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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.03.2007
Aktenzeichen: 4 K 3113/05 VM
Rechtsgebiete: FGO, MinöStG, StromStG, StromStV, KrW-/AbfG


Vorschriften:

FGO § 101
MinöStG § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
MinöStG § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
MinöStG § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
MinöStG § 3 Abs. 3
MinöStG § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 5a
MinöStG § 32 Abs. 1
StromStG § 2
StromStG § 9 Abs. 1
StromStV § 15 Abs. 2
StromStV § 15 Abs. 8
KrW-/AbfG § 4 Abs. 1
KrW-/AbfG § 6 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt eine Restmüllverbrennungsanlage, die aus vier Verbrennungslinien (Kesseln) besteht, in denen Hausmüll, Sperrmüll sowie Reste aus der Gewerbe- und Baustellenabfallsortierung verbrannt werden. Der angelieferte Müll wird zerkleinert, vom Hausmüll werden Wertstoffe ausgesondert. Alsdann wird eine Mischung der Müllsorten mit einer im Heizwert möglichst homogenen Masse hergestellt, die in einem Restmüllbunker zwischengelagert wird. Von dort wird der Müll über Trichter den vier Kesseln zugeführt, wo er bei Temperaturen zwischen 1.000 und 1.200 Grad Celsius zu Asche verbrannt wird. Um die aus Immissionsschutzgründen erforderliche Mindesttemperatur von 850 Grad Celsius aufrechtzuerhalten, sind in jedem Kessel jeweils zwei Seiten- und Deckenbrenner angebracht, mit denen bei Bedarf Erdgas zur Stützung verbrannt wird. Diese Brenner werden auch zum Anfahren der Kessel eingesetzt, bis die Mindesttemperatur von 850 Grad Celsius erreicht wird. Die bei dem Verbrennen des Mülls entstehenden Rauchgase werden zur Dampferzeugung genutzt. Der etwa 400 Grad Celsius heiße Dampf gelangt von den Kesseln in einen Sammler und treibt dort eine Kondensations-Entnahmeturbine mit einem Hoch- und Niederdruckteil an, die Strom erzeugt. Aus dem Hochdruckteil der Turbine wird 16-bar Dampf entnommen, der als Ferndampf in das Netz eingespeist wird. Aus dem Niederdruckteil der Turbine entnimmt die Klägerin 4,8-bar Dampf, den sie zur Steigerung des Wirkungsgrades der Anlage einsetzt. Etwa 25 v.H. des erzeugten Stroms entnimmt die Klägerin zum Eigenverbrauch, während etwa 73 v.H. des Stroms in das Netz eingespeist wird. Die Klägerin verpflichtete sich in einem am 9. Dezember 1997 abgeschlossenen Energielieferungs-Sondervertrag, der am 3. Juli 2003 geändert wurde, die in ihrer Restmüllverbrennungsanlage erzeugte und ihren Eigenverbrauch übersteigende Energie als Strom und Dampf in das Netz einzuspeisen. Die Klägerin schloss ferner mit einer AG am 30. Juni 2003 einen Vertrag über die Lieferung von Sekundärbrennstoffen ab. Hiernach verpflichtete sich die AG, die Restmüllverbrennungsanlage der Klägerin mit Sekundärbrennstoffen aus Abfall zur Gewährleistung einer kontinuierlichen und gesicherten Energieerzeugung für den Fall zu beliefern, dass ausreichende Abfallmengen für den Betrieb der Anlage nicht zur Verfügung stehen.

Im Jahr 2001 beschäftigte die Klägerin 53 Personen in der Verwaltung und ihren Standortdiensten (Wachdienst, Fahrzeugwaage, Hausmeister). Bei dem Personal der Verwaltung handelte es sich um Mitarbeiter der allgemeinen Verwaltung, der Personalverwaltung, des Einkaufs, des Rechnungswesens und der EDV. Ferner beschäftigte sie 37 Personen in ihrem Deponiebetrieb und sechs Personen in ihrem Kühlgeräteentsorgungsbetrieb. 99 Personen waren in der Restmüllverbrennungsanlage der Klägerin eingesetzt. Hierbei handelte es sich um 33 Mitarbeiter der Brennstoffaufbereitung und Brennstoffbeschickung (Vorschaltanlage) sowie um 66 Mitarbeiter der Schichten (Leitstandfahrer, Betriebsingenieure, Laborpersonal und interne Instandhaltung).

Im Rahmen einer bei ihr durchgeführten Außenprüfung beantragte die Klägerin im August 2000 die Vergütung von Mineralölsteuer nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) für das in der Restmüllverbrennungsanlage seit dem 1. April 1999 verwendete und ermäßigt versteuert bezogene Erdgas. Dies lehnte das Hauptzollamt, dessen Zuständigkeit mittlerweile auf das beklagte Hauptzollamt übergegangen ist, mit Bescheid vom 19. Dezember 2000 unter Hinweis darauf ab, dass es sich bei dem Unternehmen der Klägerin nicht um ein solches des Produzierenden Gewerbes handele, weil es der Unterklasse 90.00.5 der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 1993 (WZ 93), zuzuordnen sei.

Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch machte die Klägerin geltend: Sie betreibe ein Müllheizkraftwerk zur Energieversorgung, so dass ihr Unternehmen der Unterklasse 40.10.5 WZ 93 zuzuordnen sei. Der Hauptzweck der Anlage sei auf Grund der neuartigen technischen Gesamtkonzeption die Energieerzeugung. Die Unterklasse 90.00.5 WZ treffe zwar vom Wortlaut her zu, sei jedoch durch die technische Entwicklung überholt. Bei der von ihr betriebenen Anlage stehe nicht die Vernichtung von Reststoffen, sondern deren energetische Verwertung im Vordergrund. Der technische Aufbau der Anlage entspreche weitgehend dem eines Steinkohlekraftwerks. Es handele sich um ein Kraftwerk zur kommerziellen Erzeugung von Dampf und Strom, das ein wesentlicher Bestandteil der Versorgungseinrichtungen AG sei. Nach dem Sinn und Zweck des Stromsteuergesetzes (StromStG) sei ein Herausfallen ihres Unternehmens aus der Begünstigung nicht beabsichtigt. Schließlich habe auch das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen sie in einem Schreiben vom April 2005 (Bl. 29 des Heftes 5 des beklagten Hauptzollamts) als Energieversorgungsunternehmen angesehen.

Ein Prüfer des beklagten Hauptzollamts führte im Betrieb der Klägerin eine Außenprüfung durch. Ausweislich des Berichts vom 30. Oktober 2002 hatte die Klägerin ihm gegenüber erklärt, dass "von der Wertschöpfung her" ihre Einnahmen aus den Müllgebühren die Erlöse aus der Erzeugung des Stroms und des Dampfes erheblich übersteigen würden. Die Klägerin beantragte, für die Zuordnung ihres Unternehmens zu einem Wirtschaftszweig der WZ 93, ihren Personalschlüssel heranzuziehen, weil die Zahl der mit der Brennstoffbe- und -verarbeitung sowie mit der Strom- und Dampfgewinnung beschäftigten Personen die Zahl der nicht mit derartigen Tätigkeiten beschäftigten Personen übersteige. Der Prüfer kam in seinem Bericht zu dem Ergebnis, dass von den insgesamt 195 Personalstellen bei der Klägerin 136 Stellen und damit 69,7 v.H. ihrer Beschäftigten auf die Restmüllverbrennungsanlage entfielen. Es schlug deshalb vor, das Unternehmen dem Abschnitt E der WZ 93 zuzuordnen.

Die Klägerin beantragte am 6. Februar 2004 für das Kalenderjahr 2003 und am 12. Januar 2005 für das Kalenderjahr 2004, ihr Mineralölsteuer nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG zu vergüten.

Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 22. Juni 2005 zurück und führte aus: Das Unternehmen der Klägerin sei nicht der Unterklasse 40.10.8 WZ 93 zuzuordnen. Für die Zuordnung eines Unternehmens zu einem Wirtschaftszweig der WZ 93 sei in erster Linie die ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit maßgebend, wobei Ziel und Zweck des unternehmerischen Handelns im Vordergrund stünden. Nach dem im Handelsregister verlautbarten Gegenstand des Unternehmens der Klägerin stehe die Abfallentsorgung im Vordergrund. Dies werde durch die Erläuterungen zur Unterklasse 90.02.2 WZ 2003 bestätigt, die der Unterklasse 90.00.5 WZ 93 entspreche. Da im Bereich der Abfallverbrennungsanlage der Klägerin 72 v.H. ihrer Beschäftigten tätig seien, sei ihr Unternehmen nach § 15 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (StromStV) der Unterklasse 90.00.5 WZ 93 zuzuordnen.

Die Klägerin hat am 25. Juli 2005 Klage erhoben, mit der sie vorträgt: Der Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit sei nicht die stoffliche Entsorgung, sondern die energetische Verwertung des Mülls im Rahmen eines Kraftwerkbetriebs. Der gesamte Betriebsablauf sei auf die Sicherstellung eines konstanten Feuerungsbetriebs ausgerichtet. Zwar sei für sie die Beschaffung des Brennstoffs mit hohen Einnahmen in Form von Entsorgungsentgelten verbunden, ihre Energie- und Stromerlöse seien jedoch nicht kostendeckend. Die von der Stadt für die Beseitigung des Hausmülls entrichteten Entgelte würden in wirtschaftlicher Hinsicht Erlöse für die produktive Abfallverwertung darstellen. Ihre Investitionen würden überwiegend für kraftwerkstypische Bereiche geleistet. Die thermische Abfallbehandlung sei eine dem Recycling gleichgestellte Form der Verwertung. Bei dem Erreichen der nach § 6 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG -) vorgegebenen Grenzwerte werde ein Kraftwerk i.S. des Abschnitts E der WZ 93 qualifizierend gegenüber einer bloßen Abfallverbrennungsanlage i.S. des Abschnitts O der WZ 93 abgegrenzt. Von der Unterklasse 90.00.5 WZ 93 werde nur die thermische Abfallbeseitigung, nicht jedoch die energetische Abfallverwertung erfasst. Betriebe, die Abfälle i.S. des § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KrW-AbfG energetisch verwerteten, würden nicht als Beseitigungsbetriebe gelten. Im Übrigen ergebe sich aus der Konsenserklärung des Ministeriums für Umwelt, Natur, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie den Betreibergesellschaften der Müllverbrennungsanlagen vom 14. September 2005 (Bl. 100 der Gerichtsakte), dass der Hauptzweck ihrer Anlage die Verwendung der Abfälle als Mittel zur Energieerzeugung sei. Die vom beklagten Hauptzollamt vorgenommene Zuordnung ihres Unternehmens sei jedenfalls im Hinblick auf die energiepolitische Zielsetzung des StromStG offensichtlich unzutreffend.

Mit Verfügung vom 8. September 2006 ist die Klägerin gemäß § 79b Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgefordert worden, im Einzelnen darzulegen, wie viele Personen in den Jahren 1999 bis 2004 im Bereich der Restmüllverbrennungsanlage mit der bloßen Erzeugung von Strom und Dampf beschäftig waren. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2006 u.a. eine Gesamtmitarbeiterliste sowie einen Kostenstellenplan vorgelegt (Bl. 168 ff. GA) und vorgetragen: Versuche man, die Dampf- und Stromerzeugung im Betriebsprozess zu isolieren, ließen sich keine hiermit ausschließlich befassten Mitarbeiter zuordnen. Der gesamte Betriebsprozess diene technisch der Energieerzeugung, die als integrierter Bestandteil vom Kraftwerksbetrieb weder theoretisch noch praktisch zu trennen sei. Auf Grund der erheblichen Energieerlöse und der vergleichsweise geringen zuzuordnenden Vorleistungs- und Sachkosten durch Vorhaltung spezifischer Generatorenanlagen wäre jedoch eine außerordentlich hohe Wertschöpfung im Bereich der Energieerzeugung zu verzeichnen.

Die Klägerin ist alsdann mit Verfügung vom 17. Oktober 2006 gemäß § 79b Abs. 2 FGO aufgefordert worden, im Einzelnen darzulegen, auf welchen ihrer Geschäftsbereiche in den Jahren 1999 bis 2004 der größte Anteil der Wertschöpfung entfiel. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2006 Berechnungen von Wertschöpfungsanteilen für die Geschäftsjahre 1999 bis 2004 vorgelegt (Bl. 184 ff. GA).

Die Klägerin beantragt,

1. das beklagte Hauptzollamt unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 19. Dezember 2000 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Juni 2005 zu verpflichten, ihr Mineralölsteuer nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG für das in ihrer Restmüllverbrennungsanlage seit dem 1. April 1999 verwendete und ermäßigt versteuert bezogene Erdgas zu vergüten;

2. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das beklagte Hauptzollamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es vor: Das Unternehmen der Klägerin sei zu Recht der Unterklasse 90.00.5 WZ 93 zugeordnet worden. Diese Unterklasse erfasse jegliche thermische Abfallbehandlung unabhängig davon, ob es sich um eine stoffliche oder energetische Verwertung handele. Die Abfallverbrennung und Elektrizitätserzeugung könnten nicht als zwei getrennte wirtschaftliche Tätigkeiten bewertet werden. Die Erläuterungen zur Unterklasse 90.02.2 WZ 2003, welche die technischen und wirtschaftlichen Veränderungen berücksichtigten, seien hierfür ein Indiz. Danach seien auch moderne Müllverbrennungsanlagen mit Energiegewinnung dem Abschnitt O zuzuordnen, wie dies das Statistische Bundesamt in einem Schreiben vom 1. Juni 2005 (Bl. 85 der Gerichtsakte) bestätigt habe. Der Hauptzweck der Restmüllverbrennungsanlage der Klägerin sei die Abfallentsorgung und Abfallverwertung. Die Kapazität der Anlage sei nach dem von der Stadt berechneten Bedarf zur öffentlichen Entsorgung von Müll ausgerichtet worden. Die von der Klägerin übernommene und gegen Entgelt vorgenommene Müllentsorgung sei eine Dienstleistung im Rahmen der allgemeinen Daseinsfürsorge. Die Zuordnung des Unternehmens der Klägerin sei auch nicht offensichtlich unzutreffend, weil sich der Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit von dem des Betreibers eines Kraftwerkes unterscheide.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der ablehnende Bescheid des Hauptzollamts vom 19. Dezember 2000 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Juni 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Vergütung von Mineralölsteuer für das in ihrer Restmüllverbrennungsanlage seit dem 1. April 1999 verwendete und versteuert bezogene Erdgas. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Klägerin mit ihrer Klage die Vergütung von Mineralölsteuer für die bis zum 31. Dezember 2004 endenden Vergütungsabschnitte begehrt. Denn nur darüber hat das beklagte Hauptzollamt in seiner Einspruchsentscheidung entschieden.

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG wird auf Antrag die Steuer u.a. für versteuerte Erdgase vergütet, die von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes zu den nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 3 sowie § 32 Abs. 1 MinöStG begünstigten Zwecken verwendet worden sind. Es kann dahinstehen, ob ein Vergütungsanspruch der Klägerin für die Vergütungsabschnitte 1999 bis 2002 bereits daran scheitert, dass sie insoweit keine schriftlichen Anmeldungen nach § 47 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes abgegeben hat (vgl. für andere Bereiche des Steuerrechts: Bundesfinanzhof - BFH -, Urteile vom 13. April 1972 V R 16/69, BStBl II 1972, 725; vom 4. August 1999 III R 60/97, BStBl II 1999, 791). Jedenfalls handelt es sich bei dem Unternehmen der Klägerin nicht um einen solches des Produzierenden Gewerbes i.S. des § 2 Nr. 3 StromStG, das hier noch in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 18. Dezember 2006 (BGBl I, 3180) anzuwenden ist. Das Unternehmen der Klägerin kann insbesondere nicht als ein solches der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- oder Wasserversorgungswirtschaft angesehen werden, das einem entsprechenden Wirtschaftszweig der WZ 93 zuzuordnen ist.

Die Unterklasse 40.10.5 WZ 93 umfasst die Elektrizitätserzeugung aus Wärmekraft (ohne Kernenergie) ohne Fremdbezug zur Verteilung. Die Unterklasse 40.30.4 WZ umfasst u.a. die Erzeugung von Dampf zum Heizen, zur Energiegewinnung und zu anderen Zwecken durch ein Fernheizwerk. Soweit die Klägerin in ihrer Restmüllverbrennungsanlage Strom und Dampf erzeugt, ist diese Tätigkeit zwar den vorgenannten Unterklassen zuzuordnen. Die Klägerin erbringt jedoch auch eine sonstige öffentliche bzw. persönliche Dienstleistung i.S. des Abschnitts O der WZ 93. Sie betreibt eine Abfallverbrennungsanlage, die von der Unterklasse 90.00.5 WZ 93 erfasst wird. Hierunter fällt u.a. die Müllverbrennung und andere thermische Abfallbeseitigung. Da die Klägerin mithin mehrere wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, die nicht alle dem Produzierenden Gewerbe zuzuordnen sind, ist ihr Unternehmen in Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 2 StromStV, der gemäß § 15 Abs. 8 StromStV auch im Rahmen von § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG anzuwenden ist, nach dem Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit einem Abschnitt der WZ 93 zuzuordnen. Bei der Müllverbrennung, die offensichtlich nicht als ein Recycling angesehen werden kann, sowie bei der Erzeugung von Elektrizität und Dampf handelt es sich schon bei abstrakter Betrachtung um verschiedene Tätigkeiten. Zudem findet die Erzeugung von Elektrizität und Dampf in der Restmüllverbrennungsanlage der Klägerin erst im Anschluss an die Verbrennung des Mülls statt, weil erst die dabei entstehenden Rauchgase zur Dampferzeugung genutzt werden, der von den Kesseln in einen Sammler gelangt und dort eine Turbine antreibt, die Strom erzeugt. Da die in der Restmüllverbrennungsanlage der Klägerin zunächst stattfindende thermische Abfallbeseitigung ohne weiteres vom Wortlaut der Unterklasse 90.00.5 WZ 93 erfasst ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob dieser Unterklasse auch eine Müllverbrennung zu energetischen Zwecken zuzuordnen ist, wie dies die im Streitfall noch nicht anzuwendende Unterklasse 90.02.2 WZ 2003 nahezulegen scheint.

Anders als die Klägerin meint, können die Regelungen der §§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 6 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG für die Beantwortung der Frage, ob es sich bei ihrem Unternehmen um ein solches des Produzierenden Gewerbes handelt, nicht herangezogen werden. Denn die Bestimmung des Kreises der begünstigten Unternehmen in § 2 Nr. 3 StromStG ist abschließend, so dass in anderen Rechtsvorschriften als denen des StromStG angelegten Definitionen keine Bedeutung zukommen kann (BFH-Urteile vom 23. Februar 2005 VII R 27/04, BFHE 208, 372; vom 24. Januar 2006 VII R 44/04, BFHE 212, 354).

Die Klägerin hat ausweislich des Prüfungsberichts vom 30. Oktober 2002 im Verwaltungsverfahren die Wahl getroffen, den Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit nach der Anzahl der von ihr in der Restmüllverbrennungsanlage beschäftigten Personen zu bestimmen (§ 15 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 StromStV). Aus dem von ihr vorgelegten Personalschlüssel (Bl. 165 GA) ergibt sich zwar, dass in ihrer Restmüllverbrennungsanlage die meisten der von ihr insgesamt beschäftigten Personen tätig waren. Ihr ist es indessen nicht gelungen darzulegen, wie viele dieser Personen jeweils mit der Müllverbrennung sowie mit der Elektrizitäts- und Dampferzeugung befasst waren. Im Gegenteil hat sie der Kostenstelle mit der Nr. 1107 ("Energieerzeugung") selbst keine Mitarbeiter zugeordnet (Bl. 161, 168 ff. GA) und eingeräumt, dass sich bei isolierter Betrachtung der Dampf- und Stromerzeugung keine damit ausschließlich befassten Mitarbeiter zuordnen ließen. Die von der Klägerin getroffene Wahl ist daher unbeachtlich, weil sie offensichtlich nicht geeignet ist, den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit ihres Unternehmens zu bestimmen (§ 15 Abs. 2 Satz 4 StromStV).

Soweit die Klägerin im Klageverfahren erstmals die Wahl getroffen hat, den Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit danach zu bestimmen, auf welchen Bereich der größte Anteil der Wertschöpfung entfiel (§ 15 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 StromStV), kann dahinstehen, ob ein Antragsteller von einem einmal ausgeübten Wahlrecht wieder Abstand nehmen kann. Denn auch diese Wahl der Klägerin ist nach Überzeugung des Senats offensichtlich nicht geeignet, den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit ihres Unternehmens zu bestimmen. Bei den von der Klägerin vorgelegten Berechnungen von Wertschöpfungsanteilen (Bl. 184 ff. GA) fällt bereits ins Auge, dass die von ihr in den Jahren 1999 bis 2004 erzielten Erlöse aus dem Entsorgungsbereich um ein Vielfaches höher waren als die Erlöse aus der Energieerzeugung. Soweit sie geltend macht, ihre Energie- und Stromerlöse seien nicht kostendeckend und die von der Stadt für die Beseitigung des Hausmülls entrichteten Entgelte würden in wirtschaftlicher Hinsicht Erlöse für die produktive Abfallverwertung darstellen, ändert dies nichts daran, das sie die weitaus größten Erlöse aus dem Entsorgungsgeschäft erzielt hat. Die Entgelte für die Leistung von Strom und Dampf hat die Klägerin zudem nicht von der Stadt, sondern von der AG auf Grund des mit dieser abgeschlossenen Energielieferungs-Sondervertrags erhalten.

Unbeschadet dessen, dass nach den eigenen Berechnungen der Klägerin die Wertschöpfungsanteile in den Jahren 1999 und 2000 im Entsorgungsbereich höher waren als im Energieerzeugungsbereich, sind diese Berechnungen auch deshalb nicht geeignet, den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit ihres Unternehmens zu bestimmen, weil die darin ermittelten Wertschöpfungsanteile offensichtlich nicht zutreffend sein können. So hat die Klägerin insbesondere die Absetzungen für Abnutzung (AfA) für ihr Gesamtunternehmen im Wesentlichen - bis auf einen Betrag jährlicher AfA für die Stromerzeugungsanlage - nur dem Entsorgungsbereich zugerechnet und ist so für die Jahre 2001 bis 2004 zu den von ihr ermittelten höheren Wertschöpfungsanteilen im Energieerzeugungsbereich gelangt. Es liegt auf der Hand, dass derartige Berechnungen von Wertschöpfungsanteilen, mit der Aufwendungen im Wesentlichen nur einem Geschäftsbereich zugeordnet werden, nicht zu zutreffenden Ergebnissen führen können. Ein solches Vorgehen ist auch nicht mit dem eigenen Vorbringen der Klägerin zu vereinbaren, wonach der Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit angeblich in der Energieerzeugung zu sehen sein soll. Sie hat überdies ausweislich des Prüfungsberichts vom 30. Oktober 2002 im Verwaltungsverfahren eingeräumt, dass "von der Wertschöpfung her" ihre Einnahmen aus den Müllgebühren die Erlöse aus der Erzeugung des Stroms und des Dampfes erheblich übersteigen würden.

Soweit die Klägerin geltend macht, die Zuordnung ihres Unternehmens in Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 2 bis 4 StromStV zu Abschnitt O der WZ 93 sei im Hinblick auf die energiepolitische Zielsetzung des StromStG offensichtlich unzutreffend, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist es vielmehr erforderlich, die Zuordnung eines Unternehmens zu einem Abschnitt und einer Unterklasse der WZ 93 in engster Anlehnung an dieses Verzeichnis durchzuführen. Hiervon kann allenfalls dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn die konkrete Zuordnung offensichtlich unzutreffend ist (BFH-Urteil vom 24. August 2004 VII R 23/03, BFHE 207, 88). Die Zuordnung des Unternehmens der Klägerin zu der Unterklasse 90.00.5 WZ 93 kann indessen schon deshalb nicht offensichtlich unzutreffend sein, weil diese Unterklasse - wie dargelegt - einen wesentlichen Bereich ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit erfasst. Der Hinweis der Klägerin auf die energiepolitische Zielsetzung des StromStG ist zudem nicht geeignet, eine teleologische Extension des Anwendungsbereichs der vom Wortlaut her eindeutigen Bestimmung des § 2 Nr. 3 StromStG zu rechtfertigen (BFH-Urteil vom 22. November 2005 VII R 33/05, BFHE 212, 335).

Der von der Klägerin mit der AG am 30. Juni 2003 abgeschlossene Vertrag über die Lieferung von Sekundärbrennstoffen sagt als solcher nichts zu dem Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit ihres Unternehmens aus. Aus dem von ihr im Einspruchsverfahren vorgelegten Schreiben des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen vom April 2005 ergibt sich lediglich, dass sie auch ein Energieversorgungsunternehmen ist, nicht jedoch, dass dies unter Berücksichtigung der Abgrenzungskriterien des § 15 Abs. 2 Satz 3 StromStV der Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ist. Entsprechendes gilt hinsichtlich der von der Klägerin im Klageverfahren vorgelegten Konsenserklärung zwischen dem Ministerium für Umwelt, Natur, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie den Betreibergesellschaften der Müllverbrennungsanlagen vom 14. September 2005. Der von der Klägerin vorgelegte Prüfungsbericht des beklagten Hauptzollamts vom 17. November 2006 (Bl. 211 ff. GA) betrifft die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG und nicht die Frage, ob ihr Unternehmen insgesamt als ein solches des Produzierenden Gewerbes anzusehen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, wie die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Insbesondere kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Es ist bereits geklärt, dass die Bestimmung des Kreises der begünstigten Unternehmen in § 2 Nr. 3 StromStG abschließend ist, so dass in anderen Rechtsvorschriften als denen des StromStG angelegte Definitionen keine Bedeutung haben (BFH-Urteile in BFHE 208, 372 sowie in BFHE 212, 354).

Ende der Entscheidung

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