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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.03.2009
Aktenzeichen: 14 K 3600/06 G
Rechtsgebiete: KapErhStG, GewStG


Vorschriften:

KapErhStG § 5 Abs. 1
GewStG § 7 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Gewerbeertrag für das Jahr 1997 um eine Kapitalrückzahlung i. S. des § 5 des Gesetzes über steuerrechtliche Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln (KapErhStG) zu erhöhen ist.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Erwerb, die Verwaltung und die Verwertung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie die Vermittlung von Grundstücksgeschäften aller Art.

Die Klägerin ist zu 1 % an der "A" GmbH (vormals "B" AG) beteiligt. Diese hat durch Beschluss der Gesellschafter vom 20.02.1997 nach vorangegangener Umwandlung von Kapitalrücklagen (Altkapital EK 03) in Nennkapital die Herabsetzung des Grundkapitals um 12.000.000 DM beschlossen. Die Herabsetzung erfolgte zum Zwecke der Rückzahlung an die Anteilseigner durch Einziehung von Stammaktien. Auf die Klägerin entfiel ein Rückzahlungsbetrag von 120.000 DM.

Die gemäß § 5 Abs. 2 Kap ErhStG entstandene Pauschsteuer von 30 % wurde von der "A" GmbH ordnungsgemäß entrichtet.

Bei der Klägerin unterlag die Kapitalrückzahlung in Höhe von 120.000 DM wegen der Pauschalierung keiner Körperschaftsteuer und wurde deshalb im Rahmen der Einkommensermittlung gewinnneutral behandelt.

Nach Auffassung der Betriebsprüfung (Bericht vom 17.12.2003, Tz. 20) ist der Gewerbeetrag für das Streitjahr um 120.000 DM zu erhöhen, da die Pauschsteuer bei der Gewerbesteuer keinen zusätzlichen Abgeltungscharakter habe.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung an und erließ am 02.05.2006 einen entsprechend geänderten Gewerbesteuermessbescheid.

Die Klägerin hat fristgerecht Einspruch eingelegt.

Zur Begründung führte die Klägerin aus, gemäß § 7 Gewerbesteuergesetz (GewStG) sei der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG und des KStG zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb. Laut Abschnitt 38 Abs. 1 Gewerbesteuerrichtlinien (GewStR) sei der für gewerbesteuerliche Zwecke ermittelte Gewinn zwar verfahrensrechtlich selbstständig, aber unter Berücksichtigung der Vorschriften des EStG, KStG usw. zu ermitteln. Diese Vorschriften seien nur insoweit nicht anzuwenden, als sie ausdrücklich auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer beschränkt seien oder ihre Nichtanwendung sich unmittelbar aus dem Gewerbesteuergesetz und aus dem Wesen der Gewerbesteuer ergebe. Es sei auch unerheblich, ob sich die Gewinnermittlungsmaßnahmen bilanzmäßig oder außerhalb der Bilanz auswirken würden. Vor diesem Hintergrund bedürfe es einer ausdrücklichen Regelung des Gewerbesteuergesetzes, um den auf Grundlage der Vorschriften des EStG/KStG ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb um die nach § 5 Abs. 1 KapErhStG fingierten Gewinnanteile zu erhöhen. Hierfür sei jedoch weder in den §§ 7, 8 GewStG eine Rechtsgrundlage, noch in den GewStR eine Auslegung in diesem Sinne ersichtlich. Sie würde auch der Intention des § 5 KapErhStG widersprechen.

Diese Ansicht werde durch die herrschende Meinung in der Literatur gestützt. Die fiktiven Gewinnanteile im Sinne von § 5 Abs. 1 KapErhStG seien beim Anteilseigner nicht in die Besteuerung einzubeziehen; seine Steuerschuld sei mit der bei der Gesellschaft erhobenen Pauschsteuer abgegolten. Dies würde auch dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, der lt. Gesetzesbegründung in der Pauschsteuer einerseits eine Vereinfachung - einheitliche Besteuerung auf der Gesellschaftsebene - andererseits eine Steuer mit dem Charakter einer "Prohibitionssteuer" sehe, die temporär verhindern solle, dass über den Umweg der Kapitalerhöhung und anschließenden Kapitalherabsetzung die Besteuerung umgangen werde.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 10.08.2006 als unbegründet zurück.

Zur Begründung führte der Beklagte aus, nach dem Wortlaut des § 5 KapErhStG gelte die Pauschsteuer lediglich die Steuern vom Einkommen der Gesellschafter ab. Dabei berücksichtige die Höhe des Steuersatzes von 30 Prozent die bei einer Ausschüttung im Normalfall herzustellenden Ausschüttungsbelastung mit Anrechnung bei den Anteilsinhabern. Mit der Formulierung "Steuer beim Einkommen" habe der Gesetzgeber deutlich gemacht, welche Steuer durch die Pauschsteuer abgegolten sei; nämlich nur die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer, nicht jedoch die Gewerbesteuer als Steuer vom Ertrag und Objektsteuer.

Dieses Ergebnis ergebe sich auch unter Berücksichtigung des Gewerbesteuergesetzes. Gemäß § 7 GewStG sei der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuer- oder der Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb. Die als Gewinnanteil geltende Nennkapitalrückzahlung sei als Betriebseinnahme beim Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 und § 5 EStG zu erfassen.

An einer ausdrücklichen Rechtsvorschrift im EStG, KStG oder GewStG, wonach derartige Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewerbeertrags außer Betracht blieben, fehle es. Durch die spezialgesetzliche Vorschrift des § 5 KapErhStG werde dieser Herabsetzungsbetrag nur nicht bei der Ermittlung der Tarifbelastung nach dem KStG berücksichtigt. Diese Vorschrift schlage jedoch nicht auf die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer durch.

Die Abgeltung der Pauschsteuer sei auf die Einkommensteuer und Körperschaftsteuer beschränkt. Diese Beurteilung werde durch den Umstand unterstrichen, dass die Pauschsteuer nach § 5 Abs. 2 KapErhStG als Personensteuer i. S. d. § 10 Nr. 2 KStG anzusehen sei.

Die Klägerin hat fristgerecht Klage erhoben. Nach der ausdrücklichen Gesetzesvorlage des § 7 Abs. 1, 2. Halbsatz Gewerbesteuergesetz sei der nach dem EStG bzw. KStG zu ermittelnde Gewinn nur insoweit dem Gewerbeertrag zu Grunde zu legen, wie er "bei der Ermittlung des Einkommens ... zu berücksichtigen ist". Bei der Ermittlung dieses Gewinns im steuerlichen Sinne seien deshalb nicht nur bilanzmäßige Gewinnermittlungsmaßnahmen zu berücksichtigen, sondern auch solche außerhalb der Bilanz. Eine solche außerbilanziell durchzuführende Kürzung des Gewinns erfolge im Falle von Kapitalrückzahlungen im Sinne des § 5 KapErhStG. Die Ansicht des Beklagten, dass sie (die Klägerin) ihre Anteile an der "A" GmbH im Betriebsvermögen gehalten habe und die Kapitalrückzahlung daher im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs nach dem § 4 Abs. 1, 5 EStG einen Vermögenszufluss darstellen würden, treffe zu. Da aber die auf Gesellschaftsebene erhobene Pauschsteuer gemäß § 5 Abs. 2 KapErhStG mit Abgeltungswirkung versehen sei und deshalb zwingend dazu führen müsse, dass die Kapitalrückzahlung beim Anteilseigner steuerfrei sei und keiner weiteren Einkommen- oder Körperschaftsteuerbelastung unterliege, müsse der Bilanzgewinn des Anteilseigners außerbilanziell um die steuerfreie Kapitalrückzahlung gekürzt werden. Damit sei die Kapitalrückzahlung auch bei Anteilen im Betriebsvermögen für Zwecke der Einkommen- und Körperschaftsteuer des Gesellschafters per Saldo wie eine steuerfreie Einnahme zu behandeln. Die "A" GmbH habe die Kapitalrückzahlung ordnungsgemäß versteuert, so dass die Rückzahlung für die Klägerin im Ergebnis körperschaftsteuerfrei sei. Das Zusammenspiel von KapErhStG und EStG bzw. KStG und die daraus resultierende Steuerfreistellung der gesetzlich fingierten Dividenden schlage systembedingt notwendigerweise auch auf den Gewinn aus Gewerbebetrieb als Kerngröße des Gewerbeertrags durch.

Hinzurechnungen zu dem Gewinn aus Gewerbebetrieb sehe das Gewerbesteuergesetz nur in § 8 GewStG vor. Eine Hinzurechnung von Kapitalrückzahlungen nach vorangegangener Umwandlung von Kapitalrücklagen in Nennkapital sei in § 8 GewStG nicht geregelt. Insbesondere sei § 8 Nr. 5 GewStG nicht anwendbar, da der Gewinnanteil nicht gemäß § 8 b Abs. 1 KStG außer Ansatz geblieben sei.

Aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 KapErhStG ("Steuern vom Einkommen") folge nicht, dass der Gesetzgeber nur die Einkommen- und Körperschaftsteuer durch die Erhebung der Pauschsteuer als abgegolten ansehe. Denn der Gesetzgeber habe in § 7 GewStG die Ermittlung des Gewerbeertrages ausdrücklich von den nach dem Einkommensteuergesetz oder Körperschaftsteuergesetz berücksichtigungsfähigen Gewinnen abhängig gemacht. Deshalb funktioniere die Gesetzessystematik genau umgekehrt: Steuerfreie Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes oder Körperschafteuergesetzes könnten nur ausnahmsweise dann als Gewerbeertrag berücksichtigt werden, wenn der Gesetzgeber Durchbrechungen von dieser Anknüpfung an das EStG/KStG ausdrücklich anordne (oder wenn die Freistellung dem Wesen der Gewerbesteuer widersprächen). Damit sei unerheblich, dass § 5 KapErhStG von den Steuern vom Einkommen spreche. Entscheidend sei vielmehr, dass steuerfreie Einnahmen erzielt worden seien, die bereits nicht in dem Gewinn aus Gewerbebetrieb als nach § 7 Satz 1 GewStG relevanter Ausgangsgröße für die Ermittlung des Gewerbeertrags enthalten seien, und dass es keine spezielle gewerbesteuerliche Norm gebe, die die Nichtberücksichtigung anordne. Nur dies sei für die Ermittlung des Gewerbeertrags maßgeblich. Eine ausdrückliche Anordnung der Nichtberücksichtigung der Kapitalrückzahlungen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags sei deshalb nicht erforderlich.

Der Beklagte begründe die Einbeziehung der Kapitalrückzahlungen in den Gewerbeertrag des weiteren damit, dass die Höhe des Pauschsteuersatzes von 30 Prozent lediglich die bei einer Ausschüttung der Altrücklage herzustellende Ausschüttungsbelastung berücksichtige und gerade nicht die in diesem Fall zu entrichtende Gewerbesteuer. Auch aus diesem Grund dürfe die Pauschsteuer nicht zu einer Abgeltung der Gewerbesteuer führen. Dem sei jedoch entgegen zu halten, dass die auf Gesellschaftsebene entstehende Ausschüttungsbelastung nicht notwendigerweise mit der (ohne Berücksichtigung der Gewerbesteuer eintretenden) Steuerbelastung auf Anteilseignerebene übereinstimme. Dies gelte sowohl für progressiv besteuerte natürliche Personen im Bereich der Einkommensteuer wie auch für den Bereich der Körperschaftsteuer, da der Pauschsteuersatz seit Geltung des KapErhStG ab 1960 in Höhe von 30 Prozent konstant geblieben sei, während sich die Höhe der Ausschüttungsbelastung, die erstmals 1977 eingeführt worden sei, im Laufe der Jahre verändert habe. Die abstrakte Höhe des Pauschsteuersatzes lasse somit keinerlei Rückschlüsse darauf zu, welche auf Anteilseignerebene anfallenden Steuern davon abgedeckt werden sollten.

Auch die Ausgestaltung des § 5 Abs. 2 KapErhStG als eine auf Vereinfachung angelegte Pauschsteuer spreche für eine auch die Gewerbesteuer umfassende Abgeltungswirkung.

Die Einbeziehung der Kapitalrückzahlung in den Gewerbeertrag könne auch nicht erfolgreich mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer begründet werden. Zwar müsse nach herrschender Auffassung eine im Rahmen der Einkommensermittlung gewährte Steuerbefreiung dann bei der Ermittlung des Gewerbeertrags unberücksichtigt bleiben, wenn diese mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer nicht in Einklang zu bringen sei. Dies gelte jedoch nur für persönliche Steuerbefreiungen wie beispielsweise § 5 KStG oder § 3 GewStG, bei der bestimmte Personen von der Steuerpflicht ausgenommen würden. Die Pauschsteuer auf Gesellschaftsebene führe jedoch gerade nicht zu einer persönlichen Steuerbefreiung. Denn es werde hier nicht etwa eine bestimmte Person von der Besteuerung ausgenommen, sondern lediglich eine bestimmte Ertragsart - nämlich die Kapitalrückzahlung bei der Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital - beim Anteilseigner, so dass die Steuerbefreiung nicht an die Person des Steuerpflichtigen anknüpfe.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 1997 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag vom 02.05.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.08.2006 insoweit zu ändern, als der Gewerbeertrag um 120.000 DM geringer angesetzt wird,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist der Beklagte auf seine Rechtsausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 10.08.2006.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Bescheid für 1997 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag vom 02.05.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.08.2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten ( § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO). Dem Gewerbeertrag ist der fiktive Gewinnanteil im Sinne des § 5 Abs. 1 KapErhStG in Höhe von 120.000 DM nicht hinzuzurechnen.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG oder des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt oder vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Der Gewerbeertrag entspricht somit, abgesehen von den gewerbesteuerlichen Zu- und Abrechnungen, grundsätzlich dem Gewinn aus Gewerbebetrieb, der der Bemessung der Einkommen- und Körperschaftsteuer zugrunde zu legen ist. Zur Einkommen- und Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage gehören nicht Einnahmen, die entweder unter keine Einkunftsart fallen oder aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften als steuerfrei behandelt werden. Diese Einnahmen zählen grundsätzlich auch nicht zum Gewerbeertrag des § 7 GewStG (vgl. BFH-Urteil vom 12.01.1978 IV R 84/74, BFHE 124, 204, BStBl II 1978, 267 und vom 08.05.1991 I R 33/90, BFHE 165, 191, BStBl II 1992, 437). Dies gilt nur dann nicht, wenn sich unmittelbar aus dem GewStG etwas anderes ergibt oder soweit die steuerbefreiende Vorschrift mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer nicht in Einklang steht (vgl. BFH-Urteil vom 12.01.1978 IV R 84/74, BFHE 124, 204, BStBl II 1978, 267; vom 24.10.1990 X R 64/89, BFHE 163, 42, BStBl II 1991, 358; vom 08.05.1991 I R 33/90, BFHE 165, 191, BStBl II 1992, 437 und vom 03.04.2008 IV R 54/04, BFHE 220, 495, BStBl II 2008, 742 jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Der fiktive Gewinnanteil der Klägerin im Sinne des § 5 Abs. 1 KapErhStG ist bei der Bemessung der Körperschaftsteuer der Klägerin nicht zu berücksichtigen. Denn § 5 Abs. 2 KapErhStG stellt eine Steuerbefreiungsvorschrift auf der Ebene des Anteilsinhabers dar. Nach § 5 Abs. 2 KapErhStG werden die auf Gewinnanteile im Sinne des Absatzes 1 entfallenden Steuern vom Einkommen der Gesellschafter im Wege der Pauschbesteuerung erhoben. Die Steuer ist von der Kapitalgesellschaft zu entrichten. Sie beträgt 30 % der Gewinnanteile. § 5 KapErhStG führt damit zwar zu einer Pauschsteuer auf Gesellschaftsebene. Die Pauschsteuer hat aber nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift Abgeltungswirkung für die Steuern vom Einkommen des Anteilsinhabers. Dies bedeutet, dass der fiktive Gewinnanteil im Sinne des § 5 Abs. 1 KapErhStG auf Ebene des Anteilsinhabers eine steuerfreie Einnahme darstellt (vgl. Frotscher/Maas, KStG, UmwStG, § 41 KStG (alt) Rdnr. 43; Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand August 2006, § 5 KapErhStG Rdnr. 13; Dötsch/Pust/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, Stand August 1989, § 41 KStG (alt) Rdnr. 37b; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand Dezember 1992, § 20 Rdnr. D 31, Ernst & Young, KStG mit Nebenbestimmungen, § 41 KStG (alt) Rdnr. 92, 93; Leingärtner in StuW 1968, 333 (342)). Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG ist die Steuerfreiheit auf Anteilsinhaberebene technisch durch eine außerbilanzielle Kürzung des Bilanzgewinns herzustellen (vgl. Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand August 2006, § 5 KapErhStG Rdnr. 13; Dötsch/Pust/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, Stand August 1989, § 41 KStG (alt) Rdnr. 37b; Ernst & Young, KStG mit Nebenbestimmungen, § 41 KStG (alt) Rdnr. 93).

Als steuerfreie Einnahme gehört der Gewinnanteil im Sinne des § 5 Abs. 1 KapErhStG nicht zu dem körperschaftsteuerrechtlichen Gewinn der Klägerin, der bei der Ermittlung des Einkommens zu berücksichtigen ist ( § 8 Abs. 1 KStG, § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Die Einnahmen zählt somit grundsätzlich nicht zum Gewerbeertrag ( § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Dabei ist unerheblich, dass die Steuerfreistellung durch eine außerbilanzielle Korrektur erfolgt (vgl. Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand September 2008, § 7 GewStG Rdnr. 55; BFH-Urteil vom 28.11.2001 I R 86/00, BFH/NV 2002, 675 zur vGA unter II. B. 2.; Abschn. 38 Abs. 1 Satz 7 Gewerbesteuerrichtlinien 1998).

Im Streitfall ist eine davon abweichende Beurteilung weder dem GewStG noch dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer zu entnehmen. Zum Einen sieht das GewStG, insbesondere § 8 GewStG, eine ausdrückliche Hinzurechnung des fiktiven Gewinnanteils im Sinne des § 5 Abs. 1 KapErhStG unstreitig nicht vor. Zum Anderen handelt es sich bei der Vorschrift des § 5 Abs. 2 KapErhStG auch nicht um eine persönliche, mit dem Objektcharakter der Gewerbesteuer nicht zu vereinbarende Steuerbefreiung. Die Vorschrift stellt eine sachliche Befreiungsvorschrift dar. Denn sie regelt keine persönliche Steuerbefreiung für bestimmte Rechtssubjekte, sondern sieht für einen fiktiven Gewinnanteil eine Pauschsteuer auf Gesellschaftsebene und eine Steuerfreistellung auf Anteilsinhaberebene vor. Anknüpfungspunkt für die Steuerbefreiung ist die Art der Einnahme. Dies ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck des § 5 KapErhStG, der ungerechtfertigte Steuervorteile ausschalten sollte, die sich ergaben, wenn eine Rücklage, die an die Gesellschafter ausgeschüttet wurden, zunächst in Nennkapital umgewandelt und dann erst auf dem Umweg einer Kapitalherabsetzung an die Gesellschafter ausgeschüttet wurden. In diesen Fällen war eine Besteuerung nach § 41 KStG (alt), § 20 EStG nicht gewährleistet (vgl. Ernst & Young, KStG mit Nebenbestimmungen, § 41 KStG (alt) Rdnr. 87;Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand August 2006, § 5 KapErhStG Rdnr. 1). Dass die Pauschsteuer nicht bei den Gesellschaftern, sondern bei der Gesellschaft erhoben wird, beruht auf der Überlegung, dass die Gesellschafter in dem Zeitraum zwischen der Erhöhung und der Wiederherabsetzung des Nennkapitals gewechselt haben können und dass in solchen Fällen eine Steuererhebung von dem neuen Gesellschafter nicht zu rechtfertigen wäre (vgl. Thiel in BB 1961, 1004; Leingärtner in StuW 1968, 333 (335)). Eine Anknüpfung der Steuerbefreiung an die Person des Anteilseigners liegt damit gerade nicht vor.

Darüber hinaus würde ein zwischen Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung neu eingetretener Gesellschafter durch die Hinzurechnung des fiktiven Gewerbeanteils zum Gewerbeertrag mit Gewerbesteuer belastet, obwohl eine Steuerbelastung des neu eingetretenen Gesellschafters - wie oben ausgeführt - als ungerechtfertigt angesehen wird.

Sonstige Gesichtspunkte, die für die Erfassung des fiktiven Gewinnanteils bei der Gewerbesteuer sprechen, sind nicht ersichtlich. Der Wortlaut des § 5 Abs. 2 KapErhStG ("Steuern vom Einkommen der Gesellschafter") lässt keine andere Beurteilung zu. Denn die Ermittlung des Gewerbeertrages ist dem GewStG zu entnehmen und nicht dem KapErhStG.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden ( §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Ende der Entscheidung

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