetzeswortlaut um die Formulierung "oder auf anderen Datenträgern" ergänzt. Seither unterscheidet § 147 Abs. 2 AO zwischen der Aufbewahrung von Unterlagen in Form der Wiedergabe auf einem Bildträger und der Aufbewahrung als Daten, wie auch in der verwendeten Formulierung "die Wiedergabe oder die Daten" zum Ausdruck kommt.

(2) Allerdings muss auch insoweit bei der Auslegung des § 147 Abs. 6 Satz 1 AO der gesetzessystematische Zusammenhang dieser Vorschrift mit dem § 147 Abs. 2 AO in die Betrachtung einbezogen werden. § 147 Abs. 2 Satz 1 AO hatte in seiner Fassung bis zur Einführung des Datenzugriffs (nachfolgend als alte Fassung --a.F.-- bezeichnet) vorgesehen, dass (mit Ausnahme der Jahresabschlüsse und der Eröffnungsbilanz) die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden können. Dazu mussten vier Voraussetzungen erfüllt sein: Das Verfahren musste GoB-konform ausgestaltet sein, die Wiedergabe oder die Daten mussten mit den empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen bei Lesbarmachung inhaltlich übereinstimmen, sie mussten verfügbar und schließlich potentiell lesbar sein. In Bezug auf die mit einer Speicherbuchführung erstellten Bücher und Aufzeichnungen im Sinne des § 146 Abs. 5 AO bestand nach dem - nunmehr gestrichenen - § 147 Abs. 2 Satz 2 AO a.F. ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen, ob er die Daten auf Datenträgern, als Ausdruck oder in einer anderen der von § 147 Abs. 2 AO zugelassenen Aufbewahrungsformen aufbewahren wollte. Bei der Neufassung des § 147 Abs. 2 AO im Zuge der Einführung des Datenzugriffs übernahm der Gesetzgeber die Regelung des § 147 Abs. 2 Satz 1 AO a.F. in nahezu unveränderter Form. Allerdings verlangt § 147 Abs. 2 Nr. 2 AO n.F. nunmehr u.a. zusätzlich, dass die Unterlagen "maschinell ausgewertet werden können". Systematisch ist diese Ergänzung des § 147 Abs. 2 Nr. 2 AO - wie bereits dargestellt - als Verweis auf § 147 Abs. 6 AO zu verstehen (so auch die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 14/2683, 130). Obwohl dies im Gesetzeswortlaut nicht zum Ausdruck kommt, kann sich dieser Verweis allerdings allein auf die in digitaler Form aufbewahrten Unterlagen beziehen. Die Vorschrift ist insoweit im Wege der teleologischen Reduktion hinter ihren möglichen Wortsinn zurückzunehmen, denn nur auf diesen Teilbereich zielte der Gesetzgeber mit den Änderungen ab, die im Zusammenhang mit der Einführung des Datenzugriffs getroffen wurden. Der Steuerpflichtige ist also nicht verpflichtet, etwa originär in Papierform eingehende Eingangsrechnungen zu digitalisieren, sondern kann diese weiterhin auch z.B. mikroverfilmen, obwohl dann keine maschinelle Auswertbarkeit gegeben ist (gl.A. Drüen, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, § 147 AO Rn. 41d).

(3) Aus der systematischen Verknüpfung von § 147 Abs. 6 und Abs. 2 Nr. 2 AO zieht der Senat zum einen die auch von der Literatur und der Finanzverwaltung geteilte Schlussfolgerung, dass der Datenzugriff allgemein, also auch der hier maßgebliche Z1Zugriff, eine maschinelle Auswertbarkeit der Unterlagen im Sinne des § 147 Abs. 1 AO voraussetzt. Zum anderen folgert der Senat hieraus aber zugleich auch, dass das Merkmal der "maschinellen Auswertbarkeit" weiter ausgelegt werden muss, als dies bislang in Literatur und Verwaltungsanweisungen geschehen ist. Die Auslegung dieses Begriffsmerkmals kann nicht einseitig aus der Perspektive das Datenzugriffs (respektive aus den Einsatzmöglichkeiten der Prüfungssoftware IDEA) heraus erfolgen. Denn dabei würde die wechselseitige Einflussnahme zwischen § 147 Abs. 6 und Abs. 2 AO außer Betracht bleiben. Die Auslegung muss sich vielmehr auch daran orientieren, welche Unterlagen wie aufbewahrungspflichtig sind. Im § 147 Abs. 2 Nr. 1 AO wird in Bezug auf die hier maßgeblichen Unterlagen, also empfangene Handelsbriefe und Buchungsbelege, die nicht rein elektronisch (etwa im Rahmen von EDIVerfahren) entstanden, sondern ursprünglich als papierenes Original vorhanden waren, die (originalgetreue) bildliche Wiedergabe verlangt. Eine bildliche Ablage auf Datenträgern kann nur in bestimmten Dateiformen, klassischerweise etwa in Form von pdf oder tifDateien, erfolgen. Wenn der Gesetzgeber ungeachtet dessen im § 147 Abs. 2 Nr. 2 AO auch deren maschinelle Auswertbarkeit verlangt, kann damit begrifflich nicht gemeint sein, dass die Daten stets sortier und filterbar unter Einsatz mathematischer Algorithmen sein müssen. Denn Bilddateien (auch die beim Scannen erzeugten) beinhalten unstrukturierte Informationen ("non coded information", vgl. zu den Begriffen Rossnagel/Wilke, Neue Juristische Wochenschrift 2006, 2145), die sich in der Regel nicht für eine Auswertung durch Anwendung mathematische Operationen etc. eignen. Das gilt selbst dann, wenn die gescannten Daten mit Hilfe einer OCRSoftware ("Optical Character Recognition") in Textdateien umgewandelt werden. Auch diese beinhalten regelmäßig nur unstrukturierte Informationen, ermöglichen allerdings z.B. eine Volltextsuche. Die Vorschrift des § 147 Abs. 2 Nr. 2 AO liefe bei einem derartigen Verständnis demnach weitgehend ins Leere, weil die im § 147 Abs. 1 AO aufgezählten Unterlagen in aller Regel nicht maschinell auswertbar in diesem Sinne wären. Etwas anderes gälte allenfalls für DVgestützt erstellte (Konto)Aufzeichnungen im Sinne des § 146 Abs. 5 AO, da zumindest diese stets in maschinell auswertbarer (strukturierter) Form vorliegen dürften. Der Gesetzgeber hat die Regelung des Datenzugriffs jedoch gerade nicht auf diese Daten beschränkt, sondern allgemein auf den § 147 Abs. 1 AO mit allen dort genannten Unterlagen Bezug genommen. Die von der Literatur und Verwaltung vertretene Auslegung dahingehend, dass sich der Datenzugriff allein auf "mathematisch" auswertbare Unterlagen bezieht, greift vor diesem Hintergrund zu kurz. Nach Auffassung des Senats umfasst daher der Begriff der maschinellen Auswertbarkeit vielmehr auch alle nichtmathematische Operationen, die eine Prüfung von Unterlagen im weitesten Sinne ermöglichen und über die bloße ebenfalls im § 147 Abs. 2 Nr. 2 genannte Lesbarmachung durch den Steuerpflichtigen hinausgehen. Der Prüfer hat daher beispielsweise auch das Recht, von sich aus Daten am Bildschirm aufzurufen, entsprechende Verknüpfungen und Verlinkungen nachzuvollziehen oder Textsuchen nach bestimmten Eingabekriterien vorzunehmen. Letzteres ist im Übrigen auch bei bestimmten "Bilddateien" möglich. Erfolgt die Langzeitarchivierung von Dokumenten etwa in dem Standard pdf/A, ist eine Volltextsuche ohne weiteres möglich. Umgekehrt muss auch der Steuerpflichtige im Rahmen der technischen Möglichkeiten und unter Beachtung der Anforderungen des § 147 Abs. 2 AO die Form der digitalen Aufbewahrung wählen, die nach dem jeweiligen Stand der Technik dem FA die gesetzlich geforderte Auswertbarkeit ermöglicht. Es dürfen daher nicht etwa strukturierte Informationen, z.B. Tabellen, in Bilddateien abgelegt werden.

(4) Die hier vertretene Auslegung wird auch durch den Gesetzestelos gestützt. Der Finanzverwaltung sollte mit den Änderungen der §§ 146 und 147 AO die Möglichkeit gegeben werden, die zunehmend papierlosen Buchführungswerke der Steuerpflichtigen, die sich zudem immer komplexerer betrieblicher Software mit integrierten Auswertungsmöglichkeiten bedienten, effektiv überprüfen zu können. Auf diese Weise sollten die Voraussetzungen für rationellere Prüfungsmethoden geschaffen werden (vgl. BT-Druck. 14/2683, 129). Wie in der Literatur zutreffend ausgeführt wird, war mit der Einführung des Datenzugriffs ein Paradigmenwechsel von der Sicht- und Lesbarmachung von Daten hin zur elektronischen Auswertbarkeit derselben verbunden (vgl. etwa Eller, Elektronische Rechnungsstellung und digitale Betriebsprüfung, a.a.O., 39). Aus Sicht des Senats würde es diesem Gesetzeszweck zuwiderlaufen, wollte man der BP zwar aus Gründen der Effektivität den Einblick in die Datensätze der Buchführung gewähren, nicht aber den Online-Bildschirmzugriff auf die zugehörigen Buchungsbelege ermöglichen. Mit Recht wird in der Literatur - wenn auch in anderem Zusammenhang - darauf hingewiesen, dass ein Medienbruch durch den Ausdruck elektronisch erzeugter Daten auf Papier nicht zu akzeptieren ist (Strunk/Zöllkau, BB 2001, 703 und Kersbrock/ Riedel/Strunk, Der Betrieb 2002, Beilage Nr. 9 zu Heft Nr. 49, 2). Dies gilt auch für den vorliegenden Fall. Insoweit wird dem FA lediglich das Recht eingeräumt, selbst das nachzuvollziehen, was auch der Steuerpflichtige mit Hilfe seiner DV-gestützten Buchführung tun kann, nämlich den Weg von der Buchung zum Beleg und umgekehrt am Bildschirm nachzuverfolgen. Auch diese Form der "Online-Belegprüfung" muss nach dem Sinn und Zweck des § 147 Abs. 6 AO dem Begriff der maschinellen Auswertbarkeit unterfallen.

cc) Übertragen auf den Streitfall folgt hieraus, dass das in den § 147 Abs. 6 Satz 1 AO einschränkend hineinzulesende Merkmal der maschinellen Auswertbarkeit der Daten dem Verlangen des FA nicht entgegensteht. Denn vorliegend sind die in Bilddateien ablegten Ein- und Ausgangsrechnungen z.B. mit den Buchführungsdaten im System z.B. verlinkt und können damit aus dem System heraus aufgerufen werden. Damit sind sie - jedenfalls nach dem hier vertretenen Begriffsverständnis - auch maschinell auswertbar.

4. Darüber hinaus wird das im Streitfall vom FA geltend gemachte Verlangen auch durch die Vorschrift des § 147 Abs. 5 AO gedeckt. Bereits vor der Einführung des Datenzugriffs korrespondierte diese Vorschrift mit der durch § 147 Abs. 2 AO ermöglichten Aufbewahrung von Unterlagen in nicht urschriftlicher Form. In diesem Fall war derjenige, der aufzubewahrende Unterlagen nur in der Form einer Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern vorlegen konnte, verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich waren, um die Unterlagen lesbar zu machen. Auf Verlangen der Finanzbehörde hatte er auf seine Kosten die Unterlagen unverzüglich ganz oder teilweise auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen. Im Zuge der Einführung des Datenzugriffs wurde die Vorschrift lediglich dahingehend modifiziert, dass das Wort "nur" entfiel und die Formulierung "vorlegen kann" durch "vorlegt" ersetzt wurde.

Für den Streitfall ist diese Gesetzänderung nicht relevant. Die Astin bewahrt die Ein- und Ausgangsrechnungen ausschließlich in digitaler Form auf Datenträgern auf. Sie ist daher gem. § 147 Abs. 5 1. HS AO verpflichtet, die zur Lesbarmachung erforderlichen Hilfsmittel - hier also das Computersystem - zur Verfügung zu stellen. Dieses Recht des FA kann die Astin auch nicht dadurch abwenden, dass sie dem FA ersatzweise Papierausdrucke zur Verfügung stellt. Denn bei den Ausdrucken handelt es sich gerade nicht um die "aufzubewahrenden Unterlagen" im Sinne des § 147 Abs. 5 AO, sondern lediglich um Reproduktionen derselben. Aus dem Umstand, dass diese aber lediglich "auf Verlangen" des FA beizubringen sind (§ 147 Abs. 5 2. HS AO), ergibt sich, dass hierdurch die Verpflichtung zur Lesbarmachung nicht abgewendet werden kann.

Der Pflicht aus § 147 Abs. 5 AO steht auch nicht entgegen, dass zwischen der Lesbarmachung im Sinne dieser Vorschrift und dem Datenzugriff gem. § 147 Abs. 6 Satz 1 AO insoweit ein gradueller Unterschied besteht, als die durch § 147 Abs. 6 Satz 1 AO ermöglichte maschinelle Auswertung von Unterlagen über die bloße Lesbarmachung am Bildschirm hinausgeht. Maßgeblich ist insoweit, welche Hilfsmittel der Steuerpflichtige dem FA im Rahmen des § 147 Abs. 5 AO im konkreten Einzelfall zur Verfügung stellt. Ermöglicht dies dem FA die Nutzung von Funktionen, die bereits als maschinelle Auswertung zu qualifizieren sind, etwa die Ausnutzung von Verlinkungen, kann dies dem FA nicht entgegengehalten werden, solange kein anderes Hilfsmittel zur Verfügung gestellt wird, das ausschließlich die Lesbarmachung ermöglicht (etwa ein reiner Editor/ Viewer). Nach Maßgabe dieser Grundsätze durfte das FA im Streitfall die Lesbarmachung der fraglichen Unterlagen auch aus dem System heraus auf der Grundlage des § 147 Abs. 5 AO verlangen, da die Astin als Hilfsmittel im Sinne dieser Vorschrift ausschließlich ihr gestütztes Datenverarbeitungssystem zur Verfügung gestellt hatte.

5. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen auch nicht im Hinblick auf das vom FA ausgeübte Ermessen. Sowohl bei der Entscheidung, ob ein Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO durchzuführen ist, als auch bei der Auswahl der Zugriffsmethode hat die Finanzverwaltung ein Ermessen, das sich an der Verhältnismäßigkeit des Verlangens zu orientieren hat. Diese Ermessensentscheidungen unterliegen gem. § 102 FGO nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Ermessensfehler - insbesondere infolge eines von der Astin gerügten Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - sind vorliegend jedoch nicht ersichtlich.

Entgegen der Auffassung der Astin verstößt das Freigabeverlangen des FA nicht bereits deshalb gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (im Sinne einer fehlerhaften Ermessensausübung), weil bei der Astin eine Trennung zwischen steuerlich relevanten und nicht relevanten Daten nicht möglich ist. Zwar erstreckt sich der Datenzugriff allein auf die steuerlich relevanten Daten (vgl. Drüen, in Tipke/Kruse, a.a.O., § 147 Rn. 71). Es ist aber die Aufgabe der Astin, ihre Datenbestände so zu organisieren, dass bei einer zulässigen Einsichtnahme in die steuerlich relevanten Datenbestände keine geschützten Bereiche tangiert werden können (vgl. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 20. Januar 2005 4 K 2167/04, EFG 2005, 669, BMF-Schreiben betreffend die "GDPdU" vom 16. Juli 2001 - IV D 2 - S 0316 - 136/01, BStBl I 2001, 415, Abschn. I 2 a). Wenn das DV-System eine Trennung der Daten nicht zulässt, kann dies nicht zu einer rechtlichen Unzulässigkeit des Datenzugriffs führen, da ansonsten durch eine fehlende Trennung eine digitale Außenprüfung verhindert werden könnte (zutreffend Schmitz, StBP 2002, 197). Die stichprobenartige Einsichtnahme und Prüfung von Einzelbelegen sowie das Nachvollziehen einer Buchung vom Buchungssatz zum Beleg etc. ist essentieller Bestandteil einer BP. Das FA muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass die Prüfung auch anhand von ausgedruckten Belegen erfolgen kann, denn die Einführung des Datenzugriffs diente gerade dazu, die Finanzverwaltung in der "digitalisierten Welt" auf Augenhöhe mit dem Steuerpflichtigen zu bringen.

Soweit die Astin darauf verweist, dass eine BP nicht als allgemeine Steueraufsicht tätig werden darf und das gezielte Durchsuchen von Datenbeständen allein der Steuerfahndung obliegt, geht diese Argumentation an der Sache vorbei. Vorliegend beansprucht das FA allein den Zugriff auf Unterlagen im Sinne von § 147 Abs. 1 Nr. 2-4 AO, an deren Steuerrelevanz der Senat keine Zweifel hat. Welche rechtlichen Folgen sich ergeben könnten, wenn die BP darüber hinaus auf weitere Unterlagen zugreifen sollte, die nicht steuerlich relevant sind, braucht hier deshalb nicht entschieden zu werden.

Hinzu kommt, dass die Befürchtung der Astin, die BP könne Einsicht in steuerlich nicht relevante Unterlagen nehmen, offenbar rein theoretischer Natur ist. Die Astin hat selbst eingeräumt, dass sie gar nicht weiß, ob tatsächlich steuerirrelevante Informationen zusammen mit den hier fraglichen Belegen abgelegt wurden. In der Stellungnahme vom 31. Oktober 2006 (Seite 11) hat sie insoweit wörtlich ausgeführt: "Welche Qualität die eingescannten Belege haben, kann ohne Kenntnis ihrer selbst von niemandem, auch nicht von der Antragstellerin, beurteilt werden. Ob es sich überhaupt um sachverhaltserhellende oder um irrelevante, nicht vorlagepflichtige Unterlagen handelt, ist zwischen den Parteien jedenfalls unklar und umstritten". Die abstrakte Möglichkeit, dass sich unter den steuerrelevanten auch steuerlich nicht relevante Unterlagen verbergen könnten, ist keinesfalls geeignet, einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu begründen.

Schließlich besteht auch im Hinblick darauf, dass die Vorschrift des § 147 Abs. 6 AO gemäß § 19b des Einführungsgesetzes zur AO erst ab dem 1. Januar 2002 anwendbar ist, kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das Zugriffsrecht gilt für alle nach dem 31. Dezember 2001 beginnenden Außenprüfungen. Im Streitfall durfte die BP daher auch den Zugriff auf die das Jahr 2001 betreffenden Belege verlangen. Etwas anderes gilt nach Auffassung des Senats auch nicht unter dem Gesichtspunkt "Anforderungen". Zwar stimmt der Senat der Astin darin zu, dass für vor dem 1.1.2002 archivierte Daten ein großzügigerer Verhältnismäßigkeitsmaßstab anzulegen ist (so i.E. wohl auch die Finanzverwaltung, vgl. BMF-Schreiben betreffend die "GDPdU" vom 16. Juli 2001 IV D 2 - S 0316 - 136/01, BStBl I 2001, 415, unter I.3). Hierauf kann sich die Astin im Streitfall jedoch nicht berufen. Denn wie sie in der Antragschrift vom 28. August 2006 ausgeführt hat, wurden die Belege für den Zeitraum 1. Juli 2001 bis 31. Dezember 2001 (für den Zeitraum davor liegen die Belege nur in Papierform vor) erst nachträglich, als nach Ablauf des Rumpfwirtschaftsjahres eingescannt. Insoweit kann sich daher keine abweichende Beurteilung zur Verhältnismäßigkeit betreffend den Zeitraum ab dem 1. Januar 2002 ergeben.

II. Die Vollziehung der Freigabeanordnung hat auch keine unbillige Härte im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. FGO zur Folge. Davon ist nur dann auszugehen, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts wirtschaftliche Nachteile drohen, die nicht oder nur schwer wieder gut zu machen sind, oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (GräberKoch, Kommentar zur FGO, 6. Aufl. 2006, § 69 Anm. 105). Dass vorliegend die wirtschaftliche Existenz der Astin auf dem Spiel stehen könnte oder überhaupt schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile drohen könnten, ist vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit sich die Astin darauf beruft, eine Reorganisation ihres Archivs führe zu unvertretbaren Kosten, begründet dies keine unbillige Härte, da dies von der Astin nicht verlangt wird. Dass die Gefahr einer irreversiblen Schädigung des Datenschutzrechts bestünde, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Zum einen hat die Astin selbst vorgetragen, sie wisse nicht, ob überhaupt steuerlich nicht relevante Daten zusammen mit den relevanten Daten abgelegt worden seien. Zum anderen handelt es sich - wie bereits ausgeführt - um einen verhältnismäßigen Eingriff aufgrund einer bestehenden gesetzlichen Grundlage.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

VI. Die Beschwerde wird zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 128 Abs. 2 Satz 2 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Bislang liegt zu der hier entschiedenen Rechtsfrage keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor.

Ende der Entscheidung

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