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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.05.2008
Aktenzeichen: 14 K 2450/07 Kg
Rechtsgebiete: AO, EStG, BGB


Vorschriften:

AO § 1 Abs. 1 S. 1
AO § 47
AO § 108 Abs. 3
AO § 110 Abs. 1 S. 1
AO § 122 Abs. 2 Nr. 1
AO § 155 Abs. 4
AO § 169 Abs. 1 S. 1
AO § 169 Abs. 1 S. 3
AO § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
AO § 170 Abs. 1
AO § 171 Abs. 3
EStG § 31 S. 3
EStG § 66 Abs. 2
EStG § 67 S. 1
BGB § 130 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

14 K 2450/07 Kg

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger für seine Tochter Susanne (geb. am 01.09.1981) Kindergeld im Zeitraum 01.01.2002 bis 31.12.2002 beanspruchen kann.

Die Tochter befand sich in diesem Zeitraum in einer Berufsausbildung. Mit Schreiben vom 29.12.2006, das als Anschrift die A-Str. 1, A-Stadt, aufweist, beantragte der Kläger beim Beklagten die rückwirkende Zahlung von Kindergeld für das Jahr 2002 unter Vorlage von Unterlagen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Tochter. Ferner trug er vor, dass er bislang kein Kindergeld beantragt habe, weil nach der Rechtslage vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Beschluss vom 11.01.2005 (2 BvR 167/02) davon auszugehen gewesen sei, dass kein Kindergeldanspruch bestehe. Das Schreiben des Klägers trägt einen Eingangsstempel des Beklagten mit dem Datum "03. Jan. 2007".

Der Beklagte lehnte im Bescheid vom 01.03.2007 für den Streitzeitraum eine Kindergeldfestsetzung ab. Zur Begründung wies er darauf hin, dass bei Eingang des Antrages am 03.01.2007 der Kindergeldanspruch für das Jahr 2002 verjährt gewesen sei.

Gegen den Bescheid legte der Kläger am 03.04.2007 Einspruch ein. Im Schreiben vom 05.06.2007 führte der Kläger zur Begründung unter gleichzeitiger Beantragung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 der Abgabenordnung (AO) aus: Die Festsetzungsfrist sei gemäß § 108 AO i.V.m. §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht am 31.12.2006, sondern erst am 02.01.2007 abgelaufen.

Ihn treffe kein Verschulden an der Fristversäumung. Nach der Auskunft der Deutschen Post betrage die Beförderungsdauer einen Tag, so dass er davon ausgegangen sei, der Antrag sei am 30.12.2006 eingegangen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG dürften Verzögerungen bei der Briefbeförderung oder -zustellung, die der Rechtsmittelführer nicht zu vertreten habe und auf die er auch keinen Einfluss ausüben könne, nicht als dessen Verschulden gewertet werden. Hinsichtlich der Postlaufzeiten bei Inlandsbeförderungen könne der Bürger darauf vertrauen, dass die von der Deutschen Post AG nach ihrem organisatorischen und betrieblichen Vorgängen für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten auch eingehalten würden. Von den Beteiligten sei nur zu verantworten, dass das zu befördernde Schriftstück den postalischen Bestimmungen entspreche. Der Bürger könne grundsätzlich Rechtsmittelfristen bis zum letzten Tag ausschöpfen ohne sich insoweit rechtfertigen zu müssen. Er sei im Rahmen der von der Deutschen Post AG bekannt gegebenen Regellaufzeiten auch nicht gehalten, zusätzliche Vorkehrungen zur Fristwahrung zu treffen. Gegen Ende der Rechtsmittelfrist obliege es ihm lediglich, bei Inanspruchnahme der Post eine Beförderungsart zu wählen, die - unter Berücksichtigung der normalen Postlaufzeiten - die Einhaltung der Frist gewährleiste. Sei die übliche Postlaufzeit überschritten, so komme es nicht mehr darauf an, auf welchen Gründen die Verzögerung beruhe. Außerdem sei auch bei Anwendung der Zustellfiktion nach § 122 AO der Antrag fristgerecht eingereicht worden.

Der Beklagte wies den Einspruch in der Einspruchsentscheidung vom 25.06.2007 als unbegründet zurück und führte aus: Auf das als Steuervergütung ausgestaltete Kindergeld fänden die Regelungen der AO Anwendung. Eine Steuerfestsetzung bzw. die Festsetzung einer Steuervergütung wie des Kindergeldes sei nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Die Festsetzungsfrist betrage für Kindergeld nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO vier Jahre. Sie beginne mit dem Ende des Kalenderjahres, für das die Steuervergütung zu gewähren sei (§ 170 Abs. 1 AO). Demnach habe die Festsetzungsfrist für das Kalenderjahr 2002 am 01.01.2003 begonnen und mit Ablauf des 31.12.2006 geendet. Im Hinblick auf den Jahreswechsel 2006/2007 seien Anträge, die am ersten regulären Werktag des Jahres 2007, vorliegend also am 02.01.2007 eingegangen seien, als fristwahrend angesehen worden. Der Antrag des Klägers sei jedoch erst am 03.01.2007 eingegangen und damit verfristet.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht entsprochen werden, da der Kläger nicht dargelegt habe, ohne Verschulden gehindert gewesen zu sein, die gesetzliche Frist einzuhalten. Im Hinblick auf den anstehenden Jahreswechsel habe der Kläger nicht auf eine regelmäßige Postlaufzeit von einem Tag vertrauen dürfen. Er sei vielmehr gehalten gewesen, für einen fristgerechten Eingang der Sendung Sorge zu tragen. Das bloße Vertrauen auf Regellaufzeiten zum Jahreswechsel trage dem nicht Rechnung. Vielmehr wäre z.B. die zeitgleiche Versendung des Antrages mit einem öffentlichen Telefax zur Fristwahrung ein sicherer Weg gewesen.

Die Drei-Tage-Fiktion des § 122 AO sei lediglich auf Verwaltungsakte der Finanzbehörde und nicht auf Antragsschreiben anwendbar.

Zur Begründung seiner am 29.06.2007 erhobenen Klage trägt der Kläger unter Wiederholung seines Einspruchsvorbringens ergänzend vor: Die Aussage des Beklagten, der Antrag auf Gewährung von Kindergeld sei erst am 03.01.2007 eingegangen, sei nach Auskunft der Post unmöglich. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der zuständige Sachbearbeiter den Brief erst am 03.01.2007 zur Kenntnis genommen habe, der Brief jedoch bereits am 02.01.2007 in den Machtbereich des Beklagten gelangt sei. Die über das Postfach des Beklagten eingehende Post werde dem Postfach täglich um 7.00 Uhr und um 9.00 Uhr entnommen. Der mit der Post vereinbarte Sortierschluss ende ca. gegen 9.00 Uhr, wobei es sich jedoch nur um einen Richtwert und nicht um eine verbindliche Uhrzeit handle. Sei der Posteingang besonders hoch, wie etwa am ersten Werktag des Jahres 2007, dauere die Sortierzeit auch deutlich länger. Die Post werde mit dem Tag der Abholung gestempelt. Auf die Tatsache, dass der Tag des Zugangs nicht der Tag der Postabholung sei, werde keine Rücksicht genommen. Deshalb befänden sich in der Post, die morgens um 7.00 Uhr abgeholt werde, Anträge, die in der Zeit von 9.00 Uhr des Vortages bis um 7.00 Uhr des laufenden Tages in das Postfach eingelegt worden seien.

Unabhängig von der Frage eines fristgerechten Eingangs sei ihm im Falle einer Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Obwohl es sich bei Festsetzungsfristen regelmäßig nicht um Handlungsfristen handle, auf die die Wiedereinsetzungsvorschriften Anwendung fänden, sei im Streitfall zu beachten, dass nicht die Aufhebung oder Unterbrechung der Festsetzungsfrist beantragt werde, sondern eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich des nicht verschuldeten Ablaufs der Antragsfrist. In Ermangelung einer besonderen Erklärungs- oder Antragsfrist komme in diesem Falle die Festsetzungsfrist einer Antragsfrist als Handlungsfrist gleich. In dem Zeitraum von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Kindergeldanspruch bestehe, habe eine erhebliche Handlung, die zu einer Steuervergütung führe, erfolgen können. Aufgrund dessen sei die Festsetzungsfrist zu einer eigentlichen Frist umqualifiziert. Zu den eigentlichen Fristen gehörten die Fristen, innerhalb welcher der Steuerpflichtige rechtserhebliche Handlungen - wie zum Beispiel einen Antrag - vornehmen müsse, wenn er keinen Rechtsnachteil erleiden wolle. Im Streitfall sei das Vorliegen einer Handlungsfrist von vier Jahren durch die Anwendung des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO eindeutig gegeben. Der Ausschluss einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf die Anwendung der Festsetzungsfrist werde deshalb vorliegend durchbrochen.

Der 3. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) habe im Beschluss BFH/NV 2007, 1090 unter Rdz. 5 ausdrücklich offengelassen, ob eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Ablauf der Festsetzungsfrist überhaupt möglich sei. In dem dort der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt habe es die Klägerin vielmehr versäumt, die unterlassene Handlung innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses nachzuholen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 01.03.2007 und der Einspruchsentscheidung vom 25.06.2007 Kindergeld für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2002 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er nimmt auf den ablehnenden Bescheid vom 01.03.2007 und die Einspruchsentscheidung vom 25.06.2007 Bezug.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte ist nicht verpflichtet, zu Gunsten des Klägers für das Jahr 2002 Kindergeld festzusetzen (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Kindergeldanspruch des Klägers für das Jahr 2002 ist wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist erloschen (§ 47 AO).

Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist eine Steuerfestsetzung, sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Das Kindergeld wird nach § 31 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Steuervergütung gezahlt. Es gelten daher die Vorschriften der AO (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AO). Nach § 155 Abs. 4 AO sind die Vorschriften über die Steuerfestsetzung (§§ 155 bis 178 AO), also auch die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung (§§ 169 bis 171 AO), sinngemäß auf die Festsetzung einer Steuervergütung anzuwenden.

Die Festsetzungsfrist für Steuervergütungen beträgt 4 Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO). Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch auf die Steuervergütung entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO). Das Kindergeld wird auf Antrag (§ 67 Satz 1 EStG) vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen weggefallen sind (§ 66 Abs. 2 EStG). Der Anspruch auf das Kindergeld entsteht somit für jeden Monat, in dem die Anspruchsvoraussetzungen zu irgendeinem Zeitpunkt vorgelegen haben. Die Festsetzungsfrist für das in den einzelnen Monaten des Kalenderjahres 2002 zu zahlende Kindergeld beginnt somit mit Ablauf dieses Kalenderjahres 2002.

Da das Ende der vierjährigen Frist, also der 31.12.2006, auf einen Sonntag fiel und der nächste Tag, der 01.01.2007, ein gesetzlicher Feiertag war, endete die Festsetzungsfrist nach § 108 Abs. 3 AO erst mit Ablauf des 02.01.2007, dem nächstfolgenden Werktag. § 108 Abs. 3 AO findet als lex specialis zu § 193 BGB sowohl auf "eigentliche" Fristen (Handlungsfristen) als auch auf "uneigentliche" Fristen, die nicht von der Vornahme einer Handlung abhängen, Anwendung (vgl. Vorlagebeschluss an den Großen Senat des BFH vom 17.09.2002 IX R 68/98, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 199, 493, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2003, 2; BFH-Beschluss vom 23.09.2003 IX R 68/98, BFHE 202, 431, BStBl II 2003, 875 über die Aufhebung des Vorlagebeschlusses; BFH-Beschluss vom 23.01.2008 VII B 169/07, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2008, 738). Die Verjährungsfristen zählen als gesetzliche Fristen zu den "uneigentlichen" Fristen (vgl. BFH-Urteil vom 05.03.1986 II R 5/84, BFHE 146, 27, BStBl II 1986, 462; Klein/Brockmeyer, AO, 9. Aufl., § 108 Rz 6) und werden mithin vom Anwendungsbereich des § 108 Abs. 3 AO erfasst.

Ein fristgerecht gestellter Antrag löst nach § 171 Abs. 3 AO eine Ablaufhemmung aus. "Gestellt" ist ein Antrag, wenn er bei der zuständigen Behörde eingeht. Nicht maßgebend ist, wann der Berechtigte den Antrag zur Post gegeben hat. Nach § 169 Abs. 1 Satz 3 AO ist die Festsetzungsfrist gewahrt, wenn der Bescheid den Bereich der für die Festsetzung zuständigen Behörde verlassen hat. Da dieser Teil der Regelung des § 169 AO zur Festsetzungsverjährung ausschließlich der Wahrung der Interessen der Behörden dient, findet er niemals Anwendung auf den Kindergeldberechtigten (vgl. Schwarz/Frotscher, § 171 Rz. 10; Lange/Nowack/Sander/Stahl/Beinhold, Kommentar zum Kindergeldrecht im Öffentlichen Dienst, III/A.90, S. 98).

Für den Zugang des Antrages gelten die bürgerlich rechtlichen Regelungen über den Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärungen entsprechend. Eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB in dem Zeitpunkt zugegangen, in dem die zuständige Behörde zu den behördenüblichen Zeiten die Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Inhalt des Schriftstückes erhalten konnte (vgl. BFH-Beschluss vom 03.04.2002 IX B 151/01, BFH/NV 2002, 900; BFH-Urteil vom 20.12.2006 X R 38/05, BFHE 216, 297, BStBl II 2007, 823). Dies ist nicht bereits mit dem Einsortieren der Sendung in das Postschließfach der Behörde der Fall, sondern erst mit der Abholung der Sendung durch einen Amtsträger der Behörde (vgl. BFH-Urteil vom 03.08.1978 VI R 73/78, BFHE 125, 498, BStBl II 1978, 649 ; BFH, BFHE 216, 297, BStBl II 2007, 823). Der Senat folgt nicht der abweichenden Auffassung, wonach ein Zugang bereits mit dem Einwurf in das Postfach vorliegen soll (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler - H/H/Sp - , § 108 AO Rz. 145; Schwarz, § 108 Tz 9b.). Diese Auffassung beruht auf der Annahme, dass im Falle des Abstellens auf die Leerungszeit ein willkürlicher Zeitpunkt Maßgeblichkeit erlange. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass bei einer postalischen Versendung sowohl im Falle einer Übermittlung durch Einwurf in den Hausbriefkasten als auch bei dem Einwurf in das Postfach des Empfängers Unwägbarkeiten bestehen, die ihre vorrangige Ursache in der Dauer des Sortiervorganges durch den Postdienstleister haben. In beiden Fällen hängt der Zeitpunkt des Einwurfs in den Hausbriefkasten bzw. das Postfach entscheidend von der Dauer des vorangegangenen Sortiervorganges ab. Würde im Falle des Vorhandenseins eines Postfaches ein Zugang bereits im dem Einwurf in das Postfach unterstellt, wäre hiermit im Gegensatz zu einer Übermittlung durch einen Postzusteller ein jederzeitiger Zugang nach Abschluss des Sortiervorganges verbunden. Dies ist nach Auffassung des Senats jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn - wie im Streitfall - entsprechend dem eigenen Vorbringen des Klägers eine tägliche Leerung des Postfaches zu behördenüblichen Zeiten vorgenommen wird und diese Leerung auch tatsächlich stattgefunden hat. Will der Absender einen taggenauen Zugang sicherstellen, muss er den Weg einer Übermittlung per Telefax oder Einwurf in den Hausbriefkasten der Behörde wählen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Versendung über ein Wochenende und/oder Feiertage erfolgt.

Nach diesen Grundsätzen ist der Antrag des Klägers nach dem Posteingangsstempel des Beklagten erst am 03.01.2007 beim Beklagten eingegangen und damit nach dem Ende der Verjährungsfrist, so dass der Antrag keine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO auslösen konnte. Dem behördlichen Eingangsstempel kommt nach ständiger höchstrichterlicher Rechsprechung als öffentlicher Urkunde nach den allgemeinen Erfahrungssätzen der volle Beweis für die darin beurkundeten Tatsachen zu (vgl. BFH, BFHE 216, 297, BStBl II 2007, 823 m.w.N.). Der Drei-Tage-Zeitraum des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift nur für von der Behörde bekannt gegebene Verwaltungsakte (vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO, 16. Aufl., § 122 AO Tz 48).

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AO kommt - unabhängig von der Frage, ob vorliegend die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung erfüllt sind - im Zusammenhang mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist nicht in Betracht. Nach der genannten Vorschrift ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Festsetzungsfristen des § 169 Abs. 2 AO als gesetzliche Fristen, die von den Behörden als Verwaltungsträger im Verwaltungsverfahren zu beachten sind, fallen nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht unter die Fristen i. S. des § 110 Abs. 1 AO und sind damit nicht wiedereinsetzungsfähig (vgl. BFH-Urteile vom 19.08.1999 III R 57/98, BFHE 191, 198, BStBl II 2000, 330 undvom 24.01.2008 VII R 3/07, BFH/NV 2008, 838; BFH-Beschluss vom 27.02.2007 III B 158/06, BFH/NV 2007, 1090).

Entgegen der Auffassung des Klägers kann die durch den Ablauf der Festsetzungsfrist eingetretene Rechtsfolge nicht dadurch rückwirkend beseitigt werden, dass dem Kläger nach § 110 Abs. 1 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die versäumte Antragsfrist gewährt wird. Denn ein solcher Antrag führt nicht dazu, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO rückwirkend beseitigt wird. § 171 Abs. 3 AO setzt ausdrücklich voraus, dass der Antrag auf Festsetzung einer Steuervergütung vor Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt wird, weil zu berücksichtigen ist, dass der Anspruch ansonsten bereits zuvor nach § 47 AO erloschen ist (vgl. BFH, BFH/NV 2008, 110; Tipke/Kruse, a.a.O. § 171 AO Tz 10; a. A. Ruban in H/H/Sp, § 171 AO Rz. 10).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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