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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.09.2008
Aktenzeichen: 1 K 2604/05 U
Rechtsgebiete: UStG 1980, AO


Vorschriften:

UStG 1980 § 14 Abs. 2
UStG 1980 § 17 Abs. 1
AO § 229 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

1 K 2604/05 U

Tenor:

Der Umsatzsteuerbescheid 1985 vom 12.10.1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2005 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Beklagte im Veranlagungszeitraum 1982 abgezogene Vorsteuerbeträge i. H. v. 3.162.200,89 DM mit Umsatzsteuerbescheid 1985 vom 12.10.1994 zu Recht gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 1 UStG 1980 zurückgefordert hat.

Im Jahre 1979 lieferte die A-GMBH im Rahmen von Reihengeschäften Heizöl und andere Mineralölprodukte mit Bestimmungsorten in Rotterdam und Amsterdam an die B-GmbH - im Folgenden: BG -, eine Organgesellschaft der Klägerin. Dabei gingen zunächst sowohl die A-GMBH als auch BG davon aus, dass diese Lieferungen als Ausfuhrlieferungen steuerfrei seien. Dementsprechend erteilte die A-GMBH der BG zunächst Rechnungen ohne Steuerausweis. Anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der A-KG - im Folgenden: A-KG, der Rechtsnachfolgerin der A-GMBH, vertrat die OFD H-Stadt die Auffassung, die Lieferungen an BG seien steuerpflichtig, weil BG kein ausländischer Abnehmer i. S. v. § 6 Abs. 1 UStG 1973 sei. Daraufhin erließ das Finanzamt C-Stadt am 30.11.1983 einen dementsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid 1979 gegenüber A-KG. Bereits am 14.05.1982 hatte A-KG der BG für die o. g. Lieferungen Umsatzsteuer i. H. v. 3.162.200,89 DM nachberechnet (Bl. 54 - 56 d. A.). Diesen Betrag machte die Klägerin im Veranlagungszeitraum 1982 als Vorsteuer geltend.

Bereits seit 1981 war zwischen BG und A-KG ein schiedsgerichtliches Verfahren anhängig, in dem BG A-KG auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Öllieferungsvertrages in Anspruch nahm. In dieser Sache erging am 04.06.1982 ein Teil- und Grundschiedsspruch, worin die Schadensersatzverpflichtung der A-KG dem Grunde nach festgestellt wurde.

Am 08.10.1982 telexierte BG an A-KG unter dem Betreff "Ihre Forderungen gegen uns": "Gegen Ihre gegenwärtigen Forderungen rechnen wir mit dem Anspruch auf, der im Schiedsgerichtsverfahren BG ./. A-KG festgestellt worden ist".

Am 21.01.1983 erklärte A-KG im Rahmen des schiedsgerichtlichen Verfahrens die Aufrechnung u. a. mit ihrem Anspruch auf die nachberechnete Umsatzsteuer "für den Fall, dass das angerufene Schiedsgericht ... einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus entgangenem Gewinn bejaht".

Am 30.06.1983 wurde über das Vermögen der A-KG ein Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses eröffnet, welches nach Annahme des Vergleichsvorschlages der A-KG und nach Bestätigung des Vergleichs durch das AG C-Stadt wieder aufgehoben wurde.

Am 24.11.1983 wurde A-KG in dem schiedsgerichtlichen Verfahren verurteilt, BG wegen einer Forderung in Höhe von 12.586.734,14 DM nebst Zinsen nach Maßgabe des am 10.08.1993 vom AG C-Stadt bestätigten Liquidationsvergleichs anteilig aus dem Liquidationserlös zu befriedigen. Die Entscheidung erging "vorbehaltlich der Entscheidung eines ordentlichen Gerichts über die von der Beklagten (= A-KG) erklärte Aufrechung mit Mehrwertsteuererstattungsansprüchen". Aus dem Tatbestand des Schiedsspruches vom 24.11.1983 ergibt sich, dass zwischen den Schiedsparteien unstreitig war, dass sich die Aufrechnungserklärung der BG vom 08.10.1982 auf Forderungen der A-KG gegen BG aus Warenlieferungen über 6.208.594,49 DM bezog. Hingegen sei das Vorbringen der A-KG, diese Aufrechnungserklärung habe auch die Umsatzsteuernachforderung i. H. v. 3.162.200,89 DM umfasst, von BG bestritten worden.

Mit Vereinbarung vom 25.06.1984 veräußerte BG die in dem Schiedsspruch vom 24.11.1983 bezeichnete Schadensersatzforderung zum Preis von 2.328.000.- DM an die D-Bank. Es wurde vereinbart, dass eine evtl. Quote aus der Vergleichsmasse bis zur Höhe des Kaufpreises der D-Bank zusteht, eine darüber hinausgehende Quote jedoch an BG abzuführen war. In Ziffer 3 der Vereinbarung heißt es: "D-Bank verzichtet darauf, die im Schiedsverfahren nicht entschiedene Aufrechnung mit Mehrwertsteuererstattungsansprüchen nebst Nebenforderungen mindernd zu Lasten BG's anzusetzen. Die Mehrwertsteuererstattungsansprüche werden ausschließlich zwischen der D-Bank und A-KG geklärt. BG wird von keinem der Beteiligten aus diesen in Anspruch genommen werden."

Gegen den am 30.11.1983 geänderten Umsatzsteuerbescheid 1979, mit dem die Lieferungen an BG als steuerpflichtig behandelt wurden, hatte A-KG Klage erhoben, der das FG H-Stadt mit Urteil vom 16.10.1990 XV-V 4346/84 U stattgab. Die hiergegen eingelegte Revision des Finanzamtes blieb erfolglos. Mit Urteil vom 18.05.1993 V R 5/91 (BFH/NV 1994, 586) entschied der BFH, A-KG bzw. deren Rechtsnachfolgerin E-GmbH könne sich gegenüber dem im Jahr 1979 geltenden deutschen Umsatzsteuerrecht auf die für sie günstigere - nämlich zur Steuerfreiheit der Lieferungen an BG führende - Regelung in Art. 15 der 6. EG-Richtlinie berufen. Auch der gesonderte Umsatzsteuerausweis im Schreiben vom 14.05.1982 führe nicht zur rückwirkenden Entstehung von Umsatzsteuer im Jahr 1979, sondern begründe eine Steuerschuld erst in 1982.

Bereits mit Schreiben vom 12.02.1985 an BG hatte A-KG die Umsatzsteuernachbelastung vom 14.05.1982 wieder aufgehoben und BG um gleichlautende Buchung gebeten. Mit Schreiben vom 21.03.1985 teilte BG A-KG mit, sie könne dem Schreiben der A-KG vom 12.02.1985 nicht folgen, da "die Angelegenheit seinerzeit als mehrwertsteuerpflichtiger Vorgang abschließend behandelt" worden sei.

Am 16.12.1994 erließ das Finanzamt C-Stadt gegenüber der E-GmbH als Rechtsnachfolgerin der A-KG einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 1985, mit dem es die Umsatzsteuer - einem Antrag der E-GmbH entsprechend - unter Hinweis auf die am 12.02.1985 erfolgte Rechnungsberichtigung um 3.162.200,89 DM herabsetzte. Zum Besteuerungsverfahren der E-GmbH hatte das Finanzamt C-Stadt die Klägerin gestützt auf § 174 Abs. 5 AO hinzugezogen. Gegen den gegenüber der E-GmbH ergangenen Umsatzsteuerbescheid 1985 vom 16.12.1994 erhob die Klägerin nach erfolglosem Einspruch Klage, den das FG H-Stadt mit Urteil vom 19.12.2000 15 K 5138/95 U als unzulässig abwies.

Bereits am 12.10.1994 hatte der Beklagte gegenüber der Klägerin einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 1985 erlassen, mit dem er die im Veranlagungszeitraum 1982 abgezogenen Vorsteuerbeträge i. H. v. 3.162.200,89 DM zurückforderte. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 19.05.2005 als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen gerichteten Klage macht die Klägerin geltend:

I. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 1 UStG 1980 seien nicht erfüllt, weil die Rechnung vom 14.05.1982, mit der A-KG der BG Umsatzsteuer i. H. v. 3.162.200,89 DM nachberechnet habe, nicht unrichtig gewesen sei. Vielmehr habe der Steuerausweis in dieser Rechnung und die Berechtigung zum Vorsteuerabzug dem zum Zeitpunkt der Lieferungen maßgebenden deutschen Umsatzsteuerrecht entsprochen. Zwar seien die fraglichen Lieferungen nach den Vorschriften der 6. EG-Richtlinie steuerfrei; auf die mangelnde Umsetzung der 6. EG-Richtlinie könne sich der Beklagte aber gegenüber der Klägerin nicht berufen. Eine unmittelbare Wirkung von EG-Richtlinien komme nur in Betracht, soweit sich aus diesen Richtlinien Ansprüche des Bürgers gegen den Staat ergeben. Eine unmittelbare Wirkung derart, dass sich aus einer nicht umgesetzten Richtlinie Verpflichtungen oder Belastungen des Bürgers ergeben können, sei jedoch nicht möglich. Auch die Besonderheiten des Umsatzsteuerrechts rechtfertigten keine Ausnahme von diesem Grundsatz. Der nach dem Grundsatz der Umsatzsteuerneutralität an sich gebotene Ausgleich zwischen der Steuerschuld des Leistenden und dem Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers werde zwar beeinträchtigt, wenn die Klägerin den Vorsteuerabzug trotz der Steuerbefreiung der A-KG behalte. Die daraus resultierende Belastung des Staates sei jedoch als Folge mangelhafter Umsetzung von Gemeinschaftsrecht hinzunehmen. Aus dem EuGH-Urteil vom 13.12.1989 Rs. C-342/87 - Genius Holding - (UR 1991, 83) und der darauf beruhenden BFH-Entscheidung vom 02.04.1998 V R 34/97 (BStBl II 1998, 695) ergebe sich nichts anderes. Zwar habe der BFH unter Bezugnahme auf das genannte EuGH-Urteil entschieden, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nur für diejenige Steuer bestehe, die für einen tatsächlich steuerpflichtigen Umsatz geschuldet werde, und sich nicht auf eine ausschließlich wegen des Ausweises in einer Rechnung geschuldete Steuer erstrecke. Im Streitfall beruhe der in Anspruch genommene Vorsteuerabzug jedoch auf einem nach nationalem Recht steuerpflichtigen Umsatz.

II. Darüber hinaus seien die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 1 UStG 1980 auch deshalb nicht erfüllt, weil BG den mit der Rechnung vom 14.05.1982 geltend gemachten Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer im Wege der Aufrechnung erfüllt, A-KG diese Umsatzsteuer aber nicht an BG zurückerstattet habe. Eine die Korrektur des Vorsteuerabzugs rechtfertigende Rechnungsberichtigung setze voraus, dass der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger die gezahlte Umsatzsteuer erstatte. Ansonsten werde das Steuerausfallrisiko systemwidrig vom Steuergläubiger auf den Rechnungsempfänger verlagert.

Entgegen der Ansicht des Beklagten sei der Anspruch der A-KG auf Nachzahlung der Umsatzsteuer durch Aufrechnung erloschen. Im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung der BG vom 08.10.1982 habe eine Aufrechnungslage bestanden. Die Forderung der A-KG auf Nachzahlung der Umsatzsteuer habe bestanden und sei erfüllbar gewesen. Zwar sei in den zwischen BG und A-KG geschlossenen Kaufverträgen keine Zahlung von Umsatzsteuer vereinbart gewesen, weil die Beteiligten von der Steuerfreiheit der Umsätze ausgegangen seien. Nachdem sich herausgestellt habe, dass die Lieferungen - entgegen dieser Annahme - nach nationalem Recht steuerpflichtig seien, habe diese Regelungslücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung in der Weise geschlossen werden müssen, dass BG zusätzlich zum vereinbarten Kaufpreis auch die Umsatzsteuer schulde. Zumindest liege eine einvernehmliche Vertragsanpassung vor. Die Übersendung der Rechnung vom 14.05.1982 enthalte konkludent das Angebot an BG, den Kaufvertrag entsprechend anzupassen, welches BG durch die am 08.10.1982 erklärte Aufrechnung konkludent angenommen habe. Auch die Gegenforderung der BG auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Lieferverträge sei wirksam, fällig und einredefrei gewesen. Die Wirksamkeit der Aufrechnung werde auch durch den Inhalt einer Aktennotiz vom 16.05.1983 über ein Gespräch zwischen Vertretern der BG und dem Vergleichsverwalter der A-KG - Dr. F. - bestätigt (Bl. 139 ff. d. A.) Die spätere Veräußerung der Forderungen gegen A-KG durch BG an die D-Bank lasse die Wirksamkeit der Aufrechnung unberührt. Entgegen der Ansicht des Beklagten lasse sich der Vereinbarung zwischen BG und der D-Bank auch nicht entnehmen, dass die Vertragsparteien von der Unwirksamkeit der Aufrechnung ausgegangen seien.

Auch wenn der Anspruch der A-KG auf Nachzahlung der Umsatzsteuer noch nicht durch die Aufrechnung der BG vom 08.10.1982 erloschen sein sollte, so sei dies jedenfalls durch die Aufrechung der A-KG vom 21.01.1983 geschehen. Insbesondere sei die Aufrechnungserklärung der A-KG nicht nach § 388 Satz 2 BGB unwirksam. Soweit A-KG die Aufrechnung "für den Fall, dass das angerufene Schiedsgericht ... einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus entgangenem Gewinn bejaht" erklärt habe, handele es sich dabei um keine echte, der Wirksamkeit der Aufrechnung entgegenstehende Bedingung i. S. v. § 388 Satz 2 BGB.

III. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH könne ein trotz unrichtigen Steuerausweises in Anspruch genommener Vorsteuerabzug unabhängig vom Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung nur im Abzugsjahr rückgängig gemacht werden. Danach habe der Beklagte die streitige Vorsteuer allenfalls durch Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung des Abzugsjahres 1982, nicht aber im Veranlagungszeitraum 1985 zurückfordern können. Zwar könne es aus Gründen des Vertrauensschutzes im Einzelfall unter den Voraussetzungen des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO geboten sein, die bisherige, bis zum BFH-Urteil vom 02.04.1998 V R 34/97 (BStBl II 1998, 695) geltende Rechtsprechung - Korrektur des Vorsteuerabzugs erst im Jahr der Rechnungsberichtigung - weiter anzuwenden. Die Voraussetzungen des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO lägen aber im Streitfall nicht vor, weil die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum 1982 bereits abgelaufen und dies auch nicht nach § 174 Abs. 4 AO unbeachtlich sei. Der Ablauf der Festsetzungsfrist sei nur dann unbeachtlich, wenn der Beklagte bei Erlass des Umsatzsteuerbescheides 1982 von der Annahme ausgegangen sei, die Vorsteuerberichtigung sei im Umsatzsteuerbescheid 1985 vorzunehmen. Davon könne jedoch bereits deshalb nicht ausgegangen werden, weil dem Beklagten der Sachverhalt, den er zum Anlass für die Vorsteuerberichtigung in 1985 genommen habe, erst im Jahre 1990 bekannt geworden sei.

IV. Selbst wenn man unterstelle, durch das Schreiben der A-KG vom 12.02.1985 sei der Anspruch des Beklagten auf Vorsteuerberichtigung in 1985 entstanden, so sei dieser Anspruch mit Ablauf des Jahres 1990 durch Zahlungsverjährung erloschen und könne vom Beklagten nicht mehr geltend gemacht werden. Insofern sei der vorliegende Rechtsstreit jedenfalls in der Hauptsache erledigt. Bei dem vom Beklagten geltend gemachten Anspruch handele es sich um einen Erstattungsanspruch i. S. v. § 37 Abs. 2 Satz 2 AO, der - das Bestehen des Anspruchs unterstellt - durch die berichtigte Rechnung der A-KG entstanden und gemäß § 220 Abs. 2 Satz 1 AO mit seiner Entstehung fällig geworden sei. Die Zahlungsverjährung habe somit gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 AO mit Ablauf des Jahres 1985 begonnen und mangels Hemmung oder Unterbrechung mit Ablauf des Jahres 1990 geendet.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 1985 vom 12.10.1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2005 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass sich der Umsatzsteuerbescheid 1985 vom 12.10.1994 infolge Eintritts der Zahlungsverjährung materiell erledigt hat, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er ist der Auffassung, die Voraussetzungen einer Vorsteuerrückforderung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 1 UStG 1980 seien erfüllt. Nachdem der BFH mit Urteil vom 18.05.1993 V R 5/91 (BFH/NV 1994, 586) entschieden habe, dass die Lieferungen der A-KG an BG steuerfrei zu belassen seien, hätten die Voraussetzungen für eine Rechnungskorrektur vorgelegen. Mit Erhalt der korrigierten Rechnung seien für BG bzw. die Klägerin die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs entfallen. Eine Rückgabe der Ursprungsrechnung sei nicht erforderlich. Ohne Erfolg berufe sich die Klägerin darauf, A-KG habe ihr die mit der korrigierten Rechnung stornierte Umsatzsteuer nicht erstattet. Denn BG habe die Umsatzsteuer mangels zivilrechtlicher Verpflichtung gar nicht an A-KG gezahlt. Eine entsprechende Verpflichtung der BG, die Umsatzsteuer zusätzlich zum vereinbarten Kaufpreis an A-KG zu zahlen, könne weder aus dem Liefervertrag noch aus einer entsprechenden tatsächlichen Übung im Wirtschaftsleben abgeleitet werden. Mangels entsprechender Verpflichtung der BG hätten auch die Voraussetzungen einer wirksamen Aufrechnung nicht vorgelegen. Die am 08.10.1982 und 21.01.1983 von BG und A-KG erklärten Aufrechnungen seien zudem auch deshalb unwirksam, weil die Schadensersatzforderung der BG gegen A-KG im Zeitpunkt der jeweiligen Aufrechnungserklärungen aufgrund des noch ausstehenden Schiedsspruchs weder hinreichend bestimmt noch fällig gewesen sei. Zudem sei die Aufrechnungserklärung der A-KG unter einer Bedingung erfolgt und deshalb nach § 388 Satz 2 BGB unwirksam. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass BG die im Schiedsspruch vom 24.11.1983 bezeichnete Schadensersatzforderung in voller Höhe - also ohne Minderung um den angeblich durch Aufrechnung erloschenen Teilbetrag von 3.162.200,89 DM - an die D-Bank veräußert habe. Dies spreche gegen eine Wirksamkeit der behaupteten Aufrechnung. Außerdem hätten sich sowohl A-KG als auch die D-Bank dazu verpflichtet, BG nicht wegen etwaiger Mehrwertsteuererstattungsansprüche in Anspruch zu nehmen. Einer solchen Vereinbarung hätte es nicht bedurft, wenn diese Ansprüche bereits im Wege der Aufrechnung beglichen worden wären.

Zahlungsverjährung sei nicht eingetreten. Der streitige Vorsteuerrückforderungsanspruch sei durch Steuerbescheid geltend zu machen gewesen, was hier durch den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 1985 vom 12.10.1994 geschehen sei. Vorher sei der Anspruch nicht fällig geworden, so dass auch keine Zahlungsverjährung habe eintreten können.

Mit Verfügung vom 06.06.2008 hat das Gericht den Beklagten und die Klägerin aufgefordert, die Umsatzsteuerakten 1982 bzw. sämtliche für den Veranlagungszeitraum 1982 ergangenen Umsatzsteuerbescheide sowie Betriebsprüfungs- und gegebenenfalls Umsatzsteuersonderprüfungsberichte, die den Veranlagungszeitraum 1982 umfassen, zu übersenden. Der Beklagte hat daraufhin den Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts für Konzernbetriebsprüfung G-Stadt vom 28.09.1988 übersandt und darüber hinaus mitgeteilt, die Steuerakten des Jahres 1982 seien bereits vernichtet. Die Klägerin hat mitgeteilt, die angeforderten Unterlagen seien nicht mehr auffindbar.

Entscheidungsgründe:

I. Im vorliegenden Verfahren ist eine Sachentscheidung zu treffen, da der Rechtsstreit sich - entgegen dem Vorbringen der Klägerin - nicht in der Hauptsache erledigt hat. Die Klägerin macht zu Unrecht geltend, der vorliegend streitige Vorsteuerrückforderungsanspruch des Beklagten sei durch Zahlungsverjährung erloschen. Gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 AO beginnt die Zahlungsverjährung mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Sie beginnt jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Festsetzung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis, ihre Aufhebung, Änderung oder Berichtigung nach § 129 AO wirksam geworden ist, aus der sich der Anspruch ergibt; eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung gleich. Unabhängig davon, ob der vom Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Vorsteuerrückforderung bereits vorher fällig geworden ist, hat die Zahlungsverjährung im Streitfall gemäß § 229 Abs. 1 Satz 2 AO nicht vor Ablauf des Jahres 1994 begonnen. Denn der geänderte Umsatzsteuerbescheid 1985 vom 12.10.1994 wurde in diesem Jahr wirksam. Entgegen der Auffassung der Klägerin findet § 229 Abs. 1 Satz 2 AO im Streitfall Anwendung, denn eine auf § 14 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 1 UStG 1980 gestützte Vorsteuerberichtigung hat im allgemeinen Besteuerungsverfahren zu erfolgen (§§ 17 Abs. 1 Satz 3, 18 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 UStG 1980), erfordert also eine entsprechende Steueranmeldung oder Steuerfestsetzung (vgl. auch Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 17 Rn. 47). § 229 Abs. 1 Satz 2 AO schließt aus, dass die Zahlungsverjährung vor einer entsprechenden Steuerfestsetzung eintritt. Durch die am 26.10.1994 gewährte Aussetzung der Vollziehung ist die Zahlungsverjährung unterbrochen worden (§ 231 Abs. 1 AO). Am 13.02.2003 wurde die Aussetzung der Vollziehung auf Antrag der Klägerin beendet und der streitige Steuerbetrag gezahlt.

II. Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 1985 vom 12.10.1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.05.2005 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Der Beklagte war nicht berechtigt, die von der Klägerin im Veranlagungszeitraum 1982 abgezogenen Vorsteuerbeträge i. H. v. 3.162.200,89 DM im Veranlagungszeitraum 1985 zurückzufordern.

1. Der Beklagte ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin der streitige Vorsteuerbetrag i. H. v. 3.162.200,89 DM nicht (mehr) zustand. Insofern hat A-KG die Rechnung vom 14.05.1982 "berichtigt", d. h. einen dem materiellen Recht nicht entsprechenden Steuerausweis in der Weise korrigiert, dass die korrigierte Rechnung nunmehr dem materiellen Recht entsprach. Im Streitfall besteht allerdings die Besonderheit, dass die Rechnung vom 14.05.1982 (mit Steuerausweis) dem im Veranlagungszeitraum 1979 gültigen nationalen Recht entsprach, während die Rechnung vom 12.02.1985 (ohne Steuerausweis) dem Gemeinschaftsrecht (Art. 15 der 6. EG-Richtlinie) entspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH kann sich ein Einzelner in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer EG-Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen. Dies gilt insbesondere auch in Fällen, in denen ein Mitgliedstaat eine gemeinschaftsrechtlich gebotene Steuerbefreiung nicht umgesetzt hat (z. B. EuGH, Urteil vom 10.09.2002 Rs. C-141/00 - Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH -, UR 2002, 513; BFH, Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, UR 2008, 229). Der leistende Unternehmer kann somit grundsätzlich wählen, ob er es bei der Besteuerung nach nationalem Recht belassen will oder ob er sich auf das für ihn günstigere Gemeinschaftsrecht beruft. Hat ein Unternehmer sich - wie im Streitfall - durch Ausgabe einer Rechnung mit Steuerausweis zunächst für die Anwendung des nationalen Rechts entschieden und beruft er sich anschließend (erfolgreich) auf eine gemeinschaftsrechtliche Steuerbefreiung, so wird die ursprüngliche Rechnung rückwirkend unrichtig. Die Rechtslage ist vergleichbar mit den Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger einen nach § 9 UStG möglichen Verzicht auf eine Steuerbefreiung später widerruft (vgl. dazu BFH, Urteil vom 01.02.2001 V R 23/00, BStBl II 2003, 673). Allerdings kann ein Steuerpflichtiger sich auf eine gemeinschaftsrechtliche Steuerbefreiung dann nicht mehr berufen, wenn er die nach inländischem Recht geschuldete Steuer bereits in der Weise auf seinen zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger abgewälzt hat, dass dieser die in Rechnung gestellt Umsatzsteuer an den Steuerpflichtigen gezahlt hat (EuGH, Urteile vom 19.01.1982 Rs. 8/81 - Becker -, UR 1982, 70 undvom 14.07.1988 Rs. 207/87 - Weißgerber -, UR 1989, 118; BFH, Urteile vom 18.05.1993 V R 5/91, UR 1994, 465 undvom 19.12.1996 V R 130/92, BStBl II 1998, 279).

Nach diesen Grundsätzen waren die streitigen Umsätze steuerfrei, so dass die Rechnung vom 14.05.1982 unrichtig und die geänderte Rechnung vom 12.02.1985 richtig war. Denn A-KG hat sich auch insoweit zu Recht auf die gemeinschaftsrechtliche Steuerbefreiung berufen, als sie die nach nationalem Recht geschuldete Steuer -entgegen dem Vorbringen der Klägerin - nicht auf BG abgewälzt hat. Das ergibt sich allerdings noch nicht daraus, dass das FG H-Stadt im Klageverfahren der A-KG mit Urteil vom 16.10.1990 XV-V 4364/84 U festgestellt hat, BG habe die Umsatzsteuer nicht an A-KG gezahlt. Diese auch dem BFH-Urteil vom 18.05.1993 V R 5/91 (UR 1994, 465) zugrunde liegenden Feststellungen entfalten für das vorliegende Verfahren keine Bindungswirkung. Gleichwohl gelangt auch der erkennende Senat zu der Auffassung, dass die mit Schreiben vom 14.05.1982 gegenüber der Klägerin geltend gemachte Forderung der A-KG auf Nachzahlung der Umsatzsteuer - entgegen dem Vorbringen der Klägerin - nicht durch Aufrechnung erfüllt worden ist.

a) Bei der durch BG am 08.10.1982 erklärten Aufrechnung ist bereits fraglich, ob diese - sehr allgemein formulierte - Aufrechnungserklärung sich auch auf die von A-KG geltend gemachte Umsatzsteuernachforderung oder nur auf Forderungen der A-KG gegen BG aus Warenlieferungen bezogen hat. Aus dem Tatbestand des Schiedsspruches vom 24.11.1983 (S. 9 des Schiedsspruchs) ergibt sich, dass zwischen den Schiedsparteien zwar unstreitig war, dass sich die Aufrechnungserklärung vom 08.10.1982 auf Forderungen der A-KG gegen BG aus Warenlieferungen über 6.208.594,49 DM bezog. Hingegen habe BG das Vorbringen der A-KG, diese Aufrechnungserklärung habe auch die Umsatzsteuernachforderung i. H. v. 3.162.200,89 DM umfasst, bestritten. Darüber hinaus kann aus dem Umstand, dass das Schiedsgericht A-KG - erfolglos - anheim gegeben hatte, durch Vorlage eines Gutachtens des deutschen Industrie- und Handelstages einen Handelsbrauch bezüglich der geltend gemachten Umsatzsteuernachforderung darzulegen, geschlossen werden, dass BG auch das Bestehen eines solchen Handelsbrauches in Abrede gestellt hat. Bei dieser Sachlage kann auch nicht davon ausgegangen werden, BG und A-KG hätten die betreffenden Lieferverträge einvernehmlich insoweit angepasst, dass auf das zivilrechtlich vereinbarte Entgelt zusätzlich Umsatzsteuer zu entrichten sei.

b) Allerdings bezieht sich die am 21.01.1983 von A-KG im Rahmen des schiedsgerichtlichen Verfahrens ihrerseits erklärte Aufrechnung ausdrücklich auch auf den gegen BG geltend gemachten Anspruch auf die nachberechnete Umsatzsteuer. Dass diese Aufrechnungserklärung "für den Fall, dass das angerufene Schiedsgericht ... einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus entgangenem Gewinn bejaht", abgegeben worden ist, steht ihrer Wirksamkeit nicht entgegen. § 388 Satz 2 BGB findet keine Anwendung, weil das Bestehen der Hauptforderung keine echte Bedingung, sondern eine sog. Rechtsbedingung ist (Palandt-Grüneberg, BGB, § 388 Rn. 3).

c) Die wechselseitig erklärten Aufrechnungen konnten jedoch nur dann zu einer Erfüllung der von A-KG geltend gemachten Umsatzsteuernachforderung führen, wenn A-KG tatsächlich einen zivilrechtlichen Anspruch auf diese Nachforderung hatte. Dies war indes nicht der Fall. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf das BGH-Urteil vom 14.01.2000 V ZR 416/97 (NJW-RR 2000, 1652). Nach dieser Entscheidung liegt eine im Wege ergänzender Vertragauslegung zu schließende Regelungslücke vor, wenn die Vertragsparteien irrtümlicherweise übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass die vereinbarten Leistungen nicht umsatzsteuerpflichtig sind. In einem solchen Fall haben die Vertragsparteien die Frage, wer die Umsatzsteuer zu tragen hat, an sich als regelungsbedürftig angesehen, ihre Regelung aber als unerheblich erachtet. Die Regelungslücke ist jedenfalls dann, wenn der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, in der Weise zu schließen, dass der Leistende die Umsatzsteuer nachfordern kann. Ein zivilrechtlicher Anspruch auf Nachforderung von Umsatzsteuer kommt danach dann in Betracht, wenn die Vertragsparteien bei Vertragsschluss übereinstimmend dem Irrtum unterlagen, in Wahrheit steuerpflichtige Umsätze seien steuerfrei. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall jedoch bereits deshalb nicht erfüllt, weil die fraglichen Öllieferungen tatsächlich nicht steuerpflichtig, sondern steuerfrei waren und angesichts der von A-KG bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin erstrittenen finanzgerichtlichen Urteile letztlich auch nicht besteuert worden sind. Bei dieser Sach- und Rechtslage besteht kein Raum für einen zivilrechtlichen Anspruch der A-KG gegen BG auf eine Umsatzsteuernachforderung. Der Umstand, dass die Finanzverwaltung die fraglichen Umsätze gegenüber A-KG nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung als steuerpflichtig ansah und in einem nicht bestandskräftig gewordenen, sondern von A-KG letztlich erfolgreich angefochtenen Umsatzsteuerbescheid der Umsatzsteuer unterworfen hat, vermag noch keinen zivilrechtlichen Anspruch der A-KG gegen BG auf eine Umsatzsteuernachforderung zu begründen. Dabei kann offen bleiben, ob bei einer ungeklärten Steuerrechtslage - in Anlehnung an die BGH-Rechtsprechung zum Anspruch auf Rechnungserteilung in derartigen Fällen (BGH, Urteile vom 10.11.1988 VII ZR 137/87, NJW 1989, 302 undvom 02.11.2001 V ZR 224/00, NJW-RR 2002, 376) - ein zivilrechtlicher Anspruch auf eine Umsatzsteuernachforderung erst dann in Betracht kommt, wenn die für die Besteuerung des Leistenden zuständige Finanzbehörde die von den Vertragsparteien zunächst übereinstimmend als steuerfrei beurteilten Leistungen bestandskräftig der Besteuerung unterworfen hat. Auch wenn man davon ausgeht, die für den Anspruch auf eine Umsatzsteuernachforderung maßgeblichen steuerrechtlichen Vorfragen seien im Zivilverfahren selbständig zu klären, bestand kein Anspruch auf eine Nachzahlung der Umsatzsteuer, da A-KG sich auf eine gemeinschaftsrechtliche Steuerbefreiung berufen konnte und dies auch getan hat.

2. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, die Versagung des Vorsteuerabzugs für nach nationalem Recht steuerpflichtige Leistungen stelle ein unzulässige Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften zu ihren Lasten dar. Hierzu hat der EuGH bereits imUrteil vom 14.07.1988 Rs. 207/87 - Weißgerber - (UR 1989, 118) ausgeführt, dass die nachträgliche Geltendmachung einer in der 6. EG-Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung durch einen Wirtschaftsteilnehmer nur dann zu Nachteilen für andere Wirtschaftsteilnehmer führen könne, wenn der Wirtschaftsteilnehmer, der die Steuerbefreiung geltend mache, die Steuer unter Einhaltung der in der 6. EG-Richtlinie vorgeschriebenen Förmlichkeiten auf den Leistungsempfänger abgewälzt habe und wenn dieser selbst mehrwertsteuerpflichtig sei. Durch das Erfordernis, dass sich ein Steuerpflichtiger nur dann auf eine gemeinschaftsrechtliche Steuerbefreiung berufen könne, wenn er diese Steuer nicht in der Weise auf seinen Leistungsempfänger abgewälzt habe, dass dieser zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, werde eine Benachteiligung des Leistungsempfängers ausgeschlossen (vgl. auch EuGH, Urteil vom 19.01.1982 Rs. 8/81 - Becker -, UR 1982, 70). Wie bereits ausgeführt, hat BG die mit Schreiben vom 14.05.1982 nachgeforderte Umsatzsteuer nicht an A-KG entrichtet. Durch eine Versagung des Vorsteuerabzugs würde die Klägerin deshalb nicht schlechter gestellt, als wenn BG die Umsatzsteuer an A-KG entrichtet und der Klägerin ein entsprechender Vorsteuerabzug gewährt worden wäre.

3. Die Klage hat jedoch Erfolg, weil der Klägerin der Vorsteuerabzug nach der neueren Rechtsprechung des BFH bereits im Veranlagungszeitraum 1982 nicht (mehr) zustand und deshalb nicht (erst) im Veranlagungszeitraum 1985 zurückgefordert werden konnte. Die dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid zugrunde liegende frühere BFH-Rechtsprechung, wonach auch eine zu Unrecht nach § 14 Abs. 2 UStG 1980 ausgewiesene Umsatzsteuer zunächst abziehbar war und dies gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 1 UStG 1980 erst nach Erteilung einer berichtigten Rechnung im Besteuerungszeitraum der Berichtigung zu korrigieren war, findet im Streitfall keine Anwendung mehr.

a) Bei richtlinienkonformer Auslegung darf als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 nur eine für den berechneten Umsatz vom Leistenden geschuldete Steuer abgezogen werden (BFH, Urteile vom 02.04.1998 V R 34/97, BStBl II 1998, 695;vom 11.10.2007 V R 27/05, BStBl II 2008, 438 undvom 06.12.2007 V R 3/06, UR 2008, 588). Daraus folgt, dass eine zu Unrecht nach § 14 Abs. 2 UStG 1980 ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehbar ist und ein gleichwohl in Anspruch genommener Vorsteuerabzug - unabhängig von einer Rechnungsberichtigung - im Abzugsjahr zu korrigieren ist. Auch in den Fällen des § 14 Abs. 2 UStG 1980 vermag eine Rechnungsberichtigung keine Berechtigung des Finanzamts auszulösen, den im Jahr der unrichtigen Rechnungserteilung gewährten Vorsteuerabzug im Veranlagungszeitraum der Rechnungsberichtigung zu korrigieren und die Vorsteuer zurückzufordern. Die gegenteilige frühere BFH-Rechtsprechung beruhte auf der durch das BFH-Urteil vom 02.04.1998 V R 34/97 (BStBl II 1998, 695) überholten Annahme, auch eine nach § 14 Abs. 2 UStG 1980 zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer sei abziehbar (BFH, Urteil vom 06.12.2007 V R 3/06, UR 2008, 588). Soweit § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980 für den Fall der Rechnungsberichtigung die entsprechende Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG 1980 anordnet, bezieht sich dies nur auf den leistenden Unternehmer, nicht hingegen auf den Leistungsempfänger. Eine unzutreffende Beurteilung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 kann deshalb nur durch Änderung der fehlerhaften Steuerfestsetzung selbst korrigiert werden.

b) Wie der BFH in den Urteilenvom 1.10.2007 V R 27/05 (BStBl II 2008, 438) undvom 06.12.2007 V R 3/06 (UR 2008, 588) entschieden hat, kann es allerdings im Einzelfall aus Gründen des Vertrauensschutzes unter den Voraussetzungen des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO geboten sein, die bis zum BFH-Urteil vom 02.04.1998 V R 34/97 (BStBl II 1998, 695) geltenden Grundsätze weiter anzuwenden. Denn § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO gebietet, den Steuerpflichtigen im Falle einer für ihn nachteiligen Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung weiterhin so zu stellen, wie er nach der bisherigen Rechtsprechung zu besteuern gewesen wäre, es also - bezogen auf den Streitfall - bei der Abziehbarkeit der streitigen Vorsteuer in 1982 zu belassen und dies - wie geschehen - erst im Umsatzsteuerbescheid 1985, dem Jahr der Rechungsberichtigung, zu korrigieren.

Die Voraussetzungen des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO liegen im Streitfall jedoch nicht vor. Zwar hat sich die Rechtsprechung des BFH nach Ergehen des Umsatzsteuerbescheides 1982, in dem der Vorsteuerabzug aus der unrichtigen Rechnung der A-KG gewährt worden war, geändert. Jedoch konnte sich diese Rechtsprechungsänderung durch das BFH-Urteil vom 02.04.1998 V R 34/97 (BStBl II 1998, 695) nicht zum Nachteil der Klägerin auswirken, weil davon auszugehen ist, dass die Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 1982 - unabhängig von der Regelung des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO - im Zeitpunkt der Rechtsprechungsänderung bereits verfahrensrechtlich unabänderbar war. In einem derartigen Fall kommt es nicht zu einer Weiteranwendung der bis zum BFH-Urteil vom 02.04.1998 V R 34/97 (BStBl II 1998, 695) geltenden Grundsätze. Vielmehr versteht der Senat die vom BFH in den vorgenannten Urteilenvom 1.10.2007 V R 27/05 (BStBl II 2008, 438) und06.12.2007 V R 3/06 (UR 2008, 588) entwickelten Grundsätze dahingehend, dass die ältere Rechtsprechung nur dann über § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO zugunsten des Steuerpflichtigen weiter anzuwenden ist, wenn die Finanzbehörde nach Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 02.04.1998 V R 34/97 (BStBl II 1998, 695) grundsätzlich noch die verfahrensrechtliche Möglichkeit gehabt hätte, den Steuerbescheid für das Abzugsjahr (hier: 1982) zum Nachteil des Steuerpflichtigen zu ändern und hieran allein durch die Vorschrift des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO gehindert war. War eine derartige Bescheidänderung ohnehin nicht möglich, kommt es nicht zu einer Anwendung der Vertrauensschutz gewährenden Vorschrift des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO und damit auch nicht zu einer Weitergeltung der bis zu der Rechtsprechungsänderung gültigen Rechtslage, wonach der zu Unrecht gewährte Vorsteuerabzug im Jahr der Rechnungsberichtigung zurückgefordert werden konnte.

Im Streitfall hätte der Beklagte das im August 1998 veröffentlichte BFH-Urteil vom 02.04.1998 V R 34/97 (BStBl II 1998, 695) - auch ungeachtet der Vorschrift des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO - nicht mehr zum Anlass nehmen können, den Umsatzsteuerbescheid 1982, in dem der streitige Vorsteuerabzug gewährt worden war, zu Lasten der Klägerin zu ändern. Ungeachtet des Umstandes, dass die für 1982 ergangenen Umsatzsteuerbescheide von den Beteiligten nicht mehr vorgelegt werden können, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass im Zeitpunkt der Veröffentlichung des vorgenannten BFH-Urteils bereits Festsetzungsverjährung für den Veranlagungszeitraum 1982 eingetreten war. Insofern käme als einschlägige Änderungsvorschrift allein die Vorschrift des § 174 Abs. 4 AO, die unter Umständen auch eine Änderung nach Ablauf der Festsetzungsfrist ermöglicht, in Betracht. Es kann im Streitfall jedoch nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 AO vorliegen; dies geht zu Lasten des Beklagten, der insoweit die Feststellungslast trägt.

Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO dürften vorliegend - ohne dass es insoweit jedoch einer abschließenden Entscheidung bedarf - erfüllt sein. Denn der Beklagte hatte sich bei Erlass des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides 1985 vom 12.10.1994 darüber geirrt, in welchem Veranlagungszeitraum der zu Unrecht gewährte Vorsteuerabzug aus der Rechnung der A-KG zu korrigieren war. § 174 Abs. 4 Satz 3 AO hätte grundsätzlich auch noch nach Ablauf der insoweit geltenden Festsetzungsfrist eine Änderung des Umsatzbescheides 1982 ermöglicht. Zu beachten ist jedoch die Einschränkung des § 174 Abs. 4 Satz 4 AO. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO.

Vorliegend ist - zumal unter Berücksichtigung der den Beklagten insoweit treffenden Feststellungslast - davon auszugehen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 Satz 4 AO erfüllt sind. Es spricht nichts dafür, dass die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum 1982 bei Erlass des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides 1985 vom 12.10.1994 noch nicht abgelaufen war. Dem übersandten Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts für Konzernbetriebsprüfung vom 28.09.1988 (Tz. 141) lässt sich entnehmen, dass nach Ergehen dieses Berichtes noch ein geänderter Umsatzsteuerbescheid 1982 zu erlassen war. Es kann mithin davon ausgegangen werden, dass Ende 1988/Anfang 1989 ein solcher Bescheid erging. Anhaltspunkte für eine darüber hinaus gehende Ablaufhemmung bestehen nicht, so dass von einem Ablauf der Festsetzungsfrist für 1982 vor Ergehen des Umsatzsteuerbescheides 1985 vom 12.10.1994 ausgegangen werden muss, mit der Folge, dass eine Änderung des Umsatzsteuerbescheides 1982 nach § 174 Abs. 4 AO nur unter den Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO möglich gewesen wäre. § 174 Abs. 3 Satz 1 AO setzt voraus, dass ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt wurde, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und dass sich diese Annahme als unrichtig herausstellt. Dies bedeutet bezogen auf den Streitfall, dass der Beklagte den Vorsteuerabzug aus der Rechnung der A-KG gerade deshalb nicht im Umsatzsteuerbescheid 1982 rückgängig gemacht haben dürfte, weil er erkennbar der Annahme war, dass dies im Umsatzsteuerbescheid 1985 zu geschehen habe. Die Annahme des Beklagten, der unrichtige Vorsteuerabzug sei im Umsatzsteuerbescheid 1985 zu korrigieren, muss für die Nichtberücksichtigung im Umsatzsteuerbescheid 1982 kausal gewesen sein. An einer derartigen Kausalität fehlt es insbesondere dann, wenn die Nichtberücksichtigung des Sachverhalts darauf beruht, dass das Finanzamt bei Erlass des betreffenden Bescheides (hier: Umsatzsteuerbescheid 1982) von diesem Sachverhalt gar keine Kenntnis hatte, wobei auf die Kenntnis des für die Steuerfestsetzung zuständigen Amtsträgers abzustellen ist (BFH, Urteil vom 29.05.2001 VIII R 19/00, BStBl II 2001, 743).

Wie bereits ausgeführt, kann aus den Angaben im Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts für Konzernbetriebsprüfung vom 28.09.1988 entnommen werden, dass nach Ergehen dieses Berichtes - also Ende 1988/Anfang 1989 - noch ein geänderter Umsatzsteuerbescheid 1982 zu erlassen war. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Bescheid später nochmals geändert worden ist, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vorliegend bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dem für die Steuerfestsetzung der Klägerin zuständigen Amtsträger zu dieser Zeit (Ende 1988/Anfang 1989) schon bekannt war, dass A-KG sich auf die Steuerbefreiung in Art. 15 der 6. EG-Richtlinie berufen und die Rechnung vom 14.05.1982 am 12.02.1985 korrigiert hatte. Im Betriebsprüfungsbericht vom 28.09.1988 (betreffend 1982) finden sich dazu keine Ausführungen. Der Betriebsprüfungsbericht betreffend 1985 erwähnt diesen Sachverhalt in Tz. 27, datiert aber erst vom 27.01.1994. Erwähnt wird in diesem Zusammenhang ein Schreiben der OFD G-Stadt an die OFD H-Stadt aus Januar 1991. Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte habe erst im Jahr 1990 von dem maßgeblichen Sachverhalt erfahren. Den übrigen dem Gericht vorgelegten Behördenakten kann nicht entnommen werden, dass der maßgebliche Sachverhalt dem für die Steuerfestsetzung der Klägerin zuständigen Amtsträger bereits früher bekannt war. Angesichts dieser Umstände und der den Beklagten treffenden Feststellungslast kann eine Kausalität zwischen der Rückforderung im Umsatzsteuerbescheid 1985 und der Nichtberücksichtigung im Umsatzsteuerbescheid 1982 nicht festgestellt werden. Es kann demnach nicht davon ausgegangen werden, der Beklagte habe nach Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 02.04.1998 V R 34/97 (BStBl II 1998, 695) grundsätzlich noch die Möglichkeit gehabt hätte, den Steuerbescheid für das Abzugsjahr (hier: 1982) gemäß § 174 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 AO zum Nachteil des Steuerpflichtigen zu ändern und sei hieran allein durch die Vorschrift des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO gehindert gewesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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