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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.02.1998
Aktenzeichen: 3 K 85/95 E
Rechtsgebiete: EStG, BGB
Vorschriften:
EStG § 33 | |
BGB § 90a |
Finanzgericht Düsseldorf
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Gründe:
Streitig ist, ob Tierarztkosten für ein Reitpferd als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin bezog im Streitjahr 1993 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Steuerberaterin. In der Einkommensteuererklärung machte sie u. a. Tierarztkosten in Höhe von 6.458 DM geltend. Der Beklagte (Finanzamt -FA-) berücksichtigte diese nicht als außergewöhnliche Belastung mit der Begründung, diese Aufwendungen seien nicht zwangsläufig entstanden. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat die Klägerin Klage erhoben, die sie wie folgt begründet:
Zwar sei der Kauf eines Pferdes nicht zwangsläufig. Bei einer Erkrankung des Tieres ergebe sich jedoch aus § 90 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für den Tierhalter die Verpflichtung, es ärztlich behandeln zu lassen. Aus der Regelung in § 90 a BGB, wonach Tiere nicht mehr als Sachen gelten, folge die rechtliche und sittliche Verantwortung des Halters eines Tieres, dieses als Mitgeschöpf zu behandeln. Darüber hinaus werde auf einen von einem anderen Finanzamt zugunsten des Tierhalters entschiedenen Fall verwiesen, über den der Beklagte sich nicht einfach hinwegsetzen könne.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Einkommensteuer 1993 unter Berücksichtigung von Tierarztkosten in Höhe von 6.458 DM als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG niedriger festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält an der bisher vertretenen Auffassung fest und macht geltend, ein Ereignis sei nicht zwangsläufig, wenn der Anlaß hierfür nicht zwangsläufig sei, d. h. wenn der Anlaß vom Steuerpflichtigen freiwillig gesetzt würde. Dies sei der Fall, wenn der Steuerpflichtige wie hier sich ein Reitpferd anschaffe. Die aus der freiwilligen Anschaffung entstehenden Folgekosten seien nicht zwangsläufig. Die Regelung in § 90 a BGB ändere an dieser Beurteilung nichts.
Die Klage ist unbegründet.
Kosten anläßlich der tierärztlichen Behandlung eines Tieres stellen keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG dar, denn die Aufwendungen sind der Klägerin nicht zwangsläufig entstanden. Zwar wird nach ständiger finanzgerichtlicher Rechtsprechung bei Krankheitskosten von Menschen die Zwangsläufigkeit des Entstehens der Aufwendungen im allgemeinen unterstellt, weil das die Krankheit auslösende Ereignis weder von der Finanzverwaltung noch von den Steuergerichten ohne unzumutbares Eindringen in die Privatsphäre zutreffend festgestellt werden kann. Aufwendungen für Krankheiten von Menschen werden deshalb auch dann steuerlich als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wenn der Steuerpflichtige die Krankheit durch Unachtsamkeit oder durch selbstverschuldete Gefährdung verursacht hat (vgl. Bundesfinanzhof -BFH- Urteil vom 17.07.1981 VI R 77/78, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1981, 711 m. w. N.).
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Berücksichtigung von Krankheitskosten bei Menschen als außergewöhnliche Belastung auf Krankheitskosten bei Tieren nicht entsprechend anwendbar; insbesondere ist die Gleichbehandlung nicht aufgrund der Regelung in § 90 a BGB geboten. Die Regelung in § 90 a Satz 1 BGB, wonach Tiere keine Sachen sind, beruht zwar auf dem Gedanken, daß das Tier als Mitgeschöpf nicht der Sache gleichgestellt werden soll, sie beinhaltet jedoch - auch nicht für Teilbereiche - eine Zuordnung der Tiere zum Rechtssubjekt "Person" des Zivilrechts (Münchener Kommentar zum BGB, 3. Auflage, § 90 a Textziffer 3). Daher besteht auch kein Anlaß, Mensch und Tier im Steuerrecht gleich zu behandeln.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß aus dem Tierschutzgesetz konkrete, rechtlich verbindliche Handlungs- und Unterlassungspflichten des Menschen gegenüber Tieren abgeleitet werden können. Die Verantwortlichkeit, ein krankes Tier gegebenenfalls tierärztlich behandeln zu lassen, beruht regelmäßig auf der freiwilligen Anschaffung eines solchen Tieres. Für die Frage der Zwangsläufigkeit im Sinne des § 33 EStG kommt es jedoch nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige in der Lage ist, sich irgendwelchen Rechtsansprüchen zu entziehen. Entscheidend ist vielmehr, ob der Steuerpflichtige sich dem Lebenssachverhalt entziehen konnte, der zur Begründung rechtlicher oder sittlicher Verpflichtungen führt.
Im Streitfall ist unstreitig, daß die Anschaffung des Reitpferdes durch die Klägerin auf einer freiwilligen Entscheidung beruht. Daher sind Tierarztkosten ebensowenig als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG zu berücksichtigen wie Schadensersatzleistungen aus Gefährdungshaftung wegen Tierhaltung (vgl. Urteile des Hessischen Finanzgerichts vom 18.12.1975 I 220/74 und vom 19.12.1983 I 383/79, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1976, 338 und 1984, 402). Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, daß von einem anderen Finanzamt als dem beklagten Tierarztkosten nach § 33 EStG berücksichtigt worden sind. Für eine Selbstbindung der Verwaltung bei der Behandlung dieser Rechtsfrage bestehen keinerlei Anhaltspunkte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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