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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 25.07.2007
Aktenzeichen: 4 K 558/05 VM
Rechtsgebiete: MinöStDV


Vorschriften:

MinöStDV § 53 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

4 K 558/05 VM

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Mineralölsteuer aufgrund Zahlungsausfalls eines Kunden.

Die Klägerin belieferte den Warenempfänger A, der in X eine Tankstelle betrieb, seit 1998 mit Kraftstoff. Erstmals im Januar 2001 kam es zu Teilzahlungen außerhalb der Fälligkeit. Zuletzt belieferte die Klägerin den Warenempfänger noch in den folgenden vier Fällen mit Kraftstoff unter Eigentumsvorbehalt, den sie ihm jeweils am gleichen Tag in Rechnung stellte.

 RechnungKraftstoffartKraftstoffmengeBetragFälligkeit
19.02.2001Benzin10899 l  
 Super10635 l  
 Diesel13812 l  
   63.722,11 DM21.03.2001
28.02.2001Benzin8620 l  
 Super14146 l  
 Diesel12123 l  
   63.335,19 DM30.03.2001
07.03.2001Benzin6043 l  
 Super21245 l  
 Diesel6018 l  
   61.876,57 DM06.04.2001
17.03.2001Benzin7639 l  
 Super13660 l  
 Diesel11503 l  
   58.146,58 DM16.04.2001

Am 19.03.2001 rief der Warenempfänger bei der Klägerin an und teilte mit, er werde die am 21.03.2001 fällige Zahlung nicht leisten können und werde am 20.03.2001 seinen Geschäftsbetrieb einstellen und in die Türkei zurückkehren. Dabei bot er der Klägerin an, den noch vorhandenen Kraftstoff zurückzunehmen.

Am 20.03.2001 ließ die Klägerin beim Warenempfänger den dort noch lagernden Kraftstoff, 10.477 l Benzin, 12.401 l Super und 8.788 l Diesel, abpumpen und vergütete ihm dafür 57.102,36 DM., sodass sich ihre offene Forderung gegen den Warenempfänger noch auf 189.978,09 DM belief.

In der Folgezeit gelang es ihr, ihre noch offenen Forderungen dadurch zu vermindern, indem sie den Warenempfänger dazu brachte, ihr Vermögenswerte zu übertragen, die sie dann verwertete. Dazu gehörte eine Lebensversicherung, eine Autowaschanlage, Warenvorräte aus dem Tankstellenshop und Inventargegenstände sowie die Abtretungen von Kundenforderungen.

Zudem mahnte die Klägerin den Warenempfänger am 26.03, 02., 09. und 23.04.2001. In den beiden letzten Mahnungen drohte sie gerichtliche Schritte an.

Am 15.05.2001 erfuhr die Klägerin den Rückkaufswert der Lebensversicherung und am 16.05.2001 den Verwertungspreis für die Autowaschanlage. Am 18.05.2001 beantragte die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheids, mit dem sie ihre bis dahin noch offene Hauptforderung von 152.257,40 DM geltend machte.

Weiter ließ sie sich Provisionsansprüche des Warenempfängers abtreten, die in der Folgezeit mit weiteren Forderungen der Klägerin verrechnet wurden.

Am 14.05.2002 wurde der Warenempfänger rechtskräftig zur Zahlung der noch verbliebenen Hauptforderung von 150.224,06 DM an die Klägerin verurteilt.

Die eidesstattliche Versicherung gab der Warenempfänger am 02.10.2003 ab.

Den von der Klägerin am 18.12.2002 gestellten Antrag auf Erstattung der ausgefallenen Mineralölsteuer lehnte der Beklagte mit Verfügung vom 25.02.2004 u.a. deshalb ab, weil die Klägerin die gerichtliche Verfolgung ihres Anspruchs nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Belieferung betrieben habe.

Zur Begründung ihres Einspruchs trug die Klägerin vor, die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderte zweimonatige Frist für die gerichtliche Geltendmachung sei keine Ausschlussfrist. Sie könne im Einzelfall länger sein, wenn beispielsweise Ratenzahlungen auf der Grundlage eines vernünftigen Ratenzahlungsplans vereinbart worden seien, die der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns entsprächen und dazu dienten, einem vorübergehenden Liquiditätsengpass zu begegnen. Vielmehr genüge eine rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung, die hier schon deshalb gegeben gewesen sei, weil sie alle nur denkbaren Sicherungsmaßnahmen für ihren Zahlungsanspruch mit Erfolg ergriffen habe. Sie habe, als sie die danach verbleibende Restforderung habe ermitteln können, umgehend deren gerichtliche Verfolgung betrieben.

Der Antrag auf Erstattung der Mineralölsteuer für die Rechnung vom 19.02.2001 sei nur gestellt worden, weil der zuständige Bearbeiter des Beklagten nicht gewusst habe, wie die später eingehenden Zahlungen zu verrechnen seien.

Zur Begründung seiner Einspruchsentscheidung vom 13.01.2005, mit der der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurückwies, führte er aus, die Klägerin habe die gerichtliche Verfolgung nicht innerhalb der zweimonatigen Frist betrieben, sondern zuvor noch mit vergeblichen Mahnungen zugewartet, bis sie einen Mahnbescheid beantragt habe.

Auch unter Berücksichtigung ihrer Sicherungsmaßnahmen habe sie jedenfalls für ihre beiden ältesten Forderungen nicht zuwarten dürfen. Auch seien die Sicherungsmaßnahmen weder belegt noch in ihrem Wert bestimmt gewesen.

Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren hinsichtlich der Mineralölsteuer für den Ausfall der noch nicht getilgten Forderungen weiter und trägt ergänzend vor, die von ihr eingeleiteten Sicherungsmaßnahmen seien so erfolgreich gewesen, dass die o.a. erste Rechnung ganz und die o.a. zweite Rechnung zum Teil beglichen worden seien.

Sie habe in kaufmännisch einwandfreier Weise ihre Forderung gegen den Warenempfänger gesichert und auch beigetrieben, soweit dies möglich gewesen sei.

Ihr habe auch nicht klar sein müssen, dass die von ihr ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichten, weil sie keinen Überblick über die Vermögensverhältnisse des Warenempfängers gehabt habe. Insbesondere habe der Warenempfänger unrichtige Angaben über seine Lebensversicherung gemacht und auch den anzurechnenden Verwertungserlös der Waschanlage unzutreffend geschätzt.

Auch bei einer sofortigen Klage hätte sie keine weiteren verwertbaren Vermögensgegenstände erlangt.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seiner Verfügung vom 25.02.2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.01.2005 zu verpflichten, ihr 39.673,66 EUR Mineralölsteuer zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, der Klägerin habe erkennbar sein müssen, dass die von ihr ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichten, die gesamte Forderung einzuziehen. Sie habe deshalb sofort die gerichtliche Verfolgung einleiten müssen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der ablehnende Bescheid vom 25.02.2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.01.2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten ( § 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das beklagte Hauptzollamt hat zu Recht eine Vergütung der Mineralölsteuer abgelehnt.

Gemäß § 53 Abs. 1 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung - MinöStDV ist eine Voraussetzung des Vergütungsanspruchs des Lieferanten von nachweislich voll versteuertem Mineralöl hinsichtlich der im Verkaufspreis enthaltenen und beim Warenempfänger wegen dessen Zahlungsunfähigkeit ausgefallenen Steuer, dass "der Zahlungsausfall trotz vereinbarten Eigentumsvorbehalts, laufender Überwachung der Außenstände, rechtzeitiger Mahnung bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung und gerichtlicher Verfolgung des Anspruchs nicht zu vermeiden war". Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind diese vom Verkäufer des Mineralöls zur Erhaltung seines späteren möglichen Anspruchs gegen den Fiskus zu treffenden Maßnahmen darauf angelegt, einen Forderungsausfall zu verhindern oder zumindest in Grenzen zu halten. Da der Vorschrift kein schuldnerschützender Charakter zukommt, sondern sie vielmehr zur Erhaltung des dem Gläubiger evtl. zustehenden Vergütungsanspruchs dient, bleibt es dem Gläubiger überlassen, ob er den in der Vorschrift aufgezeigten typischen Weg (letzte Mahnung unter Fristsetzung und Androhung gerichtlicher Verfolgung) einschlägt oder unter Verzicht dieser Zwischenschritte den Anspruch unmittelbar gerichtlich verfolgt. Entscheidend kann letztlich nur sein, dass die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs "rechtzeitig" i.S. von § 53 Abs. 1 MinöStV erfolgt. Eine rechtzeitige Verfolgung des Anspruchs durch gerichtliche Geltendmachung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn das Mahnsystem sicherstellt, dass im Falle der Nichtbegleichung einer Forderung spätestens etwa zwei Monate nach der Belieferung die gerichtliche Verfolgung in die Wege geleitet wird (BFH Beschluss v. 07.01.2005, VII B 144/04, BFH/NV 2005, 1384 ff., Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern - ZfZ - 2005, 269 ff. m.w.N.). Andernfalls verliert der Mineralölhändler seinen Erstattungsanspruch (BFH Beschluss v. 06.02.2006, VII B 52/05, BFH/NV 2006, 1159 ff.).

Soweit der BFH für die rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs auf den Einzelfall abstellt, geschieht dies ausschließlich im Zusammenhang mit der Begründung einer kürzeren als der zweimonatigen Frist (Urteil v. 08.08.2006, VII R 15/06, ZfZ 2007, 21 ff.).

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hat der Beklagte die Erstattung zu Recht die Erstattung abgelehnt.

Die Klägerin hat ihre Ansprüche erst am 18.05.2001 gerichtlich geltend gemacht und damit für alle Lieferungen nicht innerhalb von zwei Monaten. Die letzte Lieferung fand nämlich schon am 17.03.2001 statt. Zudem war der Warenempfänger wegen dreier weiterer Lieferungen, deren Zahlungen früher fällig waren, im Rückstand gewesen, so dass für die letzten Lieferungen auch eine frühere gerichtliche Geltendmachung in Betracht gekommen wäre.

Zwar hat der BFH im Einzelfall eine Ausnahme für die Fristen gerichtlicher Geltendmachung bei Vereinbarungen über Ratenzahlungen erwogen, wenn diese allein geeignet erscheinen, vorübergehende Liquiditätsengpässe des Kunden zu umgehen, sofern ihnen ein vernünftiger Ratenzahlungsplan zugrunde liegt und sie der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns entsprechen (Beschlüsse 06.02.2006 VII B 52/05, aaO.; v. 22.04.2004 VII B 297/03 BFH/NV 2004, 1296 f.; v. 08.02.2000 VII B 269/99, BFH/NV 2000, 930 ff., 931).

Dem ist im Streitfall aber nicht nachzugehen, weil hier auch eine nur vergleichbare Ausnahme nicht zu erkennen ist. Die Klägerin hatte ihre Ansprüche nur deshalb erst am 18.05.2001 und damit verspätet geltend gemacht, weil sie zuvor Kenntnis über die Höhe der ihr zur Verwertung überlassenen Vermögensgegenstände erhalten wollte, um dann - zu möglichst geringen Kosten - erst einen Mahnbescheid über ihre verbleibende und nicht weiter beitreibbare Forderung zu beantragen.

Dass sie ihren Anspruch auch ungeachtet des Kostenrisikos nicht früher gerichtlich hätte geltend machen können, hat sie nicht vorgetragen.

Eine frühere gerichtliche Geltendmachung war auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin nicht hat erkennen können, dass die von ihr ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichten, um ihren Zahlungsanspruch nahezu in vollem Umfang zu realisieren. Auf die Erfolgsaussichten ergriffener oder unterlassener Maßnahmen zur Abwehr eines Zahlungsausfalls und zur gerichtlichen Verfolgung von fälligen Zahlungsansprüchen kommt es nicht an. Insoweit ist die in § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV bestimmte Notwendigkeit der rechtzeitigen gerichtlichen Verfolgung weder aufgrund von ex-post-Betrachtungen noch aufgrund hypothetischer Kausalverläufe auszuschließen (BFH Urteil v. 08.08.2006 VII R 15/06, BFH/NV 2007, 109 ff., 111). Gerade wegen des gewöhnlich fehlenden Überblicks über die Vermögensverhältnisse eines sich zahlungsunfähig gebenden Warenempfängers und auch unter Berücksichtigung seiner fehlerhaften Angaben ist die gerichtliche Verfolgung des Kaufpreisanspruchs rechtzeitig vorzunehmen.

Da zudem hypothetische Kausalverläufe für die Durchführung der gerichtlichen Geltendmachung keine Rolle spielen, kommt es auch nicht darauf an, dass die Klägerin auch bei einer sofortigen Klage keine weiteren verwertbaren Vermögensgegenstände hätte erlangen können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wurde nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Im Streitfall könnte nämlich die rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung des Kaufpreisanspruchs gerade unter Berücksichtigung der von der Klägerin getroffenen Maßnahmen, mit denen sie ihre offenen Forderungen von ca. 247.000 DM unter Mitwirkung des Warenempfängers um ca. 96.000 DM mindern konnte, durchaus auch als im Sinne von § 53 MinöStV vergütungsunschädlich angesehen werden. Ihre Maßnahmen entsprachen nämlich den Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns und waren, da die Klägerin umgehend tätig wurde und auch eine Mitwirkung des Warenempfängers hat erreichen können, effizienter als jede Zwangsvollstreckung. Zudem ist die gerichtliche Verfolgung des noch offenen Kaufpreisanspruchs umgehend nach dem vorläufigen Abschluss dieser Maßnahmen mit der Verwertung der Autowaschanlage betrieben worden.

Ende der Entscheidung

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