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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.10.2005
Aktenzeichen: 7 K 6939/04 E
Rechtsgebiete: EStG, BewG


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a
EStG § 22 Nr. 1 S. 1
BewG § 12 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

7 K 6939/04 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Der Kläger erwarb gemeinsam mit seinem Bruder durch notariellen Übergabevertrag vom 18.12.1995 den landwirtschaftlichen Betrieb Z-Stadt Flur 32 Flurstücke 16 und 21 von seiner Mutter, Frau CA. Die Erwerber verpflichteten sich in dem Vertrag, neben sonstigen Altenteilsleistungen ein Bar-Altenteil als dauernde Last nach § 323 Zivilprozessordnung - ZPO - in Höhe von 1.900 DM monatlich ab Januar 1996 an die Mutter zu erbringen; dieses wurde im Innenverhältnis von jedem der Brüder zur Hälfte getragen. Der Vertrag enthielt unter Ziff. 2.3 die Regelung:

"Wird das Grundstück Flur 32 Flurstück 21 durch den Erwerber veräußert, erhöht sich die dauernde Last zu Gunsten des Veräußerers nach I.4 auf 6.000 DM/Monat ab dem auf den Eingang der ersten Kaufpreisrate folgenden Monat."

Durch notariellen Kaufvertrag vom 21.12.1995 veräußerten die Erwerber das Grundstück Flur 32 Flurstück 21 unter der Bedingung der Erteilung einer Abgrabungsgenehmigung und verschiedener weiterer Genehmigungen. Nachdem im Dezember 2000 die Abgrabungsgenehmigung erteilt und der Kaufpreis fällig war, leistete der Käufer im Januar 2001 die erste Rate von 874.752 DM an den Kläger und seinen Bruder. Die weiteren Raten von jeweils 291.584 DM waren ab dem 1. 1. 2003 jährlich zinslos fällig.

Der Kläger erzielte im Jahr 2001 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen von 9.813 DM und aus Land-, und Fortswirtschaft in 2001 von 2.267 DM bzw. in 2002 von 1.673 Euro.

Bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2000 hatte der Kläger seinen hälftigen Anteil des Bar-Altenteils steuerlich als wiederkehrende Leistung aufgrund einer Vermögensübertragung geltend gemacht; dem hatte der Beklagte entsprochen.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2001 erklärte der Kläger den hälftigen Betrag des aufgrund Ziff. 2.3 des Übergabevertrages erhöhten Altenteils ( insgesamt 36.000 DM) als Sonderausgaben. Dies erkannte der Beklagte nicht an, sondern berücksichtigte in den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre vom 02.06.2003 und 26.01.2004 lediglich - wie bisher - Sonderausgaben von 11.400 DM (1/2 von 22.800 DM). Den hiergegen gerichteten Einspruch der Kläger wies er mit Einspruchsentscheidung vom 26.11.2004 zurück. Zur Begründung führte er aus, es sei sowohl Betriebs- als auch Privatvermögen übertragen worden. Hinsichtlich des Betriebsvermögens handle es sich um eine Vermögensübergabe des Typus I , da die Versorgungsleistungen nicht höher gewesen seien als der langfristig erzielbare Nettoertrag der Grundstücke. Nach Veräußerung der größeren Fläche mit dem Kiesvorkommen könnten die wiederkehrenden Leistungen nicht mehr aus dem verbleibenden Nettovermögen erbracht werden, so dass eine Umwandlung in eine Übertragung des Typus II vorliege. Das Kiesvorkommen sei ein selbständiges Wirtschaftsgut des Privatvermögens. Die Erhöhung der dauernden Last sei für die Übertragung des neu entstandenen Wirtschaftsgutes Kiesvorkommen vereinbart worden. Für den landwirtschaftlichen Betrieb von 21 ha sei eine wiederkehrende Leistung von 1.900 DM vereinbart worden, für den auf 7 ha verkleinerten Betrieb sollten 6.000 DM gezahlt werden. Bei Abschluss des Übergabevertrages habe bereits die Absicht der Veräußerung des Grundstücks mit Kiesvorkommen bestanden. Das BMF-Schreiben vom 16.09.2004 sei auf alle offenen Fälle anzuwenden, sofern nicht die Weitergeltung des BMF-Schreibens vom 26.08.2002 vor Veröffentlichung des Schreibens vom 16.09.2004 beantragt worden sei. Letzteres sei hier der Fall, so dass die Grundsätze der Tz. 17 des BMF-Schreibens vom 26.08.2002 anzuwenden seien. Danach läge hinsichtlich der 1.900 DM eine dauernde Last vor, da weiterhin eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit des Typus II verblieben sei. Der Erhöhungsbetrag sei aber nicht abzugsfähig, da das Kiesvorkommen ein Wirtschaftsgut des Privatvermögens sei, das keinen laufenden Ertrag abwerfe. Der Veräußerungserlös sei keine existenzsichernde Wirtschaftseinheit.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Kläger tragen vor:

Die Klausel in Ziff. 2.3 des Übergabevertrages sei als Ausprägung und Konkretisierung des § 323 ZPO auszulegen. Für den Fall der Veräußerung eines der übertragenen Grundstücke habe bereits zum Zeitpunkt des Vertrages eine Erhöhung und Abänderbarkeit des Bar-Altenteils aufgrund der Erhöhung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Übernehmer vereinbart werden sollen. Das Kiesvorkommen sei bei Vertragsschluss nicht als selbständiges Wirtschaftsgut existent gewesen, sondern erst ab Erteilung der Abbaugenehmigung. Zum Zeitpunkt 18.12.1995 sei eine Differenzierung zwischen unentgeltlicher Übertragung von Betriebsvermögen und entgeltlicher Übertragung von Privatvermögen nicht möglich. Es habe nur die vage Hoffnung bestanden, dass das Grundstück zur Auskiesung geeignet sein könnte und die erforderlichen Genehmigung erteilt werden würden. Die Auskiesung sei auch erst nach Verkauf einer Nachbarfläche, die nicht im Eigentum der Familie des Klägers gestanden habe, möglich gewesen; hätte der Nachbar nicht verkauft, wäre die Abgrabungsgenehmigung nicht erteilt worden. Aufgrund der aufschiebenden Bedingungen und Rücktrittsrechte sei der Verkauf daher erst im Dezember 2000 erfolgt. Die Anhebung des Bar-Altenteils sei unabhängig von dem erzielten Veräußerungserlös gewesen. Auch bei Verkauf lediglich der Ackerkrume hätte eine Anhebung der Barleistung erfolgen müssen. Eine Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter aus einer insgesamt übertragenen existenzsichernden Wirtschaftseinheit sei unschädlich. Nur wenn das übertragene Vermögen insgesamt als Sachgesamtheit veräußert werde, sei zu fragen, ob eine nachträgliche Umschichtung vorliege.

Jedenfalls seien die Regelungen des Typus II aufgrund des von den Klägern ausgeübten Wahlrechts anzuwenden. Eine ausreichend existenzsichernde Wirtschaftseinheit i.S. des Typus II liege vor, wenn der Wert des übertragenen bzw. verbliebenen Vermögens im Zeitpunkt der Übertragung bzw. Umschichtung mindestens die Hälfte des Kapital- oder Barwerts der wiederkehrenden Leistung betrage. Hier betrage der Barwert des ab Januar 2001 zu zahlenden Bar-Altenteils bei einem Jahreswert von 72.000 DM und einem Lebensalter der Berechtigten von 78 Jahren 450.792 DM. Das den Erwerbern verbliebene Vermögen habe im Januar 2001 bei einem Ackerlandpreis von 3 DM/qm und einer Gesamtfläche von 70.000 qm einen Wert von 210.000 DM, die vorhandenen Gebäude seien mit 300.000 DM anzusetzen. Der Wert von insgesamt 510.000 DM übersteige sogar den Kapitalwert der wiederkehrenden Leistung, so dass diese auch nach Umschichtung dem Typus 2 zuzurechnen sei. Der Kläger und sein Bruder hätten das Wirtschaftsgut Grund und Boden gegen eine Kaufpreisforderung ausgetauscht, mit dem wesentlich höhere Erträge zu erzielen seien. Von der in 2001 erhaltenen Rate habe er für ca. 200.000 DM eine Eigentumswohnung erworben, die er an seine Tochter aufgrund einer entsprechenden Auflage der Z-Stadt unentgeltlich für acht Jahre überlassen habe. Im übrigen habe er das erhaltene Geld verzinslich angelegt.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 vom 02.06.2003 und 26.01.2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 26.11.2004 unter Berücksichtigung weiterer dauernder Lasten in Höhe von jeweils 24.600 DM zu ändern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor:

Die Kläger hätten die Anwendung des BMF-Schreibens vom 26.08.2002 beantragt. Die Erhöhung der dauernden Last beziehe sich auf den Verkauf des Kiesvorkommens, also eines Wirtschaftsgutes des Privatvermögens, das ertraglos sei. Hier fänden die Grundsätze der entgeltlichen Vermögensübertragung nach Tz. 21.1 des BMF-Schreibens Anwendung. Übergabevertrag und Veräußerung des Kiesvorkommens stünden in zeitlichem Zusammenhang. Der Verkauf sei nur unter dem Aspekt der Veräußerung eines Kiesvorkommens vorgenommen worden. Damit allein hänge die Erhöhung der dauernden Last zusammen. Aus dem Umfang der Erhöhung gehe hervor, dass diese nicht auf den Verkaufserlös eines Grundstücks, sondern den erzielbaren Erlös aus einem Kiesvorkommen abziele. Durch die Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks hätte in kurzer Zeit keine Wertsteigerung in diesem Umfang erzielt werden können.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).

Werden wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt (private Versorgungsrente), stellen diese nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 17.06.1998 X R 104/94 BStBl II 2002,646 m.w.N.) weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugeordnet; sie sind mit ihrem vollen Betrag als dauernde Last abziehbar, wenn sie abänderbar sind. Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze über die steuerrechtlich privilegierte private Versorgungsrente ist, dass eine ertragbringende existenzsichernde Wirtschaftseinheit vom Übergeber zur Weiterführung durch den Übernehmer überlassen wird. Die steuerrechtliche Zuordnung von Versorgungsleistungen aufgrund eines Vermögensübergabevertrages zu den wiederkehrenden Bezügen und den Sonderausgaben beruht auf der Vorstellung des Gesetzgebers, dass sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge vorbehält, die nunmehr allerdings vom Übernehmer erwirtschaftet werden müssen (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 1997 IV R 45/96, BFHE 182, 539, BStBl II 1997, 458 m.w.N.).

Eine solche Vereinbarung war zwischen dem Kläger, seinem Bruder und der Mutter zunächst durch die Übergabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gegen Zahlung eines Altenteils von 1.900 DM getroffen worden.

Die Zahlung des erhöhten Betrages von weiteren 4.100 DM monatlich (2.050 DM monatlich für den Kläger) stellt jedoch keine in Zusammenhang mit der Vermögensübergabe stehende dauernde Last dar. Nach dem Urteil des X. Senats vom 17.06.1998 (aaO.) kommt die weitere Zuordnung der wiederkehrenden Leistungen zu den Sonderausgaben und den wiederkehrenden Bezügen nicht mehr in Betracht, wenn die übertragene Wirtschaftseinheit veräußert und dadurch der Zusammenhang der in der Folgezeit gezahlten wiederkehrenden Leistungen mit der übertragenen Wirtschaftseinheit beendet wird. Der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluss vom 12.05.2001 (GrS 1/00 BFHE 202, 464 BStBl II 2004, 95) ausdrücklich offen gelassen, ob er dieser Ansicht folgt.

Für einen Sachverhalt wie den Vorliegenden besteht nach Auffassung des erkennenden Senats kein Zusammenhang zwischen dem durch den Kläger ab 2001 an die Mutter gezahlten Erhöhungsbetrag von 24.600 DM jährlich und der Übergabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Dabei kann dahinstehen, ob bei einer Umschichtung des übernommenen Vermögens durch Veräußerung und zeitnahen Erwerb einer anderen, ausreichend ertragbringenden Wirtschaftseinheit ein Abzug der Zahlungen als dauernde Last in Betracht kommt. Denn im Streitfall hat der Kläger keine ausreichend ertragbringende Wirtschaftseinheit erworben.

Durch die Veräußerung des Kiesvorkommens, die mit der Erteilung der erforderlichen Genehmigungen Ende 2000 wirksam wurde, hat der Kläger zunächst lediglich eine Kaufpreisforderung erhalten. Die von dem Erwerber zu leistenden Raten waren nach dem zugrunde liegenden Vertrag zinslos. Eine zinslose Forderung ist grundsätzlich ertraglos. Zwar enthält bei einem ratenweise zu leistenden Kaufpreis der gestundete Betrag neben dem Kapitalwert auch ein Entgelt für die Überlassung von Kapital zur Nutzung. Denn die Gestattung langfristiger Ratenzahlung zur Tilgung einer Schuld stellt eine Kreditgewährung durch den Gläubiger dar. Unverzinsliche Forderungen, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig sind, sind daher nach § 12 Abs. 3 BewG grundsätzlich abzuzinsen, d.h. in einen Kapital- und einen Zinsanteil aufzuteilen und zwar auch dann, wenn die Vertragsparteien Zinsen nicht vereinbart oder sogar ausdrücklich ausgeschlossen haben (BFH-Urteil vom 26. Januar 1999 VIII R 32/96, BFH/NV 1999, 922; vom 26.02.2002 X R 4/00 BFH/NV 2002,1140 m.w.N.). Der Zinsanteil stellt indes keinen echten Ertrag dar, den der Steuerpflichtige in Form wiederkehrender Leistungen an den Übergeber des ursprünglichen Vermögens weiterleiten kann. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 13. August 1985 IX R 10/80, BFHE 144, 423, BStBl II 1985, 709) ist die Übergabe eines Geldbetrages keine der Hof- und Betriebsübergabe steuerrechtlich gleichzustellende Vermögensübergabe. Auch wenn zunächst existenzsicherndes Vermögen übertragen wird, die wiederkehrenden Leistungen aber wegen einer beabsichtigten Veräußerung letztlich nur aus dem Veräußerungserlös zu bezahlen sind, steht dieser Sachverhalt der Geldübergabe näher als der Übergabe eines Hofes oder Betriebes; dies gilt auch, wenn die Veräußerung der Vermögensübertragung nicht unmittelbar nachfolgt, sondern wenn der Übernehmer die übergebene Wirtschaftseinheit zunächst weiterbewirtschaftet hat, sie aber zu einem späteren Zeitpunkt veräußert (BFH Urteil vom 17.06.1998 X R 104/94 BStBl II 2002,646 m.w.N.).

Der Kläger hat die erhaltenen Kaufpreisraten auch nicht ausreichend ertragbringend angelegt. Soweit er von der ersten Rate von rund 400.000 DM im Jahr 2001 eine Wohnung erworben hat, erzielt er mit dieser keine Erträge. Denn die Wohnung wird der Tochter unentgeltlich zur Nutzung überlassen; eine andere Nutzung ist dem Steuerpflichtigen durch die Auflage der Z-Stadt, wie er selbst in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, gerade untersagt. Im übrigen erzielt er mit dem Veräußerungserlös Einnahmen aus Kapitalvermögen. Diese betrugen im Jahr 2001 lediglich rund 9.700 DM, im Jahr 2002 lagen sie offenbar im Rahmen des erteilten Freistellungsauftrags. Kapitaleinnahmen in dieser Höhe reichen nicht aus, um den an die Mutter zu leistenden Erhöhungsbetrag von 24.600 DM zu finanzieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.



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