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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.09.2006
Aktenzeichen: 11 K 4804/05 F
Rechtsgebiete: EStDV 2000, EStG


Vorschriften:

EStDV 2000 § 29 Abs. 1 EStDV
EStG § 10 Abs. 2 S. 2 lit. a
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6
EStG § 9
EStG § 17 Abs. 2
EStG § 17 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht die Steuerpflicht von Zinsen aus einer Kapitallebensversicherung bei der L-AG festgestellt hat.

Der Beklagte erhielt im Februar 2004 eine Anzeige der L-AG gemäß § 29 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) in der u. a. mitgeteilt wurde, dass der Versicherungsvertrag mit einem Nennbetrag/Auszahlungsbetrag in Höhe von 18.900 € und der Versicherungsnummer...zur Darlehenstilgung diene. Auf Anfrage des Beklagten teilte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, mit, dass die Darlehensmittel für eine Kapitaleinlage in die S-GmbH in E-Stadt verwendet worden seien.

Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht für Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 2. Juni 2004 stellte der Beklagte fest, dass die außerrechnungsmäßigen und die rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zu der Versicherung bei der L-AG mit der Nummer...enthaltenen Sparanteilen im Zeitpunkt ihrer Verrechnung oder Auszahlung insgesamt einkommensteuerpflichtig seien. Begründet wurde das damit, dass die Ansprüche aus der Lebensversicherung für eine Kapitaleinlage in die S-GmbH verwandt worden seien.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten am 6. Juli 2004 Einspruch ein. Begründet wurde der Einspruch damit, dass die Abtretung der Lebensversicherung nur wenige Monate vor deren Ablauf, also innerhalb der Dreijahresfrist erfolgt sei. Zum Nachweis dieser Behauptung reichte der Kläger eine Versicherungsübersicht der V-Versicherung ein, aus der sich ergibt, dass der Vertrag...am 2. April 2004 ablief.

Auf Grund einer Aufforderung des Beklagten erläuterte der Kläger, dass "die Gelder aus der Lebensversicherung" für die Bildung einer Kapitalrücklage in der Gesellschaft S-GmbH verwendet worden seien. Zum Nachweis reichte er eine Kopie eines Gesellschafterbeschlusses der S-GmbH vom 11. November 2003 ein, aus dem sich ergibt, dass er mit Geschäftsanteilen von nominal 25.000 € der alleinige Gesellschafter dieser GmbH ist.

Ferner trug er vor, dass in der Buchführung der GmbH zum 11. November 2003 eine Zusage über weitere Rücklagen als "Forderung gegen Gesellschafter" mit einem Betrag von 76.000 € eingebucht worden sei, die dann auf dem Konto 844 (Kapitalrücklage) zusammen mit einer weiteren Kapitalrücklage in Höhe von 118.000 € eine Gesamtkapitalrücklage in Höhe von 194.000 € ergeben habe. Die dafür notwendigen Gelder seien auf dem Konto 840 (Kapitalrücklage) gesammelt worden. Auf dem Konto "Kapitalrücklage" seien am 14. Januar 2004 ein Haben-Saldo von 12.000 €, am 21. Januar 2004 ein Haben-Saldo von 17.600 €, am 5. Februar 2004 ein Haben-Saldo von 19.000 € und am 23. März 2004 zwei Beträge in Höhe von 26.560,92 € und 16.729,03 € gebucht worden. Im Jahr 2004 sei das Konto 1508 (Forderungen gegen Gesellschafter) aufgelöst und die auf dem Konto 840 (Kapitalrücklage) gesammelten 91.889,95 € gegengebucht worden. Wegen der Einzelheiten der Buchungen wird auf die in der Akte des Beklagten abgehefteten Buchungsunterlagen Bezug genommen.

Ergänzend legte der Kläger außerdem dar, dass zur Beseitigung der nominellen Überschuldung der GmbH am 11. November 2003 beschlossen worden sei, Kapitalrücklagen in Höhe von 118.000 € durch die Umwandlung werthaltiger Darlehen und in Höhe von 76.000 € durch einen weiteren Liquiditätszufluss zu bilden. Diese Sanierungsmaßnahmen seien notwendig gewesen, um insbesondere Mietverbindlichkeiten gegenüber Frau H, die Eigentümerin des von der GmbH genutzten Grundstücks M-straße in E-Stadt sei, teilweise zu tilgen. Bereits am 30. Oktober 2003 sei gegenüber dem Mitarbeiter der Sparkasse F, Herrn O, eine Zusage abgegeben worden, Darlehen der Frau H zu tilgen. Ein Teil der Refinanzierung sollte u. a. durch die zum 1. April 2004 frei werdende Lebensversicherung erfolgen. Auf Drängen der Sparkasse sei dann die Beleihung der Versicherung und eine Auszahlung des Darlehens in Angriff genommen worden. Die Darlehensmittel seien auf sein Girokonto bei der Sparkasse F geflossen. Das Girokonto sei nur mit ca. 0,5 % verzinst worden, während das Darlehen mit 6,5 % zu verzinsen gewesen sei. Die Darlehensmittel hätten ihm ausschließlich für den zugesagten Zweck zu Verfügung gestanden. Für das Darlehenskonto der Frau H habe er bereits 1996 eine Bürgschaft in Höhe von 1,3 Mio. DM übernommen. Ebenso habe er für Schulden der GmbH in Höhe von 307.000 € gebürgt. Er habe somit gegenüber der Sparkasse F Verbindlichkeiten gehabt, die den Wert des Policendarlehens weit überstiegen.

Der Kläger vertrat die Ansicht, dass es sich im Streitfall um eine Erhöhung der Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes GmbH-Anteil an der S- GmbH handele und somit die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a Einkommensteuergesetz (EStG) eingreife.

Mit Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2005 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung der Einspruchsentscheidung berief sich der Beklagte darauf, dass die Finanzierungskosten des mit der zu beurteilenden Lebensversicherung abgesicherten Darlehens Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellten. Mangels Unmittelbarkeit zwischen der Darlehensauszahlung und der Bezahlung eines sogenannten begünstigten Wirtschaftsgutes greife der Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG nicht ein. Zwar wäre die Verwendung der Lebensversicherung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG nicht steuerschädlich, wenn das Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut gedient hätte, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung sei. Unmittelbarkeit im Sinne dieser Regelung bedeute nach der im BMF-Schreiben vom 15. Juni 2000, BStBl I 2000, 1118 Tz. 53 dokumentierten Auffassung der Finanzverwaltung aber, dass eine Überweisung der Darlehensmittel auf ein Konto des Darlehensnehmers nur dann unschädlich sei, wenn zwischen der Überweisung der Darlehensmittel auf das Konto und der Abbuchung zur Bezahlung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten nur ein Zeitraum von nicht mehr als 30 Tagen liege. Im Streitfall seien die Darlehensmittel am 8. Dezember 2003 auf das Darlehenskonto des Klägers überwiesen und erst am 5. Februar 2004 abgebucht worden. Ohne Bedeutung sei, ob das Darlehen wegen einer Gesamtplanvereinbarung oder entsprechender Vertragsbestimmungen ausschließlich für einen begünstigten Zweck verwendet werden dürfe. Außerdem dürfe die Verwendung des Darlehens zwischen der Auszahlung auf das Girokonto des Darlehensnehmers und der Bezahlung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten nicht zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten geführt haben.

Der Kläger hat am 22. November 2005 Klage erhoben.

Zur Begründung seiner Klage wiederholt der Kläger sein Vorbringen im Einspruchsverfahren. Ergänzend weist er darauf hin, dass die Darlehenssumme in Höhe von 18.900 € am 9. Dezember 2003 auf sein Konto bei der Stadtsparkasse F geflossen sei. Er habe am 9. Dezember 2003 von der V-Versicherung zwei Darlehen in Höhe von 14.200 € und 18.900 € erhalten. Die Darlehensbeträge seien seinem Konto bei der Stadtsparkasse F am 9. Dezember 2003 gutgeschrieben worden. Von diesem Konto seien am 14. Januar 2004 12.000 € und am 22. Januar 2004 17.600 € an die GmbH für die Kapitalrücklage überwiesen worden. Die tatsächliche Verweildauer der Darlehensbeträge auf dem privaten Girokonto habe somit nur 35 bzw. 43 Tage betragen. Eine Umbuchung auf ein Festgeldkonto sei nicht erfolgt.

Nach Aufforderung durch den Berichterstatter reichte der Kläger Kopien der Kontoauszüge für das Konto Nr. 30138964 bei der Sparkasse F für den Zeitraum vom 9. Dezember 2003 bis zum 22. Januar 2004 ein. Wegen der Einzelheiten dieser Kontoauszüge wird auf Blatt 72 ff. der FG-Akte Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 2. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2005 aufzuheben,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung seines Antrags beruft sich der Beklagte darauf, dass die reine Zeitdauer der Zwischenverwendung des Darlehensbetrages von mehr als 30 Tagen eine unmittelbare Verwendung im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG ausschließe.

Da das mit der Lebensversicherung abgesicherte Darlehen des Klägers letztlich unstreitig der Finanzierung einer Kapitalrücklage gedient habe, seien die entsprechenden Finanzierungskosten Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, mit der Folge, dass die Lebensversicherungsbeträge steuerschädlich im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG verwendet worden seien. Nur die Regelungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a - c EStG ermöglichten trotz dieser generell steuerschädlichen Verwendung die Steuerfreiheit der Zinsen aus der Lebensversicherung. Eine solche Ausnahme gelte gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG für den Fall, dass das Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes gedient habe, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung sei. Unmittelbar bedeute nach der Regelung des BMF-Schreibens vom 15. Juni 2000, BStBl. I 2000, 1118 Tz. 53 "nicht mehr als 30 Tage". Diese Regelung habe die Finanzverwaltung eingeführt, da eine wortlautgemäße Gesetzesauslegung zur Folge habe, dass bei der üblichen Zahlungsabwicklung bei Bauvorhaben für die Zinsen aus Lebensversicherungen regelmäßig eine Steuerpflicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG einträte. Auch das Finanzgericht Nürnberg habe in seinem Urteil vom 14. April 1983, EFG 1983, 601 nur einen Zeitraum von einem Monat als steuerunschädlich angesehen.

Zwar lasse der BFH bislang ausdrücklich offen, ob er der Auffassung des BMF folgen könne (BFH-Urteil vom 13. Juli 2004 VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184). Selbst wenn jedoch im Streitfall entgegen der eindeutigen Aussage des Gesetzestextes sowie der Anweisung im BMF-Schreiben eine wortlautkorrigierende Auslegung zu erfolgen habe, so würde eine steuerunschädliche Verwendung des Darlehensbetrags nur dann in Betracht kommen, "wenn nur in Folge einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung eine Auszahlung auf das Girokonto des Klägers und unmittelbare Einzahlung in die Kapitalrücklage notwendig gewesen wäre". Im Streitfall sei jedoch nicht erkennbar, warum die am 11. November 2003 beschlossene Kapitalrücklage erst nahezu zwei Monate später erfüllt worden sei.

Gründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu Recht festgestellt.

Gemäß § 9 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO wird die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG aus den in den Versicherungsbeiträgen enthaltenen Sparanteilen gesondert festgestellt, wenn für die Beiträge zur Versicherung auf den Erlebens- oder Todesfall die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt sind. Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG können Beiträge zu einer Kapitallebensversicherung nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag der Tilgung oder Sicherung eines Darlehens dienen, dessen Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.

Von diesem Grundsatz gibt es drei Ausnahmen: Das Darlehen dient unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes, welches dauerhaft zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist, und die ganz oder zum Teil zur Tilgung oder zur Sicherung verwendeten Ansprüche aus Versicherungsverträgen übersteigen nicht die mit dem Darlehen finanzierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten; dabei ist es unbeachtlich, wenn diese Voraussetzungen bei Darlehen oder bei zur Tilgung oder Sicherung verwendeten Ansprüchen aus Versicherungsverträgen jeweils insgesamt für einen Teilbetrag bis zu 2.556 € nicht erfüllt sind (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG). Weitere Ausnahmen gelten für Direktversicherungen (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b EStG) und für den Fall, dass die Ansprüche aus Versicherungsverträgen nicht länger als drei Jahre der Sicherung betrieblich veranlasster Darlehen dienen (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG).

Im Streitfall dienten die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag der Tilgung eines Darlehens, dessen Finanzierungskosten zumindest zum Teil Werbungskosten des Klägers bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen waren.

Der Kläger hat die Darlehensmittel in Höhe von 18.900 € wirtschaftlich für eine Kapitalrücklage in der S-GmbH verwandt, deren Alleingesellschafter er war. Zwar ist der Darlehensbetrag erst auf ein privates Girokonto geflossen und somit nicht steuerschädlich verwandt worden. Von diesem Girokonto sind zwei Beträge in Höhe von 12.000 € und 17.600 € jedoch mehr als einen Monat später an die GmbH überwiesen worden. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung sind die Darlehensmittel zumindest zum Teil für die Einlage verwandt worden.

Finanzierungskosten für eine im Privatvermögen gehaltene wesentliche Beteiligung sind Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Denn Aufwendungen eines wesentlich Beteiligten im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, sind nur dann Anschaffungskosten der Beteiligung im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG, wenn es sich nicht um Veräußerungskosten gemäß § 17 Abs. 2 EStG oder um Werbungskosten im Sinne des § 9 EStG handelt. Da die Finanzierungskosten zum Erwerb einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung mit den durch diese Beteiligung erzielten Einkünften aus Kapitalvermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind sie gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 und 3 Nr. 1 EStG Werbungskosten. Das Gleiche gilt für Finanzierungskosten im Zusammenhang mit nachträglichen Aufwendungen für die Beteiligung wie die Einlage des Klägers (vgl. Finanzgericht Köln, Urteil vom 30. März 2004 8 K 2807/99, EFG 2004, 1289 m. w. N.).

Die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen der zur Darlehenstilgung verwandten Lebensversicherung wären gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG somit nur steuerfrei, wenn das Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung der Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung diente.

Da das Darlehen nicht direkt an die S-GmbH, sondern auf ein privates Girokonto des Klägers gezahlt wurde, wurde der Darlehensbetrag zunächst zur Begründung einer Forderung des Klägers gegenüber seiner Bank verwandt. Bei einem wortlautgemäßen Gesetzesverständnis hat das Darlehen damit unmittelbar zur Begründung einer Forderung und erst danach zur Finanzierung der Anschaffungskosten gedient, so dass eine steuerschädliche Verwendung vorliegt. Das wortlautgemäße Gesetzesverständnis hat zur Folge, dass bei der üblichen Zahlungsabwicklung regelmäßig eine Steuerpflicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG eintritt. Dieses Ergebnis geht über den Gesetzeszweck hinaus, denn die Bundesregierung wollte mit der Einführung des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG bestimmten steuersparenden Finanzierungsmodellen den Boden entziehen (vgl. BT-Drs. 12/1108, S. 55). Bei der Auszahlung eines Darlehens, das für die Anschaffung eines Wirtschaftsgutes verwandt werden soll, auf ein Bankkonto handelt es sich nicht um ein steuersparendes Finanzierungsmodell, sondern um einen üblichen Zahlungsweg.

Deshalb ist § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG nach Ansicht des Senats so auszulegen, dass die zwischenzeitliche Begründung einer Forderung durch das mit der Lebensversicherung abgesicherte Darlehen unschädlich ist, wenn die Forderung lediglich ein notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 13. Juli 2004 VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184). Bei der Beurteilung, wann die Begründung eines Anspruchs gegen die Bank lediglich ein notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung ist, ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber durch die Verwendung des Begriffes "unmittelbar" einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der Auszahlung des Darlehens und der Anschaffung bzw. Herstellung des Wirtschaftsgutes gefordert hat (vgl. Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rdnr. P 108; Lindberg in Schwarz, EStG, § 10 Tz. 195). Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass dann, wenn Darlehensmittel im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG zunächst auf ein Konto des Darlehensnehmers überwiesen werden und die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eines begünstigten Wirtschaftsgutes erst nach mehr als 30 Tagen von diesem Konto bezahlt werden, eine steuerschädliche Verwendung der Lebensversicherung vorliegt (vgl. Schreiben des Bundesministerium der Finanzen vom 15. Juni 2000 IV C 4-S 2221-86/00, BStBl I 2000, 1118, Tz. 53). Der BFH hat offen gelassen, ob er dieser Auffassung folgen könnte (vgl. BFH-Urteil vom 13. Juli 2004 VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184).

Der Senat ist der Auffassung, dass im Streitfall bei einer Verweildauer des Darlehensbetrages auf dem privaten Girokonto von 35 bzw. 43 Tagen ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Auszahlung des Darlehens und der Anschaffung des Wirtschaftsgutes nicht mehr bestand. Ob ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Auszahlung des Darlehens und der Anschaffung bzw. Herstellung des Wirtschaftsgutes besteht, ist daran zu messen, ob die Verweildauer des Darlehensbetrages auf dem privaten Girokonto im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung notwendig war. Dies wird bei einer Verweildauer von mehr als 30 Tagen kaum jemals der Fall sein. Im Streitfall wurde vom Kläger kein Grund dafür vorgetragen, dass die Verweildauer des Darlehensbetrages auf dem privaten Girokonto von 35 bzw. 43 Tagen wirtschaftlich sinnvoll war, und auch der Senat vermochte einen derartigen Grund nicht zu erkennen.

Der Senat verkennt nicht, dass der die Nachversteuerung auslösende Tatbestand, die Nutzung des Darlehensbetrages für eine Einlage mit der Folge, dass die Finanzierungskosten Werbungskosten sind, wie oben bereits dargelegt, auch nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar verwirklicht wurde. Für die Beurteilung von Aufwendungen als Werbungskosten reicht es jedoch aus, dass die Aufwendungen durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind (vgl. Drenseck in Schmidt, EStG, 25. Aufl., § 9 Tz 7 m. N.). Für die steuerunschädliche Verwendung der Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag gilt dies, wie oben bereits dargelegt, jedoch nicht.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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