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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.07.2006
Aktenzeichen: 11 K 1681/04 F
Rechtsgebiete: EStG, AO, BGB


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 1
AO § 179 Abs. 2 Satz 2
AO § 180 Abs. 1
BGB § 705
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Streitig ist, ob der Klägerin im Streitjahr 2001 Einkünfte aus einer Gastwirtschaft als (Mit-)Unternehmerin einkommensteuerrechtlich zuzurechnen waren.

Der am 23. Juli 2003 verstorbene Ehemann der Klägerin, Herr O, betrieb seit 1995 die Gastwirtschaft "G" an der M-Straße in N-Stadt. Nachdem dem Ehemann der Klägerin im Jahr 1996 wegen einer rechtskräftigen Verurteilung die Konzession entzogen worden war, meldete die Klägerin zum 1. Oktober 1996 das Gewerbe auf ihren Namen an. Die entsprechende Mitteilung der Stadt N über die Gewerbeanmeldung "nach § 14 Gewerbeordnung oder § 55 c Gewerbeordnung" ist in der Umsatzsteuerakte enthalten. Mit Zusatzvereinbarung vom 16. August 1996 trat die Klägerin "mit allen Rechten und Pflichten" in den zwischen ihrem Ehemann und dem Verpächter geschlossenen Pachtvertrag über die Gastwirtschaft ein (vgl. Bl. 47 ff. und Bl. 59 der GA).

Die Klägerin reichte am 25. März 1997 einen von ihr persönlich am 15. Januar 1997 unterschriebenen Fragebogen zu ihrer gewerblichen Betätigung beim Beklagten ein. In diesem, gleichfalls in der Umsatzsteuerakte des Beklagten abgehefteten Fragebogen, gab die Klägerin an, dass sie als Unternehmerin den Betrieb ihres Mannes "Schankwirtschaft mit Imbissabgabe" zum 1. Oktober 1996 übernommen habe. Als Kontoverbindung gab sie ein Girokonto bei der Z-Bank (Kontonummer ...) an, als deren Inhaberin die "Steuerpflichtige" angegeben wurde. Nach einer im Klageverfahren eingereichten Auskunft der Z-Bank vom 23. Mai 2006 ist dieses Konto dort vom 9. Oktober 1996 bis zum 19. März 1997 auf den Namen des verstorbenen Ehemannes geführt worden.

Nachdem für die Jahre 1996 und 1997 die Besteuerungsgrundlagen mangels Erklärungsabgabe im Wege der Schätzung bestandskräftig festgestellt worden waren, wurden im Hinblick auf die für die Jahre 1998 bis 2000 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Schätzungsbescheide Feststellungserklärungen nachgereicht. Auf Grund dieser nachgereichten Erklärungen wurde der Gewinn der Klägerin für das Jahr 1998 mit Bescheid vom 31. Oktober 2000 auf 37.236 DM, für 1999 mit Bescheid vom 23. November 2000 auf 28.894 DM sowie für 2000 mit Bescheid vom 19. Dezember 2002 auf 30.337 DM festgestellt. Sowohl die Feststellungserklärungen wie auch die jeweiligen Gewinnermittlungen hatte die Klägerin persönlich unterschrieben.

Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns für 2001 vom 24. Juli 2003 stellte der Beklagte im Wege der Schätzung Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb für das Unternehmen "G" in N-Stadt in Höhe von 36.000 DM gesondert fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 26. August 2003 gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 2001 Einspruch ein. Zur Begründung wies sie daraufhin, dass sie sich auf Drängen ihres mittlerweile verstorbenen Ehemannes, nachdem diesem die Konzession entzogen worden war, als Konzessionsgeberin zur Verfügung gestellt habe und durch Zusatzvereinbarungen mit der Brauerei B in das bestehende Pachtverhältnis zwischen der Brauerei B und ihrem Ehemann eingetreten sei. Ihr sei von allen Seiten versichert worden, dass sie nichts mit der Kneipe zu tun hätte. Bis auf diese zwei Unterschriften habe sie keinen weiteren Kontakt mit der Gaststätte gehabt. Ihr Ehemann habe die Wirtschaft wie seit der Eröffnung im Jahr 1995 weiterhin in seinem Namen geführt. Erst durch den Selbstmord ihres Ehemannes seien ihr die rechtlichen Konsequenzen bewusst geworden. Sie beantrage daher, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und dem tatsächlichen Betriebsinhaber und Unternehmer bzw. dessen Erben zuzustellen. Da sie nicht im Besitz der Buchführungsunterlagen sei, könne sie nur auf den ihr teilweise vorliegenden aktuellen Schriftverkehr eingehen. Hieraus lasse sich ersehen, dass die geschäftliche Tätigkeit insgesamt und ausschließlich von ihrem verstorbenen Ehemann ausgeübt worden sei. So habe ihr Ehemann jeweils den Getränkeeinkauf beim Verpächter getätigt und die entsprechenden Rechnungen und Lieferscheine seien auf dessen Namen ausgestellt gewesen. Auch die weiteren über den Gaststättenbetrieb vorliegenden Rechnungen (z. B. Einkauf, Premiere-Abo, Telekom, Zeitungs-Abo) sowie auch Schriftverkehr hinsichtlich geführter Rechtsstreitigkeiten über Verbindlichkeiten der "G" seien alle auf den Namen ihres verstorbenen Ehemannes gelaufen. Dem Einspruchsschreiben waren entsprechende Unterlagen beigefügt, auf die Bezug genommen wird.

Der Beklagte legte den Einspruch zunächst als Antrag auf Aufhebung des Bescheides aus und lehnte mit Bescheid vom 22. September 2003 diesen so verstandenen Antrag ab. Am 6. Oktober 2003 legte die Klägerin auch gegen diesen ablehnenden Bescheid Einspruch ein und erneuerte zur Begründung den bereits oben dargelegten Sachverhalt.

Nach wechselseitigem Schriftverkehr wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2004 den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung weist der Beklagte daraufhin, dass die Klägerin nach dem Gesamtbild der Verhältnisse als Unternehmerin der Gaststätte aufgetreten sei. Dies ergebe sich aus der Gewerbeanmeldung bei der Stadt N, dem mit der Firma B GmbH & Co. KG geschlossenen Pachtvertrag mit der Zusatzvereinbarung sowie aus dem im März 1997 von der Klägerin unterschriebenen Fragebogen über die angemeldete gewerbliche Tätigkeit der Klägerin. Hierfür spreche des Weiteren, dass die Klägerin ab diesem Zeitpunkt die von dem steuerlichen Vertreter gefertigten Steuererklärungen und Gewinnermittlungen unterschrieben und bei ihm - dem Beklagten - eingereicht habe. Im Ergebnis sei die Klägerin daher gegenüber der Gewerbeaufsicht, dem Finanzamt sowie gegenüber dem Verpächter und gleichzeitigem Hauptlieferanten als Unternehmerin aufgetreten. Auf Grund der zivilrechtlichen Vereinbarungen wäre die Klägerin im Verzugsfall auch in Anspruch genommen worden, sodass sie ein entsprechendes Unternehmerrisiko getragen habe. Auch wenn die Rechnungen von der Union Getränke auf den Namen des Ehemannes und nicht der Klägerin gelautet hätten, gehe aus diesen Rechnungen einwandfrei hervor, dass diese an die "G" gerichtet gewesen seien. Der Firma B sei jedoch aus der Zusatzvereinbarung zum Pachtvertrag bekannt gewesen, dass das Unternehmen auf den Namen der Klägerin gelaufen sei. Im Übrigen sei es unerheblich, ob der verstorbene Ehemann der Klägerin von den Gästen als "Wirt" angesehen worden sei.

Die Klägerin hat am 18. März 2004 Klage erhoben. Zur Begründung erneuert und vertieft sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend weist sie daraufhin, dass sie in der Kneipe zu keinem Zeitpunkt gearbeitet habe. Vielmehr sei sie als Verkäuferin selbst beruflich tätig gewesen. Die Tatsache, dass sie sich als Konzessionsgeberin der Gaststätte "G" zur Verfügung gestellt habe, habe einzig und allein darauf beruht, ihrem verstorbenen Ehemann und sich selbst die Existenzgrundlage zu erhalten. Insoweit sei es unvermeidbar und auch folgerichtig gewesen, die Zusatzvereinbarung zum Pachtvertrag vom 16. August 1996 zu unterzeichnen, da ansonsten eine Weiterführung des Gewerbes überhaupt nicht möglich gewesen wäre. Bezüglich der Führung der Gaststätte durch ihren Ehemann habe sich nach dem Wechsel der Konzession nichts geändert. Die Annahme des Beklagten hinsichtlich der Unternehmereigenschaft der Klägerin beruhe auf einer zu formalistischen Betrachtungsweise und werde dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht gerecht. Sofern der Beklagte darauf hinweise, dass ihr auf Grund der steuerlichen Beratung die rechtlichen Konsequenzen hätten klar sein müssen, sei dies nicht zutreffend. Sie selbst habe bis auf ein Gespräch im Jahr 2003 nach der Trennung von ihrem Ehemann keine Verbindungen zu dem Steuerberater gehabt. Auch für die Firma B GmbH & Co. KG sei offensichtlich klar, dass ihr Ehemann alleine Betreiber der Gaststätte gewesen sei. Bis zum jetzigen Zeitpunkt hätten zwischen ihr und dieser Firma keinerlei Gespräche stattgefunden und es seien auch keinerlei Vereinbarungen über die Gaststätte getroffen worden. Wie sich aus weiteren Unterlagen ersehen lasse, habe ihr Ehemann auch die finanziellen Angelegenheiten der Kneipe (z. B. Darlehensvereinbarungen mit der Firma B sowie Ankauf eines Wechsels durch die Bank B) eigenständig und ohne Rücksprache bzw. Kenntnis mit ihr geregelt. Auch zwei Darlehen, die mit dem Verwendungszweck "G" N-Stadt versehen worden seien, habe ihr Ehemann selbst unterschrieben und bei der Y-bank N-Stadt aufgenommen. Sie und ihr verstorbener Ehemann hätten sich Anfang Juni 2002 getrennt und seien aus dem gemeinsam angemieteten Haus in der L- Straße in getrennte Wohnungen gezogen. Ihr Ehemann habe seit diesem Zeitpunkt neben der Kneipe gewohnt. Auch eine kurzfristige Versöhnung im Jahr 2003 habe eine endgültige Trennung nicht verhindern können. Sämtliche Schreiben des Finanzamtes seien daher von ihr an ihren Mann ungeöffnet weitergeleitet worden. Die jetzt von ihr vorgelegten Unterlagen der "G" habe ihr Sohn, Herr S, im Zusammenhang mit der Räumung der Gaststätte vorgefunden. Nach dem Tod ihres Mannes habe die Gaststätte besenrein hinterlassen werden müssen. In diesem Zusammenhang habe ihr Sohn einen Ordner mit Verträgen, diversen Schriftstücken und einigen aktuellen Rechnungen vorgefunden und an sich genommen. Nur diese Unterlagen lägen ihr in Bezug auf die Kneipe vor. Die Räumung der Kneipe sei auch nicht von ihr als "Unternehmerin" angeordnet worden. Nach dem Selbstmord ihres Ehemannes sei sie nicht in der Lage gewesen, "unternehmerische" Entscheidungen zu treffen. Sie sei wegen eines Schockzustandes in ärztlicher Behandlung gewesen. Vielmehr habe ihr Sohn, der auch regelmäßig in der Gaststätte "G" ausgeholfen habe, die Gaststätte nach Rücksprache mit der Brauerei in Eigenregie geräumt.

Die Klägerin beantragt,

1. den Bescheid über die gesonderte Gewinnfeststellung 2001 vom 24. Juli 2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2004 aufzuheben.

2. hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist weiterhin der Auffassung, dass auf Grund der in der Einspruchsentscheidung dargelegten Umstände die Unternehmereigenschaft der Klägerin feststehe. Ergänzend weist er daraufhin, dass aus den Einnahmen-/Überschussrechnungen für 1998 und 1999 hervorginge, dass auch Personalkosten angefallenen seien. Für die Jahre 1996 bis einschließlich 1999 seien von der Klägerin auch Lohnsteuervoranmeldungen abgegeben worden. Im Übrigen könne es nicht zutreffend sein, dass sämtliche Schreiben des Finanzamtes ungeöffnet an den Ehemann weitergeleitet worden seien, da die Klägerin selbst auch Einspruchsschreiben verfasst und unterschrieben habe. Auch die Abläufe im Zusammenhang mit der Räumung der Kneipe würden es nahe legen, dass die Klägerin unternehmerisch tätig geworden sei. Denn es sei schwer vorstellbar, dass der gemeinsame Sohn ohne entsprechenden Auftrag durch die Klägerin die Gaststätte ausgeräumt habe und die entsprechenden Unterlagen an sich genommen und an die Klägerin weitergeleitete habe.

Mit Schreiben des Amtsgerichts N-Stadt vom 17. März 2005 wurde mitgeteilt, dass durch Erbschein ausgewiesene Erben des verstobenen Herrn O nicht vorhanden seien und die als gesetzliche Erben in Betracht kommenden Angehörigen, soweit bekannt, alle das Erbe ausgeschlagen hätten.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Bescheid über die gesonderte Gewinnfeststellung 2001 vom 24. Juli 2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2004 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Er war daher aufzuheben.

Die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann waren im Streitjahr Mitunternehmer der Gaststätte "G". Der Gewinn dieser Mitunternehmerschaft war gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 a der Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 179 Abs. 2 Satz 2 AO einheitlich und gesondert festzustellen und der Klägerin der auf sie entfallende Anteil zuzurechnen. Die angefochtene (lediglich) gesonderte Feststellung gegenüber der Klägerin erfolgte daher unter Nichtbeachtung des § 179 Abs. 2 Satz 2 AO.

Die Ergebnisse einer gewerblichen Betätigung werden dem Unternehmer als dem steuerlichen Träger des Unternehmens zugerechnet (vgl. BFH-Urteil vom 24. September 1991 VIII R 349/83, BFHE 166, 124, BStBl II 1992, 330, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C. III. 6. a aa). Das ist diejenige Person, die gemäß § 15 Abs. 2 EStG selbstständig und nachhaltig in der Absicht der Gewinnerzielung tätig wird. Für die subjektive Zurechnung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb kommt es weder auf die von den Beteiligten ausdrücklich gewählte Bezeichnung ihrer Rechtsbeziehungen (vgl. BFH-Beschluss vom 2. September 1985 IV B 51/85, BFHE 144, 432, BStBl II 1986, 10) noch auf den nach außen durch Handelsregistereintragung oder gewerbepolizeiliche Anmeldung gesetzten Rechtsschein an (vgl. BFH-Urteil vom 4. November 2004 III R 21/02, BFHE 207, 321, BStBl II 2005, 168 mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung des BFH). (Mit-)Unternehmer i.S. des § 15 EStG ist vielmehr, wer (Mit-)Unternehmerinitiative entfalten kann und (Mit-)Unternehmerrisiko trägt (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616); das ist diejenige Person, nach deren Willen und auf deren Rechnung und Gefahr das Unternehmen in der Weise geführt wird, dass sich der Erfolg oder Misserfolg in ihrem Vermögen unmittelbar niederschlägt (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751; BFH-Urteil vom 24. September 1991 VII R 349/83, BFHE 166, 124, BStBl II 1992, 330).

(Mit-)Unternehmerinitiative bedeutet dabei vor allem Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen, wie sie Gesellschaftern oder diesen vergleichbaren Personen obliegen. Die Möglichkeit, Gesellschaftsrechte auszuüben, die den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem Handelsgesetzbuch zustehen oder die den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechen, reicht bereits aus.

(Mit-)Unternehmerrisiko trägt, wer (gesellschaftsrechtlich) am Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens teilhat. Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Gesellschaftsvermögens einschließlich des Geschäftswerts vermittelt. Wer nicht am laufenden Gewinn oder am Gesamtgewinn der Gesellschaft beteiligt ist, ist nicht Mitunternehmer (z.B. BFH-Urteil vom 28. Oktober 1999 VIII R 66-70/97, BFHE 190, 204, BStBl II 2000, 183, m. w. N.).

Die Merkmale der (Mit-)Unternehmerinitiative und des (Mit-)Unternehmerrisikos können im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein (vgl. BFH-Urteil vom 1. August 1996 VIII R 12/94, BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272). Sie müssen jedoch beide vorliegen. Ob dies zutrifft, ist unter Berücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751).

Hiervon ausgehend hat die Klägerin mit ihrem Ehemann im Streitjahr 2001 die Gaststätte in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - GbR - betrieben. Eine GbR gemäß § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - setzt nur voraus, dass sich mehrere Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks vertraglich zusammenschließen und sich gegenseitig verpflichten, diesen durch ihre Beiträge zu fördern. Eine nach außen nicht in Erscheinung tretende und nicht über Gesamthandsvermögen verfügende Innengesellschaft genügt. Dabei kann eine GbR durch schlüssiges Handeln zustande kommen, wenn sich ein entsprechender Verpflichtungswille feststellen lässt (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1997 VIII R 32/90, BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480, 482 f.).

Die Klägerin und ihr Ehemann haben durch schlüssiges Handeln eine GbR begründet. Ihr gemeinsames Ziel war der Weiterbetrieb der Gaststätte im Jahr 1996, nachdem dem Ehemann die Konzession entzogen worden war. Zu diesem Ziel sollte jeder der beiden Entscheidendes beitragen: Die Klägerin sicherte durch ihre Gewerbeanmeldung und die gegenüber dem Beklagten abgegebene Unternehmererklärung vom Januar 1997 zunächst den äußeren Rahmen und damit den Fortbestand des Gewerbes. Der Kläger leistete (weiterhin) seine aktive Arbeit in der Gaststätte.

Die Klägerin und ihr Ehemann erfüllten beide auch die Tatbestandsmerkmale der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos.

Entgegen ihrer Auffassung hat auch die Klägerin Mitunternehmerinitiative entfaltet und Mitunternehmerrisiko getragen. Die Mitunternehmerinitiative der Klägerin ergibt sich im Streitfall daraus, dass sie durch den Beitritt zum Pachtvertrag gegenüber dem Verpächter der Gaststätte zum Ausdruck gebracht hat, dass sie als (Mit-)Inhaberin des Unternehmens durch Übernahme "aller Rechte und Pflichten" aus diesem Vertrag auch zivilrechtlich einstehen wollte. Ob sie als Mitinhaberin die ihr zustehenden Entscheidungs- und Kontrollrechte gegenüber ihrem Ehemann tatsächlich ausgeübt hat, ist unbeachtlich. Zumindest hing es auch von ihrer Mitentscheidung ab, ob das Gewerbe weiter betrieben wurde. Da sie das Gewerbe angemeldet hatte, hatte sie jederzeit die Möglichkeit, den Betrieb der Gaststätte durch Abmeldung des Gewerbes zur Einstellung zu bringen und dem Unternehmen die rechtliche Grundlage zu entziehen. Durch diese Möglichkeit zur Unternehmensbeendigung hatte sie im Innenverhältnis zumindest auch "das Sagen". Im Rechtsverkehr nach außen ist sie gegenüber der Gewerbeaufsicht (Gewerbeanmeldung) und den Finanzbehörden (Unternehmererklärung sowie Feststellungs- und Umsatzsteuererklärungen) als (Allein-)Inhaberin des Unternehmens aufgetreten und dies nicht nur "zum Schein", da anderenfalls das Unternehmen nicht hätte geführt werden dürfen (vgl. Reiß, in: Kirchhof, EStG 5. Aufl. 2005, § 15 Rn. 151).

Das Mitunternehmerrisiko der Klägerin ergibt sich bereits daraus, dass sie auf Bitten ihres Ehemannes und wie sie selbst ausgeführt hat, "zur Sicherung des Familieneinkommens" das Gewerbe angemeldet hat. Ihr standen damit - entsprechend der nach Kopfteilen zu verteilenden Gewinne bzw. Verluste der BGB-Gesellschaft - die Ergebnisse aus dem Betrieb der Gaststätte zu. Anhaltspunkte dafür, dass das der Klägerin aus der Gaststätte zufließende Einkommen lediglich Einkommensverwendung des Ehemannes für die Familie darstellen könnte, bestehen nicht. Im Übrigen war sie alleine durch den Beitritt zum Pachtvertrag eventuellen Ansprüchen des Verpächters aus diesem Vertrag ausgesetzt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Verpächter ihr gegenüber auch tatsächlich Ansprüche geltend gemacht hat oder sich nur - wie nach ihrem Vortrag bislang geschehen - an den Ehemann gehalten hat. Eine verbindliche Absprache dahingehend, dass sie im Innenverhältnis von ihrer Haftung aus diesem Vertrag freigestellt worden ist, kann nicht festgestellt werden. Der Vortrag der Klägerin, ihr sei gesagt worden, dass sie mit der Kneipe "ansonsten" (gemeint sein soll offensichtlich neben den von ihr geleisteten Unterschriften) nichts zu tun haben würde, reicht nicht aus, einen verbindlichen und damit durchsetzbaren Freistellungsanspruch der Klägerin im Innenverhältnis nachzuweisen. Die Gesamtumstände reichen daher nach Auffassung des Senats für die Annahme eines Mitunternehmerrisikos der Klägerin aus.

Soweit nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung trotz Bestehens eines Haftungsrisikos eine Mitunternehmerschaft ausnahmsweise dann nicht gegeben sein soll, wenn die getätigten Geschäftsabschlüsse - entschieden für eine Handelsvertretung - u. a. nur ein geringes Risiko bergen (vgl. BFH-Urteil vom 4. November 2004 III R 21/02, BFHE 207, 321, BStBl II 2005, 168), ist diese Ausnahmesituation hier nicht gegeben. Denn durch den Beitritt der Klägerin zum Pachtvertrag als der zentralen Vertragsgrundlage einer Gastwirtschaft ergab sich aus der gesamtschuldnerischen Haftung der Klägerin für sie ein wirtschaftliches Risiko zumindest hinsichtlich der monatlichen Pachtzinszahlung. Dieses Risiko kann angesichts einer monatlichen Pacht in Höhe von 1.610 DM nicht als gering angesehen werden.

Die Mitunternehmerschaft des Ehemanns der Klägerin liegt auf der Hand. Dies ergibt sich bereits daraus, dass er, wie die Klägerin umfangreich und nachvollziehbar dargelegt hat, die laufenden unternehmerischen Entscheidungen selbst traf (Einkauf, Verkauf, Geldgeschäfte etc.) und somit Unternehmerinitiative hatte. Daneben war er auch an den Erträgen der Gaststätte beteiligt und war Vertragspartner des Verpächters; er trug somit ein Unternehmerrisiko. Anhaltspunkte dafür, dass der Ehemann Angestellter eines Einzelunternehmens der Klägerin gewesen sein könnte, bestehen daher ersichtlich nicht.

Folge der Mitunternehmerschaft ist, dass die Einkünfte des Streitjahres für beide Mitunternehmer einheitlich und gesondert hätten festgestellt werden müssen. Im vorliegenden Verfahren gegen einen lediglich gegenüber einem Mitunternehmer erlassenen Feststellungsbescheid wäre der andere Mitunternehmer oder dessen Rechtsnachfolger beizuladen. Da nach dem Tod des Ehemannes der Klägerin alle in Betracht kommenden Erben das Erbe ausgeschlagen haben, konnte eine Beiladung nicht erfolgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 1.Juli 2003 (VIII R 61/02, BFH/NV 2004, 27) sowie die nach Zurückverweisung ergangene Entscheidung des FG Köln (Urteil vom 22. Januar 2004, 10 K 5152/03, DStRE 2004, 1458, Revision eingelegt Az: VIII R 21/04) zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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