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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.11.2004
Aktenzeichen: 14 K 5249/01 E
Rechtsgebiete: EStG, BGB


Vorschriften:

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7
BGB § 1629 Abs. 1
BGB § 1629 Abs. 2 S. 1
BGB § 1795 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

14 K 5249/01 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen und um die Besteuerung eines Spekulationsgewinns.

Unter dem 13. August 1998 übersandte das Finanzamt A-Stadt eine den Kläger betreffende Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 1997. Danach war für den Kläger als Beteiligter des Investmentclubs ABC u.a. ein Spekulationsgewinn in Höhe von 2.401,39 DM festgestellt worden.

Mit Bescheid vom 1. Februar 1999 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1997 zunächst mit 114.618,- DM fest und führte in den Erläuterungen aus, dass die Anteile an den Einkünften aus der Beteiligung an der Gemeinschaft A gemäß der vorgenannten Feststellung angesetzt worden seien.

Mit Vertrag vom 25. August 1997 hatte der Kläger seinem am 2. Januar 1985 geborenen Sohn O., vertreten durch dessen Mutter, ein Darlehen in Höhe von 400.000 DM gegeben.

Der Darlehensvertrag ist formularmäßig erstellt und handschriftlich ausgefüllt worden. Seine Bestimmungen lauten wie folgt:

"§ 1

Der Darlehensgeber gewährt dem Darlehensnehmer ein Darlehen über 400.000 DM.

§ 2

Der Darlehensbetrag wird dem Darlehensnehmer auf dessen Konto mit der Nr. 2007636019 bei der Volksbank in A-Stadt übertragen.

§ 3

Das Darlehen ist unverzinslich.

§ 4

Das Darlehen ist jederzeit kündbar.

§ 5

Zum Fälligkeitszeitpunkt ist der Darlehensbetrag spesenfrei zurück zu zahlen."

Für die Rückzahlung des Darlehens übernahm die Ehefrau des Klägers die selbstschuldnerische Bürgschaft.

Auf Nachfrage des Beklagten, weshalb die Kapitalerträge des Sohnes im Jahre 1998 höher gewesen seien als die des Vorjahres teilte der Kläger mit, dass er seinem Sohn am 28. August 1997 ein "weiteres" Darlehen in Höhe von 400.000,- DM gewährt habe. In diesem Zusammenhang verwies er auf einen gleichgelagerten Sachverhalt, den er hinsichtlich der Frage der Vermögensteuerpflicht seines Sohnes dargestellt habe.

Daraufhin stellte der Beklagte fest, dass der Kläger in der Vermögensteuererklärung zum 1. Januar 1993 eine Darlehenshingabe über 134.000,- DM und eine Kreditgewährung über 80.000,- DM angegeben hatte.

Den Erklärungen des Klägers zufolge wurde das Darlehen in Höhe von 80.000,- DM in einem Betrag am 12.02.1993 und das Darlehen in Höhe von 134.000,- DM in Teilbeträgen zwischen 5.000 und 58.000,- DM zwischen dem 12.01.1993 und dem 17.03.1997 zurückgezahlt. Die Rückzahlung des Darlehens in Höhe von 134.000,- DM sei im Wesentlichen aus fällig gewordenen Bundesschatzbriefen bestritten worden. Diese Rückzahlung habe seine Mitarbeiterin als Wertpapierverkauf interpretiert. Die gleichzeitig mit dem Bundesschatzbrief fällig gewordenen Zinsen seien von ihr nicht erkannt worden. Zugleich bat der Kläger darum, bei der Veranlagung seines Sohnes für 1997 die zusätzlichen Zinsen in Höhe von 11.250,- DM und gleichzeitig die anrechenbare Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag bei der Abrechnung zu berücksichtigen.

Darüber hinaus wies der Kläger darauf hin, dass sein Sohn u.a. Geldgeschenke erhalten und dieses Geld zusammen mit seinen Darlehensbeträgen angelegt habe. Diese Beträge seien ihm keinesfalls zuzurechnen. Die insgesamt von seinem Sohn erzielten Einnahmen seien auch nicht ihm zugeflossen, sondern jeweils auf den Konten seines Sohnes gutgeschrieben worden. Insofern habe er auch in steuerlicher Hinsicht keinen Zufluss aus Einnahmen aus Kapitalvermögen, da er auch zivilrechtlich nicht in der Lage sei, diese seinem Sohn zustehenden Zinserträge in sein Vermögen zu überführen.

Das Darlehen über 400.000,- DM wurde in Teilbeträgen von 15.000,- DM (am 4. August 1998), 82.000,- DM (am 26. November 1998), 110.000,- DM (am 10. Dezember 1998), 160.000,- DM ( am 21. Dezember 1998) sowie 23.000,- DM (am 13. Januar 2000) zurückgezahlt.

Am 30. April 1998 gewährte der Kläger seinem Sohn ein weiteres Darlehen über 30.000,- DM; dessen Tilgung hatte am 30. April 2001 in einer Summe zu erfolgen. Tatsächlich wurde dieses Darlehen am 19. April 2001 bzw. 23. April 2001 durch Rückzahlung von 20.000,- DM und 10.000,- DM getilgt.

Nachfolgend ging der Beklagte davon aus, dass aus der Anlage des darlehensweise überlassenen Kapitals in 1997 und 1998 Kapitalerträge in Höhe von ca. 11.250 DM bzw. 20.000 DM erzielt worden sind. Die genaue Höhe der Kapitalerträge konnte der Beklagte nicht ermitteln, da der Sohn wie vorgetragen auch über eigenes Vermögen verfügte, aus dem Erträge geflossen waren.

Am 28. August 2000 erließ der Beklagte nach § 173 Abgabenordnung -AO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1997 und 1998. Darin rechnete er die angenommenen Einkünfte des Sohnes aus Kapitalvermögen dem Kläger zu und setzte die Kapitaleinkünfte des Klägers für 1997 mit 24.157,- DM (zuvor: 12.907,- DM) und für 1998 mit 31.985,- DM (zuvor: 11.986,- DM) fest.

Der Berechnung des Zinsbetrages für 1998 lagen dabei folgende Überlegungen zugrunde:

Zum einen stellte der Beklagte fest, dass die Ertragsdifferenz bei den Einnahmen des Sohnes zwischen den Jahren 1997 (6.431,- DM) und 1998 (23.324 + 1.339 = 24.663 DM) 18.232 DM betrug und führte dies auf die Anlage der 400.000,- DM zurück. Darüber hinaus hielt er fest, dass ein Vergleich der erklärten Erträge einen starken Zugang bei den Aktienbeständen zeige. Angesichts dessen erscheine es nicht ausgeschlossen, dass der Betrag von 400.000,- DM in Aktien investiert worden sei. Die seitens des Sohnes daraus erklärten Erträge von 19.999,99 DM lägen auch nahe an dem geschätzten Betrag von 18.232,- DM.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 25. September 2000 Einspruch ein.

Zur Begründung führte er aus, der Darlehensvertrag mit seinem Sohn sei einem Fremdvergleich nicht zugänglich. Da der Zeitpunkt der Kündigung noch nicht abzusehen sei, entspreche es der Eigenart dieses Vertrages, dass die Laufzeit des Darlehens und die Art und Zeit der Rückzahlung nicht abweichend von den Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch -BGB geregelt worden sei. Eine Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruches durch das Kind scheitere daran, dass das Vormundschaftsgericht eine derartige Maßnahme nicht genehmigen könne. Hinsichtlich der Zinsfreiheit sei festzuhalten, dass eine Verzinsung ebenfalls den Absichten der Beteiligten nicht zugänglich sei, weil die Darlehen von den Eltern ursprünglich als Begünstigung für den Sohn mit dem Ziel, eine Vermögensbildung zu fördern, gewährt worden seien.

Darüber hinaus sei das Konto des Sohnes allein im Namen und für Rechnung des Kindes geführt worden. Die Eltern seien lediglich im Rahmen ihrer elterlichen Sorge zur Verfügung über dieses Konto berechtigt. Das Kapital sei zivilrechtlich wirksam auf das Konto des Sohnes gelangt. Selbst ohne die zivilrechtlich wirksame Darlehensvereinbarung sei kein anderes Ergebnis entstanden, weil das Kind dann das Kapital auf Grund einer ungerechtfertigten Bereicherung erlangt habe.

Vertragspartner des Sohnes seien die Kapitalnachfrager gewesen, auch wenn das Kind dabei von dem nicht darlehensgewährenden Elternteil zivilrechtlich wirksam vertreten worden sei. Da die Zinsen im Namen und auf Rechnung des Sohnes erzielt worden seien, müsse man ihm auch die Zinsen zurechnen. Zudem habe der darlehensgewährende Elternteil keinen Einfluss auf die Kapitalanlageentscheidung des anderen Elternteils genommen. Angesichts dessen sei es nicht nachvollziehbar, weshalb die Einnahmen gleichwohl dem darlehensgewährenden Elternteil zugerechnet werden sollten.

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2000 änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung 1998 erneut aus hier nicht streitigen Gründen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 17. August 2001 wies der Beklagte die Einsprüche des Klägers zurück.

Zur Begründung machte er geltend, allgemeine Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung eines Darlehensvertrages zwischen Angehörigen sei, dass der Vertrag bürgerlichrechtlich wirksam geschlossen worden sei und tatsächlich wie vereinbart durchgeführt werde; dabei müssten Vertragsinhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Das setze insbesondere voraus, dass eine Vereinbarung über die Laufzeit und über Art und Zeit der Rückzahlung des Darlehens getroffen worden sei, die Zinsen zu den Fälligkeitszeitpunkten entrichtet würden und der Rückzahlungsanspruch besichert sei (BMF vom 1. Dezember 1992, BStBl I 1992, 729 Tz. 5).

Die Frage der steuerlichen Anerkennung des Darlehensvertrages sei vorliegend zu verneinen. Der am 25. August 1997 abgeschlossene Darlehensvertrag halte einem Fremdvergleich nicht Stand, da das Darlehen zinslos sei und keine feste Laufzeit habe. Auf Grund der jederzeitigen Kündbarkeit sei das Darlehen für jeden Fremden wirtschaftlich sinnlos, da er in Bezug auf eine Anlage des Kapitals keine sichere Planungsgrundlage habe. Auch der Kläger selbst gehe davon aus, dass die vertraglichen Vereinbarungen einem Fremdvergleich nicht Stand hielten. Er habe hierzu ausgeführt, der zwischen ihm und seinem Sohn abgeschlossene Darlehensvertrag sei "einem Fremdvergleich nicht zugänglich".

Da der Darlehensvertrag steuerlich nicht anzuerkennen sei, seien das überlassene Kapitalvermögen und damit auch die hieraus erzielten Erträge steuerlich weiterhin dem Vater zuzurechnen. Dieser habe die erzielten Erträge zu versteuern. Wolle man die Erträge dem Sohn zurechnen, so würde man nämlich den steuerlich nicht anzuerkennenden Darlehensvertrag letztlich doch anerkennen, da die Zurechnung der Erträge die einzige Folge sei, die aus diesem Darlehensvertrag gezogen werden könne. Wirtschaftlich sei die gewählte Gestaltung einem unentgeltlich bestellten Zuwendungsnießbrauch an Kapitalvermögen vergleichbar. Einem solchen Nießbrauch sei nach Tz. 57 des Nießbraucherlasses vom 23. November 1983 (EStGKartei NRW § 20 Fach 3 Nr. 8) die Anerkennung zu versagen; die Einnahmen seien dem Nießbrauchbesteller zuzurechnen.

Soweit Conradi (in Littmann, § 20 Rz. 35) unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofes -BFH vom 11. Januar 1957 (Bundessteuerblatt -BStBl III 1957, 68) die Auffassung vertrete, der Darlehensnehmer könne ein unentgeltlich im Wege des Darlehens überlassenes Wirtschaftsgut seinerseits zur Einkunftserzielung einsetzen, sei darauf hinzuweisen, dass sich diese Aussage nicht auf den Fall eines steuerlich nicht anzuerkennenden Darlehens beziehe. Dasselbe gelte für das dort zitierte BFH-Urteil, das zudem zur unentgeltlichen Überlassung einer Wohnung ergangen sei, so dass es sich bei den Ausführungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen um ein obiter dictum handele.

Im Übrigen berücksichtige die vorgenommene Würdigung auch das vom Kläger wirtschaftlich Gewollte. Im vorletzten Absatz seines Entwurfs vom 18. Mai 2001 habe der Kläger nämlich als Begründung für die Unverzinslichkeit ausgeführt, die Darlehen seien von den Eltern als Begünstigung gewährt worden mit dem Ziel, eine Vermögensbildung beim Sohn zu fördern. Wirtschaftlich gewollt gewesen sei also die Zuwendung von Kapitalerträgen an den Sohn zur Vermögensbildung, nicht jedoch die Zuwendung einer Einkunftsquelle.

Mit der am 14. September 2001 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Ergänzend macht er geltend, die Darlehensgewährung sei keinesfalls wirtschaftlich sinnlos, weil angeblich der Darlehensnehmer keine sichere Planungsgrundlage habe. Wenn dies zuträfe, sei jede Darlehensvergabe, die aufgrund der Bestimmungen des BGB kündbar sei, wirtschaftlich sinnlos.

Er gehe nicht davon aus, dass die Vereinbarungen einem Fremdvergleich nicht standhielten. Er habe lediglich darauf hingewiesen, dass die Vereinbarungen "einem Fremdvergleich nicht zugänglich seien".

Die Frage, ob der Darlehensvertrag steuerlich anzuerkennen sei, sei für die Zurechnung der von seinem Sohn erzielten Zinsen ohne Bedeutung. Diese Frage sei nur dann von Relevanz, wenn aufgrund dieser Darlehensverträge von ihm z.B. Zinsaufwendungen steuerlich geltend gemacht würden.

Der Sachverhalt sei keinesfalls mit einem unentgeltlich bestellten Zuwendungsnießbrauch vergleichbar, weil bei einem Zuwendungsnießbrauch Vertragspartner der Kapitalnachfrager der Inhaber des Kapitalvermögens sei und der Inhaber des Kapitalvermögens lediglich über die Erträge in der Weise verfüge, dass er diese auf den Nießbraucher übertrage. Im vorliegenden Sachverhalt sei jedoch Vertragspartner der Kapitalnachfrager sein Sohn.

Die Argumentation des Beklagten zur Kommentierung von Conradi sei widersprüchlich. Der BFH habe in dem vom Beklagten zitierten Urteil klar zum Ausdruck gebracht, dass auch ein unverzinsliches Darlehen nichts daran ändere, dass die mit den Darlehensmitteln angeschafften Zinsen dem Darlehensnehmer auch steuerlich zuzurechnen seien. Wenn die Unverzinslichkeit allein dazu führen würde, dass ein sogenanntes "nicht anzuerkennendes Darlehen" vorliege, so hätte die Entscheidung des Bundesfinanzhofes anders ausfallen müssen, da auch in dem entschiedenen Fall das Darlehen unverzinslich gewesen sei.

Sein Ziel sei es gewesen, seinen Sohn durch die Heranführung an die Vermögensbildung zu fördern. In der Darlehensgewährung sehe er eine Erziehungsmaßnahme.

Entgegen der Annahme des Beklagten seien die gewährten Darlehen bei Kündigung nicht sofort fällig gewesen. Die verbleibenden drei Monate reichten aus, um im Falle einer Kündigung rechtzeitig die Tilgungsbeträge zur Verfügung zu stellen. Zinserträge ließen sich auch nicht nur bei längerer Geldanlage erzielen. Im Übrigen seien die Gelder teilweise in Aktien angelegt worden, die jederzeit verkaufbar gewesen seien. Der Darlehensnehmer sei in seinen Anlageentscheidungen vollkommen frei gewesen.

Auch mache er keinerlei Aufwendungen für den Unterhalt seines Kindes geltend. Dass die Berücksichtigung der von seinem Sohn erzielten Kapitalerträge bei ihm einer Berücksichtigung von Zuwendungen an seinen Sohn gleich käme, sei nicht nachvollziehbar.

Er habe keine Vermögenszuwendungen an seinen Sohn geleistet, weil ihm in Höhe der Zinserträge überhaupt nie Vermögen zugeflossen sei, was er seinem Sohn habe zuwenden können, da diese Zinserträge unmittelbar seinem Sohn zugeflossen seien. Ein Fall von § 42 AO liege nicht vor, da die Gewährung von zinslosen Darlehen unter Verwandten nicht rechtsmissbräuchlich sei.

Aufgrund der Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 9. März 2004 für die Jahre 1997 und 1998 die Besteuerung von Spekulationsgewinnen für verfassungswidrig erklärt habe, müsse im Übrigen der von ihm für 1997 versteuerte Spekulationsgewinn aus der Versteuerung heraus genommen werden. Dies entspreche der Anweisung der Finanzverwaltung durch das Bundesfinanzministerium vom 19. März 2004.

Darüber hinaus ergebe sich aus der Begründung dieses Urteils, dass die Besteuerung dann zu unterbleiben habe, wenn die Finanzverwaltung die Besteuerung nicht konsequent durchsetze. In seinem Fall der Besteuerung von fiktiven Zinserträgen auf eigentlich unverzinsliche Darlehen liege seines Erachtens ein vergleichbarer Sachverhalt vor. Der Beklagte habe diesen Sachverhalt nur bei ihm aufgegriffen.

Im Rahmen des Klageverfahrens hat der Kläger folgende Unterlagen vorgelegt:

einen Beschluss des Amtsgerichts A-Stadt vom 11. Oktober 2002 (Az.: 4 VIII 1), in dem der Antrag auf Bestellung eines Ergänzungspflegers zwecks Abschluss eines Darlehensvertrages zurückgewiesen wurde, weil der minderjährige Darlehensnehmer nach dem Inhalt des Vertragsentwurfes keine Gegenleistungen zu erbringen habe und somit ihm nur ein rechtlicher Vorteil erwachse,

eine unter dem 4. Januar 2003 verfasste Erklärung seines Sohnes, in der dieser für den Fall, dass eine Vertretung durch seine Mutter nicht möglich gewesen sei, die Vertretung durch die Mutter nachträglich genehmigte, den Verträgen zustimmte und in diese eintrat und

ein Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 25. August 2003 (Az: 20 C 200/03), auf das Bezug genommen wird.

Der Kläger beantragt,

1. den Einkommensteuerbescheid 1997 vom 28. August 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2001 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen um 11.250,- DM gemindert werden und die Einkünfte aus Spekulationsgeschäften entfallen,

2. den Einkommensteuerbescheid 1998 vom 26. Oktober 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2001 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen um 18.232,- DM gemindert werden,

hilfsweise, die geschätzten Kapitaleinkünfte 1997 und 1998 nach einem Durchschnittssatz von Aktien und festverzinslichen Wertpapieren niedriger festzusetzen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend macht er geltend, auch angesichts des Urteils des BFH vom 17. Oktober 2001 (I R 97/00, Der Betrieb -DB 2002, 125) ergebe sich nichts anderes. Im vorliegenden Fall sei das dem Sohn gewährte Darlehen jederzeit kündbar gewesen. Der Sohn sei deshalb ohne Abstimmung mit seinem Vater nicht in der Lage gewesen, eigene Erträge aus dem ihm überlassenen Kapital zu erzielen. Er habe sich vielmehr zuvor rückversichern müssen, dass der Kläger während der beabsichtigten Anlagedauer seinerseits das Darlehen nicht kündigen würde. Damit sei dem Sohn des Klägers eine wirtschaftlich vernünftige eigenständige Erzielung von Kapitalerträgen nicht möglich gewesen. Der Hinweis des Klägers, damit sei nach Auffassung des Beklagten jede Darlehensvergabe aufgrund der Bestimmungen des BGB wirtschaftlich sinnlos, gehe fehl. Nach § 609 Abs. 2 BGB betrage die gesetzliche Kündigungsfrist im vorliegenden Fall drei Monate, während der Kläger mit seinem Sohn jederzeitige Kündigung vereinbart habe. Über einen Zeitraum von drei Monaten ließen sich jedoch bereits Festgeldanlagen mit annehmbarer Verzinsung tätigen.

Der Gesetzgeber habe die Berücksichtigung von Aufwendungen für den Unterhalt sowie die Erziehung, Ausbildung und Betreuung von Kindern abschließend durch die Gewährung von Kinderfreibeträge und Kindergeld geregelt. Würde man die Kapitalerträge dem Sohn zurechnen, so käme dies einer steuermindernden Berücksichtigung von Zuwendungen an den Sohn gleich. Der Gesetzgeber habe solche Zuwendungen in § 16 Abs. 1 Erbschaftsteuergesetz - ErbStG bis zum Betrag von 400.000,- DM von der Schenkungssteuer freigestellt. Diese Regelung sei als abschließende Regelung zu verstehen. Sie würde unterlaufen, wenn man durch die vom Kläger gewählte Gestaltung bereits die Einkunftserzielung auf das Kind verlagern könne. Auf diese Weise würde nicht nur die Zuwendung, sondern auch die Erzielung der Einkünfte beim Kläger steuerfrei gestellt. Die gewählte Gestaltung führe dazu, dass Vermögenszuwendungen an seinen Sohn beim Kläger nicht versteuert würden. Die Gestaltung sei rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 42 AO.

Der Kläger weise selbst darauf hin, dass sein Sohn bei einem zivilrechtlich nicht wirksam zustande gekommenen Darlehensvertrag ungerechtfertigt bereichert sei. Daraus folge, dass dem Kläger nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Herausgabe zustehe. Dieser Anspruch erstrecke sich nach § 818 Abs. 1 BGB auch auf die gezogenen Nutzungen. Nutzungen seien nach § 100 BGB u.a. die Früchte einer Sache oder eines Rechts, d.h. das, was der Bereicherte durch die Anlage des überlassenen Geldbetrages erlangt habe. Im Verzicht auf diesen Herausgabeanspruch liege eine steuerlich unbeachtliche Zuwendung des Klägers an seinen Sohn.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Einkommensteuerbescheide 1997 und 1998 vom 28. August bzw. 20. Oktober 2000 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2001 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat zu Recht angenommen, dass grundsätzlich dem Kläger etwaige Zinserträge, die durch Anlegung der dem Sohn vorübergehend überlassenen Geldbeträge erwirtschaftet wurden, zuzurechnen sind. Die Schätzung der erzielten Zinsen der Höhe nach ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Darüber hinaus ist auch die Besteuerung des 1997 erzielten Spekulationsgewinns nicht rückgängig zu machen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes -EStG gehören u.a. Gewinnanteile (Dividenden) aus Aktien und nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art - so auch Erträge aus Bundesschatzbriefen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Einnahmen aus Kapitalvermögen bezieht, wer Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung überlässt. Entscheidend ist das Rechtsverhältnis, auf dem die Überlassung von Kapital beruht. In der Regel sind danach dem Inhaber des Kapitalvermögens die Einkünfte zuzurechnen (vgl. BFH-Urteile vom 24. April 1990 VIII R 170/83, BStBl II 1990, 539; vom 24. April 1990 VIII R 89/83, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofes BFH/NV 1991, 28, und vom 26. November 1997 X R 114/94, BStBl II 1998, 190).

Für den Fall, dass Eltern bisher eigenes Geldvermögen im Namen der Kinder anlegen und die Zinsen nunmehr den Kindern zugerechnet werden sollen, hat der BFH mit dem Urteil in BStBl II 1990, 539 die allgemeinen Zurechnungsgrundsätze konkretisiert. Nach ihnen genügt es nicht, dass die Kinder zivilrechtlich Inhaber des in ihrem Namen angelegten Geldvermögens geworden sind und ihnen Ansprüche gegen die Bank zustehen. Darüber hinaus muss feststehen, dass die Ansprüche gegen die Bank endgültig in das Vermögen der Kinder übergegangen sind. Der endgültige Übergang kann nicht allein aus der formalen Gestaltung des Verhältnisses zur Bank abgeleitet werden. Voraussetzung für die Zurechnung der Zinsen bei Kindern ist deshalb, dass auch alle sonstigen Folgerungen gezogen werden, die sich aus einer endgültigen Vermögensübertragung ergeben. Die Eltern müssen die Guthaben der Kinder wie fremdes Vermögen verwalten; sie dürfen es nicht wie eigenes Vermögen behandeln (vgl. BFH-Urteile vom 30. März 1999 VIII R 19/98, BFH/NV 1999, 1325 und vom 24. April 1990 VIII R 170/83, BStBl II 1990, 539).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Beklagte zu Recht die Höhe der durch Anlegung des Kapitals erzielten Zinsen geschätzt und den geschätzten Zinsbetrag dem Kläger zugerechnet, denn die zwischen dem Kläger und seinem durch die Kindesmutter vertretenen Sohn geschlossene Darlehensvereinbarung war bürgerlichrechtlich unwirksam. Der Darlehensvereinbarung ist darüber hinaus auch die steuerrechtliche Anerkennung zu versagen. Dem Sohn ist das Kapital, mit dem die Zinsen erwirtschaftet wurden, nicht formwirksam überlassen worden. Der Kläger ist in den Streitjahren wirtschaftlich und rechtlich Eigentümer des Kapitalvermögens geblieben.

Für den zum Zeitpunkt der Darlehensvereinbarungen minderjährigen Sohn hätte es zur zivilrechtlichen Wirksamkeit bei Vertragsschluss nach § 1909 Abs. 1 BGB der Vertretung durch einen Ergänzungspfleger bedurft. Zwar sind Eltern minderjähriger Kinder grundsätzlich nach § 1629 Abs. 1 BGB befugt, für ihre Kinder rechtsgeschäftlich zu handeln. Allerdings ist gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB eine Vertretung ausgeschlossen bei einem Rechtsgeschäft zwischen dem Kind und einem Verwandten in gerader Linie, wie dem Kindesvater. Darüber hinaus bedurfte die Darlehnsaufnahme nach § 1643 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1822 Nr. 8 BGB der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes.

Mangels Einschaltung eines Ergänzungspflegers sowie des Vormundschaftsgerichts war der Darlehensvertrag nach § 108 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam ( §§ 107, 1629, 181, 1909, 1829 BGB). Die Genehmigung der Vereinbarung durch den volljährigen Sohn im Jahre 2003, die zivilrechtlich zurückwirkt, entfaltet steuerrechtlich keine Rückwirkung (BFH-Urteil vom 25. November 1986, IX R 51/82, BFH/NV 1987, 159 m.w.N.), zumal der Zustand der schwebenden Unwirksamkeit über Jahre hinweg andauerte (vgl. BFH-Urteile vom 16. Dezember 1997, VIII R 38/94, BStBl II 1998, 339 m.w.N.; vom 23. April 1992, IV R 46/91, BStBl II 1992, 1024). Steuerrechtlich können aus solchen Verträgen erst vom Zeitpunkt der Genehmigung an steuerrechtliche Folgerungen gezogen werden. Im Unterschied zu dem BFH-Urteil vom 13. Juli 1999 (VIII R 29/97, BStBl II 2000, 386) ist dem Kläger auch die Nichtbeachtung der Formvorschriften anzulasten, weil sich der Ausschluss der Mutter von der Vertretung des Sohnes und die Genehmigungsbedürftigkeit durch das Vormundschaftsgericht unmittelbar aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch ergibt (vgl. auch Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 17. Dezember 2003, 1 K 10543/00, n.v.).

Hinzu kommt, dass es auch an einer klaren und eindeutigen Vereinbarung über die Darlehnsmodalitäten fehlte. So sind - anders als es bei Darlehen zwischen einander fremden Personen die Regel ist (vgl. BFH-Urteile vom 4. Dezember 2002 IX B 125/02, n.v.; vom 25. Januar 2000 VIII R 50/97, BStBl II 2000, 393; vom 29. Februar 1992 VIII R 45/66, BStBl II 1972, 533; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 5. Februar 2001, 14 K 105/96, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG 2001, 1111 m.w.N.) keinerlei Vereinbarungen über Zinszahlungen und über Art und Zeit der Rückzahlung des Darlehens getroffen worden.

Soweit der Kläger im Zusammenhang mit der Rückerstattung bezüglich der Kündigung bzw. der Kündigungsfrist auf die Vorschrift des § 609 Abs. 1, 2 BGB verwiesen hat, wonach die Kündigungsfrist bei Darlehen von mehr als dreihundert Deutsche Mark drei Monate beträgt, fehlt es darüber hinaus auch an einem Nachweis, dass der Kläger im Verhältnis zu seinem Sohn wenigstens dementsprechend verfahren ist, d.h. diese Kündigungsfrist eingehalten hat.

Die Besteuerung der Zinserträge hat auch nicht im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG vom 9. März 2004 (2 BvL 17/02, BStBl I 2004, 591) und die Behauptung des Klägers, nur sein Fall sei von der Finanzverwaltung aufgegriffen worden, zu unterbleiben. Die Aussage des BVerfG, wonach der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz -GG für das Steuerrecht verlangt, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden und die prinzipelle Verfehlung der Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen kann, führt nicht zu der Annahme, dass dem Kläger die Zinsen nur dann zugerechnet werden dürften, wenn dies auch in gleichgelagerten Fällen sämtlicher anderer Steuerpflichtiger geschähe. Anders als in den BFH-Urteilen zur Zinsbesteuerung wäre hier eine Ungleichbehandlung - diese unterstellt - nicht auf in den Verantwortungsbereich des Gesetzgebers fallende, dem Besteuerungstatbestand strukturell entgegen laufende Erhebungsregeln zurück zu führen.

Gegen die Höhe der dem Kläger zugerechneten Zinsen bestehen keine Bedenken.

Entgegen der Ansicht des Klägers sind ihm keine "fiktive" Zinsen zugerechnet worden. Vielmehr hat der Beklagte die Höhe der Zinsen für die Streitjahre nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO geschätzt. Dies ist im Hinblick darauf, dass sich der Kläger wie auch der Beklagte insbesondere angesichts der bei der Geldanlage eingetretenen Vermischung des überlassenen Geldes mit bereits vorhandenem ausser Stande sehen, die tatsächlich mit den Darlehensgeldern erzielten Zinsen exakt zu berechnen, nicht zu beanstanden. Die vorgenommenen Schätzungen sind auch in sich schlüssig, ihre Ergebnisse wirtschaftlich vernünftig und möglich (vgl. BFH-Urteil vom 19. Januar 1993 VIII R 128/84, BStBl II 1993, 594).

Bezüglich des Streitjahres 1997 hat sich der Beklagte hinsichtlich des angesetzten Betrages von 11.250,- DM an den Zinserträgen orientiert, die dem Sohn des Klägers gemäß der Zinsbescheinigung der Bundesschuldenverwaltung vom 5. März 1997 für die Zeit vom 1. März 1996 bis zum 28. Februar 1997 am 3. März 1997 als Zinsen aus Bundesschatzbriefen Typ A ausgezahlt wurden. Das Gericht geht davon aus, dass diese Schätzung vor folgendem Hintergrund in sich schlüssig ist und das Ergebnis wirtschaftlich möglich erscheint:

Der Sohn des Klägers hatte das Darlehen über 134.000,- DM bis zum 12. Juli 1996 lediglich in Höhe von 34.000,- DM und die restlichen 100.000,- DM erst am 17. März 1997 zurückgezahlt, sodass Zinsen in der vom Beklagten angenommenen Größenordnung durchaus denkbar sind. Untermauert wird diese Überlegung durch die Einlassung des Klägers, wonach die Rückzahlung dieses Darlehens im Wesentlichen aus fällig gewordenen Bundesschatzbriefen bestritten worden ist. Im Ergebnis beruht somit die Orientierung des Beklagten an den Zinserträgen, die im Jahre 1997 fällig wurden und aus Bundesschatzbriefen stammten, auf einer Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und wirtschaftlichen Zusammenhänge.

Nichts anderes gilt für die Überlegungen, die der Beklagte dem für das Streitjahr 1998 geschätzten Zinsbetrag von 18.232,- DM zugrunde gelegt hat. Hier ist der Beklagte von dem Differenzbetrag der Zinseinnahmen der Jahre 1997 und 1998 ausgegangen. Dies bot sich vor allem im Hinblick darauf an, dass die Zinserträge nach Zurverfügungstellung des Betrages von 400.000,- DM im Jahr 1998 deutlich angestiegen waren. Auch die nachvollziehbaren Ausführungen des Beklagten, dass ein Vergleich der erklärten Erträge einen starken Zugang bei den Aktienbeständen zeige und sich die aufgrund von Aktieninvestitionen seitens des Sohnes selbst erklärten Erträge auf 19.999,99 DM beliefen, belegen, dass der der Besteuerung zugrunde gelegte Betrag die größtmögliche erreichbare Wahrscheinlichkeit für sich hat. Stellt man zudem die in den Streitjahren erklärten Kapitalerträge des Sohnes aus "festverzinslichen Wertpapieren und Investementanteilen" gegenüber, ergibt sich, dass diese der Höhe nach nahezu gleich geblieben und der Art nach ("Ontario") identisch sind. Folglich spricht nichts dafür, dass ein Betrag von 400.000,- DM oder auch nur ein nennenswerter Teil dessen tatsächlich in festverzinsliche Wertpapiere angelegt worden ist. Im Hinblick darauf verbietet sich die vom Kläger angeregte Schätzung der Höhe der Kapitaleinkünfte "nach einem Durchschnittssatz von Aktien und festverzinslichen Wertpapieren". Schließlich hat der Kläger im Zusammenhang mit der Frage, ob sein Sohn eine Anlageentscheidung gegebenenfalls auch nur für kurze Zeit treffen konnte, selbst einräumt, dass die Gelder in Aktien angelegt worden sind.

Das Gericht verkennt nicht, dass die seitens des Beklagten der Veranlagung zugrunde gelegten Zinseinnahmen womöglich nicht exakt den tatsächlich mit dem überlassenen Geld erzielten Zinsbeträgen entsprechen. Eine gewisse Ungenauigkeit geht jedoch mit einer jeder Schätzung einher und ist von dem Steuerpflichtigen in diesen Fällen hinzunehmen.

Nur der Klarstellung halber sei ergänzend darauf hingewiesen, dass der seitens des Klägers gestellte "Hilfsantrag", die geschätzten Kapitaleinkünfte nach einem Durchschnittssatz von Aktien und festverzinslichen Wertpapieren festzusetzen, an dem der Kläger trotz entsprechender Hinweise des Gerichts festgehalten hat, kein echter Hilfsantrag ist. Denn das Gericht muss ohnehin - wie geschehen - nicht nur überprüfen, ob dem Kläger Zinsen zugerechnet werden können, sondern ebenfalls, ob die Höhe der dem Kläger zugerechneten Zinsbeträge gerechfertigt ist.

Soweit der Kläger darüber hinaus begehrt, für das Streitjahr 1997 die Besteuerung der Einkünfte aus privaten Wertpapierveräußerungsgeschäften rückgängig zu machen, kommt ebenfalls keine Änderung der Steuerfestsetzung in Betracht.

Zwar hat der Zweite Senat des BVerfG mit Urteil vom 9. März 2004 (2 BvL 17/02, BStBl I 2004, 591) entschieden, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG in der für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 geltenden Fassung mit Artikel 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig ist, soweit die Vorschrift Veräußerungsgeschäfte bei Wertpapieren betrifft. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass der aufgrund einer gesonderten und einheitlichen Mitteilung des Finanzamtes B-Stadt bei der Einkommensteuer 1997 bislang berücksichtigte Spekulationsgewinn des Klägers von der Besteuerung auszunehmen wäre.

Die Wirkung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ist in § 79 Bundesverfassungsgerichtsgesetz -BVerfGG geregelt. Danach bleiben gemäß § 79 Abs. 2 BVerfGG vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 BVerfGG oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 BVerfGG für nichtig erklärten Normen beruhen, unberührt . Die Frage der Bestandskraft der Normenvollzugsakte richtet sich dabei nach den jeweils einschlägigen Verfahrens- bzw. Prozessordnungen. Das BVerfG entnimmt § 79 Abs. 2 BVerfGG somit den allgemeinen Grundsatz vom Vorrang der Erhaltung des Rechtsfriedens, auch wenn er zur Beibehaltung der Wirkungen fehlerhafter Akte der öffentlichen Gewalt führt (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21. Mai 1974, 1 BvL 22/71, Entscheidungssammlung des Bundverfassungsgerichtes -BVerfGE 37, 217, 263).

Dementsprechend bleibt auch im vorliegenden Fall die Besteuerung des im Jahre 1997 festgestellten Spekulationsgewinns unberührt. Der Spekulationsgewinn ist mit nicht mehr anfechtbarem Bescheid vom 13. August 1998 einheitlich und gesondert festgestellt worden. Aus dem Umstand, dass (allein) die Einkommensteuerfestsetzung 1997 bislang nicht rechtskräftig ist, ergibt sich keine Möglichkeit, die Besteuerung des Spekulationsgewinns rückgängig zu machen. Dies verbietet sich bereits angesichts des besonderen Verhältnisses, in dem gesonderte Feststellung und Steuerfestsetzung zueinander stehen: Die gesonderte Feststellung ist entsprechend ihrem Wesen grundsätzlich selbstständig anfechtbar. Sie unterliegt hinsichtlich der Vorschriften über die Aufhebung oder Änderung den gleichen Einschränkungen wie die Steuerfestsetzung. Der Steuerpflichtige kann darüber hinaus die in der gesonderten Feststellung getroffenen Feststellungen auch nur mit einem Rechtsbehelf gegen diese, nicht aber mit einem Rechtsbehelf gegen die Festsetzung der Steuer angreifen. Diese Bindungswirkung des Grundlagenbescheides (hier: Feststellungsbescheid) für den Folgebescheid (hier: Einkommensteuerbescheid) würde unterlaufen, wenn man in Fällen wie dem vorliegenden trotz nicht mehr anfechtbaren Grundlagenbescheides eine Änderung des Folgebescheides ohne vorangegangene Änderung des Grundlagenbescheides zuließe. Eine Durchbrechung dieser Systematik ist auch im Hinblick auf die in § 79 Abs. 2 BVerfGG getroffene Wertung - Rückabwicklungsverbot für rechtsbeständig gewordenen Normenvollzugsakte - gerade nicht geboten, zumal es dem Kläger unbenommen war, durch Anfechtung des Bescheides über die gesonderte Feststellung die Besteuerung des Spekulationsgewinns offen zu halten.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Verwaltungsvorschrift des Bundesministerium für Finanzen vom 19. März 2004 (IV D 2-S 0338-11/04), da dort ein Fall wie der vorliegende überhaupt nicht erwähnt ist.

Die Kostenentscheidung der nach alledem abzuweisenden Klage ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat ( § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordern (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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