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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 31.05.2006
Aktenzeichen: 13 K 2902/04 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 8 Abs. 1
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

13 K 2902/04 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 2001 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger erzielte im Streitjahr unter anderem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der Firma J-Service GmbH (GmbH). Sein Arbeitsverhältnis bei dieser Firma endete im Streitjahr.

Der Beklagte setzte die Einkommensteuer des Streitjahres für die Kläger auf Grund der von ihnen eingereichten Steuererklärung durch Bescheid vom 21.08.2002 fest.

Am 27.01.2004 ging beim Beklagten eine Prüfungsmitteilung des Finanzamts L-Stadt vom 21.01.2004 auf Grund einer Lohnsteueraußenprüfung ein. In dieser Prüfungsmitteilung ist angegeben, dass der Kläger im Streitjahr steuerpflichtigen Arbeitslohn in Höhe von (umgerechnet) 6.507,-. Euro erhalten habe, der vom Arbeitgeber nicht versteuert worden sei. Dieser Betrag ist die Differenz zwischen dem Ausgabekurs sogenannter "EVA- Anteile" im Jahr 1998 (10.000,- DM, umgerechnet 5.113,- Euro) und dem Einlösekurs im Streitjahr 2001 (11.620,- Euro; Auszahlung 29.06.2001). In einer Anlage zur Kontrollmitteilung heißt es:

"Die ltd. Angestellten der Fa. J. und deren Tochtergesellschaften haben die Möglichkeit, sich durch Einsatz eigenen Kapitals am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen, ohne tatsächlich Gesellschaftsanteile zu erwerben. Der ltd. Angestellte erwirbt virtuelle Anteile (Phantom stocks) seiner Gesellschaft, die nach einer Mindestbehaltefrist von 5 Jahren, zum Kurswert an die Gesellschaft zurückgegeben werden können. Die max. Behaltedauer beträgt 10 Jahre. Erstmalig wurden die Anteile zum 01.07.1997 ausgegeben. Unabhängig von der Mindestbehaltedauer müssen die Anteile beim Ausscheiden aus dem Unternehmen sofort zurückgegeben werden.

Der Kurswert richtet sich nach der Marktentwicklung des Unternehmens und wird unter Berücksichtigung des "economic value added" - EVA - berechnet. In diese Berechnung fließen nicht nur die Gewinne, sondern auch die stillen Reserven der Gesellschaft ein. Dividenden werden nicht gezahlt.

Am 14.08.1997 fand im FM NW eine Besprechung mit Teilnehmern der Fa. J., der OFD und des FM statt.

Im Rahmen dieser Besprechung wurde den Firmenvertretern mitgeteilt, dass die Differenzbeträge zwischen Ausgabe- und Einlösungskurs einschließlich der 6 %- igen Risikoprämie als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) anzusehen sind. Bei diesen Einkünften handelt es sich um Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten, für die der ermäßigte Steuersatz gem. § 34 Abs. 1 i. V. m. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG gewährt werden kann. Diese Auffassung hat sich bis heute nicht geändert.

Die Mindestbehaltedauer endet am 30.06.2002. Aber alle ausgeschiedenen An. mussten ihre Anteile vorzeitig zurückgeben. Für diesen Personenkreis wurden im Rahmen der LStAP Kontrollmitteilungen gefertigt."

Der Beklagte änderte unter Bezugnahme auf die Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung die Einkommensteuerfestsetzung der Kläger für das Streitjahr gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung - AO - durch Bescheid vom 11.02.2004. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid heißt es, die Differenz zwischen Ausgabe- und Einlösekurs (einschließlich der 6 %- igen Risikoprämie) der EVA- Anteile sei als Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit anzusehen und als Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten zu versteuern.

Hiergegen haben die Kläger nach erfolglos gebliebenen Einspruchsverfahren Klage erhoben und im Klageverfahren die Zertifikatsbedingungen für die EVA- Anteile eingereicht, die nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung - abgesehen von den in den Bedimgungen enthaltenen Jahreszahlen und dem Eurobetrag - denjenigen entsprechen, die für die EVA- Zertifikate des Klägers galten.

In den Zertifikatsbedingungen ist unter anderem Folgendes bestimmt:

"Der Emittent gewährt dem namentlich bestimmten Inhaber eines Economic Value Added Zertifikats ("EVA- Zertifikat") das Recht ("Zertifikatsrecht"), von ihm nach Maßgabe dieser Zertifikatsbedingungen bei Fälligkeit Zahlung des in Ziff. 1.2 bezeichneten Abrechnungsbetrages zu verlangen. Der Zeichner muss zum Zeitpunkt der Zeichnung in einem ungekündigten bzw. vertraglich nicht aufgelösten Anstellungsverhältnis mit dem Emittenten oder einem vom Emittenten abhängigen Unternehmen stehen.....

1.5.2 EVA- Anteile

Bei den EVA- Antielen handelt es sich nicht um Anteile im gesellschaftsrechtlichen Sinn, sondern um eine Rechengröße für die Wertermittlung des EVA- Zertifikats. Für den vom Zeichner eingezahlten Zeichnungsbetrag wird die Anzahl der ihm zustehenden EVA- Anteile je Zertifikatsurkunde ermittelt, indem der Zeichnungsbetrag durch ein Millionstel des Capitals geteilt wird....

Komponenten der Wertveränderung

Der Wert der EVA- Anteile wird während der Laufzeit des EVA- Zertifikats jährlich auf den 31. Dezember des Ausgabejahres und der Folgejahre bis zum Fälligkeitstag neu ermittelt. Für den Wert sind drei Komponenten wesentlich:

- der absolute EVA

- die EVA- Veränderung zum Vorjahr

- eine Risikoprämie auf den Zeichnungsbetrag.....

Gesamtkurswert

Der Gesamtkurswert der EVA- Anteile setzt sich zusammen aus dem Kurswert und einer Risikoprämie von 6 % p. a. auf den Zeichnungsbetrag. Der Abrechnungsbetrag entspricht dem Gesamtkurswert, ermittelt auf Basis des letzten konsolidierten Jahresabschlusses vor dem Fälligkeitstag. Der EVA und der entsprechende Kurs werden für jedes Geschäftsjahr von dem Abschluss- Prüfer des Emittenten verbindlich festgestellt.... Der Zeichner kann das Zertifikatsrecht nur an andere Personen, die ihrerseits berechtigt sind, ein gleichartiges EVA- Zertifikat des Emittenten zu zeichnen, oder an seinen Ehepartner, seine Eltern oder seine Abkömmlinge abtreten; Zeichner in Großbritannien jedoch nur an ihren Ehepartner oder ihre noch nicht volljährigen Kinder. Jeder dieser Erwerber kann weitere Abtretungen nur an den ursprünglichen Zeichner oder an Personen vornehmen, an die der Zeichner selbst abtreten könnte. Abtretungen an andere Personen sind unwirksam.... Ziff. 4.1. und 4.2 gelten für Verpfändungen entsprechend. Nießbrauchbestellungen sind ausgeschlossen. Abtretungen und Verpfändung gemäß den vorstehenden Bestimmungen sind nur mit Zustimmung des Emittenten wirksam.... Der Inhaber ist berechtigt, die Einlösung des Zertifikatsrechts frühestens mit Wirkung zum 01.07.2009 zu verlangen. Nach diesem Zeitpunkt kann der Inhaber bis zum Fälligkeitstag jeweils zum 01.07. eines Folgejahres die Einlösung verlangen. Der Inhaber ist ferner zur vorzeitigen Kündigung des Zertifikatsrechts vor dem Fälligkeitstag berechtigt wenn, der Inhaber auf Grund unternehmensseitiger Kündigung, durch Aufhebungs- vertrag oder durch Versetzung zu einem anderen Unternehmen innerhalb des J-Konzerns aus den Diensten des Emittenten oder eines vom Emittenten abhängigen Unternehmens ausscheidet; der Inhaber aus den Diensten des Emittenten oder eines vom Emittenten abhängigen Unternehmens ausscheidet; weil der Emittent oder das von ihm abhängige Unternehmen ein Angebot des Zeichners oder des zeichnungsberechtigten Inhabers auf Fortsetzung eines befristeten Anstellungsvertrages zu unveränderten Bedingungen nicht annimmt; der Zeichner oder der zeichnungsberechtigte Inhaber wegen Eintritts in den Ruhestand oder wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit im Sinne der Vorschriften des VI: Buches des Sozialgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung aus dem Erwerbsleben ausscheidet; der Zeichner oder der zeichnungsberechtigte Inhaber verstirbt. Der Emittent ist zur vorzeitigen Kündigung des Zertifikatsrechts vor dem Fälligkeitstag berechtigt, wenn der Zeichner oder der zeichnungsberechtigte Inhaber auf Grund eigener oder unternehmensseitiger Kündigung seines Angestelltenverhältnisses, durch Aufhebungsvertrag oder durch Versetzung zu einem anderen Unternehmen innerhalb des J-Konzerns aus den Diensten des Emittenten oder eines vom Emittenten abhängigen Unternehmen ausscheidet; der Zeichner oder der zeichnungsberechtigte Inhaber aus den Diensten des Emittenten oder eines vom Emittenten abhängigen Unternehmens ausscheidet, weil er ein Angebot, ein befristetes Anstellungsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortzusetzen, nicht annimmt; die Erben des Inhabers nicht innerhalb von sechs Monaten nach dessen Tod den Nachweis führen, dass das Zertifikatsrecht auf Personen übergegangen ist, an die es gemäß Ziff. 4.1 hätte abgetreten werden können; das Zertifikatsrecht gepfändet oder ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Inhabers eröffnet oder die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt wird; Entsprechendes gilt für die Nachlassinsolvenz; der Inhaber einem Unternehmen des J-Konzerns rechtswidrig einen Schaden zugefügt hat, der nicht wieder gutgemacht worden ist;".......

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Klägern zur Finanzgerichtsakte gereichten Zertifikatsbedingungen Bezug genommen.

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor:

Da der Kläger seine EVA- Zertifikate zu einem angemessenen Entgelt erworben habe, seien weder der Erwerb noch der zum Zeitpunkt der späteren Einlösung realisierte Kursgewinn als Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis zu werten. Mit einem Kursgewinn werde nicht die Verzinsung einer Forderung verwirklicht, sondern vielmehr der auf die EVA- Zertifikate entfallende Anteil an der beim Emittenten erzielten Wertschöpfung. Der Kursgewinn stelle daher keinen einkommensteuerpflichtigen Kapitalertrag dar, sondern sei einkommensneutrale Vermögensmehrung.

Die Ausgabe der Zertifikate könnte auf den ersten Blick als durch das Dienstverhältnis veranlasst angesehen werden, da nur ein definierter Kreis von leitenden Mitarbeitern zur Zeichnung berechtigt sei. Bei der Prüfung des Veranlassungszusammenhangs seien jedoch nicht nur die Überlegungen maßgeblich, die den Arbeitgeber veranlasst hätten, seinen leitenden Mitarbeitern EVA- Zertifikate anzubieten. In gleicher Weise seien die Gründe für die Anlageentscheidung des leitenden Mitarbeiters in die Beurteilung einzubeziehen. Dieser treffe seine Entscheidung letztlich vor folgenden Hintergrund:

Die Zeichnung sei freiwillig, die Kapitaleinzahlung erfolge aus eigenen versteuerten Mitteln, die Anlage sei mit dem Risiko verbunden, die eingesetzten Mittel zu verlieren, Chancen und Risiken der Anlage seien nur teilweise durch seine Arbeitsleistung beeinflussbar und in ihrer absoluten Höhe von seiner Kapitalanlage abhängig. Lasse die Gesamtwürdigung mehrere Veranlassungsursachen für die Einnahme erkennen, so solle nach herrschender Meinung auf die entscheidende Veranlassung abzustellen sein. Die entscheidende Veranlassung könne im vorliegenden Fall nur in dem Kapitaleinsatz des Klägers gesehen werden. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Ausgabe der Zertifikate unentgeltlich oder zu einem unangemessen niedrigen Entgelt erfolgt wäre. Hier sei die Ausgabe gegen Entgelt zum Nominalwert erfolgt. Die entscheidende Veranlassung für den Erwerb der Zertifikate liege nicht in der Tätigkeit für das Unternehmen, sondern in der Hoffnung auf eine gute Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Ein Teil der variablen Vergütung der Führungskräfte werde auf der Basis des EVA ermittelt, so dass für die geleistete Arbeit bereits eine erfolgsabhängige Vergütung gezahlt werde.

Darüber hinaus könnten Führungskräfte sich mit eigenem Kapital im Rahmen von Schuldverschreibungen am Gewinn oder Verlust des Unternehmens beteiligen.

Die Wertentwicklung der EVA- Zertifikate bis zur Einlösung sei ebenfalls nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst. Mit einem EVA- Zertifikat erwerbe der Arbeitnehmer nicht lediglich eine Option zum späteren Erwerb eines Beteiligungspapiers, sondern erwerbe das Beteiligungspapier unmittelbar mit allen damit verbundenen Chancen und Risiken. Seine Anlageentscheidung habe er dabei als Kapitalanleger getroffen, der eine angemessene Rendite für sein angelegtes Kapital suche. Die Entscheidung habe daher nicht im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis gestanden.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid vom 11.02.2004 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor:

Nach den Gesellschaftsvertrag hätten nur die direkten Nachfahren der Brüder A.J. und B.J. die Möglichkeit, sich an dem Unternehmen zu beteiligen. Um die leitenden Angestellten am Erfolg des Unternehmens teilhaben zu lassen, seien die EVA- Anteile erfunden worden. Der Berechtigte nehme am Zuwachs oder auch an der Minderung des Gesellschaftsvermögens teil. Die leitenden Angestellten sollten nicht nur kurzfristig den Gewinn erhöhen, sondern langfristig den Wert der Gesellschaft steigern. Je besser die leitenden Angestellten "ihr" Unternehmen führten, umso größer sei der Gewinn aus den Anteilen. Die entscheidende Veranlassung sei die Tätigkeit für das Unternehmen. Die Ausgabe der Zertifikate sei so eng mit dem Unternehmen verknüpft, dass die Kapitalüberlassung überlagert werde. Die Erträge und natürlich auch eventuelle Verluste seien somit als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Einkommensteuergesetz - EStG - zu erfassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Beklagten wird auf seine Schriftsätze vom 26.07. und 28.09.2004 Bezug genommen.

Die Klage ist nicht begründet.

Der geänderte Einkommensteuerbescheid vom 11.02.2004 ist rechtmäßig. Bei dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausgabe- und Einlösekurs der vom Kläger gezeichneten EVA- Zertifikate handelt es sich um weitere im Streitjahr zugeflossene Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit.

Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst zufließen. Einnahmen im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind (Bundesfinanzhof - BFH - Urteile vom 17.09.1982 VI R 75/79, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 1983, 39 und vom 23.06.2005 VI R 124/99, BStBl. II 2005, 766). Die berufliche Veranlassung liegt vor, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das zur Verfügung stellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (BFH- Urteil in BStBl. II 2005, 766 m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen war die Wertdifferenz zwischen den Zeichnungs- und Einlösekurs der vom Kläger gezeichneten EVA- Zertifikate durch das individuelle Dienstverhältnis des Klägers veranlasst. Die Möglichkeit, EVA- Zertifikate zu zeichnen und dadurch Gewinne zu erzielen, wurde dem Kläger im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als leitender Angestellter der GmbH gewährt. Derartige Zertifikate konnten nur leitende Angestellte der J-Firmengruppe, zu der auch die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers gehörte, zeichnen. Die enge wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem Dienstverhältnis und dem Zeichnungsrecht für EVA- Zertifikate wird ferner dadurch verdeutlicht, dass die Zertifikate seitens des Emittenten unter anderem dann vorzeitig gekündigt werden können, wenn der Inhaber eines Zertifikats auf Grund eigener oder unternehmensseitiger Kündigung oder Aufhebung des Angestelltenverhältnisses aus den Diensten des Emittenten oder eines vom Emittenten abhängigen Unternehmens ausscheidet (Nr. 5.3 der Zertifikatsbedingungen). Das Bestehen eines Dienstverhältnisses zur GmbH oder einer anderen Firma der J-Gruppe war mithin nicht nur notwendige Voraussetzung für das Zeichnungsrecht von EVA- Zertifikaten, sondern auch hinreichende Bedingung für die Wertung des Senats, dass der Vorteil durch das Arbeitsverhältnis veranlasst war.

Auch die erhebliche Einschränkung der rechtsgeschäftlichen Übertragbarkeit der Zertifikate, nämlich außer an engste Angehörige eines Zertifikatinhabers nur an Personen, die ihrerseits berechtigt waren, ein gleichartiges Zertifikat des Emittenten zu zeichnen (Nr. 4 der Zertifikatsbedingungen), die den Verbleib der Zertifikate bei den Personen des begrenzten Kreises der Zeichnungsberechtigten bzw. ihren engsten Angehörigen bezweckt, spricht für eine Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis. Denn diese Bestimmungen wie auch die grundsätzlich einzuhaltende Frist für die Einlösung der Zertifikate bezweckten offenbar, den begrenzten Kreis zertifikatsberechtigter leitender Angestellter an die Firmen des J-Konzerns zu binden. Ferner spricht für eine Veranlassung durch das Dienstverhältnis, dass die Ausgabe von EVA- Zertifikaten als sogenanntes "Incentive- System" angesehen wird, dass zu einem Wert- und leistungsorientierten Verhalten der Führungskräfte führt (Förster/Reuß Der Betrieb 2002, 2664, 2666; vgl. auch Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 23.07.2003 Sa 260/03, Juris- Dokument).

Auch wenn der Kläger, wie er unbestritten und glaubhaft vorgetragen hat, die Zertifikate in der Hoffnung auf eine gute Verzinsung des angelegten Kapitals gezeichnet hat, ändert dies nichts daran, dass - worauf es bei mehreren Veranlassungszusammenhängen entscheidend ankommt - "prägend" für den hier zu beurteilenden geldwerten Vorteil nach den gesamten Umständen das Arbeitsverhältnis und nicht die auf Grund der Zeichnung der EVA- Zertifikate erfolgte Kapitalüberlassung war (vgl. BFH- Urteil in BStBl. II 2005, 766).

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO für eine Änderung des Steuerbescheides vom 21.08.2002 lagen vor, weil dem Beklagten erst durch die Kontrollmitteilung vom 21.01.2004 bekanntgeworden ist, dass der Kläger im Jahr 1998 die EVA- Zertifikate gezeichnet und sie im Streitjahr mit Gewinn eingelöst hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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