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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: 13 K 5636/02 AO
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 195 S. 2
AO § 367 Abs. 3 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

13 K 5636/02 AO

Tenor:

Die Einspruchsentscheidungen vom 02.09.2002 werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger und der Beklagte je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Die Kläger waren Gesellschafter der "A" und "B" Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Zweck nach § 1 des Gesellschaftsvertrages vom 13.03.1997 der Betrieb einer Steuerberatungspraxis war. Wegen der weiteren EInzelheiten wird auf den zu den Gerichtsakten gereichten Vertrag vom 13.03.1997 Bezug genommen. Die GbR, die ihren Sitz in "C" hatte, ist unstreitig jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt zivilrechtlich vollbeendet. Sie war steuerlich als Kleinstbetrieb eingestuft.

Die GbR ist aus der "D" Steuerberatungsgesellschaft m. b. H. (GmbH) hervorgegangen. Die GmbH war durch notariell beurkundeten Umwandlungsbeschluss vom 13.03.1997 formwechselnd gemäß §§ 190 ff. Umwandlungsgesetz in die GbR umgewandelt worden. Die Umwandlung erfolgte laut Nummer 7 des Umwandlungsbeschlusses mit steuerlicher Wirkung entsprechend § 14 Umwandlungssteuergesetz auf den 01.01.1997 unter Fortführung der Buchwerte der zu steuerlichen Zwecken erstellten Schlussbilanz zum 31.12.1996. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in den Steuerakten befindlichen Umwandlungsbeschluss vom 13.03.1997 Bezug genommen.

An der GbR waren "A" mit einem Kapital von 49.000,- DM und "B" mit einem Kapital von 1.000,- DM beteiligt.

Am 20.01.1997 hatten die GmbH als Verkäufer und die "E" GmbH Steuerberatungsgesellschaft als Käufer einen Praxisübernahmevertrag abgeschlossen. Nach dessen Nummer 1 war Gegenstand dieses Vertrages die von der GmbH betriebene Steuerberatungspraxis einschließlich des Praxisinventars. Die Übertragung und Übernahme erfolgten am 01.02.1997. Nach Nummer 2 des Vertrages trat die "E" GmbH mit dem Übernahmevertrag in alle Mandate der GmbH ein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in den Steuerakten befindlichen Praxisübernahmevertrag vom 20.01.1997 Bezug genommen.

Der Kläger zu 1) ist Inhaber einer Steuerberaterpraxis in "F" , die für den Prüfungszeitraum 1995 bis 1997 als Mittelbetrieb eingestuft worden ist. Das Finanzamt "G" hat für die Prüfung der Einkünfte aus dieser Praxis dem Beklagten einen Prüfungsauftrag erteilt. Der Kläger zu 1) ist außerdem beherrschender Gesellschafter einiger Unternehmen aller Größenklassen. Für die Prüfung seiner Einkünfte ist der Beklagte auch originär zuständig, da der Kläger zu 1) als sog. Einkommensmillionär einzustufen ist und im Zuständigkeitsbereich des Beklagten wohnt. Mit der Betriebsprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 ist begonnen worden, die Prüfung ist aber nach Angabe der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2006 noch nicht abgeschlossen.

Die GbR hatte im Jahr 1998 ein Formular "Gründung einer Personengesellschaft" an das Finanzamt "C"- West zurückgesandt, in dem sie als ihren Empfangsbevollmächtigten für alle Steuerarten die "H" GmbH Steuerberatungsgesellschaft in "I" bezeichnete.

Für die Jahre 1996 bis 2001 hat die GbR Steuererklärungen und Bilanzen beim Finanzamt "C"- West eingereicht. Auf die in den Gerichtsakten befindlichen Steuererklärungen nebst Anlagen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. In den jeweiligen Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommenbesteuerung ist in der Rubrik "Empfangsvollmacht- gemeinsamer, von allen Beteiligten bestellter Empfangsbevollmächtigter" jeweils "H" GmbH Steuerberatungsgesellschaft angegeben.

Unter dem Datum vom 17.11.2000 erließ das Finanzamt für Großbetriebsprüfung (Groß- Bp) zwei die GbR betreffende Betriebsprüfungsanordnungen (PGPL-Nrn.: 99/0787 und 99/0788), die beide der "H" GmbH bekanntgegeben wurden.

Die Prüfungsanordnung zur PGPL- Nr.: 99/0787 enthält den Zusatz, dass die Bekanntgabe an "H" GmbH als Empfangsbevollmächtigter der GbR, diese als Rechtsnachfolger der "D" Steuerberatungsgesellschaft mbH erfolge. In dieser Prüfungsanordnung wird die Prüfung der Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Investitionszulage für die Zeiträume 1995 bis 1996 sowie des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 01.01.1995 bis 01.01.1997 sowie der Feststellungen gem. § 47 KStG auf den 31.12.1995 und 1996 angeordnet.

Die Prüfungsanordnung zu PGPL- Nr.: 99/0788 enthält den Zusatz, dass die Bekanntgabe an "H" GmbH als Empfangsbevollmächtigte der GbR erfolge. In dieser Prüfungsanordnung wird die Prüfung der Umsatzsteuer 1996 und 1997, der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften 1996 bis 1997, des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 01.01.1996 und 1997 und der Gewerbesteuer 1996 und 1997 angeordnet.

In Anlagen zu den Prüfungsanordnungen wird darauf hingewiesen, dass die Groß- Bp vom Finanzhamt "C" gemäß § 195 Satz 2 Abgabenordnung - AO - mit den Prüfungen beauftragt worden sei, da wirtschaftliche und finanzielle Verbindungen zum Kläger zu 1) oder anderen verbundenen Unternehmen bestünden.

Die Beauftragung durch das Finanzamt "C"- West war am 27.03.2000 zusammen mit der Ermächtigung zum Erlass der Prüfungsanordnungen erfolgt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prüfungsaufträge vom 27.03.2000 und die Prüfungsanordnungen vom 17.11.2000 Bezug genommen.

Gegen die Prüfungsanordnungen legte die GbR Einspruch ein.

Mit Schreiben vom 18.07.2002 richtete das Finanzamt "C"- Nord unter Bezugnahme auf die Prüfungsanordnungen vom 17.11.2000 und die bisherigen Beauftragungen vom 27.03.2000 zwei Schreiben an den Beklagten, in denen es heißt:

"Durch die Neugründung der Finanzämter für Groß- und Konzernbetriebsprüfung bei gleichzeitiger Auflösung der bisherigen Prüfungsämter in Nordrhein- Westfalen entfällt die durch die bisherige Beauftragung gemäß § 195 Satz 2 AO gegebene Zuständigkeit des aufgelösten Finanzamtes. Ich beauftrage Sie daher gemäß § 195 Satz 2 AO aus Zweckmäßigkeitsgründen die o. g. Außenprüfung in dem laut Prüfungsanordnung angegebenen sachlichen Umfang durch- bzw. fortzuführen".

Der Beklagte wies durch Einspruchsentscheidungen vom 02.09.2002 die Einsprüche gegen seine Beauftragung mit der Durchführung der Betriebsprüfung zurück. Zur Begründung führte er in den Einspruchsentscheidungen unter anderem aus, dass seine - des Beklagten - Beauftragung sachgerecht und ermessensfehlerfrei erfolgt sei. Unternehmen, die zu einem Konzern gehörten oder durch ein beherrschendes Unternehmen verbunden seien, seien im Zusammenhang unter einheitlicher Leitung und nach einheitlichen Grundsätzen zu prüfen (§ 13 Abs. 1 Betriebsprüfungsordnung - BpO -).

Nach § 18 Nr. 2 BpO gelte dieser Grundsatz auch "bei Unternehmen, die nicht zu einem Konzern gehören, aber eng verbunden sind, z. B. durch wirtschaftliche oder verwandtschaftliche Beziehungen der Beteiligten, gemeinschaftlich betriebene Tätigkeit". Die erforderliche enge Verbindung zwischen dem Kläger zu 1) und der GbR sei bereits auf Grund der Beteiligung des Klägers zu 1) in Höhe von 98 % gegeben. Eine Prüfung unter einheitlicher Leitung sei nur gewährleistet, wenn das mit der Prüfung des Klägers zu 1) befasste Finanzamt auch die Prüfung der GbR übernehme. Die Beauftragung durch das Finanzamt "J" sei auch ermessensgerecht. Durch die Prüfung unter einheitlicher Leitung werde sichergestellt, dass die gebotene einheitliche Rechtsanwendung bei allen vom Kläger zu 1) beherrschten Unternehmen erfolgen können. Desweiteren könnten die vielfältigen Verbindungen der vom Kläger zu 1) beherrschten Unternehmen untereinander (Rechnungskonten, Darlehensvereinbarungen etc.) zeitnah durch Informationsaustausch "auf kurzem Weg" zwischen den mit der Prüfung der Firmen befassten Prüfern beim Beklagten überprüft und abgestimmt werden.

In den hiergegen erhobenen Klagen, die die Aktenzeichen 13 K 5636/02 AO und 13 K 5640/02 AO erhalten haben, und die in der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2006 unter dem erstgenannten Aktenzeichen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind, ist als Klägerin die ""A" und "B" GbR" bezeichnet.

Nachdem der erkennende Senat Anträge der GbR auf Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnungen durch Beschlüsse vom 24.06.2003 (13 V 6378/02 A (AO) und 13 V 6380/02 A (AO)) abgelehnt hatte, hat der Beklagte die Prüfung durchgeführt.

Der Betriebsprüfer vertrat in seinem Bericht vom 03.08.2004 die Auffassung, dass die steuerliche Rückwirkung der Umwandlung nicht anzuerkennen sei, da hier ein Steuerumgehungstatbestand (§ 42 AO) vorliege. Die Umwandlung sei ausschließlich mit dem Ziel erfolgt, den Veräußerungsgewinn dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in den Gerichtsakten befindlichen Prüfungsbericht vom 03.08.2004 Bezug genommen.

Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2006 sind die auf Grund der Betriebsprüfung ergangenen Änderungsbescheide angefochten und die Rechtsbehelfe gegen die Änderungsbeschedie noch anhängig.

Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger geltend, dass die Prüfungsanordnungen nichtig oder zumindest rechtswidrig gewesen seinen und tragen zur Begründung vor:

Die Prüfungsanordnungen hätten nicht mehr gegenüber der GbR erlassen werden dürfen, weil diese zum Zeitpunkt des Erlasses der Prüfungasanordnungen bereits liquidiert gewesen sei. Gemäß § 1 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages habe der Zweck der GbR im Betrieb einer Steuerberatungsgesellschaft bestanden. Dieser Zweck sei jedoch durch den vorherigen Verkauf der Mandanten und der gesamten Praxis nicht mehr erreichbar gewesen. Diese Unmöglichkeit zur Erreichung des Gesellschaftszweckes führe gemäß § 726 BGB zur Vollbeendigung der GbR. Diese sei mithin sofort nach ihrer Entstehung durch Umwandlung beendet gewesen. Jedenfalls aber sei die GbR spätestens zum 31.12.1999 vollbeendet worden. Zum 31.12.1999 sei das verbeleibende Guthaben an die Kläger verteilt worden. Hierdurch sei eine Auseinandersetzung im Sinne von § 730 Abs. 1 BGB erfolgt. Mithin stehe eindeutig fest, dass die GbR spätestens mit Auseinandersetzung und Verteilung des Gesellschaftsvermögens zu diesem Zeitpunkt beendet worden sei. Die Beendigung liege mithin deutlich vor Erlass der Prüfungsanordnung.

Eine wirksame Bekanntgabe der Prüfungsanordnungen an die ehemalige Empfangsbevollmächtigte der GbR sei nicht mehr möglich gewesen. Auf der Feststellungserklärung 1998 sei offensichtlich durch eine Mitarbeiterin des Finanzamts "C"- West der Vermerk "kein Signal" angebracht worden, woraus zu schließen sei, dass das Finanzamt von der Beendigung der GbR ausgegangen sei.

Es werde auch bestritten, dass das Finanzamt "C"- Nord für die Beauftragungen vom 18.07.2002 zuständig gewesen sei.

Falls die Prüfungsanordnungen nicht nichtig sein sollten, seien sie jedenfalls rechtswidrig. § 195 Satz 2 AO gestatte lediglich den Übergang der örtlichen, nicht aber der sachlichen Zuständigkeit auf ein anderes Prüfungsfinanzamt. Auch der Hinweis des Beklagten auf 13 Abs. 1 BpO könne nicht nachvollzogen werden, da der Beklagte in keiner Weise dargelegt habe, dass die GbR Teil eines Konzerns gewesen sei. Auch der Hinweis auf § 18 Satz 1 Nr. 2 BpO, nach dem Unternehmen, die nicht zu einen Konzern gehörten, aber eng miteinander verbunden seien von einer Finanzbehörde geprüft werden könnten, greife nicht. Zwar sei der Kläger zu 1) selbst auf Grund seiner Stellung als Einkommensmillionär als Großbetrieb eingestuft, zwischen ihn und der GbR gebe es jedoch keine gemeinschaftliche betriebliche Betätigung. Ungeachtet dessen seien weder im Rahmen der schrifftlichen Beauftragung noch in der Anlage zur Prüfungsanordnung hinreichende Gründe erkennbar, die eine rechtmäßige Ermessensausübung widerspiegelten.

Da die Prüfungsanordnungen nach ihrer - der Kläger - Auffassung schon nichtig seien und deshalb keine Ermessensentscheidungen mehr über ihre Rechtmäßigkeit zu treffen sei, könne das Gericht die Nichtigkeit der Prüfungsanordnungen auch dann feststellen, wenn für den Erlass der Einspruchsentscheidungen das beauftragende Finanzamt zuständig gewesen seion sollte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Kläger wird auf ihre Schriftsätze vom 20.11.2002, 14. und 31.01.2003, 10.01., 12.05. und 19.07.2005 nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

festzustellen, dass die Betriebsprüfungsanordnungen vom 17.11.2000 nichtig,

hilfsweise

rechtswidrig waren und die Einspruchsentscheidungen aufzuheben,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Er trägt vor:

Die Prüfungsanordnungen seien weder nichtig noch rechtswidrig.

Der Betriebsprüfungsbericht sei nicht so zu verstehen, dass die GbR bereits im Zeitpunkt der Umwandlung aufgelöst worden sei. Wäre sie bereits im Jahre 1997 aufgelöst worden, hätten für die Folgejahre auch keine Steuererklärungen abgegeben werden müssen. Tatsächlich habe die GbR Steuererklärungen für die Jahre bis 2003 beim zuständigen Festsetzungsfinanzamt eingereicht. Diesen Steuererklärungen sei zu entnehmen, dass die GbR bis 1999 noch Einkünfte erzielt habe, aus den Jahresabschlüssen sei ersichtlich, dass bis 2003 noch Betriebsvermögen vorhanden gewesen sei.

Der Gesetzgeber habe den Finanzbehörden durch § 195 Satz 2 AO bewusst die Möglichkeit einräumen wollen, abweichend von der gesetzlichen Zuständigkeit eine andere Finanzbehörde mit der Durchführung der Prüfung zu beauftragen. Zu den Finanzbehörden im Sinne der AO gehörten alle Finanzämter und somit auch die Finanzämter für Groß- und Konzernbetriebsprüfung. Ein Ermessensfehler bei der Entscheidung zur Beauftragung des Beklagten seitens des Finanzamts "J" liege hier nicht vor. Es sei hier auch eine enge Verbindung im Sinne des § 18 Satz 1 Nr. 2 BpO zwischen der GbR und ihrem Hauptgesellschafter gegeben. Es bestünden Verrechnungskonten mit anderen Unternehmen, die ebenfalls vom Kläger zu 1) beherrscht würden. Auch die Steuererklärungen der GbR seien von einer anderen Gesellschaft ("H" GmbH) erstellt worden, die ebenfalls vom Kläger zu 1) beherrscht werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Beklagten wird auf seine Schriftsätze vom 19.12.2002, 06.02.2003 und 19.03.2005 Bezug genommen.

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Die Einspruchsentscheidungen vom 02.09.2002 sind aufzuheben. Der weitergehende Klageantrag ist unbegründet.

Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, dass Kläger die beiden Gesellschafter der ehemaligen, zivilrechtlich vollbeendeten GbR sind. In der Klageschrift ist zwar als Klägerin die GbR bezeichnet. Für die Beteiligtenstellung ist jedoch die Bezeichnung in der Klageschrift nicht allein ausschlaggebend (Bundesfinanzhof - BFH - Beschluss vom 08.11.2005 VIII B 3/96, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2006, 570). Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der in der Klageschrift gewählten Beteiligtenbezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhaltes beizulegen ist (BFH- Beschluss in BFH/NV 2006, 570). In diese Beurteilung ist auch das tatsächliche Vorbringen im weiteren Verlauf des Verfahrens mit einzubeziehen (BFH- Urteil vom 14.11.1986 III R 12/81, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 1987, 178). Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist grundsätzlich die Person als Beteiligter anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (BFH- Beschluss in BFH/NV 2006, 570 m. w. N.). Auch bei scheinbar eindeutiger Erklärung hängt die Bestimmung des Klägers von allen dem Finanzamt und dem Finanzgericht als den Empfängern der Klagerschrift bekannten oder erkennbaren Umständen tatsächlicher oder rechtlicher Art ab (BFH- Urteil vom 08.01.1991 VII R 61/88, BFH/NV 1991, 795). Dabei ist im allgemeinen nicht anzunehmen, dass eine Klage für jemanden erhoben wird, der nicht mehr existent ist (BFH- Urteil in BStBl. II 1987, 178). Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall davon auszugehen, dass die Klage - entgegen ihrem Wortlaut - von den beiden früheren Gesellschaftern der GbR erhoben worden ist.

Die Klage ist mit dem in der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2006 gestellten Antrag zulässig.

Der Steuerpflichtige hat an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Prüfungsanordnung ein berechtigtes Interesse, wenn er damit - wie im Streitfall - die Auswertung der durch die Prüfung erlangten Erkenntnisse durch das Finanzamt verhindern will (BFH- Urteile vom 16.12.1986 VIII R 123/86, BStBl. II 1987, 248 undvom 09.11.1994 XI R 33/93, BFH/NV 1995, 621, jeweils m. w. N.). Die Feststellung der Rechtswidrigkeit hindert die Verwertung der Prüfungserkenntnisse (BFH- Urteil in BStBl. II 1987, 248 m. w. N.). Haben die Prüfungsfeststellungen bereits Eingang in Steuerbescheide gefunden, müssen zur Beseitigung der aus den Prüfungsfeststellungen gezogenen Folgerungen zusätzlich die Steuerbescheide angefochten werden (BFH- Urteil in BStBl. II 1987, 248), was im Streitfall geschehen ist.

Die Einspruchsentscheidungen des Beklagten sind aufzuheben, weil der Beklagte für den Erlass dieser Einspruchsentscheidungen nicht zuständig war.

Im Streitfall ist die Wirksamkeit bzw. Rechtmäßigkeit zweier Prüfungsanordnungen strittig, die der Beklagte zulässigerweise (vgl. BFH- Urteil vom 10.12.1987 IV R 77/86, BStBl. II 1988, 322 und BFH- Beschluss vom 27.11.2003 I B 119/03 u. a., BFH/NV 2004, 756) erlassen hat, weil er gemäß § 195 Satz 2 AO mit der Außenprüfung beauftragt worden war.

Der Beklagte hätte aber nach Auffassung des Senats wegen § 367 Abs. 3 Satz 1 AO nicht über die gegen die Prüfungsanordnungen eingelegten Einsprüche entscheiden dürfen. Richtet sich der Einspruch gegen ein Verwaltungsakt, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Behörde erlassen hat, so entscheidet gemäß § 367 Abs. 3 Satz 1 AO die zuständige Behörde über den Einspruch. Der Senat ist der Auffassung, dass der Beklagte im Streitfall die angefochtenen Prüfungsanordnungen "auf Grund gesetzlicher Vorschrift", nämlich auf Grund von § 195 Satz 2 AO, für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, mit der Rechtsfolge, dass über die zulässigerweise beim Beklagten eingelegten Einsprüche (§ 357 Abs. 2 Satz 3 AO) gegen die Prüfungsanordnungen nicht der Beklagte, sondern das örtlich zuständige Finanzamt zu entscheiden hatte. Der Senat schließt sich insoweit dem Urteil des 2. Senats des Finanzgerichts München vom 30.11.2004 2 K 1749/01 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2005, 579, rechtskräftig, Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig, BFH- Beschluss vom 27.03.2006 VIII B 21/05, BFH/NV 2006, 1256) und der dort zitierten herrschenden Meinung der Literatur an. Auch der erkennende Senat ist der Auffassung, dass sich bereits aus dem Wesen der Prüfungsanordnung ergibt, dass das an sich zuständige Finanzamt über den Einspruch gegen die vom beauftragten Finanzamt erlassene Prüfungsanordnung zu entscheiden hat.

Der Entschluss der Finanzbehörde, die Außenprüfung nicht selbst durchzuführen, sondern damit nach § 195 Satz 2 AO und § 5 Abs. 1 Satz 2 BpO ein anderes Finanzamt zu beauftragen, ist eine Ermessensentscheidung (BFH- Urteil in BStBl. II 1988, 322). Mit der Ermächtigung bestimmt die beauftragende Finanzbehörde den sachlichen Umfang (§ 194 Abs. 1 AO) der Außenprüfung, insbesondere sind die zu prüfenden Steuerarten und der Prüfungszeitraum anzugeben. Die zuständige Behörde hat nach eigenem Ermessen zu entscheiden, ob eine Außenprüfung zulässig und zweckmäßig ist. Erst danach kann sie entscheiden, ob es sachgerecht ist, eine andere Behörde zu beauftragen. Dies bedeutet, dass dem beauftragten Finanzamt nicht die Entscheidung überlassen werden kann, ob und in welchem Umfang eine Außenprüfuing durchgeführt wird (BFH- Urteil in BStBl. II 1988, 322). Es liegt im Wesen der Ermessensentscheidung, dass sie anders ausfallen könnte, wenn sie unter Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit ergangen ist (vgl. BFHJ- Urteil vom 15.10.1998 V R 77/97, BFH/NV 1999, 585). Eine von einem örtlich unzuständigen Finanzamt erlassene Prüfungsanordnung ist in der Regel als rechtswidrig aufzuheben (BFH- Urteil vom 25.01.1989 X R 158/87, BStBl. II 1989, 483). Das beauftragte Finanzamt ist nur zuständig zu entscheiden, welche Maßnahmen zur Erledigung des Auftrages ergriffen werden (z. B. Beginn, Ort der Prüfung, vorzulegende Unterlagen). Wäre man der Meinung, dass § 367 Abs. 3 Satz 1 AO den Fall des § 195 Satz 2 AO nicht betrifft, würde dies dazu führen, dass anstelle der für die Besteuerung zuständigen Behörde ausschließlich die beauftragte Behörde darüber entscheiden könnte, ob eine Außenprüfung durchgeführt werden soll. § 367 Abs. 3 Satz 2 AO gibt der beauftragten Behörde aber nur das Recht zur Abhilfe.

Die Einspruchsentscheidungen sind im Streitfall ausnahmsweise isoliert aufzuheben, damit nunmehr die zuständige Behörde über den Einspruch entscheiden und ggf. nach erfolglosem Einspruchsverfahren das zuständige Finanzgericht "K" von den Klägern angerufen werden kann. Mit dem weitergehenden Klageantrag auf Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnungen kann sich der erkennende Senat schon deshalb nicht in der Sache befassen, weil er auf Grundlage der von ihm zu § 367 Abs. 3 Satz 1 AO vertretenenen Rechtsauffassung insoweit nicht gesetzlicher Richter (Artikel 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -.

Die Revisionszulassung folgt aus § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Die Rechtsfrage, ob ein Prüfungsauftrag nach § 195 Satz 2 AO ein Verwaltungsakt ist, der "auf Grund gesetzlicher Vorschrift" im Sinne des § 367 Abs. 3 Satz 1 AO ergangen ist, erfordert zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH, da die genannte Vorschrift sowohl im Sinne der hier vertretenen Meinung als auch der Gegenmeinung verstanden werden kann ( vgl. BFH- Beschluss in BFH/NV 2006, 1256) und der Senat mit seiner Entscheidung von den BFH- Urteilen in BSTBl. II 1988, 322 und BFH/NVB 2004, 756 abweicht.



Ende der Entscheidung

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