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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.04.2004
Aktenzeichen: 6 K 6290/03 K
Rechtsgebiete: EStG, KStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 1
KStG § 8 Abs. 1
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

6 K 6290/03 K

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens - einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens - trägt die Klägerin.

Gründe:

Streitig ist der Ansatz einer Einkommenserhöhung.

Unternehmensgegenstand der Klägerin ist der "S-Metallbau". Alleingesellschafter der Klägerin und zugleich als Geschäftsführer bestellt ist Herr "F". Die Klägerin gehört zur ""J"-Firmengruppe", die in verschiedenen Sparten im Bereich Metallbau und Maschinentechnik tätig ist.

Die Klägerin verbuchte im Dezember des Streitjahres einen "a.o. Aufwand" in Höhe von 2.635,74 DM unter Hinweis auf einen Gelddiebstahl. Dem liegt nach der Darstellung der Klägerin folgender Sachverhalt zu Grunde: Am 12.09.1994 wurde ein im Betriebsvermögen einer Schwestergesellschaft der Klägerin (der "J-K-GmbH") befindliches Fahrzeug "H" zu einem Preis von 43.700 DM an eine Firma "T-GmbH" verkauft. Im Zeitpunkt des Verkaufsabschlusses kam es zu einer Teilzahlung von 18.700 DM, der Rest des Preises sollte bei Weiterveräußerung fällig werden. Am 02.12.1994 habe der Geschäftsführer der Klägerin den Restbetrag von 25.000 DM erhalten. Da es während der üblichen Geschäftszeiten nicht möglich gewesen sei, eine Bank aufzusuchen, sei das Geld mit einem Teilbetrag von 4.000 DM in die Betriebskasse der "J-K-GmbH" eingelegt und im Übrigen in einem Betriebs-Pkw der Klägerin (Typ: "E") in einem Versteck deponiert worden. Am 04.12.1994 (einem Sonntag) sei der Pkw - mitsamt dem darin deponierten Geld (neben dem Betrag von 21.000 DM [Kaufpreisrest der "J-K-GmbH"] noch ein weiterer Betrag von 2.635,74 DM [Kassenbestand der Klägerin]) - gestohlen worden. In dem später sicher gestellten Fahrzeug sei das Geld nicht mehr aufgefunden worden.

Aus Anlass einer Außenprüfung wurden die Sachumstände im Zusammenhang mit der Verbuchung als Betriebsausgabe erörtert; die vom Prüfer erbetenen "Unterlagen von Polizei u. Vers.Erstattung" sollten nach Auskunft der Klägerin nachgereicht werden (Blatt 76 der Außenprüfer-Handakte der "J-K-GmbH" und Blatt 170 der Außenprüfer-Handakte der Klägerin). Der Prüfer schlug später vor, den geltend gemachten Aufwand als nichtabziehbare Betriebsausgabe zu qualifizieren (Tz. 16 des Außenprüfungs-Berichts vom 06.08.1998). Der Beklagte folgte diesem Vorschlag und erließ unter dem 28.09.1998 einen Änderungsbescheid zur Körperschaftsteuer des Streitjahres. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 28.09.1999); auch im Einspruchsverfahren waren keine weiteren Unterlagen eingereicht worden.

In dem Klageverfahren 6 K 7119/99 wurden für die Klägerin auf der Grundlage der Anforderung in der Terminsladung die im Protokoll im Einzelnen angeführten Unterlagen eingereicht (auf das Protokoll vom 28.05.2002 wird für Einzelheiten Bezug genommen). Darüber hinaus hat der Geschäftsführer der Klägerin ausgeführt, dass in den Firmenfahrzeugen der Klägerin öfters Geld deponiert bzw. transportiert werde; wegen einer Alarmsicherung der Pkw handele es sich auch um einen sicheren Aufbewahrungsort. Im Betrieb der Klägerin selbst sei ein Tresor nicht installiert, die betriebliche Kasse befinde sich in einer Geldkassette.

Der Senat hat die Klage durch Urteil vom 28.05.2002 abgewiesen. Die vom Beklagten berücksichtigte Einkommenserhöhung sei im Ergebnis nicht zu beanstanden, da im Jahresabschluss der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer der Klägerin anzusetzen sei. Im Rechtsmittelverfahren hat der Bundesfinanzhof -BFH- dieses Urteil durch Entscheidung I R 91, 92/02 vom 17.09.2003 aufgehoben, die Sache zur erneuten Verhandlung an das Finanzgericht zurückverwiesen und diesem die Kostenentscheidung übertragen.

Die im zweiten Rechtszug von der Klägerin unternommenen Versuche, Unterlagen von der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft zu erlangen, blieben erfolglos (auf den Schriftsatz der Klägerin vom 21./22.01.2004 mit Anlagen wird verwiesen). Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Geschäftsführer der Klägerin das Geldversteck im Pkw beschrieben (ein Lüftungshohlraum unter der Fußmatte Fahrerseite); das von ihm öfters genutzte Versteck sei als so sicher einzuschätzen, dass er das Geld dort belassen habe, auch wenn er den Pkw in seiner (am Privathaus belegenen) Garage abgestellt habe. Den Kassenbestand der Klägerin führe er "immer bei sich", da bargeldbezogene Geschäftsvorfälle häufiger anfielen; der Kassenbestand der "J-K-GmbH" verbleibe hingegen regelmäßig in den Betriebsräumen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung wurde auf das Urteil des erkennenden Senats 6 K 3453/99 vom 23.04.2002, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2003, 342 (Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig, siehe BFH I B 138/02 vom 22.01.2003, nicht veröffentlicht [Hinweis in EFG 2003, 1661]) hingewiesen. Darüber hinaus wurde erörtert, ob der BFH in seiner Entscheidung I R 91, 92/02 darüber entschieden habe, dass im Streitfall eine verdeckte Gewinnausschüttung unter Hinweis auf eine endgültige Nichtgeltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen den Geschäftsführer angesetzt werden könnte.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid für 1994 in Form der Einspruchsentscheidung vom 28.09.1999 zu ändern und den durch Diebstahl verlorenen Betrag von 2.635,74 DM als Betriebsausgaben anzuerkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist - wie auch schon im ersten Rechtszug - der Überzeugung, dass sich das Geld nicht in dem gestohlenen Pkw befunden hat. Auf der Grundlage der Sachdarstellung der Klägerin müsse man im Übrigen von einem "groben Leichtsinn" des Geschäftsführers der Klägerin ausgehen; wenn die Klägerin insoweit einen Schadensersatzanspruch nicht berücksichtige, widerspreche dies einem "Fremdvergleich" und sei als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster Verzicht ("verhinderte Einkommenserhöhung") anzusehen.

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Beklagte hat im Ergebnis zu Recht das Einkommen der Klägerin um einen Betrag von 2.635 DM erhöht. Es kann dahinstehen, ob auf der Grundlage der Darstellung der Klägerin zu den Umständen einer Geldaufbewahrung der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung infolge Verzichts auf einen Schadensersatzanspruch gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer zum 31.12.1994 in Betracht kommen könnte. Denn ein entsprechender Geldbetrag hat sich nach der Überzeugung des Senats nicht in dem gestohlenen Pkw befunden. Der Senat geht daher davon aus, dass sich der Geschäftsführer der Klägerin den Betrag angeeignet und damit (neben der Verminderung des "Unterschiedsbetrags im Sinne des § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz" [in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz -KStG-] durch die Verbuchung als Betriebsausgabe) eine Vermögensminderung bei der Klägerin herbeigeführt hat, die als verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG einkommenserhöhend anzusetzen ist.

Der Senat leitet seine Überzeugung zum Geschehensablauf daraus ab, dass der Diebstahl von Bargeld bei der Polizei nicht angezeigt worden ist. Dies wiederum leitet der Senat aus dem Umstand ab, dass die Klägerin entsprechende Unterlagen nicht vorlegen konnte. Dabei ist der Senat davon überzeugt, dass sich die Klägerin nicht auf eine Aktenvernichtung bei der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft als Hindernis für die Vorlage von Unterlagen berufen kann. Denn es bestand im Zuge der Erörterungen des Sachverhalts im Außenprüfungsverfahren und im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren die Möglichkeit, weitgehend zeitnah bei den Behörden um Übersendung geeigneter Unterlagen (wenn sie nicht - z.B. als Durchschrift einer Anzeige - bereits vorhanden sein sollten) zu ersuchen. Es erscheint auch mit Blick auf die geltend gemachte Schadenshöhe als ausgeschlossen, dass im Bereich der Klägerin entsprechende Unterlagen nicht aufbewahrt würden oder vor dem Beginn der Außenprüfung (ohne die Beleg- und Nachweisfunktion zu erkennen) vernichtet worden sein sollten.

Der Senat hält die Darstellung der Klägerin, Bargeld in dieser Größenordnung werde üblicherweise vom Geschäftsführer bei sich geführt und im Pkw versteckt bzw. deponiert, für unglaubhaft. Auch wenn es der Senat für selbstverständlich hält, dass der Geschäftsführer der Klägerin Bargeld mitführt, um laufende Aufwendungen während einer Betriebsfahrt zu begleichen, ist doch für den Senat nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Geschäftsführer der Klägerin den gesamten Bestand der betrieblichen Kasse - die ausweislich des Kassenkontos zur Begleichung verschiedener laufender Aufwendungen im betrieblichen Bereich der Klägerin benötigt wird - "bis auf den letzten Pfennig" im Pkw deponiert haben sollte (aus dem Kassenkonto ergibt sich, dass der Betrag von 2.635,74 DM rechnerisch den Bestand der Betriebskasse am 03.12.1994 darstellt). Anhaltspunkte dafür, dass über das Wochenende eine betriebliche Fahrt zu absolvieren war und dass bei einer betrieblichen Fahrt Aufwendungen in einer Größenordnung von über 2.500 DM anfallen sollten, sind nicht ersichtlich.

Die Darstellung der Klägerin ist auch unglaubhaft, weil der Senat den Hinweis der Klägerin auf Diebstahlsicherheit (der dann doch auch auf die in den Betriebsräumen verbliebene Barkasse der "J-K-GmbH" bezogen werden müsste) nicht nachvollziehen kann. Auch wenn in den Betriebsräumen der Klägerin ein Tresor nicht vorhanden gewesen sein sollte, gewährleistet eine Aufbewahrung in den Betriebsräumen eine höhere Sicherheit (einschließlich eines Versicherungsschutzes) als eine Aufbewahrung in einem Pkw gehobenen Standards, der über das Wochenende auch privat genutzt und im Umfeld einer gutbesuchten Freizeiteinrichtung ("B") für einen längeren Zeitraum (nach der Schadenanzeige: 13.00 bis 18.30 Uhr) unbeaufsichtigt abgestellt wird.

Der Senat folgt damit der Sachdarstellung der Klägerin bzw. des Geschäftsführers der Klägerin (und der darauf aufbauenden Erfassung eines Geschäftsvorfalls "Diebstahl" in der Buchführung der Klägerin) nicht; er ist vielmehr der Überzeugung, dass diese Darstellung nur den tatsächlichen Geschehensablauf (Aneignung des Geldes durch den Geschäftsführer der Klägerin) verdecken soll. Damit ist die im Revisionsurteil umschriebene Situation der Überzeugung über einen "abweichenden Geschehensablauf" hergestellt, die auch dem in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Urteil des erkennenden Senats vom 23.04.2002 (EFG 2003, 342) zu Grunde liegt. Die Ausschüttungsbelastung ist nicht herzustellen; die Klägerin hat dies - trotz Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung - nicht beantragt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 (in Verbindung mit § 143 Abs. 2) Finanzgerichtsordnung.



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