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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 15.12.2006
Aktenzeichen: 12 K 428/04 F
Rechtsgebiete: EStG, BGB


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 3
BGB § 836
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Mit am 07.04.1998 notariell beurkundetem Vertrag gründeten die "B" Verwaltungs GmbH, Herr "B", Frau "A" und Herr "C" die Gesellschaft "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung. Zweck der Gesellschaft war die Verwaltung und Verwertung eigenen Vermögens, insbesondere des der Gesellschaft gehörenden Grundbesitzes. Mit am 12.09.2000 notariell beurkundetem Vertrag wurde die Gesellschaft durch Eintragung in das Handelsregister zur Kommanditgesellschaft. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 26.09.2000. Hierbei wurde die "B" GmbH zur persönlich haftenden Gesellschafterin, während Herr "B", Frau "A" und Herr "C" bei unveränderten Beteiligungsverhältnissen, Kommanditisten wurden. Der Gesellschaftszweck blieb ebenfalls unverändert. Die Firma der Gesellschaft lautet nach der Umwandlung "B" GmbH & Co. KG.

Streitig ist, ob mit der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt wurden.

Im zur Gründung der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung vereinbarten Gesellschaftsvertrag heißt es u.a.:

§ 6

Haftung

1. Die Gesellschafter haften gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner und quotal entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftskapital. Die geschäftsführende GmbH handelt nur für die Gesellschaft als Gesamthand und verpflichtet diese nur mit dem Gesellschaftsvermögen. Sie handelt nicht für sich persönlich und nicht für die anderen Gesellschafter persönlich. Sie verpflichtet keinen der Gesellschafter persönlich mit seinem gesamten Vermögen. Sie ist nur zur Vertretung der Gesellschaft befugt. Sie ist nicht berechtigt, die Gesellschafter persönlich zu vertreten.

2. Soweit ausnahmsweise durch übereinstimmende Erklärung der Gesellschafter eine Haftung mit dem sonstigen Vermögen der Gesellschafter vereinbart wird, verpflichten sich die Gesellschafter gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen. Diese Haftungsbeschränkung gilt nicht für Fälle der gesetzlichen Gesamschuldnerschaft.

3. Die geschäftsführende Gesellschafterin ist beim Abschluss von Verträgen mit Dritten verpflichtet, den Vertragspartner von der Einschränkung der gesellschaftsrechtlichen Haftung der Gesellschafter gemäß Abs. 1 Kenntnis zu geben und bei Schuldverträgen eine Aufteilung der Haftung nach Maßgabe der oben vereinbarten Einschränkung zu vereinbaren, wenn und soweit die Gesellschafter nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbaren. Sie ist in diesem Zusammenhang verpflichtet, bei allen nach außen gerichteten Rechtshandlungen auf die Haftungsbeschränkung hinzuweisen.

§ 7

Geschäftsführung

1. Zur Geschäftsführung und Vertretung ist die geschäftsführende GmbH berechtigt und verpflichtet. Sie selbst und ihre Geschäftsführer sind für Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft und den Gesellschaftern von den Beschränkungen aus § 181 BGB befreit.

2. Jedem Gesellschafter steht ein Auskunfts- und Einsichtsrecht im Umfang des § 51 a Abs. 1 und 2 GmbHG zu.

Das beklagte Finanzamt stellte die von der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung erzielten Einkünfte für 1998 und 1999 zunächst erklärungsgemäß als Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest - und zwar in folgender Höhe:

 19981999
95.475,00 DM192.749,00 DM

Diese Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).

Der Feststellungserklärung der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung für 2000 folgte das beklagte Finanzamt der Höhe nach - es stellte die erklärten Einkünfte jedoch nicht als solche aus Gewerbebetrieb fest, sondern als solche aus Vermietung und Verpachtung. Der entsprechende Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO.

Darüber hinaus änderte das beklagte Finanzamt die Feststellungsbescheide für 1998 und 1999 - es stellte nunmehr die von der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung erklärten Einkünfte ebenfalls als solche aus Vermietung und Verpachtung fest.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens zog das beklagte Finanzamt die sich aus der Umqualifizierung der Einkünfte gebotenen einkommensteuerrechtlichen Konsequenzen; wegen der Einzelheiten hierzu wird auf das Schreiben des beklagten Finanzamts vom 26.11.2003 an die Prozessvertreter der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung Bezug genommen.

Das beklagte Finanzamt stellte die von der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung für 1998 bis 2000 erzielten Einkünfte mit Einspruchsentscheidung vom 12.01.2004 als solche aus Vermietung und Verpachtung in folgender Höhe fest:

 199819992000
140.337,00 DM230.807,00 DM171.423,00 DM

Das beklagte Finanzamt begründete die rechtliche Zuordnung der Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung in den Gründen der Einspruchsentscheidung im Wesentlichen damit, aus dem Gesellschaftsvertrag gehe nicht klar und eindeutig hervor, dass die übrigen - neben der "B" Verwaltungs GmbH vorhandenen - Gesellschafter beschränkt hafteten.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Mit dieser wird geltend gemacht, bei der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung handele es sich um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Voraussetzung hierfür sei u.a., dass die rechtsgeschäftliche Haftung der außer der Kapitalgesellschaft an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts beteiligten Gesellschafter allgemein und im Außenverhältnis auf ihre Einlage beschränkt sei. So sei es hier. Die rechtsgeschäftliche Vertretung obliege allein der persönlich haftenden Gesellschafterin, der ""B" Verwaltungs GmbH". Das beklagte Finanzamt verkenne, dass bis 1999 die Haftung der Gesellschafter dogmatisch mit der sogenannten "Theorie der Doppelverpflichtung" begründet worden sei. Diese Grundsätze seien im Gesellschaftsvertrag der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung voll umfänglich berücksichtigt worden. Nach ständiger Rechtsprechung müsse die Beschränkung der Haftung dem Vertragspartner "erkennbar" sein. Das sei geschehen - die Beschränkung sei auf den Geschäftspapieren der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung jeweils deutlich hervor gehoben worden - und zwar sei ausdrücklich auf die "B" Verwaltungs GmbH als persönlich Haftende und alleinvertretungsberechtigte Gesellschafterin sowie auf die Haftungsbeschränkung der übrigen Gesellschafter hingewiesen worden.

Im Rahmen der Umwandlung beantragte die "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung unter Bezugnahme auf das Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 18.07.2000 (IV C 2-S 2241 - 56/00), ihr Vermögen weiterhin als Betriebsvermögen zu behandeln - nunmehr unter der Bezeichnung "B" GmbH & Co. KG; das beklagte Finanzamt äußerte sich hierzu nicht.

Außerdem berufen sich die Kläger auf Vertrauensschutz.

Sie beantragen,

unter Änderung der Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der Jahre 1998 bis 2000 jeweils vom 19.11.2001 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 12.01.2004 die von der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung erzielten Einkünfte auf 95.475,00 DM für 1998, 192.749,00 DM für 1999 und 171. 117,00 DM für 2000 festzustellen und sie als gewerblich zu qualifizieren,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die streitigen einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungen für 1998 bis 2000 sind rechtmäßig. Die von der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung erzielten Einkünfte sind solche aus Vermietung und Verpachtung - die Änderungen bei der Höhe sind konsequent und beruhen allein auf der Behandlung der Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung statt als solcher aus Gewerbebetrieb.

Die Voraussetzungen des für die Behandlung der Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb allein in Betracht kommenden § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sind nicht gegeben. Es wäre hierzu erforderlich, dass an einer Personengesellschaft ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerbliche geprägte Personengesellschaft). Daran fehlt es, unabhängig von dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27.9.1999 (II ZR 371/98, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1999, 3483) - daraus folgt auch zugleich, dass keine Billigkeitsmaßnahme unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes angebracht ist.

Zwar konnte die Haftung eines BGB-Gesellschafters auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt werden, und zwar entweder durch Einzelvereinbarung mit dem Gläubiger oder durch entsprechende Beschränkung der Haftung im Gesellschaftsvertrag und Einschränkung der Vertretungsmacht der für die Gesellschaft handelnden Organe - jedenfalls dann, wenn diese Einschränkung den Gläubigern der Gesellschaft erkennbar ist (Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17.12.1992 IX R 7/91, Bundessteuerblatt (BStBl) II 1994, 492).

Eine solche Beschränkung enthält der Gesellschaftsvertrag der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung jedoch schon nicht zwingend. Denn in § 6 Abs. 2 wird- bei übereinstimmenden Erklärungen - ausdrücklich auch eine Haftung der Gesellschafter mit dem sonstigen Vermögen in Betracht gezogen. Allein schon deshalb scheidet eine beschränkte Haftung der Gesellschafter aus.

Außerdem war Zweck der "B" Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung die Verwaltung und Verwertung eigenen Vermögens, insbesondere von Grundbesitz; hierzu gehören auch Gebäude. Es ist jedoch nicht ausdrücklich vereinbart, wie die Haftung auf §§ 836 ff. BGB beschränkt werden sollte. Insoweit kann nicht ohne Weiteres darauf abgestellt werden, der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft hafte nicht persönlich für unerlaubte Handlungen eines anderen Gesellschafters - die dem zugrundeliegende Entscheidung des BGH (BGHZ 45, 311) betraf nur einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB. Demgegenüber ist eine Haftung beispielsweise aus § 836 BGB weitergehender - es wird lediglich an den Besitz angeknüpft und im Übrigen Verschulden vermutet. Eine Auslegung dahin, dass die Haftung von "B", "A" und "C" insoweit beschränkt sei, scheidet aus. Denn es ist dem erkennenden Senat auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags nicht möglich zu bestimmen, wer statt ihrer persönlich haften sollte. Die "B" Verwaltungsgesellschaft mbH scheide konsequenterweise dann ebenso aus - die Haftungsbeschränkung des § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags betrifft alle Gesellschafter, also auch sie.

Einzelne Vereinbarungen mit den jeweiligen Gläubigern sind nicht substantiiert vorgetragen - und auch sonst nicht ersichtlich. Die Kläger machen dazu allein geltend, auf den jeweiligen Briefbögen sei auf die Haftungsbeschränkung verwiesen. Dies reicht für die Annahme einer entsprechenden Vereinbarung nicht - zumal wenn man berücksichtigt, dass Vertragspartner der Kläger vielfach Mieter sind: insoweit wäre gar zu berücksichtigen, dass entsprechende Vereinbarungen - wenn sie denn zustande gekommen wären - als Allgemeine Geschäftsbedingungen zumindest nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam wären.

Nur "Erkennbarkeit" reichte ohnehin nicht - die Beschränkung der Haftung musste auch vor der Entscheidung des BGH vom 27.9.1999 (II ZR 371/98, a.a.O.) entweder mit den jeweiligen Gläubigern oder im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden (BFH-Urteil vom 17.12.1992 IX R 7/91, a.a.O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Ende der Entscheidung

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