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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 10.02.2009
Aktenzeichen: 8 V 2459/08 A (H)
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 71
AO § 119 Abs. 1
AO § 157 Abs. 1
AO § 191
AO § 235
FGO § 69 Abs. 2
FGO § 69 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe:

Auszugsweise Wiedergabe aus den Gründen:

...

Der Antrag ist unbegründet.

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes u.a. dann ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zu Tage treten, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (BFH-Urteil vom 10. November 1994 IV R 44/94, BStBl II 1995, 814). Vorliegend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Wirksamkeit und an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides vom .... in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ....

2. Die Wirksamkeit des angefochtenen Haftungsbescheides ist nicht ernstlich zweifelhaft. Der Senat vermag sich der Ansicht des Antragstellers, der Haftungsbescheid sei nichtig, weil es ihm ohne Angabe der Steuerschuldner und der Höhe der einzelnen Steuerschulden an der hinreichenden Bestimmtheit mangele, nicht anzuschließen. Nach § 119 Abs. 1 AO muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Die hinreichende Bestimmtheit setzt die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag und die Person des Steuerschuldners voraus (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Besteuerungsgrundlagen müssen hingegen, soweit sie nicht gesondert festzustellen sind, nicht im anfechtbaren Teil des Steuerbescheides angegeben werden. Übertragen auf den Haftungsbescheid bedeutet dies nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, dass ein besonders schwerer Fehler nur dann anzunehmen ist, wenn der Haftungsbescheid nicht die ihn erlassende Behörde, den Haftungsschuldner, die Haftungsschuld und/oder die Art der Steuer angibt, für die der Haftungsschuldner haften soll (BFH in BStBl II 1997, 306). Es ist für die inhaltliche Bestimmtheit eines Haftungsbescheides nicht erforderlich, dass aus ihm der oder die Steuerschuldner hervorgehen, und dass erkennbar ist, in welcher Höhe die Steuerschuld auf den jeweiligen Steuerschuldner entfällt (BFH-Urteile vom 09. März 1982 VII R 47/79, [...], und vom 17. März 1994 VI R 120/92, BStBl II 1994, 536; BFH in BStBl II 1997, 306). Da der angefochtene Haftungsbescheid den Antragsgegner als erlassende Behörde, den Antragsteller als Haftungsschuldner, die Haftungsschuld der Höhe und der Art (Einkommensteuer 1993) nach sowie den Haftungsgrund in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ausreichend erkennen lässt, ist er hinreichend bestimmt und wirksam.

3. Bei summarischer Prüfung bestehen auch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides keine ernstlichen Zweifel. Nach §§ 191 i.V.m. 71 AO kann derjenige durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, der an einer Steuerhinterziehung teilnimmt. Er haftet für die verkürzten Steuern und für die Zinsen nach § 235 AO.

a) Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Aussetzungsverfahrens davon überzeugt, dass eine Einkommensteuerschuld 1993 besteht, für die der Antragsteller haftet, und dass diese Steuer von nicht enttarnten Kunden der A-Bank hinterzogen wurde.

aa) Das STRAFA-FA und das AG haben festgestellt, dass Kunden der A-Bank im Hinblick auf die bevorstehende Einführung der sogenannten Zinsabschlagsteuer bereits zu Beginn des Jahres 1992 durch die Verlagerung von Vermögenswerten ins Ausland die späteren Erträge der deutschen Besteuerung endgültig entziehen wollten. Um vor Nachforschungen der deutschen Steuerbehörden geschützt zu sein, hatten diese Kunden ein Interesse, bei den Transfers keine Spuren zu hinterlassen, die eine kundenbezogene Zuordnung der über die A-Bank getätigten Auslandstransfers zuließen. Ihnen war an einem anonymen Transfer gelegen. Zahlreiche Kunden der A-Bank machten von der seitens der Bank geschaffenen Möglichkeit, Bargeld und Wertpapiere ohne Legitimationsprüfung anonym ins Ausland zu transferieren, Gebrauch.

Das STRAFA-FA hat während der 1996 begonnenen Steuerfahndungsprüfung wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Mitarbeiter in unterschiedlicher Stellung bei der A-Bank mit Hilfe der Bank einen Teil der Kunden, die anonym Bargeld und/oder Wertpapiere zu den Auslandstöchtern der A-Bank transferiert hatten, enttarnen können. Der Antragsgegner beziffert die Zahl der enttarnten Kunden unwidersprochen auf "etwa ....". Bei diesen Kunden hat das STRAFA-FA festgestellt, dass es so gut wie keinen Kunden gab, der die Kapitalerträge aus dem anonym transferierten Vermögen in seiner Einkommensteuererklärung angegeben hatte. Das Motiv für die Anonymisierung der Transfers habe in der Absicht bestanden, die Kapitaleinkünfte aus diesem Vermögen nicht zu versteuern. Lediglich bei rund 6 % habe keine Steuerverkürzung festgestellt werden können. Bei etwa 94 % der identifizierten Kunden ist es nach diesen - unstreitigen - Feststellungen tatsächlich zu einer Steuerhinterziehung der Kapitaleinkünfte gekommen.

bb) Der Senat hält es - entgegen der Ansicht des Antragstellers - für zulässig, die Erkenntnisse über das Entstehen einer Steuerschuld und das Vorliegen einer Steuerhinterziehung bei den etwa ..... enttarnten Kunden für die Überzeugungsbildung heranzuziehen, ob auch bei den nicht enttarnten Wertpapierkunden eine Einkommensteuerschuld 1993 auf Kapitaleinkünfte aus den anonym ins Ausland transferierten Wertpapieren entstanden ist und ob die Steuer auf diese Erträge hinterzogen wurde. Die .... Wertpapierkunden, die das STRAFA-FA nicht identifizieren konnte, haben wie die enttarnten Kunden über die A-Bank Wertpapiere ohne Legitimationsprüfung anonym ins Ausland transferiert. Sie bedienten sich wie die enttarnten Kunden der von der A-Bank geschaffenen und vom Bundesgerichtshof (BGH) als "Verschleierungssystem für anonyme Kapitaltransfers" bezeichneten (BGH-Urteil vom 01. August 2000 5 StR 624/99, BStBl II 2002, 79, unter A. der Gründe) Möglichkeit, Wertpapiere zu Gunsten der Auslandstöchter nicht unter ihrem Namen, sondern unter einem Kennwort oder einer Nummer bei den Schaltern oder Anlageberatern der A-Bank effektiv einzuliefern, statt - wie bis dahin erforderlich - die Identität offen zu legen.

Der Senat kann keine vernünftigen Zweifel daran entdecken, dass auch für die nicht enttarnten Kunden, die Wertpapiere anonym ins Ausland transferiert haben, eine Steuerschuld entstanden ist und dass auch sie eine Steuerhinterziehung begangen haben. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die nicht identifizierten Kunden im Gegensatz zu den enttarnten die Erträge aus den anonym ins Ausland transferierten Wertpapieren in ihren Einkommensteuererklärungen 1993 angegeben oder die Erträge wegen anderer Besteuerungsgrundlagen nicht zu einer Steuerverkürzung geführt hätten. Das Erlöschen einer aufgrund nicht erklärter Kapitaleinkünfte entstandenen Steuerschuld durch Zahlung oder Aufrechnung, wie es der Antragsteller in Erwägung zieht, hält der Senat für nicht möglich. Ferner ist nicht erkennbar, dass die Motivation dieser Kunden für den anonymen Transfer eine andere hätte sein können, als bei den rund ... identifizierten Kunden, zumal ein steuerehrlicher Kunde kein Interesse an einem seine Identität verschleiernden Wertpapiertransfer unter ausschließlicher Angabe eines Kennwortes oder einer Nummer hat. Die Entstehung der Steuerschuld und das Vorliegen einer Steuerhinterziehung durch die nicht enttarnten Wertpapierkunden erachtet das Gericht für so wahrscheinlich, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch, Zweifel daran haben könnte.

cc) In der Heranziehung der Feststellungen zu den identifizierten Kunden zwecks Überzeugungsbildung hinsichtlich der Steuerhinterziehung der nicht enttarnten Kunden liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz "in dubio pro reo". Dieser strafverfahrensrechtliche Grundsatz, der auch im Finanzgerichtsverfahren zu beachten ist, bedeutet keine Übernahme von Grundsätzen des Strafverfahrensrechts, sondern lässt sich daraus ableiten, dass die Finanzbehörde im finanzgerichtlichen Verfahren die objektive Beweislast (Feststellungslast) für steueranspruchsbegründende Tatsachen trägt (BFH-Urteil vom 07. November 2006 VIII R 81/04, BStBl II 2007, 364, unter II.1.a der Gründe m.w.N.). Bezüglich des Vorliegens einer Steuerhinterziehung ist kein höherer Grad von Gewissheit erforderlich als für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das Finanzamt die Feststellungslast trägt. Da sich das Gericht - wie oben unter II.3.a.bb dargelegt - die Überzeugung vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung der nicht enttarnten Wertpapierkunden (sog. Haupttäter) verschafft hat, bedarf es, anders als bei einem non liquet, keiner Feststellungslastentscheidung.

dd) Für die vom Antragsteller für möglich gehaltene Abgabe strafbefreiender Erklärungen durch die nicht identifizierten .... Kunden und die sich daraus nach Ansicht des Antragstellers ergebende Strafbefreiung für alle Tatbeteiligten gibt es keinerlei Hinweise. Darüber hinaus käme - eine Abgabe entsprechender Erklärungen unterstellt - die Unwirksamkeit solcher strafbefreienden Erklärungen in Betracht. Nach § 7 Nr. 2 StraBEG tritt die Strafbefreiung nicht ein, soweit vor Eingang der strafbefreienden Erklärung einem Tatbeteiligten (hier dem Antragsteller) die Einleitung des Strafverfahrens bekannt gegeben worden ist und der Erklärende (hier der nicht identifizierte Kunde) dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste.

Unabhängig von der Abgabe einer strafbefreienden Erklärung und einem Ausschluss der Strafbefreiung hätten wirksame strafbefreiende Erklärungen der nicht enttarnten Wertpapierkunden keinen Einfluss auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 71 AO. Nach dieser Vorschrift haftet derjenige, der an einer Steuerhinterziehung teilnimmt. Dazu muss der objektive und subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung sowie einer Beihilfe erfüllt sein. Ob eine Bestrafung des (Haupt)Täters und/oder des Gehilfen wegen eines Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgrundes ausscheidet, ist hingegen unbeachtlich. Die Strafbefreiung, die aufgrund einer wirksamen Strafbefreiungserklärung eintritt, stellt einen Strafaufhebungsgrund dar, der keinen Einfluss auf die Verwirklichung des objektiven und subjektiven Tatbestandes der Steuerhinterziehung und der Beihilfe hat (vgl. Rüping in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 4 StraBEG Rz. 2 m.w.N.).

b) Es ist ferner nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Antragsteller an der Steuerhinterziehung der nicht enttarnten Wertpapierkunden teilgenommen hat. Er hat zur Überzeugung des Gericht vorsätzlich den nicht identifizierten Kunden zu deren Steuerhinterziehung Hilfe geleistet. Als Hilfeleistung i.S. des § 27 des Strafgesetzbuches ist grundsätzlich jede Handlung anzusehen, die die Herbeiführung des Taterfolgs des (Haupt-) Täters objektiv fördert (BGH in BStBl II 2002, 79, unter B.I.1. der Gründe).

aa) Mit den von ihm initiierten ... Anweisungen vom ..... 1992 und vom ..... 1992 förderte der Antragsteller objektiv die Herbeiführung einer Steuerverkürzung der nicht enttarnten Kunden. Erst durch die Anweisung vom .....1992, die am ...... 1992 den mit Wertpapiergeschäften betrauten Mitarbeitern zugeleitet wurde, konnten die Kunden, die Wertpapiere anonym ins Ausland transferieren wollten, ihre effektiven Wertpapiere ohne die bis dahin von den Mitarbeitern geforderte Legitimationsprüfung bei der A-Bank entsprechend ihrer Angaben (z. B. Kennwort oder Kundennummer) einliefern. Seit der Erweiterung dieser Anweisung durch die Anweisung vom ...... 1992 war es darüber hinaus möglich, bei einer vom Kunden gewünschten Auslandsverwahrung der effektiven Stücke auf die Aneignungsermächtigung gemäß § 13 DepotG zu verzichten. Die Ermöglichung eines anonymen Wertpapiertransfers ins Ausland durch die Anweisungen vom ... und .... 1992 förderte die Steuerhinterziehung der nicht enttarnten Kunden, weil die Anonymität das Entdeckungsrisiko bei Nichtangabe der Kapitalerträge in den Steuererklärungen stark verringerte (zur Verringerung des Entdeckungsrisikos als objektive Förderung der Haupttat s. BGH in BStBl II 2002, 79, unter B.I.3.a der Gründe).

Bei den Handlungen des Antragstellers, ... , handelt es sich um kausale Hilfeleistungen für die Steuerhinterziehung der nicht identifizierten Wertpapierkunden. Nach den unwidersprochenen Ausführungen des Antragsgegners erfolgten alle anonymen Wertpapiereinlieferungen der nicht enttarnten Kunden bis auf eine Ausnahme erst ab dem .... 1992. Bis dahin hatten die Mitarbeiter der A-Bank bei von Kunden gewünschten anonymen Einlieferungen effektiver Werte - banküblich - auf einer Legitimation bestanden. Nur im Fall des nicht identifizierten Kunden hat ein Mitarbeiter der A-Bank am ...... 1991 pflichtwidrig einen anonymen Wertpapiertransfer vorgenommen, der aber - zutreffend - keinen Eingang in die Berechnung der Haftungssumme gefunden hat.

bb) Der Antragsteller hielt es - zur Überzeugung des Senats - bei Erstellung der beiden Arbeitsanweisungen zumindest für überaus wahrscheinlich (vgl. BGH in BStBl II 2002, 79, unter B.I.3.a der Gründe), dass die Bankkunden, die einen anonymen Transfer ihrer effektiven Werte ohne Legitimationsprüfung zu einer Auslandstochter der A-Bank wünschten, in der Absicht handelten, die aus den übertragenen Wertpapieren zu erzielenden Erträge nicht zu versteuern. Dies war der plausibelste Grund und damit das nächstliegende Motiv für einen anonymen Transfer. Für andere mit einem Transfer verfolgte Ziele, wie etwa das Erlangen eines Liquiditätsvorteils durch den im Ausland nicht erfolgenden Zinsabschlag und die erst nachgelagerte Besteuerung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung, hätte es keiner Anonymisierung bedurft.

Der Antragsteller, der ... über wirtschaftliches Verständnis verfügte, hat zwar in seiner Klagebegründung behauptet, er habe keine Kenntnis vom Vorliegen einer geplanten Haupttat gehabt. Er hat jedoch nicht erläutert, welche anderen Gründe eine Anonymisierung des Wertpapiertransfers ins Ausland notwendig gemacht haben könnten und warum es gerade vor dem Hintergrund der Einführung der Zinsabschlagsteuer zu der enormen Nachfrage von Kunden auf Verzicht einer Legitimationsprüfung bei der Einlieferung effektiver Werte kam. Zudem hat er selbst anonym Kapital über die A-Bank ins Ausland transferiert, um die Erträge der deutschen Besteuerung zu entziehen. Diese Steuerhinterziehung ist ebenso wie die Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Kunden der A-Bank mit rechtskräftigem Strafbefehl des AG geahndet worden. Die Hinterziehungsabsicht der Kunden, die einen anonymisierten Wertpapiertransfer zu einer Auslandstochter der A-Bank durchführen wollten, zumindest für überaus wahrscheinlich haltend hat der Antragsteller die Arbeitsanweisungen vom .... und ..... 1992 erstellt und dabei billigend in Kauf genommen, diesen Kunden die Erreichung ihres Ziels zu erleichtern.

cc) Dem Umstand, dass die Beihilfehandlungen des Antragstellers erhebliche Zeit vor den jeweiligen (Haupt-) Taten der nicht enttarnten Kunden (Hinterziehung der Einkommensteuer 1993) lagen, kommt keine Bedeutung zu. Für die tatsächliche Förderung der (Haupt-) Taten durch den Gehilfen reicht es aus, dass dieser die (Haupt-) Tat im Vorbereitungsstadium fördert (BGH-Urteil vom 21. Oktober 1999 4 StR 376/99, Neue Zeitschrift für Strafrecht 2000, 86, unter II.3. der Gründe) solange die Teilnahmehandlung - wie hier - mit dem Willen und dem Bewusstsein geleistet wird, die Tat zu fördern (BGH in BStBl II 2002, 79 unter B.I.3.c der Gründe).

c) Des Weiteren begegnet es keinen ernstlichen Zweifeln, dass der Antragsgegner die Höhe der hinterzogenen Steuern zu Recht unter Berücksichtigung der Feststellungen bei den enttarnten Kunden nach § 162 AO geschätzt hat. Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Es entspricht der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, dass für die Feststellung der Höhe der hinterzogenen Steuern grundsätzlich eine Schätzung zulässig ist (BFH-Urteil vom 01. August 2001 II R 48/00, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH 2002, 155, unter II.2.a der Gründe; BFH in BStBl II 2007, 364, unter II.1.d der Gründe).

Bei der Schätzung der hinterzogenen Einkommensteuer 1993 hat der Antragsgegner den Nennwert der von den nicht enttarnten .... Kunden transferierten Wertpapiere i.H. von ........ DM zu Grunde gelegt und darauf den festgestellten durchschnittlichen Kapitalertrag der identifizierten Kunden i.H. von 8 % angewandt. Die sich daraus ergebenden Kapitalerträge hat der Antragsgegner einem durchschnittlichen Steuersatz von 35 %, den er aus den Veranlagungen von identifizierten Kunden errechnet hat, unterworfen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass u.a. wegen anderer Besteuerungsgrundlagen bei etwa 6 % der enttarnten Kunden hinsichtlich der Kapitalerträge aus dem Ausland keine Steuerverkürzung festgestellt wurde, sowie im Hinblick darauf, dass eine Schätzung der hinterzogenen Steuern nicht an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens auszurichten ist, hat der Antragsgegner einen Abschlag von 25 % vorgenommen und so eine hinterzogene Einkommensteuer 1993 von .... DM (entspricht ..... Euro) errechnet.

Zwar handelt es sich - worauf der Antragsteller zu Recht verweist - bei der Annahme eines Steuersatzes von 35 % um eine Schätzung. Der genaue Steuersatz der nicht enttarnten Kunden kann aufgrund der Anonymität, die der Antragsteller durch seine Anweisungen vom .... und ..... 1992 ermöglicht hat, nicht ermittelt werden. Allerdings deutet die Spannbreite der Wertpapiertransfers nicht auf einen Durchschnittssteuersatz von unter 35 % hin. Zudem beruht der Steuersatz von 35 % auf Ermittlungen bei den enttarnten Kunden, bei denen sich auch der vom Antragsteller angeführte Aspekt des nicht ausgenutzten Freibetrages bereits ausgewirkt hat. Es ist nichts dafür erkennbar, dass der durchschnittliche Steuersatz bei der Gruppe der nicht enttarnten Kunden deutlich von dem der Gruppe der identifizierten Kunden abweichen könnte. Zudem liegt der angenommene Steuersatz von 35 % deutlich unter dem damaligen Spitzensteuersatz von 53 %. Durch den Abschlag i.H. von 25 % ist weiteren Unsicherheiten im Rahmen der Schätzung hinreichend Rechnung getragen worden.

d) Die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides ist ferner nicht ernstlich zweifelhaft, soweit der Antragsgegner den Antragsteller für die Zinsen nach § 235 AO i.H. von Euro in Haftung genommen hat. Der Teilnehmer einer Steuerhinterziehung haftet gem. § 71 AO auch für die Hinterziehungszinsen. Die Berechnung der Hinterziehungszinsen im angefochtenen Haftungsbescheid ist schlüssig und wird vom Antragsteller nicht gerügt.

e) Es bestehen darüber hinaus keine ernstlichen Zweifel, dass die Entscheidung des Antragsgegners, den Antragsteller für hinterzogene Einkommensteuer 1993 i.H. von .... Euro sowie für Hinterziehungszinsen i.H. von ..... Euro in Haftung zu nehmen, ermessensgerecht war.

aa) Der Antragsgegner hat - entgegen der Ansicht des Antragstellers - sein (Entschließungs-)Ermessen nicht überschritten. Wie oben unter II.3.a und b der Gründe dargelegt, haben das STRAFA-FA und das AG Feststellungen getroffen, die sich der Antragsgegner zu Eigen gemacht und aus denen der Senat die Überzeugung gewonnen hat, dass eine Steuerhinterziehung von nicht enttarnten Kunden begangen wurde und der Antragsteller dazu Beihilfe geleistet hat.

bb) Im Hinblick auf die gleichzeitige Inhaftungnahme von mehreren Mitarbeitern in unterschiedlicher Stellung bei der A-Bank bestehen keine Zweifel, dass der Antragsgegner sein Ermessen hinsichtlich der Auswahl der Haftungsschuldner in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt hat.

cc) Der Antragsgegner hat sein Ermessen zur Inhaftungnahme des Antragstellers auch nicht deshalb missbräuchlich ausgeübt, weil er mit dem Erlass des Haftungsbescheides gegen den Sinn und Zweck der Haftungsnorm und gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen haben könnte.

Zu Recht weist der Antragsteller darauf hin, dass § 71 AO dem Ausgleich des Vermögensschadens dient, den der Steuerhinterzieher oder der Teilnehmer zu Lasten des Fiskus verursacht hat (BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BStBl II 1995, 198, unter B.II. der Gründe). Demgegenüber erfüllte die im Strafbefehl (betreffend M) gegen die A-Bank als Nebenbeteiligte festgesetzte Geldbuße (§ 30 Abs. 3 i.V.m. § 17 Abs. 4 OWiG) keinen Schadensersatzzweck, sondern diente der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils, den die A-Bank durch die Straftat ihres Vorstandsmitglieds M erlangt hatte. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Strafbefehl, in dem das AG ausführt, dass bei der Verhängung der Geldbuße der geschätzte wirtschaftliche Vorteil der A-Bank, der ihr aus der Betreuung der identifizierten und nicht identifizierten Kunden erwachsen sein dürfte, berücksichtigt worden sei. Durch die Inhaftungnahme des Antragstellers wird nicht nochmals der wirtschaftliche Vorteil der A-Bank abgeschöpft, sondern Ersatz für den Schaden, den der Fiskus durch die Hinterziehung der Einkommensteuer 1993 seitens der nicht enttarnten Kunden erlitten hat, verlangt.

Ein Ermessensmissbrauch wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ist ebenfalls nicht ersichtlich. Der Antragsteller weist zwar zutreffend darauf hin, dass im Strafbefehl - wie dargelegt - bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ausdrücklich auch auf die nicht identifizierten Kunden Bezug genommen worden sei. Das AG erwähnt "ca. ... teilweise noch nicht identifizierte Kunden", die im Schalterbereich der A-Bank insgesamt etwa .... DM anonym an die Auslandstöchter der A-Bank transferiert hätten. Dadurch sei ein Gesamtsteuerschaden von... DM entstanden (Strafbefehl, Seite 40). Dem Strafbefehl lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass durch die Geldbuße der dem Fiskus entstandene Steuerschaden ausgeglichen werden sollte. Unabhängig davon, dass nicht erkennbar ist, wie durch eine Zahlung von .... DM ein Schaden von ..... DM ausgeglichen werden könnte, führt das AG aus, dass bei der Festsetzung der Geldbuße der "geschätzte wirtschaftliche Vorteil'" der A-Bank, der ihr "aus der Betreuung der Kunden und ihrer Vermögen erwachsen sein dürfte", berücksichtigt worden sei. Der Antragsgegner setzt sich nicht - wie der Antragsteller meint - in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten, wenn er nach Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils bei der A-Bank durch den Strafbefehl den Antragsteller für den Vermögensschaden, der aufgrund der Steuerhinterziehung durch die nicht enttarnten Kunden entstanden ist, in Haftung nimmt.

4. Die Beschwerde wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob bei der Überzeugungsbildung vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung durch unbekannte Täter, zu der der in Haftung Genommene Beihilfe geleistet hat, Feststellungen zu anderen Steuerhinterziehungen berücksichtigt werden können, auf die sich der angefochtene Haftungsbescheid nicht erstreckt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.



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