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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.08.2008
Aktenzeichen: 12 K 1083/04 E
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 16 Abs. 1 Nr. 1
EStG a.F. (1925) § 30 Abs. 1 Nr. 1
AO § 88
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

12 K 1083/04 E

Tenor:

Die Einkommensteuer der Kläger ist für 1996 ohne einen Gewinn für die Veräußerung von Anteilen an der "F" GmbH festzusetzen. Die Berechnung der entsprechenden Einkommensteuer übernimmt das beklagte Finanzamt.

Das beklagte Finanzamt trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Zwischen Herrn "B" und dem beklagten Finanzamt war beim Finanzgericht (FG) Düsseldorf zu 8 K 3950/00 E die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung sog. einbringungsgeborener Anteile streitig. Über die Klage wurde mit auf die mündliche Verhandlung vom 7.11.2002 ergangenem Urteil entschieden - die Klage hatte größtenteils keinen Erfolg, die gegen das Urteil gerichtete Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision wie des Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 22.5.2003 (I B 211/02) zurück.

Im Urteil des 8. Senats heißt es im Wesentlichen:

... Die Brüder "C" und "D"- Großonkel und Großvater des Klägers - waren die alleinigen und persönlich unbeschränkt haftenden Gesellschafter der Fa. "E" Kom.Ges.. Durch Gesellschaftsvertrag vom 28.03.1935 gründeten sie zur Fortführung des Handelsgeschäftes der Kom.Ges. die Fa. "F" GmbH, ebenfalls mit Sitz in "G". Das Stammkapital betrug 200.000 Reichsmark (RM). In Anrechnung auf das Stammkapital wurde das bisherige Handelsgeschäft mit Aktiven und Passiven in die Gesellschaft eingebracht, und zwar - so der Gesellschaftsvertrag - "zum Bilanzwert vom 31.12.1934" mit 388.299,68 RM.

Am 22.06.1942 beschloss die Gesellschafterversammlung, das Stammkapital um 1 Mio. RM auf 1.200.000 RM zu erhöhen.

Zum 21.06.1948 erstellte die GmbH eine DM-Eröffnungsbilanz. Ausweislich des Berichtes der Geschäftsführung ergab die Gegenüberstellung der Aktiven und Passiven ein Vermögen von 3.505.063,02 DM gegenüber einem Vermögen lt. RM-Schlussbilanz von 2.973.494,07 RM, sodass sich das Reinvermögen um 531.568,95 M erhöht habe.

In der Folgezeit fanden verschiedene erb- und eherechtliche Auseinandersetzungen, familiäre Schenkungen und entgeltliche Übertragungen statt; außerdem wurde im Jahr 1974 das Kapital aus Gesellschaftsmitteln auf 30 Mio. DM und im Jahr 1990 auf 50 Mio. DM erhöht.

Der Kläger war seit 11.12.1995 zu einem nominellen Anteil von ... DM (... %) an der GmbH beteiligt.

Mit notariellem Vertrag vom 31.01.1996 wurden sämtliche GmbH-Anteile im Nennbetrag von 50 Mio. DM zum Preis von 100 Mio. DM veräußert. Auf den Kläger entfielen von dem Veräußerungserlös ..., d.s. ... DM.

In der Einkommensteuererklärung 1996 erwähnte der Kläger die Veräußerung der Anteile nicht; entsprechend setzte der Beklagte in dem Einkommensteuerbescheid 1996 vom 02.02.1998 keinen Veräußerungsgewinn an.

Nachdem die Konzern-Betriebsprüfung anlässlich einer Prüfung bei der GmbH dem Beklagten die Anteilsveräußerung mitgeteilt hatte, erließ dieser am 17.12.1999 einen auf § 173 der Abgabenordnung (AO) gestützten Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 1996, in dem er einen Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile i.H.v. ... DM als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfasste.

Es handele sich um eine Veräußerung sog. einbringungsgeborener Anteile entsprechend § 21 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG), die zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn gem. §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geführt habe. Der Beklagte berechnete den Veräußerungsgewinn wie folgt: ...

Der Einspruch hatte nur teilweise Erfolg.

Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger macht geltend, der Änderungsbescheid sei verfahrensrechtlich und materiellrechtlich rechtswidrig. Er begründet die Klage im Wesentlichen wie folgt:

Die angefochtene Steuerfestsetzung verstoße bereits gegen das Verfahrens-recht. Die Voraussetzungen einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO seien nicht erfüllt, da es an einer neuen Tatsache fehle. Der Beklagte habe die im Streitjahr erfolgte Veräußerung bereits bei der erstmaligen Einkommensteuer-Veranlagung 1996 gekannt oder zumindest kennen müssen. Insoweit seien ihm die Kenntnisse sowohl der Betriebsprüfung zuzurechnen, die schon Anfang 1996 im Rahmen einer Prüfung der Veranlagungszeiträume 1991 bis 1993 von der Veräußerung erfahren habe, als auch der Körperschaftsteuerstelle, die die Veräußerung aus der Körperschaftsteuererklärung 1996 habe schlussfolgern können, die nämlich die neuen Anteilseigner ausgewiesen habe. Außerdem hätten die zuständigen Finanzbeamten die Veräußerung auch der lokalen Presse entnehmen können, da das Geschäft auf Grund des hohen Bekanntheitsgrades der "F" GmbH im besonderen öffentlichen Interesse gestanden habe.

Darüber hinaus vertritt der Kläger die Ansicht, für die Besteuerung des Veräußerungsgewinns fehle es an einer Rechtsgrundlage. Eine unmittelbare Anwendung des § 21 UmwStG sei ausgeschlossen, da das Gesetz erst 1969, d.h. lange Zeit nach dem Einbringungsvorgang im Jahr 1935, in Kraft getreten sei. Eine analoge Anwendung der Vorschrift komme nicht in Betracht. Das UmwStG enthalte in seinen jeweiligen Fassungen ausdrückliche Regelungen, dass es erst für künftige Einbringungsvorgänge gelte; dies schließe eine rückwirkende Anwendung aus.

Die vom Beklagten vorgenommene Besteuerung des Veräußerungsgewinns könne auch nicht auf die Rechtsprechung gestützt werden. Denn im Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Einbringung habe noch der vom Reichsfinanzhof (RFH) mit Urteil vom 9.5.1933 VI A 434/30, RFHE 33, 276, aufgestellte Grundsatz gegolten, dass sich der Veräußerungsgewinn aus der Differenz zwischen dem Buchwert und dem tatsächlichen Wert der Personengesellschaft zum Zeitpunkt der Einbringung ergebe. Erstmals mit Urteil vom 29.3.1972 I R 43/69, Bundessteuerblatt (BStBl) II 1972, 537, habe der BFH davon abweichend entschieden, dass der Veräußerungsgewinn die Differenz zwischen Buchwert und Veräußerungserlös sei. Der Anwendung dieser fortgebildeten Rechtsprechung auf Einbringungssachverhalte vor dem Jahr 1972 ständen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot sowie der Grundsatz des Vertrauensschutzes entgegen.

Zudem macht der Kläger geltend, bei den veräußerten Anteilen handele es sich nicht um einbringungsgeborene Anteile.

Die Einbringung der bisherigen Kom.Ges. in die neu gegründete GmbH sei ausweislich des Gesellschaftsvertrages vom 28.03.1935 "zum Bilanzwert vom 31.12.1934" erfolgt. Die Formulierung "Bilanzwert" sei unscharf; sie schließe die Erfassung stiller Reserven nicht aus. Zudem sei offen, ob der Gesellschafterbeschluss in der steuerlichen Eröffnungsbilanz tatsächlich umgesetzt worden sei.

Jedenfalls stehe nicht fest, dass die veräußerten Anteile an der GmbH zum Zeitpunkt der Veräußerung immer noch einbringungsgeboren gewesen seien. Das DM-Bilanzgesetz vom 21.08.1949 habe es den Unternehmen auferlegt, eine besonderen Kriterien unterliegende Eröffnungsbilanz zu erstellen und das Kapital neu festzusetzen; der sich bei der Neubewertung möglicherweise ergebende Gewinn sei steuerbefreit gewesen. Die Zusammenschau von Regelungsziel und Regelungsgehalt dieses Gesetzes ergebe, dass die Neufestsetzung nicht als Kapitalerhöhung oder -herabsetzung betrachtet werden könne, sondern dass vielmehr eine neue Gesellschaft gegründet worden sei; damit hätten auch ehemals steuerverhaftete einbringungsgeborene Gesellschaftsanteile einer unverhafteten Neugründung unterlegen.

Zudem habe der Beklagte nicht den Nachweis erbracht, dass auch in der Folgezeit bis zur Veräußerung keine stillen Reserven aufgedeckt worden seien. Er - der Kläger - verfüge lediglich über Unterlagen aus der Zeit seit 1970; der Beklagte möge die Bilanzen nebst Erläuterungsberichten, Steuerbescheide und Bp-Berichte aus den früheren Zeiträumen vorlegen.

Der Kläger macht hilfsweise geltend, die Berechnung des Veräußerungsgewinns sei unzutreffend. Der Beklagte habe die Anschaffungskosten in zu geringer Höhe berücksichtigt. Die vom Beklagten hierzu angeführte Vorschrift des § 53 der Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV), die auf die endgültigen Höchstwerte der DM-Eröffnungsbilanz abstelle, gelte ausschließlich für Fälle des § 17 EStG und sei daher hier für die Veräußerung i.S.v. § 16 EStG nicht einschlägig. Zu Recht habe der Beklagte zwar die Anschaffungskosten mit einem Zuschlag von 25 % angesetzt; die gleichzeitige Abwertung auf 70 % sei jedoch nicht zutreffend.

...

Der Kläger beantragt,

den angefochtenen Änderungsbescheid ersatzlos aufzuheben,

hilfsweise, den angefochtenen Änderungsbescheid dahin zu ändern, dass der Veräußerungsgewinn lediglich unter Berücksichtigung der stillen Reserven der Fa. "F" GmbH am 31.12.1934 ermittelt werde,

hilfsweise, den angefochtenen Änderungsbescheid dahin abzuändern, dass bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns der Betrag eingestellt werde, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten 125 % des Wertes des Eigenkapitals der Gesellschaft am 21.06.1948 übersteige,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte hält an seiner bisherigen Auffassung fest. Er führt ergänzend im Wesentlichen Folgendes aus:

Die Tatsache der Veräußerung im Streitjahr 1996 sei sehr wohl "neu" i.S.v. § 173 AO gewesen. Abzustellen sei auf die Kenntnis der Personen, die innerhalb der Behörde dazu berufen seien, den betreffenden Steuerfall zu bearbeiten; maßgeblich sei damit die Kenntnis des Sachbearbeiters und des Sachgebietsleiters. Beiden seien mögliche Kenntnisse der Betriebsprüfungsstelle und des Körperschaftsteuerbezirkes nicht zuzurechnen. Ebenso sei aus Zeitungen erworbenes privates Wissen unschädlich.

Die Grundsätze des UmwStG seien auch für Gesellschaftsanteile maßgeblich, die schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 1969 entstanden seien. Denn einbringungsgeborene Anteile hätten schon nach der Rechtsprechung des RFH der Steuerverhaftung unterlegen; der BFH habe diese Grundsätze lediglich nochmals bestätigt. Eine Rückwirkung der Rechtsprechung liege daher nicht vor.

Die Formulierung im Gesellschaftsvertrag vom 28.03.1935, dass die Einbringung zum "Bilanzwert" vom 31.12.1934 erfolge, könne nur so verstanden werden, dass die Gesellschaft auf den Buchwert abgestellt habe.

Das Aufstellen der DM-Eröffnungsbilanz habe auf die Steuerverhaftung der Anteile keine Auswirkung gehabt, da es sich hierbei lediglich um eine Neubewertung der Wirtschaftsgüter in der neuen Währung, ohne Aufdeckung stiller Reserven, gehandelt habe.

Der Beklagte hält auch an seiner Berechnung der Anschaffungskosten fest. Die Regelung des § 53 EStDV sei jedenfalls entsprechend anzuwenden. Damit seien gem. § 3 Abs. 1 des Dritten DM-Bilanzergänzungsgesetzes höchstens 70 % der Werte der DM-Eröffnungsbilanz zulässig gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist überwiegend unbegründet.

...

Gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.

Nach dieser Vorschrift war der Beklagte zur Änderung der Einkommensteuerfestsetzung verpflichtet, da ihm nach Erlass des Erstbescheides am 02.02.1998 eine neue steuererhebliche Tatsache bekannt geworden ist. Der Beklagte hat erstmals durch Mitteilung der Konzernbetriebsprüfung im Mai 1999 von der Veräußerung der Anteile an der "F" GmbH erfahren.

Ob, wie der Kläger geltend macht, die Betriebsprüfungsstelle schon zum Zeitpunkt der Erstveranlagung von dem Vorgang gewusst hat, kann dahinstehen. Denn abzustellen ist auf die Kenntnis lediglich der Personen, die innerhalb der Finanzbehörde dazu berufen sind, den betreffenden Steuerfall zu bearbeiten, d.h. Vorsteher, Sachgebietsleiter und Sachbearbeiter. Das Wissen des Betriebsprüfers ist der Veranlagungsstelle nicht zuzurechnen; etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn - was hier aber nicht der Fall ist - die Tatsache im Betriebsprüfungsbericht erwähnt ist (Urteil des BFH vom 3.5.1991 V R 36/90, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH (BFH/NV) 1992, 221).

Ebenso ist unerheblich, ob im Haus des Beklagten die Körperschaftsteuererklärung bearbeitet worden ist, aus der wegen der Angabe der neuen Anteilseigner ein Rückschluss auf die Veräußerung 1996 möglich gewesen wäre. Denn die Veranlagungsstelle muss sich auch die Kenntnis der Körperschaftsteuerstelle nicht zurechnen lassen (Urteil des BFH vom 17.11.1998 VIII R 24/98, BStBl II 1999, 223).

Es ist ebenfalls nicht entscheidend, dass, wie der Kläger weiter vorträgt, der Veräußerungsvorgang der lokalen Presse zu entnehmen war und die GmbH in "G" einen hohen Bekanntheitsgrad hat. Denn bekannt sind allein diejenigen Tatsachen, die der zuständige Finanzbeamte in Ausübung seines Amtes erfährt. Rein privates Wissen des Beamten ist demgegenüber der Finanzbehörde nicht zuzurechnen. Nur soweit die Tatsachen im Rahmen des finanzbehördlichen Verfahrens bekannt geworden sind, ist es gerechtfertigt, der Bestandskraft Vorrang vor der Richtigkeit der Steuerveranlagung einzuordnen. Die private Sphäre des Finanzbeamten würde unzumutbar belastet, wenn man ihm zur Pflicht machen würde, privates Wissen dienstlich zu nutzen (vgl. Urteil des BFH vom 28.04.1998 IX R 49/96, BStBl II 1998, 458).

Die vom Beklagten nachträglich erfahrene Tatsache der Veräußerung der GmbH-Anteile ist auch rechtserheblich i.S.v. § 173 AO. Der Veräußerungsgewinn ist als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.v. §§ 16, 34 EStG steuerlich zu erfassen.

Die Steuerpflicht des Vorgangs kann zwar nicht auf die Vorschrift des § 21 UmwStG gestützt werden, da das im Jahr 1969 in Kraft getretene Gesetz gem. § 27 UmwStG erstmals für Einbringungstatbestände nach seinem Inkrafttreten gilt; auch spätere Gesetzesfassungen sind nach den dortigen ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen erst für zukünftige Vorgänge maßgeblich.

Ebenso scheidet hier eine analoge Anwendung des § 21 UmwStG als Rechtsgrundlage für die Besteuerung des Veräußerungsgewinns aus. Denn die Anwendung eines steuerbegründenden Gesetzes auf Vorgänge vor seinem Inkrafttreten verstößt jedenfalls dann gegen den Grundsatz des Rückwirkungsverbotes und damit gegen das Rechtsstaatsprinzip i.S.v. Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes, wenn das Gesetz selbst seinen Anwendungsbereich ausdrücklich auf zukünftige Vorgänge beschränkt.

Rechtsgrundlage für die Einordnung des Gewinns aus der Veräußerung der GmbH-Anteile als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.v. § 16 EStG ist jedoch die bereits im Zeitpunkt der Einbringung - im Jahr 1935 - bestehende Rechtsprechung des RFH, die der BFH fortgeführt hat.

Der RFH führt in dem o.a. Urteil vom 9.5.1933 zu § 30 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.F. (1925) heute § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG - aus, dass die gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgte Einbringung eines Einzelunternehmens bzw. einer Personengesellschaft zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft regelmäßig nur die Vorbereitung der Realisierung eines Veräußerungsgewinns darstellt und (erst) die spätere Veräußerung der Gesellschaftsrechte zu einem den Anschaffungspreis übersteigenden Betrag als nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu behandelnde Realisierung dieses Veräußerungsgewinns anzusehen ist. Es handelt sich dann, so der RFH weiter, insoweit um nachträgliche gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 30 Abs. 1 Nr. 1 EStG und nicht um einen Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung nach § 30 Abs. 3 EStG (RFHE 33, 276, 285). Ebenso hat der RFH mit Bescheid vom 12.04.1934 VI A 1559/32, Reichssteuerblatt (RStBl) 1934, 838, entschieden, dass bei Einbringung einer Einzelfirma zu deren steuerlichen Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft noch kein Veräußerungsgewinn realisiert wird. Das in Anteile an der Kapitalgesellschaft umgewandelte Betriebsvermögen bleibt auch weiterhin gewerbliches Vermögen. Erst eine spätere gewinnbringende Veräußerung der Anteile führt insoweit zu nachträglichen gewerblichen Einkünfte i.S.v. § 30 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Aus diesen vom RFH aufgestellten Grundsätzen ergibt sich damit, dass der vom Kläger erzielte Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile im Streitjahr dem Grunde nach als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.v. § 16 EStG der Einkommensteuerpflicht unterliegt.

Der hierzu vom Kläger erhobene Einwand, die GmbH-Anteile seien von Anfang an nicht einbringungsgeboren gewesen, weil die GmbH das eingebrachte Betriebsvermögen der Kom.Ges. nicht lediglich zu Buchwerten angesetzt, sondern die darin enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt habe, überzeugt nicht. Nach den Gesamtumständen steht vielmehr im Gegenteil fest, dass die Einbringung zu Buchwerten erfolgt ist und damit die Voraussetzung einer Steuerverhaftung der Anteile erfüllt ist. Bereits die in dem Gesellschaftsvertrag vom 28.03.1935 gewählte Formulierung der Einbringung des Betriebsvermögens "zum Bilanzwert vom 31.12.1934" spricht - wie auch vom Beklagten angenommen - für eine Übernahme der Buchwerte. "Bilanzwerte", d.h. in der Bilanz ausgewiesene Beträge, sind regelmäßig die Buchwerte des Betriebsvermögens. Zwar hätte für die Kom.Ges. theoretisch die Möglichkeit bestanden, vor der Einbringung ihres Betriebsvermögens in die GmbH eine Abschlussbilanz unter Aufdeckung der stillen Reserven zum 31.12.1934 zu erstellen; in einem solchen Fall hätten die Bilanzwerte ausnahmsweise (ganz oder zum Teil) nicht den Buchwerten entsprochen. Es kann jedoch hier nicht angenommen werden, dass die Kom.Ges. tatsächlich eine solche gesonderte Bilanz aufgestellt hat. Denn dies hätte in irgendeiner Weise in den Text des Gesellschaftsvertrages Eingang gefunden. Zudem liegt es nahe, dass die beiden Gesellschafter des schon damals bedeutenden Unternehmens der Kom.Ges. (Eigenkapital rd. 388.000 RM) steuerlich beraten oder selbst fachkundig waren, somit die o.a. Rechtsprechung des RFH aus den Jahren 1933 und 1934 kannten und von der dort zuerkannten Möglichkeit einer steuerfreien Einbringung der Kom.Ges. zu Buchwerten Gebrauch gemacht haben.

Aus den bereits in den o.a. Entscheidungen des RFH vom 9.5.1933 und 12.04.1934 aufgestellten Grundsätzen folgt darüber hinaus, dass für die Berechnung des Veräußerungsgewinns nicht auf den Wert des Betriebsvermögens zum Zeitpunkt der Einbringung abgestellt werden kann, sondern der bei der Veräußerung erzielte Erlös maßgeblich ist.

Der RFH hat im o.a. Urteil vom 9.5.1933 ausgesprochen, dass je nachdem, ob die Beteiligung später über oder unter dem Anschaffungspreis, dem Buchwert der eingebrachten Gegenstände, veräußert wird, sich ein nachträglicher gewerblicher Gewinn oder Verlust i.S.v. § 30 Abs. 1 Nr. 1 EStG ergibt (vgl. 3. Leitsatz am Ende). Bereits diese Formulierung zeigt, dass der RFH, hätte er über den Fall der späteren Veräußerung zu entscheiden gehabt, auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Veräußerung und somit auf den dabei erzielten Erlös abgestellt hätte, nicht jedoch auf die Werte zum Zeitpunkt der Einbringung.

Die Maßgeblichkeit des Veräußerungserlöses statt des Anteilswertes im Zeitpunkt der Einbringung ergibt sich außerdem daraus, dass nach den Ausführungen des RFH das Betriebsvermögen der eingebrachten Personengesellschaft in umgewandelter Form im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft fortbesteht. Der RFH legt in den Entscheidungsgründen des o.a. Urteils vom 09.05.1933 dar, dass der einbringende Betriebsinhaber mit der weiteren Fortentwicklung des nunmehr von der Kapitalgesellschaft betriebenen Unternehmens durch seine Beteiligung verknüpft bleibt und das durch den eingebrachten Betrieb eingegangene Engagement lediglich in einer anderen Form fort-geführt wird (a.a.O. S. 284). Die stillen Reserven existieren demnach sowohl im Betriebsvermögen der aufnehmenden Kapitalgesellschaft als auch auf Seiten des Einbringenden in den neu gewährten Anteilen an der Kapitalgesellschaft; damit kommt es durch den Einbringungsvorgang zu einer Verdoppelung der stillen Reserven (vgl. auch Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, vor 8.Teil UmwStG, Rdn. 2; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG und UmwStG, 3. Aufl., § 21 UmwStG Rdn. 76). Wenn nach Ansicht des RFH erst mit der Veräußerung der Gesellschaftsanteile die bis dahin fortbestehenden stillen Reserven aus dem (umgewandelten) Betriebsvermögen realisiert werden, so muss für die Berechnung des Veräußerungsgewinns ebenfalls auf den Zeitpunkt der Veräußerung und damit auf den Veräußerungserlös statt auf den Wert des Unternehmens zur Zeit der Einbringung abgestellt werden. Nur dann ist dem vom RFH aufgestellten Grundsatz Rechnung getragen, dass bis zur Anteilsveräußerung der bisherige Betrieb fortgesetzt und die stillen Reserven fortgeführt werden.

Den Gedanken des RFH, dass bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns der Veräußerungserlös maßgeblich ist und nicht etwa auf den Wert des Unternehmens zur Zeit der Einbringung abgestellt werden kann, hat der BFH in der Folgezeit mehrfach ausdrücklich ausgesprochen. So hat er etwa im Urteil vom 28.07.1960 IV 27/59 U, BStBl III 1960, 403, mit dem er die Entscheidung des RFH vom 09.05.1933 ausdrücklich bestätigt hat, ausgeführt, dass es im Rahmen des Veräußerungsgewinns nicht darauf ankommt, ob die Gewinne oder Verluste zur Zeit des Bestehens der eingebrachten Personengesellschaft oder der Kapitalgesellschaft entstanden sind.

Das vom Kläger angeführte Urteil des BFH vom 29.3.1972 a.a.O. setzt diese nach obigen Ausführungen bereits vom RFH begründete Rechtsprechung lediglich fort. Der BFH hat dort unter Zitierung u.a. des RFH-Urteils vom 09.05.1933 und unter Bezugnahme auf die dortigen Entscheidungsgründe ausgeführt, dass entsprechend (schon) dieser Rechtsprechung von einer Fortführung des durch den eingebrachten Betrieb eingegangenen Engagements nur in anderer Form auszugehen sei und es daher für die Frage, ob und in welcher Höhe ein Veräußerungsgewinn (-verlust) entstanden sei, nicht auf den Zeitpunkt der Einbringung ankomme; stattdessen sei der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Beteiligung (entgeltlich) veräußert, d.h. das in anderer Form (vermittels der Anteile an der Kapitalgesellschaft) fortgeführte Engagement aufgegeben werde. Veräußerungsgewinn sei daher der Unterschied zwischen den Anschaffungskosten und etwaigen Veräußerungskosten einerseits und dem Erlös aus der Veräußerung der Anteile andererseits.

Der Ansicht des Klägers, mit Urteil vom 29.3.1972 sei erstmalig höchstrichterlich entschieden worden, dass der Veräußerungsgewinn auf der Grundlage des Veräußerungserlöses statt des Einbringungswertes des Unternehmens zu berechnen sei, vermag sich der Senat damit nicht anzuschließen. Da die vom Beklagten vorgenommene Berechnung des Veräußerungsgewinns bereits auf die Rechtsprechung des RFH aus dem Jahr 1933 zurückzuführen ist, liegt die vom Kläger beanstandete rückwirkende Anwendung von Rechtsprechung nicht vor.

Die Steuerverhaftung der Anteile, soweit sie - beim Kläger mit unstreitig ... % - einbringungsgeboren sind, hat bis zu deren Veräußerung im Streitjahr fortbestanden.

Das Aufstellen der DM-Eröffnungsbilanz auf den 21.6.1948 hat den steuerlichen Charakter der Anteile nicht verändert.

Insbesondere ist damit nicht eine neue, unverhaftete Gesellschaft entstanden. Die Regelungen des DM-Bilanzgesetzes ließen zwar eine Neubewertung der einzelnen Bilanzposten zu und nahmen die dabei möglicherweise vorgenommene Aufdeckung stiller Reserven von der Besteuerung aus. Die Eröffnungsbilanz musste jedoch die bisherigen Bilanzposten ihrer Art und Menge nach unverändert übernehmen. Es galt damit eine Durchbrechung der Wertkontinuität bei Beibehaltung der Bilanzidentität (Geiger, DM-Bilanzgesetz, § 73 Anm. 1 b) bb)). Auch die in diesem Zeitraum erfolgten staatsrechtlichen Veränderungen hatten auf Bestand und Identität der GmbH als juristischer Person des Privatrechts keinen Einfluss.

Ob die GmbH beim Aufstellen der DM-Eröffnungsbilanz stille Reserven aufgedeckt hat, lässt sich nicht feststellen. Weder aus dem Bericht der Geschäftsführung zur Eröffnungsbilanz noch aus dem sonstigen Akteninhalt ergibt sich, ob in der Erhöhung des Vermögens um ... M stille Reserven enthalten sind. Diese Frage kann hier allerdings dahinstehen. Denn selbst bei einer derartigen Aufdeckung stiller Reserven wäre die Steuerverhaftung der einbringungsgeborenen Anteile nicht entfallen.

Das ergibt sich bereits aus den obigen Grundsätzen, die schon der RFH aufgestellt hat. Da nach dieser Rechtsprechung das Betriebsvermögen der Kom.Ges. nach der Einbringung in die GmbH fortbestand, kam es durch den Einbringungsvorgang zu einer Verdoppelung der stillen Reserven. Die stillen Reserven existierten sodann sowohl im Betriebsvermögen der aufnehmenden GmbH als auch - auf Seiten des einbringenden Rechtsvorgängers des Klägers - in den neu gewährten Anteilen an der Gesellschaft. Die Steuerverhaftung der einbringungsgeborenen GmbH-Anteile dauerte bis zu der entgeltlichen Veräußerung der Anteile selbst fort. Eine Aufdeckung stiller Reserven innerhalb des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft hat auf die Steuerverhaftung der davon rechtlich zu unterscheidenden einbringungsgeborenen Anteile an der GmbH keinen Einfluss. Das gilt nicht nur für den Fall einer entgeltlichen Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter der GmbH, sondern ebenso für die (etwaige) Realisation stiller Reserven bei Aufstellung der DM-Eröffnungsbilanz der GmbH.

Die Steuerverhaftung der einbringungsgeborenen Anteile hat bis zu deren Veräußerung auch unabhängig davon fortbestanden, dass in den Jahren 1974 und 1990 Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln auf 30 bzw. 50 Mio. DM stattgefunden haben. Denn bei einer solchen Kapitalerhöhung gehen die stillen Reserven von einbringungsgeborenen Gesellschaftsanteilen auf die jungen Anteile desselben Gesellschafters über mit der Folge, dass auch diese insoweit zu (sog. derivativen) einbringungsgeborenen Anteilen werden. Eine Gewinnrealisierung tritt zu diesem Zeitpunkt nicht ein; dazu kommt es erst dann, wenn die erworbenen Gesellschaftsanteile ihrerseits veräußert werden (Urteile des BFH vom 8.4.1992 I R 128/88, BStBl II 1992, 761; vom 21.8.1996 I R 75/95, BFH/NV 1997, 314; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O. Rdn. 81 und 89).

Bei Berechnung des Veräußerungsgewinns ist der Veräußerungserlös (100 Mio. DM), soweit er auf den Kläger entfällt (... %, d.s. ... DM) und die ein-bringungsgeborenen Anteile betrifft (... % von ... DM, d.s. ... DM) um die anteiligen Veräußerungskosten von unstreitig ... DM und um die anteiligen Anschaffungskosten zu mindern; die Anschaffungskosten sind hier mit ... DM anzusetzen.

Als Anschaffungskosten hat der Beklagte zugunsten des Klägers zutreffend die endgültigen Höchstwerte zu Grunde gelegt, mit denen die Anteile in die steuerliche DM-Eröffnungsbilanz auf den 21.6.1948 hätten eingestellt werden können. Zwar gilt die Vorschrift des § 53 EStDV, die diesen Grundsatz für die Bemessung von Anschaffungskosten aufstellt, nur für Veräußerungen von Gesellschaftsanteilen im Privatvermögen i.S.v. § 17 EStG, während hier ein Fall der Veräußerung betrieblicher Kapitalanteile gemäß § 16 EStG vorliegt. Jedoch ergibt sich das Gebot, die Höchstwerte lt. DM-Eröffnungsbilanz anzusetzen, unabhängig von § 53 EStDV bereits im Wege der Auslegung der Vorschrift des § 16 EStG. Da für die Bewertung von Beteiligungen, die vor der Währungsumstellung angeschafft worden sind, bei buchführenden Gewerbetreibenden die Vorschriften des DM-Bilanzgesetzes und seiner Ergänzungsgesetze maßgebend sind, muss für die Berechnung des Gewinns aus der Veräußerung dieser Anteile dasselbe gelten (vgl. Urteil des BFH vom 27.8.1964 IV 204/62 U, BStBl III 1964, 624; der BFH hat dort sogar für einen Fall des § 17 EStG entschieden, dass es der Vorschrift des § 53 EStDV an sich gar nicht bedürfe, da Veräußerungen von Anteilen im Privatvermögen nicht anders behandelt werden könnten als Veräußerungen von Anteilen im Betriebsvermögen, für deren Bewertung das DM-Bilanzgesetz nebst Ergänzungsgesetzen maßgeblich sei; ebenso i.E. Haritz/Benkert, UmwStG, 2. Aufl., § 21 Rdn. 5: "fiktive Anschaffungskosten auf den 21.6.1948).

Ausgangspunkt für die Berechnung der Anschaffungskosten ist somit das Vermögen lt. DM-Eröffnungsbilanz der GmbH, das ausweislich des o.a. Berichtes der Geschäftsführung zur DM-Eröffnungsbilanz ... DM beträgt. Der Beklagte hat, vermutlich infolge eines Übertragungsfehlers, stattdessen den Betrag von ... DM zu Grunde gelegt.

Gem. § 3 Abs. 1 des Dritten DM-Bilanzergänzungsgesetzes können Anteile an Kapitalgesellschaften endgültig höchstens mit 70 % des Betrages angesetzt werden, der anteilmäßig auf sie von dem Eigenkapital der Kapitalgesellschaft entfällt; diese gesetzlich vorgesehene Absenkung auf 70 % hat der Beklagte hier vorgenommen.

Darüber hinaus kann gem. § 4 Abs. 2 S. 1, 2 des Dritten DM Bilanzergänzungsgesetzes eine Beteiligung, die mehr als 1/4, aber weniger als 3/4 des Nennkapitals der Kapitalgesellschaft umfasst, endgültig höchstens mit dem nach §§ 2, 3 des Gesetzes zulässigen Wert zuzüglich eines Zuschlags von 25 % angesetzt werden. Diesen hier maßgeblichen Zuschlag von 25 % (bei Aufstellen der DM Eröffnungsbilanz war der Rechtsvorgänger des Klägers zu 50 % beteiligt) hat der Beklagte ebenfalls vorgenommen. Die Regelungen des Bilanzergänzungsgesetzes berechtigen nicht, wie vom Kläger geltend gemacht, zwar einerseits die Vorschrift des § 4 Abs. 2 des Dritten DM-Bilanzergänzungsgesetzes anzuwenden, von einer Anwendung des § 3 des Gesetzes jedoch abzusehen.

Der Veräußerungsgewinn berechnet sich demnach wie folgt: ...

Der BFH stellte im Wesentlichen auf Folgendes ab:

... Soweit der Kläger in der Sache letztlich sein bisheriges Klagevorbringen wiederholt, liegt ein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO deshalb nicht vor, weil es sich insoweit um seit langem ausgelaufenes Recht handelt. Insofern genügt es, auf das angefochtene FG-Urteil sowie auf das Senatsurteil in BStBl II 1972, 537 zu verweisen.

In Letzterem wird an die frühere RFH-Rechtsprechung angeknüpft und diese fortgeführt. Diese Rechtsprechung, die die Rechtslage vor Schaffung des UmwStG 1969 (und dessen § 18, nunmehr § 21 UmwStG 1995) wiedergibt, führt dazu, dass unabhängig von der Beteiligungsquote des Einbringenden und der Zugehörigkeit der Anteile zum Privatvermögen die in den Anteilen ruhenden stillen Reserven bei Veräußerung der Anteile aufzudecken sind. Zwar ist dem Kläger darin beizupflichten, dass der RFH und ursprünglich auch der BFH insoweit lediglich von der Realisierung der stillen Reserven ausgegangen sind, welche im Zeitpunkt der Einbringung bereits vorhanden waren. Im Urteil in BStBl II 1972, 537 hat der Senat demgegenüber auch jene stille Reserven in die Besteuerung einbezogen, die angewachsen sind, nachdem die Anteile durch eine zum Buchwert oder mit einem Zwischenwert angesetzte Sacheinlage erworben wurden (vgl. ebenso BFH-Urteil vom 26.1.1977 VIII R 109/75, BStBl II 1977, 283; zur Rechtsentwicklung s. Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Vor 8. Teil UmwStG Rz. 2 und § 21 UmwStG Rz. 544, jeweils m.w.N.). An der Entscheidung im Streitfall ändert dies jedoch nichts, auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Ein - so aber der Kläger - generelles Verbot der rückwirkenden Anwendung einer geänderten Rechtsprechung gibt es nicht (vgl. auch § 176 Abs. 1 AO 1977). Insbesondere bestand bei Einbringung der Kommanditanteile kein Anspruch darauf, im späteren Veräußerungszeitpunkt nach jenen Maßstäben versteuert zu werden, die im Einbringungszeitpunkt galten. Auf die frühere RFH-Rechtsprechung kommt es deshalb in diesem Punkt nicht (mehr) an.

2. Soweit der Kläger mangelnde Aufklärung des Sachverhalts rügt, bemängelt er im Grunde nicht die Sachaufklärung des FG, sondern die von diesem angewandten Beweislastregeln, die allerdings dem materiellen und nicht dem formellen Recht angehören (vgl. auch Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 81 ff., m.w.N.). Sollte das FG gegen diese Regeln verstoßen habe, könnte dieser Fehler nur im Rahmen eines nachfolgenden Revisionsverfahrens verfolgt werden; ein Zulassungsgrund liegt darin jedoch nicht. ...

Die Einkommensteuererklärung für 1996 der Kläger "H" und "I" ging am 27.10.1997 bei dem beklagten Finanzamt ein. Dies setzte die Einkommensteuer für 1996 zunächst mit Bescheid vom 13.2.1998 auf 0,00 DM fest. Es folgten Bescheide vom 20.4.1998, 4.2.1999 und 3.9.1999 unter Bezugnahme auf § 175 AO, mit denen die Einkommensteuer allerdings mit jeweils 0,00 DM unverändert blieb. Sodann setzte das beklagte Finanzamt mit Bescheid vom 21.12.1999 unter Bezugnahme auf § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO die Einkommensteuer für 1996 auf 1.752.827,00 DM fest.

Unstreitig teilte das beklagte Finanzamt durch Frau "J" dem Steuerbüro "K" - den hiesigen Prozessvertretern der Kläger - mit Schreiben vom 18.4.1996 unter dem Betreff "Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen 1996" mit, "durch die Veräußerung der Geschäftsanteile an der "F" GmbH laut Kaufvertrag vom 31.1.1996 seien Herrn "L" ca. ... DM zugeflossen". Es werde darum gebeten, die ungefähre Höhe der in 1996 erwarteten Erträge aus der Anlage dieses Betrags anzugeben.

Die Einkommensteuerakte 1996 betreffend "M" enthält zum 30.4.1996 unter dem 2.5.1996, 16.02 Uhr eine Namensauskunft - Abfrageart: A = Abfrage über Anschrift zum Familiennamen. Handschriftlich ist dort vermerkt, dass "N" (Geburtsjahr 1945) keine Anteile hält - es sind "M" und "O" (Geburtsjahr 1943) sowie "P" (Geburtsjahr 1978), "Q" (Geburtsjahr 1977) und "R" (Geburtsjahr 1981) - außerdem sind vermerkt "L" und "S" (Geburtsjahr 1941) sowie "B" (Geburtsjahr 1977) und "T"(Geburtsjahr 1975). Aus dieser Einkommensteuerakte heraus richtete das beklagte Finanzamt sodann unter dem 3.5.1996 durch Herrn "U" an die Eheleute "O" und "M" unter dem Betreff "Einkommensteuer 1996 / Vermögensteuer 1996 für die Eheleute "M" und "O" sowie "P", "Q" und "R" unter dem Bezug "Übertragung von GmbH-Anteilen" ein Schreiben.

Das Steuerbüro "K" teilte dem beklagten Finanzamt unter dem 26.11.1997 zu den Eheleuten "V" und "W" sowie zu Herrn "X" "bezugnehmend auf das mit Frau "Y" geführte Telefongespräch zu den Einkommensteuererklärungen 1996" mit, "die Erhöhung der Einnahmen aus Kapitalvermögen bei Herrn "X" sei mit der Anlage des Verkaufserlöses der Anteile an der "F" GmbH vom 31.1.1996 zu erklären" - diese Mitteilung ist abgehakt und daran vermerkt: "mit ... = ... %.

Die Kläger machen geltend:

Das beklagte Finanzamt habe nicht bewiesen, dass es sich bei den 1996 verkauften GmbH-Geschäftsanteilen an der "F" GmbH um einbringungsgeborene Anteile handele, die anlässlich der Einbringung der Gesellschaftsbeteiligungen der Brüder "C" und "D" an der "E" Kom.Ges. in die "F" GmbH im Jahre 1935 entstanden seien.

Der Kläger habe an der "F" GmbH nur eine nicht wesentliche Beteiligung im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG 1996 gehalten. Eine Steuerpflicht des Veräußerungserlöses könne sich nur aus dem Tatbestandsmerkmal der Einbringungsgeborenheit dieser Anteile anlässlich der Einbringung im Jahre 1935 ergeben. Zum Beweis dieses Tatbestandsmerkmals stütze sich das beklagte Finanzamt ausschließlich auf das mit "Notarielle Urkunde Nr. 250 dNot. Reg. f. 1935 Gesellschaftsvertrag vom 28.03.1935" überschriebene Schriftstück. Dieses stelle sowohl in formeller wie auch in materieller Hinsicht kein taugliches Beweismittel für die Tatsachenbehauptung des beklagten Finanzamts dar, dass die Rechtsvorgänger des Klägers der Einbringung der Gesellschaftsbeteiligungen an der "E"KG in die "F" GmbH im Jahre 1935 - in Abweichung von der gesetzlichen Rechtslage der Gewinnrealisierung eines Tauschvorgangs - die ihnen durch die damalige Rechtsprechung des RFH eingeräumte steuerliche Wahlrecht zur Buchwertfortführung ausgeübt hätten. Die Unerweislichkeit der steuerlichen Buchwertfortführung durch die Rechtsvorgänger des Klägers "L" im Rahmen der Einbringung im Kalenderjahr 1935 als allein steuerbegründendes Tatbestandsmerkmal für eine Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns anlässlich der im Jahre 1996 erfolgten Veräußerung der GmbH-Geschäftsanteile an der "F" GmbH führe nach den Grundsätzen der Beweis- und Feststellungslast dazu, dass die Unerweislichkeit zu Lasten des beklagten Finanzamts gehe und sie - die Kläger - somit nicht einbringungsgeborene Geschäftsanteile veräußert hätten.

Die Qualifizierung der GmbH- Geschäftsanteile als in steuerlicher Hinsicht einbringungsgeborene Anteile bedürfe einer Rechtsgrundlage. Die damalige Einbringung der Anteile an der "E"KG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der "F" GmbH stelle ein Tauschgeschäft dar, welches nach der damaligen Gesetzeslage - wie auch heute - dem Grundsatz nach ein Veräußerungsgeschäft sei, welches zur Aufdeckung der stillen Reserven in den hingegebenen Anteilen zwinge. Eine gesetzliche Rechtsgrundlage für die Abkehr vom gesetzlichen Grundsatz der Gewinnrealisierung in den Tauschfällen durch Behandlung dieser Anteile als einbringungs- und steuerbehaftete Anteile entsprechend den Regelungen des heutigen Umwandlungssteuergesetzes habe damals nicht existiert. Die heutigen gesetzlichen Regelungen des § 21 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG 1977) könnten auf Einbringungstatbestände in 1935 weder unmittelbar noch analog angewandt werden.

Rechtsgrundlage für die Qualifizierung der GmbH-Anteile als einbringungsgeborene Anteile könne ferner die Rechtsprechung des RFH zum Zeitpunkt des Einbringungsvorganges in 1935 sein, wenn danach die den "C" und "D" im Zuge der Einbringung gewährten Anteile an der "F" GmbH als steuerverhaftete, einbringungsgeborene Anteile anzusehen seien. Nach der Rechtsprechung des RFH sei ausschließlich darauf abzustellen, mit welchem Wert die aufnehmende Gesellschaft (vorliegend die "F" GmbH) die eingebrachten Gegenstände (vorliegend die OHG-Beteiligungen der Gründungsgesellschafter "C" und "D") "verbucht habe". Der RFH habe als einzige Rechtsgrundlage im Ergebnis - ebenso wie nach heutiger Rechtslage das Umwandlungssteuerrecht - ein Wahlrecht der aufnehmenden Gesellschaft vorgesehen. Folglich komme eine Versteuerung des Veräußerungsvorganges in 1996 nur in Betracht, wenn die damals aufnehmende Gesellschaft ("F" GmbH) im steuerlichen Veranlagungsverfahren - beispielsweise in ihrer Eröffnungsbilanz oder auch in ihrer Schlussbilanz zum 31.12.1935 - das eingebrachte Handelsgeschäft mit dem Buchwert der Wirtschaftsgüter der "E"KG zum 31.12.1934 angesetzt und somit das steuerliche Wahlrecht ausgeübt habe. Dies sei der alleinige Anknüpfungspunkt dafür, dass es sich bei der in 1996 veräußerten GmbH-Beteiligung an der "F" GmbH um einbringungsgeborene Anteile handeln könnte.

Einen Nachweis dafür, dass die "F" GmbH das eingebrachte Handelsgeschäft mit dem Buchwert der Wirtschaftsgüter der "E"KG zum 31.12.1934 angesetzt habe, gebe es weder anhand steuerrechtlich relevanter Unterlagen wie Bilanzen oder Steuererklärungen der aufnehmenden Gesellschaft, noch ergebe sich ein solcher Nachweis aus den sonstigen Gesamtumständen. Die Tatsache der Buchwertfortführung sei damit zweifelsfrei nicht erwiesen. Die Annahme einer Buchwertfortführung sei keine Tatsachenvermutung - es liege vielmehr ein Fall der Nichterweislichkeit eines Tatbestandsmerkmals vor.

Die Beweis- und Feststellungslast trage das beklagte Finanzamt.

Die Kläger beantragen,

ihre Einkommensteuer für 1996 ohne einen Gewinn für die Veräußerung von Anteilen an der "F" GmbH festzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Einkommensteuer der Kläger für 1996 ist ohne einen Gewinn für die Veräußerung von Anteilen an der "F" GmbH festzusetzen.

I.

Es fehlt bereits an den Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.

Dem beklagten Finanzamt dürfte schon rechtzeitig vor der ersten Einkommensteuerveranlagung für 1996 bekannt gewesen sein, dass am 31.1.1996 Anteile an der GmbH veräußert worden sind. Eine solche Veräußerung von Anteilen an einer GmbH bedarf nämlich gemäß § 15 Abs. 3 GmbHG der notariellen Beurkundung und nach - mit dem JahressteuerG 1996 eingeführten - § 54 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) übersenden die Notare dem in § 20 der Abgabenordnung (AO) bezeichneten Finanzamt eine beglaubigte Abschrift aller aufgrund gesetzlicher Vorschrift aufgenommenen oder beglaubigten Urkunden, die ... die Verfügung über Anteile an Kapitalgesellschaften zum Gegenstand haben. Dies dürfte hier geschehen sein, weil sämtliche Beteiligten zumindest über eine beglaubigte Abschrift der jeweiligen Urkunde verfügen und § 54 Abs. 3 EStDV bestimmt, dass den Beteiligten die Urschrift, eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der Urkunde erst ausgehändigt werden darf, wenn die Abschrift der Urkunde an das Finanzamt abgesandt ist. Zwar handelt es sich bei dem in § 20 AO bezeichneten Finanzamt hier nicht um das beklagte Finanzamt, sondern um das Finanzamt "Z". Indessen ist davon auszugehen, dass dieses das beklagte Finanzamt umgehend entsprechend unterrichtet hat. Anderenfalls wäre nicht nachzuvollziehen, dass Veranlagungsbeamte des beklagten Finanzamts schon zeitnah - wenige Monate nach der notariellen Beurkundung der Anteilsveräußerungen am 31.1.1996 - einzelne Kläger hierzu angeschrieben haben. Die Erkenntnisquelle - also die konkrete Mitteilung des Finanzamts "Z" an das beklagte Finanzamt - lässt sich allerdings dem Inhalt der Steuerakten nicht entnehmen, sie muss es aber gegeben haben. Deshalb ist es nicht auszuschließen sondern gar naheliegend, dass auch die für die Einkommensteuerveranlagungen 1996 von "H" und "I" zuständigen Sachbearbeiter über entsprechende Kenntnisse verfügten. Denn immerhin hatte es 1995 eine Prüfung des Landesrechnungshofs Nordrhein-Westfalen (LRH) zur Thematik "Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften" gegeben. Der LRH hatte in dem entsprechenden Prüfungsbericht an den Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen darauf hingewiesen,

"... eine lückenlose Erfassung der Veräußerungsvorgänge werde jedoch nur möglich sein, wenn die Überprüfung und Versendung von Kontrollmitteilungen durch die Veranlagungsstellen für Körperschaften sorgfältiger als in der Vergangenheit erfolgten. Den Bearbeitern der für die Besteuerung der Kapitalgesellschaften zuständigen Veranlagungsbezirke müsse bewusst werden, dass die zutreffende Besteuerung von nicht erklärten Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen regelmäßig nur durch ihre Mitarbeiter erreicht werden könne.

Als Maßnahmen der Finanzverwaltung waren u.a. festgehalten:

Die Notare sind aufgrund einer Initiative des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen seit Ende 1995 nach § 54 EStDV verpflichtet, die früher in der KapitalverkehrsteuerDV geregelten Beistandspflichten (Übersendung von Verträgen) für ertragsteuerliche Zwecke fortzuführen.

Die Körperschaftsteuerstellen sind auf die erforderliche Übersendung von Kontrollmitteilungen an die zuständigen Einkommensteuer-Veranlagungsbezirke hingewiesen worden.

Soweit das beklagte Finanzamt in seinem Schriftsatz vom 29.8.2008 die Erkenntnisquelle darauf zurückführt, dass der "Verkauf der "F" GmbH" in der Presse gestanden habe, bedeutet das also nicht zwingend, dass dies die einzige Erkenntnisquelle war; dass es eine solche gibt, läge gar auf der Hand, wenn man den Erwägungen des LRH - und den diesen Erwägungen folgenden Oberfinanzdirektionen - tatsächlich nachgekommen wäre. Dass eine zusätzliche Erkenntnisquelle sich nicht aus den Steuerakten ergibt, spricht allein nicht dagegen, dass sie vorhanden war.

Die Feststellungslast dafür, dass eine Tatsache nachträglich im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bekannt geworden ist, trägt das beklagte Finanzamt. Eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der für die Einkommensteuerveranlagungen 1996 von "H" und "I" zuständigen Sachbearbeiter bietet sich nicht an. Das beklagte Finanzamt hat sich selbst mittlerweile darauf zurückgezogen, "diese Personen könnten sich bei einem Sachverhalt, der nunmehr 7 - 10 Jahre zurückliege, ausschließlich auf den Akteninhalt berufen; weitere Details würden nicht mehr erinnerlich sein".

Nicht kann mit der dafür erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass die jeweiligen Veranlagungssachbearbeiter schon frühzeitig davon Kenntnis hatten, es handele sich bei der veräußerten GmbH-Anteilen teilweise um einbringungsgeborene Anteile. Darauf kommt es allerdings auch nicht an, denn hierauf könnte sich das beklagte Finanzamt nach Treu und Glauben nicht berufen.

Die Finanzbehörde kann nämlich nach diesem Grundsatz daran gehindert sein, die Änderung eines Bescheids zu Lasten des Steuerpflichtigen darauf zu stützen, dass ihr steuerlich erhebliche Tatsachen erst nachträglich bekannt geworden sind. Das nimmt der Bundesfinanzhof (BFH) - dessen Rechtsprechung der erkennende Senat insoweit uneingeschränkt folgt - dann an, wenn der Finanzbehörde die ihr tatsächlich erst später bekannt gewordenen Tatsachen bei ordnungsgemäßer Erfüllung ihrer Amtsermittlungpflicht nicht verborgen geblieben wären (beispielsweise BFH-Urteil vom 24.1.2002 XI R 2/01, BStBl II 2004, 444). Die Finanzbehörde verletzt ihre sich aus § 88 AO ergebende Amtsermittlungspflicht jedoch nur, wenn sie offenkundigen Zweifelsfragen, Unklarheiten oder Zweifeln, die sich ohne weiteres aufdrängen, nicht nachgeht (beispielsweise BFH-Urteil vom 14.12.1994 XI R 80/92, BStBl II 1995, 293) und Ermittlungsmöglichkeiten nicht nutzt, deren Ergiebigkeit sich ihr hätten aufdrängen müssen (beispielsweise BFH-Urteil vom 12.7.2001 VII R 68/00, BStBl II 2002, 44). Bei der Anwednung des Treu-und-Glauben-Grundsatzes ist auch stets darauf zu achten, dass Kennenmüssen der Finanzbehörde nicht Kenntnis gleichzusetzen ist (beispielsweise BFH-Urteil vom 26.11.1996 IX R 77/95, BStBl II 1997, 422). Die Mitteilung eines Notars über die Veräußerung von GmbH-Anteilen nach § 15 Abs. 3 GmbHG an das in § 20 AO bezeichnete Finanzamt löst aber gerade eingehende Ermittlungspflichten nach § 88 AO auch für das Wohnsitz-Finanzamt aus. Denn ansonsten hätte es § 54 Abs. 1 EStDV nicht bedurft. Diese Ermittlungspflichten beschränken sich nicht auf die Frage, was mit dem Veräußerungserlös geschieht bzw. geschehen ist und ob sich ggf. (weitere) Einkünfte aus Kapitalvermögen erwarten lassen. Sie erstrecken sich auch auf die Frage, ob es sich um eine wesentliche Beteiligung im Sinne des § 17 Abs.1 EStG handelt, und es ist - jedenfalls für 1996 und fortan - kein sachlich gerechtfertigter Grund dafür ersichtlich, weshalb sie sich nicht auch auf die Frage erstrecken sollten, ob es sich ggf. um einbringungsgeborene Anteile handelt. Zwar folgt der erkennende Senat dem BFH (Urteil vom 11.2.1998 I R 82/97, BStBl II 1998, 552) darin, dass es weder zwingend noch wahrscheinlich, vielmehr allenfalls möglich ist, dass der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft Einbringungsvorgänge zugrunde liegen. Der vom BFH zu beurteilende Sachverhalt betraf jedoch das Jahr 1987; seinerzeit gab es § 54 EStDV noch nicht - hier galt diese Norm indessen schon. Außerdem geht auch der BFH in seinem Urteil vom 11.2.1998 (I R 82/97) davon aus, dass es irgendwelcher Ermittlungen in diese Richtung jedenfalls dann bedarf, wenn bestimmte Umstände solches nahelegen. Davon ist hier auszugehen. Denn im Bericht des LRH heißt es u.a.:

"... falls ein Veräußerungsvorgang dem Wohnsitzfinanzamt bekannt ist, ... hält der LRH es bei Sachverhalten von einigem Gewicht für unerlässlich, die Veräußerungsvorgänge einzusehen ...

Angesichts des erheblichen finanziellen Umfangs der Veräußerungsgeschäfte handelte es sich hier gerade um solche "Sachverhalte von einigem Gewicht".

Mit der Frage, ob der Veräußerung von Anteilen Einbringungsvorgänge zugrunde liegen, haben sich die Veranlagungssachbearbeiter des beklagten Finanzamt indessen nicht einmal ansatzweise befasst; es wäre aus Sicht des beklagten Finanzamt nur erforderlich gewesen, sich nach dem Gründungsvertrag der "F" GmbH zu erkundigen und sich mit diesem näher auseinanderzusetzen - jedenfalls stellt das beklagte Finanzamt für die Annahme, dass es sich bei den streitigen GmbH-Anteilen um einbringungsgeborene Anteile handelt, allein auf diesen Gründungsvertrag ab.

Indessen:

Der Inhalt der ersten Seiten des Gründungsvertrags der GmbH - auch deshalb scheitert § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO - stellt keine Tatsache dar, sondern bietet allenfalls Anlass für weitere Ermittlungsmaßnahmen - nicht jedoch einmal für Vermutungen, Verdachtsmomente oder Wahrscheinlichkeiten. Selbst Vermutungen, Verdachtsmomente oder Wahrscheinlichkeiten sind keine Tatsachen (BFH-Urteil vom 6.12.1994 IX R 11/91, BStBl II 1995, 192).

Der Gründungsvertrag der GmbH zwingt weder zur Annahme einbringungsgeborener Anteile noch spricht er zwingend dagegen:

Zwar hat der RFH in seinem Urteil vom 9.5.1933 (IV A 434/30, a.a.O.) zu § 30 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.F. (1925) - heute § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG - ausgeführt, dass die gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgte Einbringung eines Einzelunternehmens bzw. einer Personengesellschaft zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft regelmäßig nur die Vorbereitung der Realisierung eines Veräußerungsgewinns darstellt und (erst) die spätere Veräußerung der Gesellschaftsrechte zu einem den Anschaffungspreis

übersteigenden Betrag als nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu behandelnde Realisierung dieses Veräußerungsgewinns anzusehen ist. Es handelt sich dann, so der RFH weiter, insoweit um nachträgliche gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 30 Abs. 1 Nr. 1 EStG und nicht um einen Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung nach § 30 Abs. 3 EStG (RFHE 33, 276, 285). Ebenso hat der RFH mit Bescheid vom 12.04.1934 VI A 1559/32, Reichssteuerblatt (RStBl) 1934, 838, entschieden, dass bei Einbringung einer Einzelfirma zu deren steuerlichen Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft noch kein Veräußerungsgewinn realisiert wird. Das in Anteile an der Kapitalgesellschaft umgewandelte Betriebsvermögen bleibt auch weiterhin gewerbliches Vermögen. Erst eine spätere gewinnbringende Veräußerung der Anteile führt insoweit zu nachträglichen gewerblichen Einkünfte i.S.v. § 30 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Hieraus ergibt sich jedoch - anders der 8. Senat des FG Düsseldorf in dem auf die mündliche Verhandlung vom 7.11.2002 ergangenen Urteil - nicht, dass die von den Klägern erzielten Gewinne aus der Veräußerung der GmbH-Anteile im Streitjahr dem Grunde nach als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.v. § 16 EStG der Einkommensteuerpflicht unterliegen.

Selbst wenn diese GmbH-Anteile einbringungsgeboren waren, ist es nicht auszuschließen, dass ihre Verstrickung spätestens 1941 nicht mehr gegeben war.

Aus dem nur in den ersten Seiten vorliegendem notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 28.3.1935 ergibt sich schon nicht zwingend, dass die Brüder "C" und "D" ihre Anteile an der "E"KG zu Buchwerten in die GmbH eingebracht haben. Die Formulierung der Einbringung des Betriebsvermögens "zum Bilanzwert vom 31.12.1934" könnte zwar für die Übernahme der Buchwerte sprechen - zwingend ist dies jedoch nicht, jedenfalls ist hiernach auch nicht ausgeschlossen, dass dabei sämtliche stillen Reserven aufgedeckt wurden. Selbst der 8. Senat argumentiert einschränkend, "Bilanzwerte" als in der Bilanz ausgewiesene Beträge seien "regelmäßig" die Buchwerte des Betriebsvermögens. Dafür, dass es sich bei den "Bilanzwerten zum 31.12.1934" tatsächlich um die Buchwerte ohne Berücksichtigung sämtlicher stiller Reserven handeln soll, gibt es ansonsten keine konkreten Anhaltspunkte.

Soweit der 8. Senat an sich zutreffend darauf abstellt, dass eine gesonderte Bilanz zum 31.12.1934 unter Aufdeckung der stillen Reserven in irgendeiner Weise in den Text des Gesellschaftsvertrags Eingang gefunden hätte, ist jedoch zu berücksichtigen, dass dieser Gesellschaftsvertrag eben nicht vollständig vorliegt und auch nicht beschafft werden kann. Die die Akten des Notars nunmehr verwahrende Stelle - das Amtsgericht (AG) "G"- teilte auf Anfrage mit, dieser Gesellschaftsvertrag sei nicht mehr vorhanden bzw. auffindbar; dieselbe Mitteilung kam von dem nunmehr für die GmbH zuständigen Handelsregistergericht, dem AG ; der Direktor des AG ist dem selbst nachgegangen und hat dies bestätigt. Auch die Beteiligten haben kein vollständiges Exemplar mehr. Nähere Anhaltspunkte dafür, den Klägern eine Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung des Sachverhalts vorwerfen zu können, gibt es nicht.

Soweit der 8. Senat darauf abstellt, dass die beiden Gesellschafter des schon damals bedeutenden Unternehmens der KG (Eigenkapital rd. 388.000,00 RM) steuerlich beraten oder selbst fachkundig waren, somit die Rechtsprechung des RFH aus den Jahren 1933 und 1934 kannten und von der dort zuerkannten Möglichkeit einer steuerfreien Einbringung der KG zu Buchwerten Gebrauch gemacht haben, ist dies nicht zwingend und auch letztlich gar wenig konsequent. Denn der 8. Senat stellt selbst darauf ab, dass aus den Grundsätzen der Entscheidungen des RFH vom 9.5.1933 und vom 12.4.1934 folge, für die Berechnung des Veräußerungsgewinns sei nicht auf der Wert des Betriebsvermögens zum Zeitpunkt der Einbringung maßgeblich, sondern der bei der Veräußerung erzielte Erlös. Hieraus zu ziehende Folgerungen sind jedoch nicht ohne weiteres eindeutig gewesen - es hätte also nahegelegen, damit verbundene Unsicherheiten in die Erwägungen zu etwaigen steuerlichen Konsequenzen einer Einbringung der KG in die GmbH zu Buchwerten einzubeziehen. Die Rechtsprechung des RFH und ursprünglich auch die des BFH gingen - so der der BFH im Beschluss vom 22.5.2003 (I B 211/02) - davon aus, lediglich diejenigen stillen Reserven seien zu realisieren, welche im Zeitpunkt der Einbringung bereits vorhanden waren; demgegenüber habe der BFH (BStBl II 1972, 537) auch jene stille Reserven in die Besteuerung einbezogen, die angewachsen sind, nachdem die Anteile durch eine zum Buchwert angesetzte Sacheinlage erworben wurden. Schon mit Urteil vom 28.7.1960 ist der BFH (IV 27/59 U; BStBl III 1960, 403) unter Bezugnahme auf die Entscheidung des RFH vom 9.5.1933 (VI A 434/30, RStBl 1933, 999) zu dem Ergebnis gekommen, es könne nicht erheblich sein, ob die Gewinne oder Verluste zur Zeit des Bestehens der Personengesellschaft oder der Kapitalgesellschaft entstanden sind. Folge ist, dass auch die nach Einbringung erfolgenden Wertsteigerungen der Anteilsrechte als gewerbliche Einkünfte der Besteuerung unterlägen. Zu diesem BFH-Urteil ist u.a. von Hoffmann (Bilanzierungsprobleme in der neueren Rechtsprechung des BFH, Steuer und Wirtschaft (StuW) 1961, 134, 154) Stellung bezogen worden: Dem BFH sei darin beizupflichten, dass man nach der Rechtsprechung des RFH in der Entscheidung vom 9.5.1933 (VI A 434/30, a.a.O.) zu seinem Ergebnis kommen könne - es sei zweifelhaft, ob man nach dieser Rechtsprechung zu dem Ergebnis kommen müsse, aber es spräche vielleicht mehr dafür als dagegen.

Nach alledem gab es zum Zeitpunkt der Gründung der GmbH Unsicherheiten bei der Beurteilung der steuerlichen Konsequenzen:

Würden die stillen Reserven aufgedeckt und der Besteuerung unterworfen, wären die Anteile an der GmbH sodann nicht mehr einbringungsgeboren - also auch nicht mehr steuerverstrickt.

Würden die stillen Reserven nicht aufgedeckt, ergäbe sich der wirtschaftliche Vorteil, sie zunächst auch nicht besteuern zu müssen. Dies wäre bei einem späteren Realisationszeitpunkt allerdings nachzuholen. Außerdem bestand sodann die Gefahr, dass - wie später tatsächlich auch geschehen - unter Bezugnahme auf die Entscheidung des RFH vom 9.5.1933 (VI A 434/30, a.a.O.) auch nach Einbringung erfolgende Wertsteigerungen der Anteilsrechte als gewerbliche Einkünfte der Besteuerung unterlägen.

Dies war abzuwägen - weder eine Entscheidung für die erste noch für die zweite steuerliche Konsequenz war zwingend, also kann keine dieser steuerlichen Konsequenzen hier ausgeschlossen werden. Eher naheliegend - und damit auch gegen einen Beweis des ersten Anscheins zugunsten des beklagten Finanzamts sprechend - dürfte gar sein, dass sich die Brüder "C" und "D"- obgleich sie sich seinerzeit jeweils wesentlich an der GmbH beteiligten und sich so für sie selbst noch nicht unmittelbar die Frage stellen musste, ob ihre Anteile einbringungsgeboren sein würden - dazu entscheiden haben, die zum Zeitpunkt des Übergangs der KG auf die GmbH vorhandenen stillen Reserven allesamt aufzudecken - und dass diese tatsächlich spätestens bis zum 31.12.1941 versteuert worden sind.

Für die Aufdeckung der stillen Reserven schon zum Zeitpunkt des Übergangs der KG auf die GmbH spricht, dass die Stammeinlage bei der GmbH mit 200.000,00 RM deutlich niedriger war als der Bilanzwert der KG vom 31.12.1934 in Höhe von 388.299,68 RM und dass über die Stammeinlage hinaus zwei Kapitalrücklagen in Höhe von jeweils 45.500,00 RM gebildet wurden, die im Gründungsvertrag der GmbH ausdrücklich als steuerbegünstigt bezeichnet wurden. Dies erweckt den Eindruck,

dass mit dem Begriff des Bilanzwerts nicht die einzelnen Buchwerte gemeint sind, sondern lediglich die Bilanzsumme,

dass also lediglich die Bilanzsumme in gleicher Höhe von der GmbH übernommen worden ist,

die einzelnen Ansätze zu dieser Bilanzsumme sich jedoch geändert haben - dergestalt, dass gegenüber einem negativen Firmenwert bzw. "stillen Verlusten" sämtliche stillen Reserven aufgedeckt wurden.

Dass der Firmenwert der KG negativ war bzw. es bei der KG "stille Verluste" gab, könnte sich daraus erklären, dass der Nennbetrag der von den Brüdern "C" und "D" erworbenen Anteile an der GmbH mit jeweils 100.000,00 RM deutlich niedriger war, als die Bilanzsumme der KG vom 31.12.1934 mit 388.299,68 RM (vgl. Widmann/Mayer, Umwandlungsgesetz und Umwandlungssteuergesetz, § 24 UmwG Ziff. 330 bei einer Differenz zwischen einem höheren Buchwert des übergehenden Vermögens und dem niedrigeren Nennbetrag der Anteile). Für etwaige wirtschaftliche Probleme bei der KG im Jahre 1935 spricht auch, dass sich ihre Gesellschafter eben für eine Beschränkung ihrer Haftung als Komplementäre entschlossen - obgleich dies seinerzeit wenig erwünscht war; jedenfalls wurde mit dem Gesetz über Steuererleichterungen bei der Umwandlung und Auflösung von Kapitalgesellschaften vom 5.7.1934 (RGBl I 1934, 572) genau das Gegenteil gefördert.

Dass sämtliche stillen Reserven aufgedeckt wurden, könnte sich daraus ergeben, dass die von den Brüdern "C" und "D" gebildeten Rücklagen in Höhe von jeweils 45.500,00 RM steuerbegünstigt sein sollten. Die Bezeichnung als steuerbeünstigt dürfte sich nur so erklären lassen, dass damit die Begünstigung nach § 34 Abs. 2 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 16.10.1934 (RGBl I 1934, 1005) gemeint sein kann. Diese Begünstigung wurde damals (Enno Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer 1940, § 168, S. 209) nur gewährt, wenn sämtliche stille Reserven aufgedeckt und der Besteuerung unterworfen wurden.

Einen anderweitigen Begründungsansatz dafür, dass die Kapitalrücklage steuerbegünstigt ist, erscheint nicht zwingend gegeben. Im Kapitalverkehrssteuergesetz (KVG 1934) vom 16.10.1934 (RGBl I 1934, 1058) sind für Kapitalrücklagen keine Steuerbegünstigungen vorgesehen. Denkbar wäre zwar, dass § 9 Abs. 2 Nr. 1 a) oder b) KVG 1934 hier einschlägig sein könnten. Danach ermäßigte sich die Steuer auf 1 % u.a. beim Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Deckung der Überschuldung einer inländischen Kapitalgesellschaft bzw. zur Deckung eines Verlusts am Stammkapital. Beide Voraussetzungen dürften hier nicht gegeben sein - insbesondere kann bei einem Stammkapital in Höhe von 200.000,00 RM und einem Restbetrag von 188.299,68 RM noch nicht ohne weiteres von einer Überschuldung ausgegangen werden. Außerdem: Sollten die Kapitalrücklagen mit Blick auf § 9 Abs. 2 KVG 1934 als steuerbegünstigt bezeichnet worden sein, hätte es nahe gelegen, auch die von den Brüdern "C" und "D" der GmbH gewährten Darlehen so zu bezeichnen - was allerdings nicht geschehen ist. Für die Annahme, dass diese Darlehen kapitalverkehrssteuerpflichtig waren, genügte es nämlich schon, dass "sie die Voraussetzung für den Beginn oder die Fortführung des Unternehmens bildeten" (Enno Becker, a.a.O. § 80, S. 113) - sie wären gemäß § 9 Abs. 2 KVG 1934 dann konsequenterweise auch steuerbegünstigt gewesen.

Dass die Brüder "C" und "D" die beschriebenen, zum Zeitpunkt der Gründung der GmbH vorhandenen Unsicherheiten bei der Beurteilung der steuerlichen Konsequenzen durch die Bildung "steuerbegünstigter Kapitalrücklagen" erfassen und mit deren (späterer) Besteuerung erreichen konnten, dass ihre Anteile nicht mehr steuerverstrickt sein würden, dürfte zulässig gewesen sein. Ergebnisgleich schuf der Gesetzgeber diese Möglichkeit erstmals mit § 18 Abs. 2 Nr. 1 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) 1969. Danach treten die Rechtsfolgen des Absatzes 1 dieser Norm auch ohne Veräußerung der Anteile ein, wenn der Anteilseigner dies beantragt. In Abs. 1 Satz 1 dieser Norm ist geregelt, dass - wenn solche Anteile einer Kapitalgesellschaft veräußert werden, die der Veräußerer durch eine Sacheinlage erworben hat - derjenige Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt, als Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16 EStG gilt. In der Gesetzbegründung heißt es hierzu im Bericht des Finanzausschusses:

Bei der Veräußerung von Anteilen, die durch eine Sacheinlage erworben worden sind, sind aufgrund der Vorschrift des § 18 Abs. 1 nicht nur die stillen Reserven zu versteuern, die bei der Sacheinlage in die Anteile eingegangen sind, es werden darüber hinaus auch die Wertsteigerungen erfasst, die die Anteile in der Zeit nach der Sacheinlage erfahren haben. Darin kann für den Anteilseigner ein Nachteil liegen, wenn die Anteile keine wesentliche Beteiligung im Sinne des § 17 EStG bilden; in diesem Fall wären nämlich die Wertsteigerungen nach dem allgemeinen Einkommensteuerrecht nicht steuerpflichtig, § 18 Abs. 2 Nr. 1 gibt deshalb dem Anteilseigner die Möglichkeit, jederzeit die Realsierung der in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven auch ohne die Veräußerung der Anteile herbeizuführen und damit ein spätere Erfassung von Wertsteigerungen, die nach dem allgemeinen Einkommensteuerrecht (§ 17) nicht steuerpflichtig wären, zu vermeiden.

Dabei soll es sich um die Bestätigung von Richterrecht handeln. Jedenfalls sah die Finanzverwaltung keine Bedenken, § 18 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG 1969 auch für die Vergangenheit anzuwenden. Im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BdF) vom 16.6.1978 - IV B 2 - S 1909 - 8/78 Abschn. B I Abs. (4) Tz. 59 heißt es:

Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 UmwStG 1977(= § 18 Abs. 2 UmwStG 1969) gilt auch für Gesellschaftsanteile, die schon vor dem Inkrafttreten des UmwStG 1969 durch Einbringung eines Betriebs ... oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft entstanden sind, sofern bei der Einbringung die stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens einschließlich eines Geschäftswerts nicht voll realisiert worden sind.

Sollten mit der Bildung von steuerbegünstigten Kapitalrücklagen in Höhe von jeweils 45.500,00 RM sämtliche stillen Reserven der KG aufgedeckt worden sein, dürften sie bis spätestens 31.12.1941 auch in voller Höhe der Besteuerung unterworfen worden sein. Denn ausweislich der Anlage zu einer unter dem 22.6.1942 von Notar beurkundeten Erhöhung des Stammkapitals der GmbH - nämlich dem Jahresabschluss der GmbH zum 31.12.1941 - gab es zu diesem Zeitpunkt keine steuerbegünstigten Kapitalrücklagen bei der GmbH mehr.

Wenn der Gründungsvertrag der GmbH weder zur Annahme einbringungsgeborener Anteile zwingt noch zwingend dagegen spricht, reicht er als Grundlage für eine Änderung nach § 173 Abs.1 Nr. 1 AO nicht. Andere konkrete Anhaltspunkte für die Annahme einbringungsgeborener Anteile sind nicht vorhanden.

II.

Außerdem hat die Klage allein schon deshalb Erfolg, weil das beklagte Finanzamt - aus den vorgenannten Gründen - nicht beweisen hat, dass die Anteile tatsächlich einbringungsgeboren sind - also seinerzeit keine stillen Reserven aufgedeckt worden sind. Hierfür trägt das beklagte Finanzamt die Feststellungslast. Grundsätzlich trifft nämlich die Finanzbehörde die Feststellungslast für die steuerbegründenden und -erhöhenden Tatsachen, den Steuerpflichtigen hingegen die für die steuerentlastenden oder -mindernden Tatsachen (sog. Beweislastgrundregel, BFH-Urteil vom 28.11.2007 X R 11/07, BStBl II 2008, 335).

Es besteht kein Anlass, von dieser sog. Beweislastgrundregel hier abzuweichen - weder unter den Gesichtspunkten des Verantwortungsbereichs des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 20.3.1987 III R 172/82, BStBl II 1987, 679), seiner Veranwortungssphäre (BFH-Urteil vom 7.7.1983 VII R 43/80, BStBl II 1987, 487) bzw. seiner Beweisnähe (BFH-Urteile vom 7.7.1983 VII R 43/80, a.a.O. und vom 19.6.1985 I R 109/82, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH (BFH/NV) 1986, 249) noch ganz allgemein mit Blick auf die Einflusssphäre des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 12.3.2003 X R 17/99, BFH/NV 2003, 1031).

Es kann offen bleiben, ob dem beklagten Finanzamt der von Notar ...beurkundete Gründungsvertrag der GmbH vom 28.3.1935 je vorlag. Jedenfalls hatte Notar --.nach - seit 1.1.1935 geltendem - § 189 b Abs. 1 Nr. 1 der Reichsabgabenordnung (RAO) dem Finanzamt Anzeige u.a. über solche Rechtsvorgänge zu erstatten, wenn diese unter das KVG fielen und nach § 189 c Abs. 1 RAO durften die Notare Urkunden, die einen unter das KVG fallenden, anzeigepflichtigen Rechtsvorgang den Beteiligten erst dann aushändigen ..., wenn das Finanzamt den Empfang der Anzeige bestätigt ... hat. Eine Anzeige über einen Rechtsvorgang an das Finanzamt allein bedeutet noch nicht, dass dieses die dem zugrundeliegende Urkunde auch erhalten hat. Es liegt jedoch nahe, dass es diese Urkunde infolge der Anzeige anforderte - um so überhaupt prüfen zu können, ob für den beurkundeten Rechtsvorgang tatsächlich Kapitalverkehrsteuer anfiel und ggf. in welcher Höhe. Dennoch ist eine Beweisnähe des beklagten Finanzamts zu verneinen - es verfügt jedenfalls heute nicht mehr über die Gründungsurkunde in vollständigem Umfang.

Indessen dürfte das beklagte Finanzamt schon in seinem Verantwortungsbereich bzw. in seiner Verantwortungssphäre betroffen sein. Immerhin liegt bei ihm die Feststellungslast dafür, dass die Anteile der Kläger einbringungsgeboren sind - also beim Übergang der KG auf die GmbH keine stillen Reserven aufgelöst worden sind. Zwar mag eine Dienststelle nicht gehalten sein, bei Einbringungen gegen sog. einbringungsgeborene Anteile von vorneherein organisatorische Vorsorge zu treffen, um derartige Vorgänge langfristig, ggf. über Jahre und Jahrzehnte, lückenlos unter Kontrolle zu halten und den seinerzeitigen Einbringungsvorgang für die beteiligten Dienststellen stets gegenwärtig und "bekannt" zu halten (so BFH-Urteil vom 11.2.1998 I R 82/97, BStBl II 1998, 552). Dies berührt jedoch nur die Frage des Anwendungsbereichs des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und selbst dazu hat der BFH ausgeführt, "dergleichen möge vielleicht wünschenswert sein". Die Frage der Beweisvorsorge ist hiervon unabhängig zu beurteilen und um Beweisvorsorge hat sich nach Ansicht des erkennenden Senats vorrangig derjenige zu kümmern, den die Feststellungslast trifft.

Bei den Brüdern "C" und "D" war zwar zunächst Beweisnähe gegeben, sie ist jedoch nicht mehr vorhanden. Jedenfalls verfügt kein Rechtsnachfolger mehr über die Gründungsurkunde der GmbH vom 28.3.1935 - das Gegenteil ist nicht nachweisbar, für das Gegenteil sprechen auch sonst keine konkreten Anhaltspunkte. Soweit das beklagte Finanzamt mit seinem Schriftsatz vom 29.8.2008 den Eindruck des Gegenteils erwecken will, indem es erneut darauf abstellt, "... zumal sämtliche übrigen Verträge über Kapitalerhöhungen und sonstige Verträge seit der Gründung der GmbH in 1935 lückenlos vorliegen" - folgt der erkennende Senat dem nicht. Schon mit seinem Schriftsatz vom 21.9.2004 hatte das beklagte Finanzamt behauptet, "die Prüferinnen hätten sich von der zu prüfenden Firma die notwendigen Unterlagen vorlegen lassen"; dies wurde von den Klägern bestritten und hat sich dann auch später nicht bestätigt: Aus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Vertragsakte folgt vielmehr, dass die Prüferinnen die "notwendigen Unterlagen" vom AG "G" erhalten haben - und zwar genau in dem Umfang, wie er nunmehr vorhanden ist. Rückschlüsse aus der Unvollständigkeit des Gründungsvertrags der GmbH einerseits und der Vollständigkeit der übrigen Verträge andererseits wären also nicht zwingend den Brüdern "C" und "D" oder ihren Rechtsnachfolgern zuzurechnen - sondern allenfalls dem AG "G".

Die Brüder "C" und "D" sowie ihre Rechtsnachfolger sind nicht in ihrem Verantwortungsbereich bzw. in ihrer Veranwortungssphäre betroffen. Denn es obliegt eben dem beklagten Finanzamt der Nachweis, ob die Anteile der Kläger einbringungsgeboren waren - also dass beim Übergang der KG auf die GmbH keine stillen Reserven aufgedeckt worden sind. Die "C" und "D" sowie ihre Rechtsnachfolger können nicht dafür in die Verantwortung gezogen werden, dass die Finanzverwaltung keine Beweisvorsorge getroffen hat.

Auch unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Einflusssphäre des Steuerpflichtigen folgt nichts anderes. Dabei ist für den erkennenden Senat vor allem entscheidend, dass jedwedes System der Aufbewahrung von Urkunden bzw. von sonst irgendwie bedeutenden Schriftstücken und Unterlagen Schwächen aufweist - und dies umso mehr, je mehr Zeit verstreicht. Selbst allein schon das aus wesentlichen Aspekten des Bürgerlichen Rechts - insbesondere des Erbrechts und der damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen - heraus nach menschlichem Ermessen sichere System der Aufbewahrung notarieller Urkunden zeigt Schwächen - wie gerade hier nach über 60 Jahren eine wesentliche Urkunde nur noch unvollständig und nach weiteren 10 Jahren heute gar nicht mehr in Verwahrung ist. Die Erfüllung höherer Anforderungen kann von niemand erwartet werden - auch nicht von den Brüdern "C" und "D" und ihren Rechtsnachfolgern.

Der Schriftsatz des Finanzamtes vom 29.08.2008 gibt keinen Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Denn das dortige Vorbringen ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen und in die Entscheidungsfindung des Senates eingeflossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Berechnung der Einkommensteuer 1996 nach dem Ergebnis des erkennenden Senats wird dem beklagten Finanzamt gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO übertragen.

Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO eine Entscheidung des BFH. Es geht hier allein darum, welche Rückschlüsse aus einem Fragment an Vertrag aus dem Jahr 1935 gezogen werden können und wen die Feststellungslast trifft. Dies hat nur für den konkreten Fall Bedeutung - auch wenn es insgesamt 7 Klagen gibt. Im Übrigen ist der erkennende Senat von der jeweils einschlägigen und aktuellen Rechtsprechung des BFH ausgegangen - ohne auch nur ansatzweise hiervon abzuweichen.



Ende der Entscheidung

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