Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.08.2007
Aktenzeichen: 10 K 2800/06 E,F
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 7g Abs. 3
EStG § 7g Abs. 4
EStG § 7g Abs. 5
EStG § 7g Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

10 K 2800/06 E,F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Der Kläger betrieb seit dem 1.6.1999 zusammen mit Herrn "A" eine Rechtsanwaltssozietät in Form der GbR.

Die GbR wurde zum 31.7.2004 durch Realteilung beendet. Der Kläger führte ab 1.8.2004 die Buchwerte der von ihm übernommenen Wirtschaftsgüter in seinem Einzelunternehmen fort.

Für das Streitjahr 2003 gab die GbR unter dem 8.3.2005 die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung und die Eigenheimzulage beim Beklagten ab und gab darin den Gewinn aus selbständiger Arbeit mit EUR 79.958,91 (davon entfielen auf den Kläger: EUR 39.543,97) an. Bei der Gewinnermittlung (nach § 4 Abs. 3 EStG) war für das Sonderbetriebsvermögen des Klägers eine Ansparabschreibung nach § 7 g Abs. 3 EStG in Höhe von 20.000 Euro als Betriebsausgabe abgezogen worden. In der Anlage zur Einnahme-Überschuss-Rechnung hieß es hierzu: "1 Pkw Anschaffung in 2004 oder 2005 für Anschaffungskosten von ca. Euro 50.000, Sonderposten in Höhe von 40% = 20.000".

Im Feststellungsbescheid vom 11.4.2005, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, wurden die Einkünfte der GbR und die des Klägers erklärungsgemäß festgestellt.

Unter dem 18.4.2005 änderte der Beklagte die bisherige Einkommensteuerfestsetzung des Klägers für 2003 (Schätzungsbescheid vom 9.3.2005) nach § 164 Abs. 2 AO und legte die erklärten Einkünfte des Klägers nach § 18 EStG in Höhe von EUR 39.543 zugrunde. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Im Laufe des Jahres 2005 begann der Beklagte mit einer Betriebsprüfung bei der GbR. Im Hinblick auf die Bedenken des Prüfers beantragte der Kläger mit Schreiben vom 28.8.2005, für seinen am 1.8.2004 eröffneten Einzelbetrieb eine Ansparabschreibung für Existenzgründer in Höhe von EUR 20.000 zu erfassen, und verwies zur Begründung auf das BMF-Schreiben vom 25.2.2004, BStBl. I 2004, 337, Tz. 18 Satz 1.

Durch Änderungsbescheid nach § 164 Abs. 2 AO vom 11.10.2005 stellte der Beklagte den Gewinn der GbR mit EUR 115.958,91 (+ 36.000) und den Gewinnanteil des Klägers mit EUR 59.543,97 fest. Er folgte insoweit den Feststellungen und Rechtsansichten der Betriebsprüfung.

Unter dem 18.11.2005 änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO und legte Einkünfte des Klägers von 59.543 EUR zugrunde. Den Antrag des Klägers auf Abzug einer Ansparabschreibung für sein Einzelunternehmen verwarf er.

Der Kläger legte gegen die Änderungsbescheide vom 11.10.2005 und 18.11.2005 unter dem 14.10.2005 und 14.12.2005 Einspruch ein und trug Folgendes vor: Die Ansparabschreibung sei wegen des Auslaufens des Kfz-Leasingvertrages im Sommer 2004 gebildet worden, und zwar in seinem Sonderbetrieb, den er nach Auflösung der GbR im Jahre 2004 als Einzelunternehmen fortgesetzt habe. Der anzuschaffende Pkw sei hinreichend konkretisiert gewesen; der Ansatz der Rücklage sei zeitnah erfolgt. Die Investition sei nach § 7 g Abs. 7 EStG auch noch bis zum 31.12.2008 möglich.

Hilfsweise sei eine Rücklage für sein Einzelunternehmen zu berücksichtigen. Die Übertragbarkeit der Rücklage auf das Einzelunternehmen ergebe sich aus einer Analogie zu § 6 EStG. Die entsprechenden Bescheide könnten auch nach § 174 Abs. 3 AO korrigiert werden.

Der Beklagte wies durch Einspruchsentscheidung vom 7.6.2006 die Einsprüche des Klägers als unbegründet zurück: Die Voraussetzungen zur Bildung einer Ansparrücklage zum 31.12.2003 im Sonderbetriebsvermögen der GbR hätten im Zeitpunkt der Erstellung der Gewinnermittlung und deren Einreichung am 8.3.2005 bei ihm nicht mehr vorgelegen. Ansparabschreibungen könnten sowohl im Gesamthandsvermögen als auch im Sonderbetriebsvermögen vorgenommen werden. Voraussetzung für die Rücklagenbildung sei unter anderem, dass der Steuerpflichtige das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich anschaffen oder herstellen werde. Aus dem Wort "voraussichtlich" müsse gefolgert werden, dass es sich um eine noch objektiv mögliche Investition handele. Da der Betrieb der GbR bereits zum 31.7.2004 aufgegeben worden sei, sei die voraussichtliche Investition im Zeitpunkt der Rücklagenbildung und der Einreichung der Steuererklärung objektiv nicht mehr möglich gewesen. Der Zweck der Ansparrücklage, die spätere AfA in ihrer Aufwandswirkung vorzuziehen und damit einen Steuerstundungseffekt zu erzielen, lasse sich nach einer Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung nicht mehr verwirklichen. Mit der Beendigung der konkreten betrieblichen Betätigung des Steuerpflichtigen stehe fest, dass es nicht mehr zu der voraussichtlichen Investition kommen und damit auch keine künftige AfA vorgezogen werden könne. Die Ansparrücklage sei betriebsbezogen, und nicht personenbezogen. Insoweit könne die Rücklage auch nicht aus dem Sonderbetriebsvermögen des Klägers in das Betriebsvermögen des neugegründeten Einzelunternehmens übertragen werden. Denn bei einer Betriebsaufgabe sei die Ansparrücklage grundsätzlich aufzulösen. Eine Ausnahme hiervon könne nur dann in Betracht kommen, wenn der Betrieb als solcher im Wesentlichen unverändert fortgeführt werde. Dies sei bei der hier vollzogenen Realteilung der GbR nicht der Fall.

Zum 31.12.2003 habe auch keine Ansparrücklage für das am 1.8.2004 aufgenommene Einzelunternehmen gebildet werden können. Es könne dahin stehen, ob der Kläger bereits zum 31.12.2003 mit der Eröffnung seines Einzelunternehmens begonnen habe, eine Ansparrücklage könne vor Abschluss der Betriebseröffnung nur dann gebildet werden, wenn Wirtschaftsgüter, die wesentliche Betriebsgrundlagen seien, bis zum Ende des Jahres der Rücklagenbildung verbindlich bestellt worden seien. Sofern für die Aufnahme des Geschäftsbetriebes keine wesentlichen Betriebsgrundlagen erforderlich seien, könnten Ansparrücklagen erst am Ende des Wirtschaftsjahres der Betriebseröffnung (hier: 31.12.2004) gebildet werden. Eine solche Bestellung sei vom Kläger jedoch nicht vorgenommen worden, so dass es offen bleiben könne, ob es sich bei dem geplanten Erwerb des betrieblichen Pkw um die Anschaffung einer wesentlichen oder unwesentlichen Betriebsgrundlage gehandelt habe. Angesicht dieser materiell-rechtlichen Einschätzung könne es auch offen bleiben, ob überhaupt eine verfahrensrechtliche Möglichkeit zur Änderung des Einkommensteuerbescheides 2003 nach § 174 Abs. 3 AO bestehe. § 174 Abs. 3 AO eröffne jedenfalls keine Möglichkeit, den Sachverhalt "Bildung einer Ansparrücklage im Sonderbetriebsvermögen der GbR" in den Sachverhalt "Bildung einer Ansparrücklage im Einzelunternehmen" umzuqualifizieren.

Am 7.7.2006 hat der Kläger Klage erhoben und Folgendes ergänzt: Die vom Beklagten vorgenommene Differenzierung zwischen Betriebs- und Personenbezogenheit sei nicht möglich, da die Dienstleistungen der GbR stets höchst persönlich gewesen seien. Er - der Kläger - habe seine Tätigkeit nicht nur im Wesentlichen, sondern völlig unverändert fortgeführt. Der Beklagte könne sich auch nicht auf eine Betriebsbeendigung durch die Realteilung berufen, denn dabei seien nur Wirtschaftsgüter von völlig untergeordnetem Wert (Möbel, Literatur, EDV) verteilt worden. Die wesentliche Betriebsgrundlage sei das Humankapital, dass nicht geteilt werden könne. Außerdem habe der Beklagte unberücksichtigt gelassen, dass er - der Kläger - Existenzgründer sei. Auch insoweit komme es auf die Personen- und nicht die Betriebsbezogenheit an. Im Übrigen führe die Handhabung des Beklagten zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung im Vergleich zu einer Bürogemeinschaft.

Auch unter Berücksichtigung der vom Beklagten zitierten Rechtsprechung des BFH (IV R 30/00) sei hilfsweise die Rücklage für den am 1.8.2004 gegründeten Einzelbetrieb ansatzfähig.

Der Kläger beantragt,

den Feststellungsbescheid vom 11.10.2005 sowie die dazugehörige Einspruchsentscheidung vom 7.6.2006 insoweit aufzuheben, als darin der dem Kläger zugerechnete Gewinn um 20.000 Euro erhöht wurde,

hilfsweise,

den Einkommensteueränderungsbescheid vom 18.11.2005 und die dazugehörige Einspruchsentscheidung vom 7.6.2006 dahingehend zu ändern, dass Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 39.543 EUR angesetzt werden,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertieft sein Vorbringen aus dem Vorverfahren und weist ergänzend darauf hin, dass die Vorschrift des § 7 g Abs. 3 EStG in zahlreichen Einzelformulierungen die Betriebsbezogenheit der Ansparabschreibung erkennen lasse.

Die Frage, ob der Kläger als Existenzgründer anzusehen sei, sei im vorliegenden Fall unerheblich. Der Kläger habe auch weder die mitunternehmerisch geführte Anwaltskanzlei übernommen noch sie fortgeführt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

1. Der Feststellungsbescheid vom 11.10.2005 sowie die dazugehörige Einspruchsentscheidung vom 7.6.2006 sind in dem angefochtenen Umfang rechtmäßig.

Zu Recht hat der Beklagte darin die vom Kläger in seinem Sonderbetriebsvermögen gebildete Ansparabschreibung nach § 7 g Abs. 6 EStG in Höhe von 20.000 Euro nicht mehr als Betriebsausgabe berücksichtigt und den ursprünglichen Gewinnfeststellungsbescheid nach § 164 Abs. 2 AO geändert.

Der Kläger war nämlich nicht berechtigt, für das Streitjahr 2003 eine Ansparabschreibung in der hier strittigen Höhe zu bilden.

Nach § 7 g Abs. 3 - 5 EStG können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Ermittelt der Steuerpflichtige - wie im Streitfall - den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, sind gemäß § 7 g Abs. 6 EStG die Absätze 3 - 5 mit Ausnahme von Absatz 3 Nr. 1 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist.

Voraussetzung für die Rücklagenbildung ist unter anderem, dass der Steuerpflichtige das begünstigte Wirtschaftsgut "voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres anschaffen oder herstellen wird." Deshalb muss die Bezeichnung der "voraussichtlichen" Investition eine noch durchführbare, objektiv mögliche Investition enthalten (BFH, Urteil vom 17.11.2004 X R 41/03, BFH/NV 2005, 848). Da die Ansparrücklage nach § 7 g Abs. 3 ff. EStG auf den konkreten Betrieb bezogen ist, kann die geplante Investition, wegen der die Ansparrücklage gebildet wurde, nicht mehr durchgeführt werden, wenn der Steuerpflichtige seinen Betrieb veräußert oder aufgibt. Die Ansparrücklage kann deshalb nicht "zurückbehalten" und auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen übertragen werden (BFH, Urteil vom 20.12.2006 X R 42/04, nicht veröffentlicht; abrufbar unter [...]).

So liegen hier die Verhältnisse. Im Zeitpunkt der Einreichung der Gewinnermittlung auf den 31.12.2003 beim Beklagten am 08.03.2005 hatte der Kläger zusammen mit seinem damaligen Mitgesellschafter Herrn "A" die Anwaltssozietät bereits beendet, denn er hatte den Betrieb zum 31.07.2004 aufgegeben. Die vom Kläger ins Auge gefasste voraussichtliche Investition "Anschaffung eines Pkw" war zum Zeitpunkt der Abgabe der Einkommensteuererklärung am 08.03.2005 in dem Betrieb "Rechtsanwaltssozietät" objektiv nicht mehr möglich.

An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts durch den Vortrag des Klägers, er habe zum 31.07.2004 zwar die Anwaltssozietät in Form der GbR beendet, gleichwohl aber ab dem 01.08. 2004 die Buchwerte der von ihm übernommenen Wirtschaftsgüter in seinem Einzelunternehmen fortgeführt. Zwar steht die vom Kläger durchgeführte Realteilung und die Übernahme der Buchwerte in Einklang mit § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG, gleichwohl verkennt der Kläger dabei, dass auch die Realteilung lediglich eine Form der Betriebsaufgabe darstellt (Schmidt, Einkommensteuergesetz, § 16, Rz. 535; Kirchhof, EStG Kompaktkommentar, Einkommensteuergesetz § 16 Rdz. 307) und die Anwaltssozietät "trotz" Realteilung zum 31.7.2004 beendet wurde.

2. Auch der Hilfsantrag des Klägers ist unbegründet, denn der Einkommensteuerbescheid vom 18.11.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.06.2006 ist rechtmäßig.

Zu Recht hat der Beklagte auch die Bildung einer Ansparabschreibung für das am 01.08.2004 aufgenommene Einzelunternehmen des Klägers versagt.

Zwar kann eine Ansparrücklage auch im Jahr der Betriebsgründung gebildet werden (BFH, Urteil vom 25.04.2002 IV R 30/00, Bundessteuerblatt II 2004 182); dies würde jedoch im vorliegenden Fall lediglich zu einer Berücksichtigung der Ansparrücklage im Veranlagungsjahr 2004, nicht aber im Streitjahr 2003 führen. Eine Bildung der Ansparrücklage für das Streitjahr 2003 im Einzelunternehmen scheitert jedoch an Folgendem: Selbst wenn die Betriebseröffnung noch nicht vollendet sein muss, so reicht es jedoch nicht aus, dass lediglich Vorbereitungshandlungen getroffen werden (BFH, a. a. O.). Um eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme durch zukünftige Betriebe zu vermeiden, ist es für noch zu eröffnende Betriebe erforderlich, dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend konkretisiert wird. Dies setzt voraus, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen am maßgeblichen Stichtag bereits verbindlich bestellt worden sind (BFH, Urteil vom 28.06.2006 III R 40/05, BFH/NV 2006, 2058).

Daran mangelt es hier, denn der Kläger hatte den für die Ansparrücklage ins Auge gefassten PKW am 31.12.2003 noch nicht bestellt.

Auch wenn der PKW als unwesentliche Betriebsgrundlage anzusehen wäre, bleibt es bei diesem Ergebnis. Denn unwesentliche Betriebsgrundlagen sind durch eine noch größere Betriebsferne charakterisiert, so dass die für die Ansparrücklage erforderliche Konkretisierung und Betriebsbezogenheit des Wirtschaftsgutes erst recht nur durch eine verbindliche Bestellung hergestellt werden kann.

3. Für die vom Kläger ins Auge gefassten Ausnahmen für Existenzgründer gibt es hinsichtlich der streitigen Ansparabschreibung keine Rechtsgrundlage. Soweit es in § 7 g Abs. 7, 8 EStG spezielle Regelungen für Existenzgründer gibt, setzen diese die allgemeinen Voraussetzungen für die Bildung einer Ansparrücklage, insbesondere die objektive Durchführbarkeit der Investition im Betrieb voraus (Schmidt, a. a. O. § 7 g, Rz. 53).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.



Ende der Entscheidung

Zurück