Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 25.01.2008
Aktenzeichen: 1 K 3685/06 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 17
EStG § 17 Abs. 2 S. 4b
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

1 K 3685/06 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Schuldzinsen als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen und eines Darlehensverlustes als negative Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.

Der Kläger war seit Anstellungsvertrag vom 20. 09. 1996 einer von mehreren Geschäftsführern der Fa. A-GmbH (A-GmbH); sein Jahresgehalt betrug zunächst rd. 150.000 DM, in späteren Jahren rd. 250.000 DM. Mit Vertrag vom selben Tag erwarb er zum Nominalwert von 76.500 DM einen Anteil von 6,95 % am Stammkapital der Gesellschaft (damals 1.100.000 DM).

Im Februar 1998 wurde der Kläger aufgefordert, der A-GmbH ein Liquiditätshilfedarlehen von 61.400 DM zu gewähren. Das - voll refinanzierte - Darlehen wurde am 27. 02. 1998 über die Stadtsparkasse A-Stadt ausgereicht, die dem Kläger für die Darlehensabwicklung ein Kontokorrentkonto einrichtete. Für den Kläger standen sich Zinsertrag und -aufwand (Zinssatz jeweils 9 v.H.) in gleicher Höhe gegenüber. Nach am 01. 09. 1998 erfolgter Verlängerung der Liquiditätshilfe bis zum 15. 01. 1999 zahlte die A- GmbH das Darlehen am 08. 03. 1999 zurück. Mit Vertrag vom 03. 01. 2000 schenkte der Kläger, dessen Geschäftsanteil sich nach zwischenzeitlicher Kapitalerhöhung (1.425.800 DM) nunmehr auf nominal 94.500 DM belief, seinen beiden Töchtern Barbara und Claudia Anteile im Nennbetrag von je 15.750 DM bzw. lt. Vertrag vom 24. 11. 2000 wegen offenbarer Unrichtigkeit berichtigt auf 15.800 DM (Barbara) und 15.700 DM (Claudia); der verbleibende Anteil des Klägers machte noch 4,6 % aus.

Vom 20. 07. 2000 an war der Kläger in der A-GmbH nicht mehr mit dem operativen Geschäft, sondern mit Sonderaufgaben sowie der Vorbereitung der "kleinen A-AG" betraut, mit deren Hilfe das A-Geschäft auch auf kleinere Kunden erstreckt werden sollte.

Im Hinblick auf einen Anfang 2000 von der C-n Bank empfohlenen Börsengang der A-GmbH forderte die Gesellschaft alle Gesellschafter auf, ihr in Höhe der - getilgten - Gesellschafterdarlehen einschließlich des darauf entfallenden Zinsbetrages erneute Darlehen zu gewähren; dieses Ansinnen beruhte auf der Annahme der Gesellschaft, dass auch Darlehen von Kleingesellschaftern kapitalersetzend sein könnten und daher während einer Krise nicht zurückverlangt werden dürften. Eine Gegenvorstellung des Klägers blieb erfolglos. Um ihm - wie auch den anderen Kleingesellschaftern - die geforderte Darlehensgewährung an die A- GmbH finanziell zu ermöglichen, boten die B-Beteiligungs-GmbH & Co KG (B-KG) und eine weitere Großgesellschafterin an, kleinere Anteile zu einem über dem Nominalbetrag liegenden Kaufpreis zu erwerben. Auf dieses Angebot hin veräußerten der Kläger und seine beiden Töchter mit Vertrag vom 24. 11. 2000 Anteile von nominal 14.800 DM (Kläger) und je 2.800 DM (Töchter) zum Preis von 110.367 DM (Kläger) und je 27.592 DM (Töchter), zs. 165.551 DM, an die B-KG und einen weiteren Großgesellschafter. Der Kläger verpflichtete sich, das (ehemals getilgte) Darlehen von 61.400 DM nebst damals erhaltener Zinsen von 6.083 DM erneut der A-GmbH zur Verfügung zu stellen. In Höhe des übersteigenden Verkaufserlöses musste der Kläger der Gesellschaft ein weiteres (neues) Gesellschafterdarlehen gewähren; der hierzu am 28. 11. 2000 geschlossene Darlehensvertrag des Klägers mit der A GmbH hatte eine Liquiditätshilfe von 98.068 DM (erzielter Verkaufspreis 165.551 DM abzgl. "Altdarlehen" 61.400 DM nebst Zinsrückzahlung 6.083 DM) zum Gegenstand. Im Rahmen der Vertragsabwicklung zahlte der Übernehmer der Anteile den Kaufpreis unmittelbar an die A- mbH aus.

Nachdem die C-Bank den geplanten Börsengang der A-GmbH Ende 2000 abgesagt hatte, musste der Gesellschaft neues Kapital von mind. 7,0 Mio. DM zugeführt werden. Dazu waren die Großgesellschafter nur unter der Bedingung bereit, dass die Kleingesellschafter sämtliche (Rest-)Anteile zum Nominalwert abtreten und auf ihre Gesellschafterdarlehen nebst Zinsen verzichten würden. In Gesprächen wurden die Kleingesellschafter mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass bei deren Weigerung eine Kapitalerhöhung ausscheide, die Gesellschaft in Insolvenz gerate und die Arbeitsplätze gefährdet seien. Am 06. 03. 2001 wurde das Kapital der GmbH von 2.941.900 DM auf nunmehr 9.941.900 DM erhöht. Mit Vertrag vom selben Tag verkaufte der Kläger seinen Restanteil von nominal 48.200 DM (= 1,64 % vor Kapitalerhöhung um 7,0 Mio. DM) zum Nennbetrag an die B-KG sowie einen weiteren Großgesellschafter und verzichtete auf seine Darlehensrückzahlungsansprüche von 61.400 DM und 98.068 DM sowie auf seine Zinsansprüche. Zugleich verpflichteten sich die Großgesellschafter, den Verkäufern der Restanteile über den vereinbarten Kaufpreis hinaus weitere Beträge von 13.600 DM und 6.800 DM zu bezahlen, sofern das Unternehmen vor dem 31. 12. 2001 zu einem Preis von mindestens 20 Mio. DM verkauft werden könne. Die anschließenden Versuche eines Unternehmensverkaufs blieben indes erfolglos. Im Januar 2002 meldete die A-GmbH Insolvenz an; das Verfahren wurde am 01. 04. 2002 eröffnet.

In der Einkommensteuererklärung 2000 machten die Kläger den Zinsbetrag von 6.083 DM, der auf die am 28. 11. des Streitjahrs vorgenommene Darlehens(rück)gewährung an die A-GmbH entfiel, als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen geltend; indem der Kläger der Aufforderung der Gesellschaft zur Rückzahlung der Darlehenszinsen nachgekommen sei, habe er negative Kapitalerträge realisiert. Auf das wieder aufgelebte Darlehen habe er ebenso wie auf das zusätzliche Darlehen keine Zinsen erhalten. Der Beklagte lehnte indes mit Bescheid vom 05. 03. 2002 eine steuerliche Berücksichtigung der negativen Einnahmen mit der Begründung ab, dass der Kläger hierfür bereits im Rahmen der Bemessung des - erheblich über dem Nennbetrag liegenden - Kaufpreises mit Vertrag vom 24. 11. 2000 von den Großgesellschafterinnen einen Ausgleich erhalten habe. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies der Beklagte - nach Erlass eines auf § 173 der Abgabenordnung -AO- gestützten Änderungsbescheides zu anderen Punkten - mit Einspruchsentscheidung vom 16. 08. 2006 als unbegründet zurück und ergänzte, da sich Zinseinnahmen und -ausgaben des Klägers entsprochen hätten, sei bereits eine Einkunftserzielungsabsicht fraglich.

In der Einkommensteuererklärung 2001 machten die Kläger den am 06. 03. 2001 erklärten Verzicht auf die Ansprüche auf Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen von insgesamt 159.468 DM (61.400 DM und 98.068 DM) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Der Kläger habe den Verzicht auf massiven Druck der Großgesellschafter erklärt, um seinen Arbeitsplatz als Geschäftsführer zu sichern. Bei Nichtunterzeichnung der Verzichtserklärung hätte er seine Anstellung bei der A-GmbH verloren und wäre angesichts seines fortgeschrittenen Alters (geb. 1944) ohne nennenswerte positive Einkünfte verblieben. Der Beklagte lehnte eine steuerliche Berücksichtigung des Darlehensverzichts mit Bescheid vom 15. 01. 2003 ab; es könne weder festgestellt werden, dass ein Außenstehender das Darlehen wegen gefährdeten Rückzahlungsanspruchs nicht gewährt hätte, noch dass der Kläger bei einer Verweigerung der Verzichtserklärung seinen Arbeitsplatz verloren hätte. Auch eine Berücksichtigung des Darlehensverzichts als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung i. S. von § 17 des Einkommensteuergesetzes -EStG- scheide aus, weil der Kläger nach der Erhöhung des Stammkapitals nicht mehr wesentlich beteiligt gewesen sei und damit die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 4 b EStG nicht vorlägen. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 16. 08. 2006 ebenfalls als unbegründet zurück. Das neue Darlehen habe der Kläger nicht in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer, sondern als Gesellschafter gewährt, nämlich ausdrücklich "wegen eines möglicherweise bestehenden Rückzahlungsanspruchs der A-GmbH gegenüber dem Gesellschafter". Zudem habe die A-GmbH das Darlehen nebst Zinsen aus gesellschaftsrechtlichen Gründen, nämlich unter Hinweis auf die Kapitalerhaltungsbestimmung des § 30 GmbHG zurückverlangt. Auch den Verzicht auf das weitere Darlehen habe der Kläger als Gesellschafter ausgesprochen, zumal aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 05. 03. 2001 "sämtliche Gesellschafter" auf ihre Ansprüche hätten verzichten müssen. Dass der Kläger seit dem 17. 07. 2000 dem Vorstand der A-AG (A-AG) angehört und dort 2.187 Stück Namensaktien im Nennwert von 2.187 EUR gehalten habe, spreche ebenfalls dagegen, den Darlehensverzicht als beruflich veranlasst, d. h. auf die Sicherung des Arbeitsplatzes gerichtet, einzuordnen.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, die die Kläger im Wesentlichen wie folgt begründen:

Die Nichtberücksichtigung negativer Zinseinnahmen 2000 sei rechtswidrig. Auch wenn der Kläger mit dem im Jahr 1998 gewährten Darlehen nichts habe verdienen wollen, sei nicht etwa der private Bereich betroffen; somit handele es sich um einen steuerbaren und im Streitjahr wegen Zinsrückzahlung als Verlust zu erfassenden Vorgang.

Die Nichtberücksichtigung des am 05. 03. 2001 erklärten Darlehensverzichts bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit sei ebenfalls rechtswidrig. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung führe der Verlust eines dem Arbeitgeber gewährten Darlehens zu Werbungskosten des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitgeber die dringend benötigten finanziellen Mittel von anderer Seite nicht hätte erlangen können und der Arbeitnehmer das Risiko des Darlehensverlustes aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen habe. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt. Dass die A-GmbH stets in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen sei, verdeutliche die Entwicklung der Jahresergebnisse und der nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbeträge in der Bilanz. Die Gesellschaft habe keinesfalls einen objektiven Wert von 10,7 Mio DM gehabt. Keine Bank habe der Gesellschaft noch Kredite gewährt. Schon bei Darlehenshingabe habe der Kläger erkennen können, dass der Erhalt der GmbH aus Gründen der Kapitalanlage eine Fehlspekulation gewesen sei, weil die GmbH zu keiner Zeit Dividenden habe zahlen können. Bei Darlehensverzicht am 06. 03. 2001 (eine logische Sekunde nach Anteilsveräußerung) sei der Kläger gar nicht mehr Gesellschafter gewesen, sondern habe ausschließlich zur Sicherung seines Arbeitsplatzes gehandelt. Der Höhe nach sei der Werbungskostenabzug mit 159.468 DM zu berücksichtigen; die Liquiditätshilfe von 98.068 DM umfasse zwar auch die veräußerten Anteile seiner Töchter, denen er indes im Innenverhältnis zum Ersatz verpflichtet sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Klagevorbringens, einschließlich der Aufstellung des Stammkapitals, der Jahresergebnisse und der nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbeträge 1996 bis 2000 wird auf den Schriftsatz vom 20. 11. 2006 Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung, in der der Kläger persönlich angehört worden ist, hat dieser zunächst vortragen, dass es ihm bei der Darlehensgewährung über 165.551 DM um die Rettung der Gesellschaft bzw. den Erhalt seiner Gesellschaftsanteile gegangen sei; den späteren Rückzahlungsverzicht allerdings habe er zur Sicherung seines Arbeitsplatzes erklärt. Im Verlauf der Verhandlung, nach gerichtlichen Hinweisen zur Rechtslage, hat der Kläger geltend gemacht, einzig bei der ersten Darlehenshingabe - im Jahr 1998 - als Gesellschafter gehandelt zu haben, während er später immer nur den Erhalt seiner Anstellung im Blick gehabt habe.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 24. 05. 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. 08. 2006 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen die Rückzahlung von Darlehenszinsen in Höhe von 6.083 DM als negative Kapitalerträge berücksichtigt wird,

den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 07. 07. 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. 08. 2006 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit der Verzicht auf Darlehen an die A-GmbH in Höhe von 61.400 DM und 98.068 DM, insgesamt 159.468 DM, als Werbungskosten berücksichtigt wird,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an den Gründen der Einspruchsentscheidungen fest.

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide beider Streitjahre sind rechtmäßig; der Beklagte hat eine steuerliche Berücksichtigung sowohl der Zinsrückzahlung (Einkommensteuerbescheid 2000) als auch des Darlehensverzichts (Einkommensteuerbescheid 2001) zutreffend abgelehnt.

1. Die mit Vertrag vom 28. 11. 2000 vom Kläger vorgenommene Rückzahlung der Darlehenszinsen von 6.083 DM, die er im Vorjahr als Zinsertrag für das der Gesellschaft gewährte Darlehen über 61.400 DM erhalten hatte, stellen keine negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen dar, sondern müssen steuerlich unberücksichtigt bleiben.

Eine Tätigkeit oder Vermögensnutzung führt nur dann zu (positiven oder negativen) Einkünften i. S. des EStG, wenn der Steuerpflichtige sie mit der Absicht ausübt, ein positives Ergebnis, d.h. einen (Total-)Überschuss der steuerpflichtigen Einnahmen über die Aufwendungen zu erzielen. Maßgebend ist dabei das Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung. Die Beantwortung der Frage, ob der Steuerpflichtige eine Überschusserzielungsabsicht besitzt, hängt von einer unter Heranziehung aller objektiven Umstände zu treffenden (Wahrscheinlichkeits-)Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielten steuerpflichtigen Erträge und die in diesem Zeitraum voraussichtlich anfallenden Erwerbsaufwendungen ab (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 09. 05. 2000 VIII R 77/92, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2002, 660). Eine Einkunftserzielungsabsicht fehlt, wenn der Steuerpflichtige lediglich eine Deckung der Selbstkosten anstrebt (BFH-Urteil vom 16. 12. 1998 I R 36/98, BStBl II 1999, 366).

Vorliegend war die im Jahr 1998 erfolgte Gewährung des Darlehens von 61.400 DM durch den Kläger an die A-GmbH eine nicht steuerbare Tätigkeit, weil der Kläger - wie er in der mündlichen Verhandlung selbst zugestanden hat - hieraus einen Überschuss weder erzielen konnte noch wollte; den vertraglich vereinbarten Zinserträgen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) von jährlich 9 % standen Aufwendungen des Klägers in gleicher Höhe gegenüber, weil der Kläger seinerseits das Darlehen refinanzieren und hierfür der Bank einen Zinssatz von ebenfalls 9 % entrichten musste. Da somit die vom Kläger ursprünglich von der Gesellschaft empfangenen Zinszahlungen keine steuerlich zu berücksichtigenden Einnahmen darstellten, berührt auch die Rückzahlung dieser Zinsen nicht die steuerliche Einkunftssphäre des Klägers, sondern ist ebenfalls nicht steuerbar.

2. Der am 06. 03. 2001 ausgesprochene Darlehensverzicht des Klägers über 159.468 DM führt nicht zu einer Minderung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Gewährt ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber ein Darlehen, so ist der (wirtschaftliche) Verlust der Darlehensforderung dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, wenn der Arbeitnehmer das Risiko des Darlehensverlustes aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen hat. Berufliche Gründe können dann angenommen werden, wenn ein Außenstehender - insbesondere eine Bank - mit Rücksicht auf die Gefährdung der Darlehensforderung das Darlehen nicht hingegeben hätte (BFH-Urteil vom 07. 05. 1993 VI R 38/91, BStBl II 1993, 663). Gewährt indes ein Steuerpflichtiger Darlehen oder übernimmt Bürgschaftsverpflichtungen bzw. ergreift sonstige Stützungsmaßnahmen zugunsten einer Gesellschaft, bei der er sowohl als Gesellschafter beteiligt als auch als Geschäftsführer tätig ist, so ist zunächst zu entscheiden, ob die finanzielle Unterstützung der Gesellschaft vorrangig durch die Arbeitnehmer- oder die Gesellschafterstellung des Steuerpflichtigen veranlasst ist. Nur im ersten Fall können die Aufwendungen Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit begründen; eine vorrangige Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis führt indes dazu, dass der Verlust der Finanzierungsmaßnahme den Bereich des Privatvermögens betrifft und folglich steuerlich grundsätzlich unbeachtlich ist - es sei denn, die Beteiligung des Steuerpflichtigen besteht an einer Kapitalgesellschaft, übersteigt bestimmte Grenzen und erfüllt auch die weiteren Tatbestandsmerkmale des § 17 EStG.

Maßgebend für die Frage, wodurch die Aufwendungen vorrangig veranlasst sind, sind die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls; der Arbeitnehmer trägt insoweit die Feststellungslast (BFH-Urteil vom 07. 02. 1997 VI R 33/96, BFH/NV 1997, 400). Die Stützungsmaßnahme ist regelmäßig durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn der Steuerpflichtige Gesellschafter-Geschäftsführer der Gesellschaft und seine Beteiligung nicht nur unwesentlich ist (BFH-Urteil vom 26. 11. 1993 VI R 3/92, BStBl II 1994, 242). Maßgebender Zeitpunkt, zu dem die Frage der vorrangigen Veranlassung des Darlehens- oder sonstigen Verlusts aus einer Stützungsmaßnahme zu beurteilen ist, ist nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung derjenige der Darlehensgewährung bzw. Übernahme einer Bürgschaft oder sonstiger Sicherheiten (etwa BFH-Urteile vom 20. 12. 1988 VI R 55/84, BFH/NV 1990, 23;vom 07. 02. 1997 VI R 33/96, BFH/NV 1997, 400; BFH-Beschluss vom 10. 02. 2005 IX B 169/03, BFH/NV 2005, 1057).

Nach diesen Grundsätzen kann der vom Kläger im Streitjahr 2001 erlittene wirtschaftliche Verlust der Darlehensforderung über 159.468 DM nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden. Bei Würdigung der Gesamtumstände im maßgebenden Zeitpunkt der Darlehensgewährung, mithin am 28. 11. 2000, kann - auch unter Berücksichtigung der nur geringen Beteiligung des Klägers (damals noch 1,64 %) - nicht die Feststellung getroffen werden, dass die finanzielle Unterstützungsmaßnahme vorrangig durch die Stellung des Klägers als Geschäftsführer, d. h. durch das Arbeitverhältnis veranlasst war. Wie der Kläger persönlich zu Beginn der mündlichen Verhandlung zutreffend ausgeführt hatte, erfolgte die (erneute) Darlehenshingabe im Jahr 2000 mit dem vorrangigen Ziel, die Gesellschaft wirtschaftlich zu fördern und den Wert des - wenn auch geringen - Gesellschaftsanteils des Klägers zu sichern; dass ein Fortbestand der Gesellschaft zugleich notwendige Voraussetzung für den Erhalt seines Arbeitsplatzes als Geschäftsführer war, tritt bei Wertung aller vorliegenden Umstände demgegenüber zurück.

Die A-GmbH hatte im Jahr 2000 im Hinblick auf einen von der Bank empfohlenen Börsengang sämtliche Gesellschafter aufgefordert, ihr Gesellschafterdarlehen zu gewähren; damit war auch der Kläger angesprochen - und zwar nicht als Arbeitnehmer, sondern in seiner Eigenschaft als Gesellschafter. Dieses Ansinnen der Gesellschaft beruhte, wie auch der Kläger wusste, auf deren Annahme, dass auch Darlehen von Kleingesellschaftern kapitalersetzend i. S. von §§ 30, 32a GmbHG sein könnten und daher bei einer Krise nicht zurückverlangt werden dürften. Das Verlangen nach einer Darlehensgewährung durch alle Gesellschafter beruhte somit auf gesellschaftsrechtlichen Gründen. Um diese Ziele zugunsten der Gesellschaft, ihres wirtschaftlichen Fortbestandes und des geplanten Börsengangs trotz des Widerstandes der Kleingesellschafter erreichen zu können, erklärten sich die Großgesellschafter bereit, geringe Anteile der übrigen Gesellschafter - wie auch des Klägers und seiner Töchter - zu einem Preis zu erwerben, der es ihnen - den Verkäufern/Kleingesellschaftern - ermöglichte, die von der Gesellschaft angeforderten Darlehen zur Verfügung zu stellen. Der Kläger und seine Töchter erhielten für ihre Anteile von nominal 14.800 DM (Kläger) bzw. je 2.800 DM (Töchter) einen Verkaufserlös von 110.367 DM bzw. je 27.592 DM, mithin rd. das 8- bis 10fache des Nennbetrages. Die Zahlung dieses hohen Preises war, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung ebenfalls bestätigt hat, gebunden an die Verpflichtung der (Klein-)Gesellschafter, den Verkaufserlös unmittelbar der A-GmbH als Darlehen zur Verfügung zu stellen. Zwar hätten die beiden Großgesellschafter die Gelder auch unmittelbar, ohne Umleitung über den Kläger und die anderen Kleingesellschafter, an die GmbH leisten können. Jedoch erreichte die Gesellschaft mit der vorliegenden Gestaltung, dass sämtliche Gesellschafter als Darlehensgeber auftraten und, vorbereitend für den Börsengang, auch ausweislich der Bilanz geschlossen als Gesellschafter hinter ihrem Unternehmen standen. Nicht dagegen entsprach der von den Großgesellschaftern entrichtete Preis, wie auch die Kläger nicht in Abrede gestellt haben, dem damaligen objektiven Wert der Gesellschaftsanteile. Bereits im Jahr 1998 hatte die Gesellschaft Liquiditätshilfedarlehen - so auch des Klägers - benötigt und deren Tilgung erst im Frühjahr 1999, nach Verlängerung der Darlehenslaufzeit, vorgenommen. Im Jahr 2000 war die A- GmbH an ihre sämtlichen Gesellschafter herangetreten, weil sie, so das Klagevorbringen, von Dritten - insbesondere von Banken - keine Darlehen mehr erhalten hätte. Die dem Kläger mit Darlehensverträgen von November 2000 zugesicherten Zinsen für die (erneut) gewährten Darlehen blieb die Gesellschaft schuldig. Wenige Monate nach Anteilserwerb zum 8- bis 10fachen des Nominalwertes, hier am 06. 03. 2001, erhielt der Kläger für seine restlichen Anteile lediglich noch einen Preis in Höhe des Nennbetrages. Damit waren zum maßgeblichen Zeitpunkt des 28. 11. 2000 Verkauf der Anteile, Bemessung des Kaufpreises und, wie dem Kläger bekannt war, auch die durch diese Gestaltung erst ermöglichte Darlehensgewährung gesellschaftlich motiviert. Dass diese Stützungsmaßnahme sich zugleich positiv auf den Erhalt des Arbeitsplatzes des Klägers auswirkte, stellt bei wertender Betrachtung lediglich einen (willkommenen) Nebeneffekt dar.

Ob der vom Kläger am 06. 03. 2001 erklärte Verzicht auf die Darlehensrückzahlung mit dem (vorrangigen) Ziel der Sicherung des Arbeitsplatzes erfolgte, kann demgegenüber dahin stehen, weil dieser spätere Zeitpunkt für die Beurteilung rechtlich nicht maßgebend ist. Ein anderes Ergebnis folgt entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht aus den Gründen des BFH-Urteils vom 17. 07. 1992 VI R 125/88, BStBl II 1993, 111. Der dort zugrunde liegende Sachverhalt ist mit der hier streitgegenständlichen Problematik nicht vergleichbar. Dort bestand die Stützungsmaßnahme des Gesellschafter-Geschäftsführers in einem Verlustausgleich, den die Gesellschafterversammlung beschlossen hatte und der sogleich durch Verrechnung mit einer Darlehensforderung realisiert wurde. Damit war nach Ansicht des BFH der Zeitpunkt der Beschlussfassung - als erster und zugleich letzter Maßnahme - entscheidend, während das Finanzgericht auf die Beteiligungsverhältnisse des Vorjahres abgestellt hatte. In den Gründen hat der BFH dargelegt, dass es - nach ständiger Rechtsprechung - bei Bürgschaften auf den Zeitpunkt (bereits) ihrer Übernahme ankomme und entsprechend im dortigen Fall auf den Zeitpunkt der Übernahme des Verlustes; ebenso war im hier vorliegenden Fall auf den Zeitpunkt der Hingabe der Darlehen durch den Kläger an die A-GmbH abzustellen.

Der Darlehensverlust des Klägers kann auch nicht als Verlust i. S. von § 17 EStG steuerlich #berücksichtigt werden. Nach der bis zum 31. 12. 2001 maßgebenden Gesetzesfassung des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG war eine Beteiligung nur dann "wesentlich" i. S. dieses Tatbestandes, wenn sie den Schwellenwert von 10 % erreichte (Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 26. A. § 17 Rdn. 35). Hier entsprach indes die Beteiligung des Klägers diesem Betrag zu keinem Zeitpunkt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Die Revision war nicht zulassen. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung des BFH die Revisionszulassung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO); vielmehr beruht die vorliegende Entscheidung auf einer tatrichterlichen Würdigung in Anwendung der vom BFH entwickelten Grundsätze.



Ende der Entscheidung

Zurück