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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.08.2006
Aktenzeichen: 5 K 5856/02 U
Rechtsgebiete: UStG, BGB
Vorschriften:
UStG § 4 Nr. 18 | |
UStG § 10 Abs. 1 | |
BGB § 1835 | |
BGB § 1836 Abs. 2 | |
BGB § 1908i Abs. 1 |
Finanzgericht Düsseldorf
Tenor:
Der Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 05.04.2001, die Umsatzsteuerbescheide 1995 bis 1999 jeweils vom 28.02.2001 und die Einspruchsentscheidung vom 27.02.2002 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
Streitig ist die umsatzsteuerliche Behandlung von Betreuungsleistungen, die der Kläger durch so genannte Vereinsbetreuer gegenüber mittellosen und nicht mittellosen Betreuten erbringt.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein. Nach seiner Satzung bezweckt er den Schutz und die Hilfe für Mädchen und Frauen, die sich in geistiger, sittlicher oder wirtschaftlicher Not befinden, unter Berücksichtigung der häuslichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umwelt. Seine Tätigkeit umfasst unter anderem die Bereiche Kinder-, Jugend-, Familien-, Sozial-, Gefährdeten- und Gesundheitspflege und die Betreuung von Volljährigen (i. S. v. §§ 1896 ff Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-), die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können.
Der Kläger ist dem deutschen Caritasverband angeschlossen. Er wurde u. a. durch Freistellungsbescheid vom 03.04.2001 als ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt.
Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1994 - 1997 und 1999 gab der Kläger nicht ab. Die Umsatzsteuererklärung 1998 ging am 13.03.2000 beim Beklagter ein. Hierin erklärte der Kläger steuerfreie Leistungen gemäß § 4 Nr. 18 Umsatzsteuergesetz -UStG- in Höhe von 1.244.019,60 DM.
Nach den Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung betreffend die Jahre 1995 - 2000 wurden die Betreuungsleistungen von hierzu bestellten Mitarbeitern des Klägers (Vereinsbetreuer) ausgeführt. Die Vereinsbetreuer führten über ihre täglichen Leistungen Buch und erstellten einmal im halben Jahr eine Auflistung, die der Kläger dem zuständigen Amtsgericht zur Abrechnung vorlegte. Ab dem 01.01.1999 erhielt der Kläger pro Stunde eine Vergütung von 60 DM nach dem Gesetz über die Vergütung von Berufsvormündern (BVormVG), wobei nicht zwischen mittellosen und nicht mittellosen Betreuten unterschieden wurde. Für die Jahre davor wurde die Vergütung von den Gerichten nach den Entschädigungen für Zeugen bemessen ( § 1908 e Abs. 1 i. V. m. § 1836 Abs. 2 S. 2 BGB a. F.).
Der Umsatzsteuer-Sonderprüfer kam zu dem Ergebnis, dass für die mittellosen Personen gegenüber erbrachten Leistungen entgegen der Beurteilung durch den Kläger eine Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 18 UStG nicht in Betracht komme, weil nach dem BVormVG die Vergütungen für Berufs- und Vereinsbetreuer einheitlich festgelegt seien und es deshalb an dem Tatbestandsmerkmal der Entgelteinschränkung (i. S. v. § 4 Nr. 18c UStG) fehle. Eine Steuerbefreiung für Leistungen, die nicht mittellosen Personen gegenüber erbracht würden, könne auch nicht gewährt werden, weil die abgerechneten Vergütungen ebenfalls nicht hinter den mittellosen Personen gegenüber erbrachten Vergütungen zurückblieben. Auf die Betreuungsleistungen der Vereinsbetreuer komme nur die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG in Betracht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht über die Umsatzsteuersonderprüfung vom 07.02.2001 Bezug genommen.
Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und unterwarf die im Prüfungszeitraum und dem Kalenderjahr 1994 erzielten Einnahmen des Klägers aus der Betreuungstätigkeit wie folgt zum ermäßigten Steuersatz der Umsatzsteuer:
Zeitraum EinnahmenUmsatzsteuer
134.498,00 DM 9.414,86 DM
182.741,00 DM 12.791,87 DM
192.513,00 DM 13.475,91 DM
185.194,00 DM 12.963,58 DM
193.338,00 DM 13.533,66 DM
180.573,00 DM 12.640,11 DM
Der Beklagte setzte mit Bescheiden vom 28.02.2001 (für die Streitjahre 1995-1999) bzw. 05.04.2001 (für das Streitjahr 1994) die Umsatzsteuer abzüglich Vorsteuern in geschätzter Höhe wie folgt fest:
ZeitraumVorsteuerSteuerschuld lt. Bescheid
2.500,00 DM 6.914,00 DM
3.500,00 DM 9.291,00 DM
3.500,00 DM 9.975,00 DM
3.500,00 DM 12.791,00 DM
3.500,00 DM 12.559,00 DM
5.200,00 DM 10.417,00 DM
Gegen diese Bescheide erhob der Kläger mit Schreiben vom 21.03.2001 und 12.04.2001 Einspruch und beantragte die Herabsetzung der Umsatzsteuer auf jeweils 0,00 DM mit der Begründung, dass es sich bei den zugrundeliegenden Betreuungsleistungen um steuerfreie Leistungen gemäß § 4 Nr. 18 UStG handele. Nachdem der Beklagte die Einsprüche als unbegründet abgewiesen hatte (vgl. Einspruchsentscheidung vom 27.09.2001), hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger trägt vor, die Steuerbefreiung sei entgegen der Auffassung des Beklagten zu gewähren. Maßgeblich hierfür seien zunächst europarechtliche Erwägungen.
Die Betreuungsleistungen seien nach Art. 13 Teil A (1) Buchst. g) der Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei. In Anwendung der Richtlinie habe der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 18.08.2005, V R 71/03, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2006, 143, einer Legasthenie-Therapeutin zugestanden, sich direkt hinsichtlich der von ihr erbrachten Leistungen auf die Umsatzsteuerbefreiung nach Art. 13 Teil A (1) Buchst. g) zu berufen. Hierbei stütze sich der BFH in seinem Urteil insbesondere darauf, dass eine entsprechende nationale Befreiungsvorschrift fehle und eine Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie in nationales Recht nicht erfolgt sei. So seien die maßgeblichen Richtlinien und Bestimmungen in das deutsche UStG lediglich dadurch "umgesetzt" worden, dass die bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbestände im wesentlichen unverändert weitergeführt worden seien. Aus diesem Grunde könne sich in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen ein Einzelner auf Bestimmungen der Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen.
Mit seinen Betreuungsleistungen erbringe der Kläger Leistungen auf dem Gebiete der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit im Sinne von Art. 13 Teil A (1) Buchst. g) der Richtlinie 77/388/EWG; außerdem sei der Kläger als Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift anzusehen.
Die Umsatzsteuerbefreiung sei auch nicht nach Art. 13 Teil A (2) Buchst. b) der Richtlinie 77/388/EWG ausgeschlossen.
Zum einen seien die Leistungen des Klägers zur Ausübung der Tätigkeit, für die die Steuerbefreiung gewährt werde, unerlässlich. Bei den im Streit stehenden Betreuungsleistungen handele es sich um die Hauptleistung zur Durchführung der sozialen Aktivität. Mithin sei die Erbringung der Betreuungsleistung unerlässlich, um den gewünschten sozialen Erfolg zu erreichen.
Zum anderen dienten die Leistungen gerade nicht dazu, dem Kläger zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die im unmittelbaren Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt würden. Der Kläger handele bei der Erbringung der Betreuungsleistungen in unmittelbarer Erfüllung seiner Satzungszwecke zur Verfolgung mildtätiger Aufgaben gegenüber hilfsbedürftigen Personen. Der Kläger verfolge mit der Durchführung der Betreuungsleistungen Aufgaben der Caritas - als Lebens- und Wesensäußerung der katholischen Kirche - zur Unterstützung von Hilfsbedürftigen. Damit sei die Wahrnehmung der Betreuungsleistungen auch Teil des kirchlichen Verkündungsauftrages und eine altruistische Tätigkeit.
Darüber hinaus müssten Betreuungsvereine in Abgrenzung zu den Berufsbetreuern u.a. zusätzlich gewährleisten, dass durch sie planmäßig ehrenamtliche Betreuer gewonnen, in ihre Aufgaben eingeführt, fortgebildet und beraten würden. Dies ergebe sich aus § 1908 f BGB. In besonderem Maße sei es die Intention des Betreuungsgesetzes, das Ehrenamt zu fördern. Dies ergebe sich auch aus dem Grundsatz der Unentgeltlichkeit nach § 1836 BGB. Nach der Konzeption des Gesetzes sei die Vormundschaft/Betreuung ein staatsbürgerliches Ehrenamt, für dessen Ausübung keine Vergütung gezahlt werden solle. Diese nicht berufsmäßige Ausübung von Betreuungen durch ehrenamtliche natürliche Personen sei vor allem davon abhängig, dass die Betreuungsvereine ihrer Verpflichtung zu der Gewinnung und der laufenden Unterstützung von ehrenamtlichen Betreuern nachkämen.
Ein Berufsbetreuer sei dagegen nach § 1897 Abs. 6 BGB nur dann zu bestellen, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung stehe, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit sei. Den Betreuungsvereinen seien damit Aufgaben übertragen worden, die über die reine Betreuungsleistung hinaus gingen. Der mögliche Wettbewerb zu den Berufsbetreuern sei nicht durch die Betreuungsvereine hervorgerufen, sondern umgekehrt durch den Markteintritt der Berufsbetreuer zur Abdeckung von ansonsten nicht gedeckten Betreuungen.
Des Weiteren habe der Kläger in den zurückliegenden fünf Jahren (1997 bis 2001) Verluste im Betreuungsbereich erwirtschaftet; hinsichtlich der Höhe der Verluste wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 20.11.2002 (Blatt 24, 28 der Gerichtsakte -GA-) verwiesen. Es gebe damit keinerlei Wettbewerbsgründe für den Kläger, Betreuungsleistungen anzubieten.
Darüber hinaus sei eine Wettbewerbssituation bereits deswegen zu verneinen, weil bei zutreffender umsatzsteuerlicher Betrachtung auch die Leistung von Berufsbetreuern nach Art. 13 Teil A (1) Buchst. g) der Richtlinie 77/388/EWG umsatzsteuerbefreit seien. Auch wenn hinsichtlich der konkreten Ausführung der Leistungen von Vereinsbetreuern einerseits und Berufsbetreuern andererseits Unterschiede bestünden, erbrächten auch die Berufsbetreuer gegenüber den hilfsbedürftigen Betreuten Leistungen, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden seien, was sich bei mittellosen Personen bereits aus deren Finanzierung durch staatliche Stellen ergebe. Auch bei den Berufsbetreuern handele es sich darüber hinaus um Einrichtungen, die von dem betreffenden Mitgliedsstaat als Einrichtungen mit im wesentlichen sozialen Charakter anerkannt seien. Hierbei habe der BFH unter Berufung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs -EuGH- sowie das Gemeinschaftsrecht festgestellt, dass der Begriff "Einrichtung" grundsätzlich weit genug sei, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht zu erfassen und auch das Streben nach einer Gewinnerzielung die Inanspruchnahme dieser Befreiung nicht ausschließen könne. Für die Beantwortung der Frage, wann eine "Einrichtung mit sozialem Charakter" vorliege, stelle der BFH unter anderem darauf ab, wie die Tätigkeit vergütet werde. In dem dem Urteil des BFH vom 18.08.2005, V R 71/03, BStBl II 2006, 143, zugrunde liegenden Fall habe der BFH die Anerkennung eines Unternehmens als eine Einrichtung mit sozialem Charakter maßgeblich daraus abgeleitet, dass die Übernahme der Kosten für die fraglichen Leistungen durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit erfolgt sei. Maßgebend sei insoweit, dass es sich ihrer Art nach um Leistungen handele, für die die Kosten von den Sozialversicherungsträgern übernehmbar gewesen seien. Im Streitfall sei dies bei der Vergütung der Betreuungsleistung gegenüber mittellosen Personen durch die jeweiligen Amtsgerichte gegeben.
Des weiteren bestehe keine Einschränkung der Steuerbefreiung gemäß Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) der Richtlinie 77/388/EWG. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung könne ein Mitgliedsstaat die Umsatzsteuerbefreiung im Einzelfall vom Vorliegen einer oder mehrerer der aufgeführten vier Bedingungen abhängig machen. Er könne jedoch auch gänzlich auf die Übernahme dieser einschränkenden Bedingungen verzichten.
In seinem Urteil vom 18.08.2005, a. a. O., führe der BFH dazu aus, dass die Beschränkung der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) nur Eventual-Charakter habe. Ein Mitgliedsstaat, der es unterlassen habe, die insoweit erforderlichen Maßnahmen zu treffen, könne sich nicht auf sein eigenes Unterlassen berufen, um einem Steuerpflichtigen eine Steuerbefreiung zu verwehren, die ihm nach der Richtlinie 77/388/EWG zustünde. Damit stelle der BFH klar, dass der nationale Gesetzgeber von seinem Recht zur Einschränkung der Steuerbefreiung gerade keinen Gebrauch gemacht habe. Die möglichen Beschränkungen könnten damit dem Kläger auch nicht entgegen gehalten werden.
Selbst wenn § 4 Nr. 18 UStG eine Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie 77/388/EWG darstelle, sei diese unvollständig und lückenhaft. In § 4 Nr. 18c UStG sei gesetzlich verankert, dass die Entgelte für die in Betracht kommenden Leistungen hinter den durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurückbleiben müsse. Nach Artikel 13 Teil A (2) Buchstabe a) der Richtlinie 77/388/EWG könnten die Mitgliedstaaten die Gewährung der Befreiung zwar von Bedingungen abhängig machen. Die in Betracht kommende Bedingung in Artikel 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich verweise aber ausdrücklich darauf, dass die Preise dann nicht hinter den Preisen von privaten Anbietern zurückbleiben müssten, wenn Preise angewendet würden, die von den zuständigen Behörden genehmigt worden seien. Die Richtlinie gehe davon aus, dass bei behördlich genehmigten Preisen eine Wettbewerbsverzerrung durch die Umsatzsteuerbefreiung von vorne herein ausscheide. Durch die behördliche bzw. gesetzliche Preisfestsetzung werde verhindert, dass einzelne Betreuer ihre Wettbewerbssituation zur Preisgestaltung ausnutzen könnten. Vorliegend richte sich die Vergütung der Vereinsbetreuer nach dem BVormVG bzw. bis einschließlich 1998 nach den durch die Amtsgerichte festgesetzten Vergütungen. Damit werde die Preisgestaltung gerade durch den Gesetzgeber bzw. das jeweilige Amtsgericht als Behörde bestimmt. Die Vereinbarung freier Preise für die Betreuungsleistungen sei nicht möglich. Auf Grund dieser staatlichen Festlegung der Vergütungen sei jedoch gerade ausgeschlossen, dass es im Bereich der Betreuungsvereine zu Wettbewerbsverzerrungen kommen könne.
Da das Merkmal der Entgeltbeschränkung bei genehmigten Preisen nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Richtlinie keine Bedeutung habe, schränke der nationale Gesetzgeber mit der Regelung zur Entgeltbeschränkung in § 4 Nr. 18c UStG das Gemeinschaftsrecht in unzulässiger Weise ein.
Im Übrigen komme es durch die Umsatzsteuerbefreiung auch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen i. S. v. Artikel 13 Teil A (2) Buchst. a) 4. Spiegelstrich.
Schließlich greife auch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG unmittelbar ein.
Entgegen den Angaben des Beklagten sei nicht durchweg eine Vergütung von 60 DM pro Stunde angesetzt worden. Dies gelte nur für das Streitjahr 1999. In den Vorjahren seien differenzierte Vergütungen für die erbrachten Betreuungen vereinnahmt worden. Die Höhe der Vergütung sei durch das Amtsgericht festgesetzt worden. Wenn die nach Auffassung des Beklagten durch das BVormVG einheitlich festgesetzte Vergütung von 60 DM kaufmännisch ausgewogen sei, so dürfte die Vergütung für die Vorjahre nur geringfügig von diesem Betrag abweichen. Tatsächlich liege der durchschnittlich abgerechnete Stundensatz aber erheblich unter dem vermeintlich nach kaufmännischen Gesichtspunkten kalkulierten Entgelt von 60,00 DM. Hinsichtlich der Höhe der abgerechneten Entgelte wird auf die Schreiben der Klägervertreterin vom 20.11.2002 (Blatt 24, 29 f der GA) und vom 27.06.2006 (Blatt 76 ff der GA) verwiesen. Damit liege zumindest vor 1999 eine erhebliche Entgeltbeschränkung für den Kläger vor. In diesem Zusammenhang verweist der Kläger darauf, dass ihm eine Vereinbarung zwischen der Stadt "E-Stadt" und einem Betreuungsverein vorliege, wonach bereits im Jahre 1993 von einer angemessenen Vergütung von Betreuungsleistungen gem. § 1836 Abs. 2 BGB i.H.v. 60 DM pro Stunde ausgegangen werde. Der ab 1994 geltende Rahmen von bis zu 65 DM sei durch den Kläger ersichtlich nicht ausgeschöpft worden.
Aber auch ab dem Jahre 1999 (einheitliches Entgelt von 60 DM) sei zu beachten, dass der dem Entgelt gegenüber stehende Leistungsumfang nicht vergleichbar sei. So ergebe sich aus der Zielsetzung des Klägers, dass im Gegensatz zum Berufsbetreuer neben der Vermögensverwaltung für die Klienten auch die Betreuungsleistungen in weit stärkerem Maße erbracht würden. In der Praxis sei festzustellen, dass Berufsbetreuer überwiegend an zu Betreuenden mit größerem Vermögen interessiert seien und die Klientel mit geringerem Einkommen vernachlässigten. Der Kläger nehme darüber hinaus auch allgemeine, nicht auf einen speziellen Klienten bezogene Aufgaben im Betreuungsbereich wahr, die nicht vergütet würden. Eine wesentliche Aufgabe des Klägers sei die Förderung der ehrenamtlichen Arbeit. Die Förderung ergebe sich aus den Vorschriften des BGB. Hinzu komme aus der Betreuungsvorbereitung u. a. die planmäßige Fortbildung und Supervision der eingesetzten Mitarbeiter sowie die Teambesprechung, die allesamt die Qualität der Betreuung durch Vereinsbetreuer von der der Berufsbetreuer abgrenzten.
Die Sicherstellung der strengen gesetzlichen Vorgaben zur Anerkennung als Betreuungsverein sei mit erheblichen Vorhaltekosten verbunden. Dies gelte insbesondere für die Anstellung von besonders qualifizierten Diplom-Sozialarbeitern für die Durchführung von Betreuungsleistungen, um den hohen gesetzlichen Anforderungen zu genügen und insbesondere eine fachgerechte Betreuung auch bei psychisch erkrankten Menschen zu gewährleisten. Derartige Vorhaltekosten entstünden bei Berufsbetreuern naturgemäß nicht. Hieraus ergebe sich aber, dass eine Vergleichbarkeit der Leistung zwischen Betreuungsvereinen und Berufsbetreuern, wie dies aber durch § 4 Nr. 18 c UStG verlangt werde, nicht bestehe. Mangels Vergleichbarkeit könne das Entgelt der Berufsbetreuer auch nicht für den Entgeltvergleich nach § 4 Nr. 18 c UStG herangezogen werden.
Selbst wenn jedoch unterstellt werde, dass von Vereins- und Berufsbetreuern gleichartige Leistungen erbracht würden, bleibe das für die Vereinsbetreuung vom jeweiligen Amtsgericht gezahlte Entgelt hinter dem Entgelt für Berufsbetreuer zurück. Gemäß § 1908 e Abs. 1 Satz 2 BGB würden einem Betreuungsverein die allgemeinen Verwaltungskosten nicht ersetzt. Damit erhalte ein Betreuungsverein im Gegensatz zu einem Berufsbetreuer keinen Ersatz für seine allgemeinen Verwaltungskosten, wie z. B. Miete, Sach- und Personalkosten für Reinigung, Einrichtung, Anschaffung und Unterhaltung der technischen Geräte. Im Gegensatz hierzu stünden dem Berufsbetreuer gemäß § 1908 i i.V.m. §§ 1835, 669, 670 BGB ein Anspruch auf Ersatz allgemeiner Verwaltungskosten zu. Hinzu komme, dass der Vereinsbetreuer die Kosten für eine Versicherung gegen Schäden, die der Betreuer dem Betreuten zufüge, ebenfalls nicht geltend machen könne. Auch dies sei dem Berufsbetreuer über die Verweisungsnorm des § 1908 i BGB i.V.m. § 1835 Abs. 2 BGB möglich. Diese unterschiedliche rechtliche Behandlung der Kostenerstattung von Vereins- und Berufsbetreuern verdeutliche, dass die Entgelte von Betreuungsvereinen hinter den Entgelten der Berufsbetreuer zurück blieben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird insbesondere auf den Schriftsatz der Prozessvertreterin des Klägers vom 14.07.2006 (Blatt 92 ff der GA) verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 1994 bis 1999 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.09.2002 (i. H. v. insgesamt 61.947,00 DM) aufzuheben und
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 27.09.2002.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Nachdem am 28.06.2006 eine mündliche Verhandlung stattgefunden hatte, haben der Kläger (mit Schriftsatz vom 20.07.2006, Blatt 115 der GA) und der Beklagte (mit Schriftsatz vom 25.07.2006, Blatt 116 der GA) erklärt, mit einer Entscheidung ohne erneute mündliche Verhandlung einverstanden zu sein.
Die Klage ist begründet.
Die Betreuungsleistungen, die der Kläger durch Vereinsbetreuer erbracht hat, sind umsatzsteuerbefreit unabhängig davon, ob die Betreuungsleistungen gegenüber mittellosen oder vermögenden Personen erbracht wurden.
Hinsichtlich der Betreuungsleistungen, die gegenüber vermögenden Betreuten erbracht wurden, ergibt sich die Umsatzsteuerfreiheit bereits aus der unmittelbaren Anwendung von § 4 Nr. 18 UStG. Dies gilt ebenfalls für die Betreuung mittelloser Personen für die Streitjahre 1994 bis einschließlich 1998. Im Übrigen sind die Betreuungsleistungen steuerfrei nach Art. 13 Teil A (1) Buchstabe g) der Richtlinie 77/388/EWG.
Umsatzsteuerfrei sind nach § 4 Nr. 18 UStG die Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und der der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind, wenn
diese Unternehmer ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen,
die Leistungen unmittelbar dem nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung begünstigenden Personenkreis zugute kommen und
die Entgelte für die in Betracht kommenden Leistungen hinsichtlich der durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurückbleiben.
Der Kläger ist dem Caritasverbandes, einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege im Sinne von § 4 Nr. 18 UStG (vgl. § 23 Nr. 2 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung -UStDV-) angeschlossen und damit eine potenziell nach § 4 Nr. 18 Satz 1 UStG begünstigte Körperschaft.
Auch die Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchst. a) und Buchst. b) UStG werden vom Kläger unstreitig erfüllt.
Der nach § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchst. c) UStG durchzuführende Preisvergleich setzt voraus, dass nach Art und Umfang gleichartige Leistungen entsprechender Erwerbsunternehmen festzustellen sind. Neben dieser sachlichen Vergleichbarkeit der Leistungen müssen auch die äußeren Bedingungen, unter denen die Leistungen ausgeführt werden - wie zum Beispiel Standort, Verkehrsverhältnisse, Land- oder Stadtgebiet etc. -, gleichartig sein (vgl. Weymüller in: Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 18 Rz. 32; Husmann in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 18 Rz. 41).
Unabhängig von der Frage der Vergleichbarkeit der durch Berufsbetreuer einerseits und Vereinsbetreuer (für den Kläger) andererseits erbrachten Leistungen ist für die Streitjahre 1994 - 1998 im Regelfall ein Zurückbleiben der Vergütungen für Vereinsbetreuer hinter den Vergütungen, die an Berufsbetreuer ausgezahlt wurden, feststellbar.
Für die Streitjahre 1994 bis 1998 richtete sich die Höhe der Vergütung für Betreuungsleistungen nach dem Höchstbetrag dessen, was einem Zeugen als Entschädigung für seinen Verdienstausfall gewährt werden konnte. Die Vergütung konnte bis zum Dreifachen erhöht werden, soweit die Führung der Vormundschaft/Betreuung besondere Fachkenntnisse erforderte oder mit besonderen Schwierigkeiten verbunden war; sie konnte bis zum Fünffachen erhöht werden, wenn im Einzelfall Umstände hinzutraten, die die Besorgung bestimmter Angelegenheiten außergewöhnlich erschwerten. Diese Regelung des § 1836 Abs. 2 BGB a. F. galt sowohl für Berufsbetreuer (über § 1908 i Abs. 1 BGB) als auch für Vereinsbetreuer (über § 1908 e Abs. 1 Satz 1 BGB).
In der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2006 haben die Beteiligten erklärt, dass sie übereinstimmend davon ausgehen, dass für die Jahre 1994 - 1998 unterschiedliche Stundensätze in Rechnung gestellt worden seien je nach Schwere des Falles, dass
aber Berufsbetreuer (mit Ausnahme evtl. von Rechtsanwälten) in gleicher Weise abgerechnet hätten (allerdings dann zzgl. Umsatzsteuer). Die Vergütung für die Betreuung mittelloser und nicht mittelloser Personen sei identisch gewesen.
Wenn man unterstellt, dass die (eventuell) höhere Vergütung von Rechtsanwälten sachlich gerechtfertigt war, weil Rechtsanwälte möglicherweise besser qualifiziert sind als andere Betreuer und wenn man den Umstand nicht problematisiert, dass Berufsbetreuer die Umsatzsteuer im Gegensatz zu den Vereinsbetreuern noch zusätzlich mit abgerechnet haben, würde die identische Höhe abrechenbarer Stundensätze dafür sprechen, eine Entgeltbeschränkung i. S. v. § 4 Nr. 18c UStG zu verneinen, mit der Folge, dass die Leistungen der Vereinsbetreuer nicht nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei wären.
Entscheidungserheblich ist aber, dass neben den auf der Grundlage von § 1836 Abs. 2 BGB ermittelten Stundensätzen grundsätzlich auch ein Aufwendungsersatz gem. § 1908 i Abs. 1 BGB i. V. m. § 1835 BGB möglich ist. Für Betreuungsleistungen durch einen Vereinsbetreuer wurden allgemeine Veraltungskosten z. B. für Büropersonal, Miete, Heizung, Fachliteratur, Fortbildung etc. nicht ersetzt (§ 1908e Abs. 1 Satz 2 BGB). Auch die Kosten für eine Versicherung gegen Schäden, die der Betreuer dem Betreuten zufügt, konnten für einen Vereinsbetreuer nicht geltend gemacht werden (§ 1835 Abs. 5 Satz 2, Abs. 2 BGB). Demgegenüber stand den Berufsbetreuern ein Anspruch auf Erstattung von (anteiligen) Versicherungskosten (§ 1908 i Abs. 1 i. V. m. § 1835 Abs. 2 BGB) und (anteiligen) allgemeinen Verwaltungskosten (§ 1908 i Abs. 1 i. V. m. §§ 1835 Abs. 1, 669, 670 BGB) zu. Nach dem - durch den Beklagten unwidersprochenen - Vortrag der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2006 sind derartige Kosten Berufsbetreuern im Regelfall auch im Bezirk des für den Kläger zuständigen Amtsgerichts erstattet worden.
Da der Entgeltbegriff in § 4 Nr. 18 c UStG identisch ist mit dem in § 10 Abs. 1 UStG (Kossack in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 4 Nr. 18, Rz. 32), ist der Aufwendungsersatz für Allgemeinkosten mit in den Entgeltvergleich einzubeziehen. Denn auch der Ersatz der Allgemeinkosten zählt zu dem, was der Leistungsempfänger aufwenden muss, um die Betreuungsleistung zu erhalten und ist somit Entgelt i. S. v. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG. Da für die Betreuungsleistungen der Vereinsbetreuer ein Ersatz allgemeiner Verwaltungskosten und Versicherungskosten nicht möglich war, blieben die Entgelte, die an den Kläger für die Betreuungsleistungen seiner Vereinsbetreuer bezahlt wurden, hinter dem durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen (hier: Berufsbetreuern) verlangten Entgelten zurück.
Zwar gibt es sachliche Gründe dafür, dass ein Ersatz z. B. von allgemeinen Verwaltungskosten bei Betreuungsleistungen durch Vereinsbetreuer nicht gewährt wird. Insoweit wird auf die umfassenden Ausführungen des Bundesgerichtshofs (BGH) in seinem Beschluss vom 05.07.2000, XII ZB 58/97, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2000, 3712, verwiesen. Für die umsatzsteuerliche Beurteilung spielen die dort genannten Erwägungen keine Rolle. Nach § 4 Nr. 18 c UStG kommt es allein auf das jeweils gezahlte Entgelt an. Aus welchen Gründen das Entgelt für Betreuungsleistungen von Vereinsbetreuern hinter dem Entgelt der Berufsbetreuer zurückbleibt, ist für den nach § 4 Nr. 18 c UStG anzustellenden Entgeltvergleich unerheblich (vgl. Kossack in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 4 Nr. 18 Rz. 32).
Schließlich spielt auch die Höhe der Entgeltdifferenz keine Rolle. Denn aus § 4 Nr. 18c UStG ergibt sich lediglich, dass das Entgelt für Betreuungsleistungen von Vereinsbetreuern hinter dem durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Berufsbetreuern verlangten Entgelt zurückbleiben muss. Dies ist nach den obigen Ausführungen zu bejahen. Ob die Entgelte für Betreuungsleistungen der Vereinsbetreuer in einem - wie auch immer gearteten - erheblichem Maße hinter den Entgelten der Berufsbetreuer zurückbleiben, spielt nach § 4 Nr. 18c UStG keine Rolle.
Für das Streitjahr 1999 gilt das zuvor Gesagte weiterhin für die Betreuung vermögender Betreuter. Auch im Streitjahr 1999 wurden die Vergütungen insoweit durch die Amtsgerichte festgesetzt und allgemeine Verwaltungskosten sowie die Versicherungskosten konnten durch Berufsbetreuer zusätzlich abgerechnet werden und sind auch im Regelfall zusätzlich abgerechnet worden. Bei Betreuungen durch Vereinsbetreuer war dies nicht möglich. Damit ist auch für das Jahr 1999 hinsichtlich der Betreuung von nicht mittellosen Personen eine Entgeltbeschränkung i. S. v. § 4 Nr. 18c UStG zu bejahen; die Betreuungsleistungen, die der Kläger durch seine Vereinsbetreuer insoweit erbracht hat, sind nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei.
Anders ist dagegen die Situation bei der Betreuung mittelloser Betreuter. In dem - über § 1908 i BGB auch für Betreuungen geltenden - § 1836 a BGB ist in der für das Streitjahr 1999 geltenden Fassung geregelt, dass bei mittellosen Mündeln/Betreuten der Vormund/Betreuer die nach § 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB zu bewilligende Vergütung nach Maßgabe des § 1 BVormVG aus der Staatskasse verlangen kann. Dies galt sowohl für Berufs- als auch Vereinsbetreuer.
Nach § 1 Abs. 1 BVormVG in der für das Streitjahr geltenden Fassung beträgt die nach § 1836a BGB aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung für jede Stunde der für die Führung der Vormundschaft/Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit fünfunddreißig Deutsche Mark; verfügt der Vormund über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sind, so erhöht sich diese Vergütung
1. auf fünfundvierzig Deutsche Mark, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind;
2. auf sechzig Deutsche Mark, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.
Eine auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer wird, soweit sie nicht nach § 19 Abs. 1 UStG unerhoben bleibt, zusätzlich ersetzt.
Auf der Grundlage dieser Vorschrift hat der Kläger für die Betreuungsleistungen seiner Vereinsbetreuer für das Jahr 1999 einheitlich mit einem Stundensatz von 60,00 DM abgerechnet. Dies entspricht dem Stundensatz, mit dem Berufsbetreuer mit vergleichbarer Ausbildung abrechnen konnten. Mit den sich aus § 1 BVormVG ergebenden Stundensätzen waren darüber hinaus auch sämtliche Kosten der Betreuer - auch der Berufsbetreuer - abgedeckt. Dies bedeutet, dass im Zusammenhang mit der Betreuung Mittelloser nunmehr auch Berufsbetreuer - wie zuvor auch schon die Vereinsbetreuer -nicht noch zusätzlich Ersatz von allgemeinen Verwaltungskosten etc. geltend machen konnten. Dies ist durch das für den Kläger zuständige Amtsgericht "O-Stadt" auf entsprechende Nachfrage bestätigt worden.
Damit ist die Vergütungshöhe für Betreuungsleistungen von Vereinsbetreuern und Berufsbetreuern identisch, soweit es die Betreuung Mittelloser betrifft. Da damit die Vergütung für Betreuungsleistungen von Vereinsbetreuern nicht hinter der für Berufsbetreuer i. S. v. § 4 Nr. 18c UStG zurückbleibt, sind die Betreuungsleistungen insoweit nach deutschem UStG nicht steuerfrei.
Hiergegen lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht anführen, Betreuungsleistungen der Berufsbetreuer einerseits und der Vereinsbetreuer andererseits seien nicht vergleichbar.
Der Umstand, dass der Kläger als Betreuungsverein gemäß § 1908 f BGB Aufgaben zu erfüllen hat, die von einem Berufsbetreuer nicht zu erbringen sind, wie zum Beispiel die Schulung von Mitarbeitern, Gewinnung von ehrenamtlichen Kräften, Durchführung eines Erfahrungsaustauschs zwischen den Mitarbeitern etc. ist für das Abstandsgebot nach § 4 Nr. 18c UStG unerheblich. Die neben den Betreuungen durch den Kläger gem. § 1908 f Abs. 1 BGB zu erbringenden Tätigkeiten werden nicht gegen Entgelt erbracht und sind daher nicht umsatzsteuerbar. Vielmehr sind sie Voraussetzung dafür, dass der Verein überhaupt als Betreuungsverein und auch als gemeinnützig anerkannt wird. Dass die Einnahmen aus der Tätigkeit der Vereinsbetreuer möglicherweise auch zur Finanzierung dieser Aufgaben verwendet werden, ist unerheblich. Das Entgelt, das der Kläger für die durch Vereinsbetreuer erbrachte Betreuungsleistungen erhält, steht ausschließlich im Zusammenhang mit der jeweils konkreten Betreuungsleistung. Weitere Tätigkeiten sollen hiermit nicht abgegolten werden. Damit ist in die Betrachtung für den Entgeltvergleich nach § 4 Nr. 18c UStG ausschließlich die gegen Entgelt erbrachte Betreuungsleistung einzubeziehen.
Auch der Argumentation des Klägers, sein Entgelt bleibe deshalb hinter dem von Berufsbetreuern zurück, weil er die von ihm betreuten Personen anders als die Berufsbetreuer zusätzlich in psychologischer und sozialer Hinsicht betreue und deshalb für das selbe Geld eine umfassendere und vielfältigere Leistung erbringe, kann nicht gefolgt werden. Selbst wenn man unterstellt, dass Betreuungsvereinen beziehungsweise Vereinsbetreuern schwierigere Betreuungen zugewiesen werden, die von anderen Betreuern nicht mehr bewältigt werden können, so ergibt sich daraus nicht zwangsläufig, dass der Kläger für dasselbe Geld mehr leistet, als ein Berufsbetreuer. Denn ein höherer Schwierigkeitsgrad erfordert in aller Regel eine längere Arbeitszeit, die in der Vergütungshöhe berücksichtigt wird. Zum anderen richtet sich der Inhalt und der Umfang der Betreuungsleistung nach den persönlichen Bedürfnissen der betreuten Person. Das ergibt sich bereits aus der gesetzlichen Beschränkung der Betreuung auf Aufgabenkreise, in denen die Betreuung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 BGB). Entsprechende Betreuungsleistungen variieren deshalb zwangsläufig. Die gesetzlichen Vergütungsregeln tragen diesem Umstand Rechnung, indem sie die Vergütung nach dem Zeitaufwand bemessen. Denn die Vergütung erfolgt nach erforderlicher, tatsächlich aufgewendeter Zeit (§ 1 Abs. 1 BVormVG). Die Vergütungsregelung macht außerdem die Höhe der Vergütung von den Kenntnissen und Erfahrungen des Betreuers abhängig. Der Gesetzgeber berücksichtigt mithin die Unterschiede zwischen den einzelnen Betreuungsleistungen in der Vergütungshöhe.
Auch der Einwand des Klägers, infolge der nicht möglichen Nachberechnung der Umsatzsteuer ergebe sich ein Zurückbleiben seines Entgelts hinter dem durchschnittlich gezahlten Entgelt für die Berufsbetreuer, weil diese regelmäßig einen Betrag in Höhe von 60,00 DM zuzüglich Umsatzsteuer abgerechnet hätten, greift nicht. Die Umsatzsteuer gehört zwar nicht zum Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Sie mindert insofern das Entgelt, soweit ihre Übernahme durch das Amtsgericht abgelehnt werden sollte. Selbst wenn das zuständige Gericht entgegen § 1 Satz 3 BVormVG, wonach eine auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer zusätzlich ersetzt wird, die Umsatzsteuer nicht ersetzen sollte, reicht dieser Umstand aber nicht zur Gewährung der Steuerfreiheit aus. Entscheidend ist, dass die von dem Kläger erbrachten Leistungen von Anfang an auf einer kalkulatorischen Grundlage in Höhe von 60,00 DM erbracht wurden. Damit hat sich der Kläger kalkulatorisch an der von den Berufsbetreuern abgerechneten Summe orientiert. Würde man mit dem Argument, dass das Entgelt für Vereinsbetreuer nach Herausrechnung der Umsatzsteuer hinter dem Entgelt für Berufsbetreuer zurückbleibe, eine Steuerbefreiung gewähren, wären die Entgelte von Vereins- und Berufsbetreuern nach Bewilligung der Steuerbefreiung wieder gleich hoch. Die Steuerbefreiung müsste wieder versagt werden. Würde man die Betrachtung hierauf reduzieren, könnte niemals entschieden werden, ob die Umsätze steuerpflichtig oder steuerfrei sind, weil sich aus der Behandlung als steuerfrei stets die Steuerpflicht, aus der Behandlung als steuerpflichtig dagegen stets die Steuerbefreiung ergäbe (Ping-Pong-Effekt).
Letztlich kann diese Frage aber dahin gestellt bleiben. Denn sämtliche hier im Raum stehenden Betreuungsleistungen sind umsatzsteuerfrei nach Art. 13 Teil A (1) Buchst. g) der Richtlinie 77/388/EWG. Dies gilt auch für die ab dem Jahre 1999 gegenüber Mittellosen erbrachten Betreuungsleistungen. Der Kläger kann sich insoweit unmittelbar auf die Richtlinie berufen.
Ein Einzelner kann sich in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen. Er kann sich auf diese Bestimmungen auch berufen, soweit sie so geartet sind, dass sie Rechte festlegen, die der Einzelne gegenüber dem Staat geltend machen kann. Ein Mitgliedstaat kann einem Steuerpflichtigen, der beweisen kann, dass er steuerrechtlich unter einen Befreiungstatbestand der Richtlinie fällt, nicht entgegenhalten, dass er die Vorschriften, die die Anwendung eben dieser Steuerbefreiung erleichtern sollen, nicht erlassen hat (vgl. z. B. EuGH, Urteil vom 10.09.2002, Rs. C-141/00 - Kügler -, Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs -EuGHE- 2002, I-6833, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 2002, 513 m. w. N.).
Artikel 13 Teil A (1) Buchst. g) der Richtlinie 77/388/EWG zählt die Tätigkeiten, die steuerfrei sind, hinreichend genau und unbedingt im o. g. Sinne auf (EuGH, Urteil vom 10.09.2002, a. a. O.).
Nach Artikel 13 Teil A (1) Buchst. g) der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten von der Umsatzsteuer die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von den betreffenden Mitgliedsstaaten als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen.
Die durch den Kläger mit Hilfe seiner Vereinsbetreuer erbrachten Betreuungsleistungen sind unstreitig Dienstleistungen, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit im Sinne dieser Vorschrift verbunden sind. Darüber hinaus handelt es sich beim Kläger auch unstreitig um eine in Deutschland anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter.
Die Steuerbefreiung ist auch nicht nach Artikel 13 Teil A (2) Buchst. b) 2. Spiegelstrich ausgeschlossen. Hiernach kommt eine Steuerbefreiung z. B. nach Artikel 13 Teil A (1) Buchst. g) für Leistungen nicht in Betracht, die im wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.
Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich gegen einen Ausschluss der Steuerfreiheit hiernach aber nicht anführen, auch Berufsbetreuer unterlägen nicht der Mehrwertsteuer, weil auch sie soziale Einrichtungen im Sinne von Art. 13 Teil A (1) Buchstabe g) seien, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen erbrächten. Berufsbetreuer sind keine in Deutschland anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter in diesem Sinne.
Art. 13 Teil A (1) Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG räumt den Mitgliedstaaten ein Ermessen in der Frage ein, ob sie bestimmten Einrichtungen sozialen Charakter zuerkennen oder nicht. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Einrichtung als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen ist, sind spezifische nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit zu berücksichtigen. Außerdem ist der Umstand zu beachten, ob Gemeinschaften mit den gleichen Tätigkeiten wie ein Berufsbetreuer wegen des mit diesen Tätigkeiten verbundenen Gemeinwohlinteresses bereits in den Genuss einer ähnlichen Steuerbefreiung kommen. Auch kommt dem Umstand rechtserhebliche Bedeutung zu, ob und welche der Kosten für welche von einem Berufsbetreuer erbrachten Leistungen zum großen Teil von durch Gesetz errichtete Krankenkassen oder von Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden, zu denen private Wirtschaftsteilnehmer, wie z. B. Berufsbetreuer, vertragliche Beziehungen unterhalten (vgl. hierzu z.B. BFH, Urteil vom 22.04.2004, V R 1/98, BStBl II 2004, 849 m. w. N.).
Zwar hat der BFH (dem EuGH folgend) entschieden, dass der Begriff der Einrichtung grundsätzlich weit genug sei, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht zu erfassen (vgl. BFH, Urteil vom 18.08.2005, V R 71/03, BStBl II 2006, 143 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 26.05.2005, C-498/03, UR 2005, 453). Potenziell könnten damit auch Berufsbetreuer soziale Einrichtungen im Sinne von Art. 13 Teil A (1) Buchst. g) darstellen. In Deutschland sind Berufsbetreuer aber - unabhängig davon, dass sie zweifelsohne auch Leistungen auf dem Gebiet der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit erbringen - nicht als soziale Einrichtungen anerkannt. Das hierfür maßgebliche deutsche Normengeflecht lässt jedenfalls einen derartigen Rückschluss nicht zu.
Ein Berufsbetreuer kann z. B. nicht bereits deswegen als Einrichtung mit sozialem Charakter qualifiziert werden, weil andere Institutionen, wie z. B. Betreuungsvereine, die vergleichbare Tätigkeiten erbringen, bereits in den Genuss einer ähnlichen Steuerbefreiung kommen. So sieht das deutsche UStG in § 4 Nr. 18 UStG für Betreuungsleistungen der Betreuungsvereine, die einem Wohlfahrtsverband angeschlossen sind, zwar eine Steuerfreiheit unter bestimmten Voraussetzungen vor. Neben der Berücksichtigung des Abstandsgebots in § 4 Nr. 18c UStG gehört hier aber gem. § 4 Nr. 18a UStG dazu, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient; hierfür ist u. a. ausschlaggebend, dass er die Erfüllung der sich aus § 1908 f BGB ergebenden Aufgaben eines Betreuungsvereines gewährleistet. Derartige Aufgaben sind von Berufsbetreuern nicht zu erfüllen. Für die Frage, ob Berufsbetreuer als Einrichtung mit sozialem Charakter zu qualifizieren sind, gibt die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 18 UStG somit nichts her, denn es fehlt insoweit an der Vergleichbarkeit von Betreuungsvereinen und Berufsbetreuern.
Auch aus den Vergütungsregeln lässt sich nicht der Schluss ziehen, Berufsbetreuer seien in Deutschland als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannt. So werden die Kosten, die infolge der Betreuung durch einen Berufsbetreuer entstehen, nicht von Krankenkassen oder Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen. Nur bei mittellosen Betreuten wird die Vergütung des Berufsbetreuers durch die Staatskasse gezahlt; dies kann aber nicht auf eine Stufe gestellt werden mit einer Kostenübernahme durch die Sozialversicherung. Vielmehr besteht insoweit eine Vergleichbarkeit mit der Prozesskostenhilfe für mittellose Rechtssuchende, die ebenfalls aus der Staatskasse gezahlt wird. Ein beigeordneter Rechtsanwalt dürfte sicher nicht als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen sein. Zu beachten ist auch, dass die Vergütungsregeln für berufsmäßige Betreuer u. a. auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 1. Juli 1980, 1 BvR 349/75, 1 BvR 378/76, amtliche Sammlung von Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 54, 251, 266, zurückgehen. Bei berufsmäßig tätigen Vormündern/Betreuern ist es nach dieser Entscheidung mit dem durch Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz -GG- geschützten Recht der freien Berufsausübung unvereinbar, eine angemessene Entschädigung für ihre Inanspruchnahme durch den Staat zu verweigern. Die in das Betreuungsrecht aufgenommenen Vergütungsregeln sollten u. a. diese Vorgaben des BverfG gesetzlich umsetzen (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 11/4528, 110). Hieraus lässt sich aber nicht ableiten, dass Deutschland den Berufsbetreuer als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt habe.
Ein Ausschluss der Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil A (2) Buchst. b) 2. Spiegelstrich ist aber zu verneinen, weil eine klassische Wettbewerbssituation zwischen Vereinsbetreuern und Berufsbetreuern nicht besteht. Nach der Konzeption des BGB sind Betreuungen grundsätzlich durch ehrenamtliche Betreuer unentgeltlich auszuüben, vgl. z. B. §§ 1908 i Abs. 1, 1836 Abs. 1 BGB. In diesem Zusammenhang haben auch Betreuungsvereine, insbesondere deren hauptamtliche Mitarbeiter, also die Vereinsbetreuer, neben der Durchführung von Betreuungen die Aufgabe, sich planmäßig um die Gewinnung ehrenamtlicher Betreuer zu bemühen, § 1908 f Abs. 1 Nr. 2 BGB. Ohne derartige Tätigkeiten der Vereinsbetreuer ließe sich das Konzept, Betreuungen in erster Linie durch Ehrenamtliche ausführen zu lassen, überhaupt nicht durchsetzen. Gemäß § 1897 Abs. 6 BGB sollen berufsmäßige Betreuer nur dann bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit ist. Hieraus ergibt sich nicht nur, dass in erster Linie ehrenamtliche Betreuer bestellt werden sollen, sondern außerdem, dass der Gesetzgeber einen Wettbewerb zwischen Vereinsbetreuern und Berufsbetreuern nicht gewollt hat. Berufsbetreuer sollen durch das zuständige Vormundschaftsgericht erst im Falle einer Mangelsituation bestellt werden. Eine derartige Mangelsituation kann i. ü. im Regelfall als gegeben unterstellt werden. So ergibt sich aus den in den Betriebsprüfungsunterlagen befindlichen Übersichten zur Entwicklung der Betreutenzahlen in den Jahren 1995 - 2000 eindeutig, dass die Zahl von ehrenamtlichen Betreuern und Vereinsbetreuern bei weitem nicht ausreichte, um die Anzahl der nötigen Betreuungen abzudecken, sondern vielmehr ein steigender Bedarf an Berufsbetreuern - unabhängig von der Zahl der Vereinsbetreuer - festzustellen ist. Neben der gesetzlichen Konzeption ergibt sich auch aus den tatsächlichen Gegebenheiten, dass Berufsbetreuer und Vereinsbetreuer üblicherweise nicht in Konkurrenz zueinander auf dem Markt als Wettbewerber auftreten.
Die Betreuungsleistungen der Vereinsbetreuer sind auch nicht "im wesentlichen dazu bestimmt..." i. S. v. Art. 13 Teil A (2) Buchst. b) 2. Spiegelstrich, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen. Vielmehr handelt der Kläger bei der Erbringung der Betreuungsleistungen in unmittelbarer Erfüllung seiner Satzungszwecke. Er ist als Betreuungsverein außerdem gesetzlich gem. § 1908 f Abs. 1 Nr. 1 BGB verpflichtet, eine ausreichende Zahl geeigneter professioneller Mitarbeiter (Vereinsbetreuer) vorzuhalten, die neben der Gewinnung von ehrenamtlichen Mitgliedern auch konkret zur Erbringung von - insbesondere schwierigen - Betreuungsleistungen eingesetzt werden (vgl. hierzu Diederichsen in: Palandt, BGB, 62. Aufl., § 1908 f Rz. 3). Die Erzielung zusätzlicher Einnahmen ist damit zweitrangig und nur ein Annex zu den sich aus den Satzungszwecken ergebenden und vom Gesetzgeber geforderten Tätigkeiten.
Schließlich spricht gegen eine Steuerbefreiung auch nicht, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) der Richtlinie 77/388/EWG die Gewährung der Steuerbefreiung für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, von Fall zu Fall von der Erfüllung einer oder mehrerer der dann folgenden 4 Bedingungen abhängig machen können.
Diese Beschränkung der Befreiungsregel hat nur Eventualcharakter. Ein Mitgliedstaat, der es - wie hier - unterlassen hat, die insoweit erforderlichen Maßnahmen zu treffen, kann sich nicht auf sein eigenes Unterlassen berufen, um einem Steuerpflichtigen eine Steuerbefreiung zu verwehren, die dieser - wie im Streitfall der Kläger - nach der Richtlinie 77/388/EWG in Anspruch nehmen kann (EuGH, Urteil vom 10.09.2002, a. a. O.).
Eine Einschränkung der Steuerfreiheit durch den deutschen Gesetzgeber stellt das Abstandsgebot gem. § 4 Nr. 18c UStG dar. § 4 Nr. 18c UStG ist aber weder durch die in Betracht kommenden Bedingungen nach Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich noch 4. Spiegelstrich gedeckt.
Die Bedingung laut Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich lautet wie folgt:
Es müssen Preise angewendet werden, die von den zuständigen Behörden genehmigt sind, oder solche, die die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Tätigkeiten, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssten Preise angewendet werden, die unter den Preisen liegen, die von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen für entsprechende Tätigkeiten gefordert werden.
Diese Regelung ist durch den deutschen Gesetzgeber nur unvollständig in nationales Recht umgesetzt worden. Zwar geht die umsatzsteuerrechtliche Kommentarliteratur offenbar davon aus, dass § 4 Nr. 18c UStG von der Richtlinie gedeckt ist (vgl. z.B. Kraeusel in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 4 Nr. 18 Rz. 7 f.; Huschens in: Vogel/Schwarz, UStG, § 4 Nr. 18 Rz. 9). Dabei bleibt aber unberücksichtigt, dass Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/EWG zwischen genehmigten Preisen und solchen Tätigkeiten unterscheidet, bei denen eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist; ein Abstandsgebot ist nur bei Preisen erlaubt, "für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist". Demgegenüber gilt das Abstandsgebot des § 4 Nr. 18 c UStG seinem Wortlaut nach einschränkungslos. Zwar gestattet die Richtlinie, den Mitgliedsstaaten die Steuerbefreiung von Fall zu Fall von der Erfüllung einer oder mehrerer der aufgeführten Bedingungen abhängig zu machen. Dies geht aber nicht soweit, dass einzelne Bedingungen nur zum Teil in nationales Recht übernommen werden können. Vielmehr sind die Mitgliedsstaaten an den Inhalt der einzelnen Bedingungen gebunden (vgl. hierzu auch Hüttemann, UR 2006, 441, 451). Für die Bedingung des Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich der Richtlinie ergibt sich daraus, dass die Entgeltbeschränkung nur in der Weise in das nationale Recht eines Mitgliedsstaates übernommen werden darf, dass genehmigte Preise von dieser Voraussetzung ausgenommen werden. § 4 Nr. 18 c) UStG kann damit nicht auf Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a) 3. Spiegelstrich der Richtlinie gestützt werden.
Selbst wenn man die Auffassung verträte, § 4 Nr. 18 c UStG lasse sich richtliniekonform dahingehend auslegen, dass das Abstandsgebot bei "genehmigten Preisen" keine Anwendung finde, so würde dies letztlich nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Denn bei den in Frage stehenden Entgelten für die Betreuungsleistungen der Vereinsbetreuer handelt es sich um behördlich genehmigte Preise in diesem Sinne. So wurde die Höhe der abzurechnenden Vergütungen in den Streitjahren 1994 - 1998 (sowie im Streitjahr 1999 hinsichtlich der Betreuung nicht Mittelloser) durch das zuständige Vormundschaftsgericht bestimmt. Hinsichtlich der Betreuung Mittelloser galten im Streitjahr 1999 die gesetzlichen Vergütungsregeln nach dem BVormVG. Hierbei handelt es sich nach Überzeugung des Senats erst recht um genehmigte Preise im Sinne der Richtlinie. Zwar sind die Preise insoweit nicht, wie vom Richtlinienwortlaut vorausgesetzt, von einer Behörde genehmigt worden. Entscheidend ist aber allein, dass die Entgelte nicht frei kalkulierbar waren, sondern von einer staatlichen Einrichtung gebilligt worden sind (so auch Hüttemann, UR 2006, 441, 457 u. a. unter Hinweis auf die englische Textfassung: "... prices approved by the public authorities.")
Das Abstandsgebot des § 4 Nr. 18 c) UStG findet seine Grundlage - entgegen teilweise vertretener Ansicht (vgl. z. B. Kossack in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 4 Nr. 18 UStG, Rz. 30) - auch nicht in der Bedingung nach Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 4. Spiegelstrich, die wie folgt lautet:
Die Befreiungen dürfen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zu Ungunsten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen führen.
Abgesehen davon, dass im Streitfall nach den obigen Ausführungen zu Art. 13 Teil A (2) Buchst. b) 2. Spiegelstrich eine Wettbewerbssituation zwischen Berufs- und Vereinsbetreuern gar nicht besteht, kann diese Regelung nicht die Grundlage von § 4 Nr. 18c UStG bilden. Denn Wettbewerbsverzerrungen im Sinne von Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 4. Spiegelstrich träten insbesondere bei Einhaltung des Abstandsgebots ein. Gerade dann, wenn die Wohlfahrtseinrichtung ihre Leistungen zu niedrigeren Entgelten anbieten, dürfte es - auch durch die Weitergabe des Umsatzsteuervorteils - zu einem verschärften Preiswettbewerb und zur Verdrängung gewerblicher Anbieter kommen. Die Einhaltung des Abstandsgebots würde daher die Wettbewerbssituation zu Lasten gewerblicher Anbieter eher noch verstärken.
Die in Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Differenzierung zwischen genehmigten und nicht genehmigungsbedürftigen Preisen würde außerdem gegenstandslos, wenn sich bereits aus der Bedingung des Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 4. Spiegelstrich der Richtlinie ein uneingeschränktes Abstandsgebot ergeben würde. Einer solchen Auslegung kann auch deshalb nicht gefolgt werden, weil der Richtliniengeber in Art. 13 Teil A (2) Buchst. a) 3. Spiegelstrich ausdrücklich die Umsatzsteuerfreiheit von Dienstleistungen, die zu "genehmigten Preisen" ausgeführt werden, statuiert hat. Der Systematik der Richtlinienbestimmung wird nur eine Auslegung gerecht, die Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a) 3. Spiegelstrich in Hinsicht auf eine Einschränkung der Umsatzsteuerbefreiung nach der Höhe der verlangten Entgelte als die spezielle Norm versteht (so jedenfalls Hüttemann, UR 2006, 441, 451 f).
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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