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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 03.06.2008
Aktenzeichen: 14 V 1214/08 A (E)
Rechtsgebiete: EStG, AO, FGO


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
AO § 147 Abs. 1
AO § 162 Abs. 1
FGO § 69 Abs. 2 S. 3
FGO § 69 Abs. 3 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

14 V 1214/08 A (E)

Tenor:

Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 und 2004 vom 27.11.2007 und der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 vom 06.12.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 25.03.2008 werden bis einen Monat nach Bekanntgabe einer Entscheidung im Hauptsachverfahren (Az. 14 K 1213/08 E) ohne Anordnung von Sicherheiten insoweit von der Vollziehung ausgesetzt, als die festgesetzten Einkommensteuern die unter Berücksichtigung einer Jahresfahrleistung der Mietwagen von durchschnittlich 88.600 km pro Fahrzeug zu berechnenden Einkommensteuern 2003 bis 2005 übersteigen.

Die Berechnung des auszusetzenden Betrages wird dem Antragsgegner übertragen. Das Ergebnis der Berechnung hat der Antragsgegner dem Antragsteller unverzüglich mitzuteilen.

Die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 und 2004 vom 27.11.2007 und des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2005 vom 06.12.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 25.03.2008 wird bis zum Ergehen der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung am 05.06.2008 mit der Maßgabe aufgehoben, dass die auf den vom Beklagten zu berechnenden Einkommensteuer-Aussetzungsbetrag entstandenen Säumniszuschläge ab Fälligkeit entfallen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zu 88,5 % und der Antragsgegner zu 11,5 %.

Die Beschwerde wird nicht zugelassen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe:

I.

Der Antragsteller betrieb in den Streitjahren 2003 bis 2005 einen Taxi- und Mietwagenbetrieb mit Fahrern, aus dem er Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielte. Er ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG. In den Jahren 2003 bis 2005 besaß er fünf "A"-Mietwagen-Anteile und ab 15.12.2004 zusätzlich zwei Taxi-Konzessionen.

In den Streitjahren erklärte er folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb:

2003: ./. 1.483,00 EUR

2004: 968,00 EUR

2005: 9.984,00 EUR.

Der Antragsgegner legte die erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Besteuerung zugrunde. Die Veranlagungen für die Jahre 2003 und 2004 erfolgten endgültig, während die Veranlagung für das Jahr 2005 gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellt wurde.

Im Jahr 2007 führte der Antragsgegner eine Betriebsprüfung des Taxi- und Mietwagenbetriebs für die Jahre 2003 bis 2005 durch. Im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 2003 bis 2005 wurden vom Antragsteller weder nach § 147 Abs. 1 AO aufbewahrungspflichtige Schichtzettel noch sonstige Uraufzeichnungen vorgelegt. Die Betriebsprüfung stellte fest, dass keine Einnahme-Ursprungsbescheinigungen vorhanden seien, aus denen sich die Betriebseinnahmen unmittelbar ergäben.

Die täglich gebuchten Kasseneinnahmen überprüfte die Betriebsprüfung mit dem sogenannten Chi-Quadrat-Test. Untersucht wurden dabei die verbuchten Werte an der zweiten und ersten Stelle vor dem Komma und der ersten Ziffer hinter dem Komma. Die tatsächliche Häufigkeit des Vorkommens der Ziffern 0 bis 9 bei den gebuchten Ziffern wurde verglichen mit einer zu erwartenden Häufigkeit. Beim Ansatz dieser zu erwartenden Häufigkeit wurde unterstellt, dass alle Ziffern von 0 bis 9 mit gleicher Wahrscheinlichkeit auftreten würden. Der Chi-Quadrat-Test berücksichtige bereits, dass durch zufällige Einflüsse keine exakte Gleichverteilung der Ziffern auftrete, so dass bis zu einem Chi-Quadrat-Wert von 27,87 keine Auffälligkeit angenommen würde. Bei Werten über 30 sei jedoch davon auszugehen, dass Zahlen manipuliert worden seien. Im Streitfall stellte die Betriebsprüfung Werte fest, die den Wert von 30 in allen Jahren klar überschritten (Chi-Quadrat-Wert für die erste Ziffer vor dem Komma 79,71, für die zweite Ziffer vor dem Komma 186,03 und für die erste Ziffer hinter dem Komma 120,50).

Weiterhin stellte die Betriebsprüfung eine Häufung von gleichen Tageseinnahmen fest. So ergäbe sich in den Jahren 2003 bis 2004 allein in sieben Fällen eine Tageseinnahme von 180,50 EUR, in weiteren sieben Fällen von 194,20 EUR und in sechs Fällen von 174,20 EUR.

Nach Ansicht der Betriebsprüfung ist aus diesen Feststellungen zu schließen, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß ist. Die Einnahmen und Gewinne seien demzufolge im Schätzungsweg zu ermitteln. Anhand von Reparaturrechnungen und sonstigen Rechnungen, auf denen die Kilometerstände der Mietwagen bzw. Taxen aufgeführt seien, ermittelte die Betriebsprüfung eine durchschnittliche Jahresfahrleistung pro Fahrzeug von 93.100 Kilometern. Dies entspräche beispielsweise für das Jahr 2003 beim Ansatz von fünf Fahrzeugen einer jährlichen Laufleistung aller Fahrzeuge von 465.500 Kilometern. Da im Prüfungszeitraum 2003 bis 2005 noch zwei Privatfahrzeuge vorhanden gewesen seien, entfalle eine Privatnutzung der Mietwagen und Taxen. Für Werkstattbesuche und sonstige betriebliche Fahrten seien 3 % der gesamt gefahrenen Kilometer anzusetzen. Als Besetztquote könnte für die Mietwagen 40 % und für die Taxen 50 % im Rahmen der Schätzung berücksichtigt werden. Diese Quote beruhe bei den Taxen auf Erfahrungswerten und Auslegungen von Taxametern in gleichgelagerten Fällen. Bei den Mietwagen sei eine geringere Besetztquote anzunehmen, da die Mietwagen wieder zurück zur Zentrale fahren müssten. Als durchschnittliche Fahrstrecke pro Mietwagen oder Taxifahrt sei der Erfahrungssatz von fünf Kilometern anzusetzen. Außerdem sei zu Gunsten des Antragstellers angenommen worden, dass in den "A"-Erlösen auch Rechnungsfahrten enthalten seien, die nicht mit dem normalen Taxi-Tarif abgerechnet worden seien. Dabei sei der Prozentsatz dieser Fahrten mit 25 % angenommen worden und für eine Fahrtstrecke von 75 Kilometern (Flughafen "B" hin und zurück) ein durchschnittliches Bruttoentgelt von 38,00 EUR berücksichtigt worden. In die Berechnungen für das Jahr 2005 sei außerdem eingeflossen, dass die "A"-Anteile im Laufe des Jahres sukzessiv verkauft worden seien.

Hinsichtlich des Lohnaufwands stellte die Betriebsprüfung fest, dass die erzielten Umsätze sich mit dem gebuchten Lohnaufwand nicht erreichen ließen. Der Antragsteller habe angegeben, dass im Prüfungszeitraum 2003 bis 2005 Aushilfen für 4,50 EUR pro Stunde und die anderen Fahrer für 5,00 EUR pro Stunde beschäftigt worden seien. Unter Berücksichtigung dieser Löhne wäre jedes Fahrzeug im Jahr 2003 selbst bei einer unterstellten Fahrleistung des Betriebsinhabers pro Woche von 50 Stunden, die bei fünf Fahrzeugen unüblich sei, weniger als 4,5 Stunden täglich im Einsatz gewesen. Im Monat Dezember 2003 würde sich für vier Fahrzeuge eine Einsatzzeit von weniger als 3,5 Stunden täglich ergeben. Dies sei unwahrscheinlich. Offensichtlich würden im großen Umfang Schwarzlöhne gezahlt. Die nicht erfassten Nettolöhne schätzte die Betriebsprüfung auf 40 % der laut Kalkulation nicht erklärten Umsätze und erfasste sie gewinnmindernd.

Darüber hinaus könnten die gefahrenen Kilometer, die sich auf Grund der Reparaturrechnungen unstreitig ergäben, nicht mit den gebuchten Spritmengen gefahren worden sein. Offensichtlich seien die Benzinkosten nicht in voller Höhe als Betriebsausgaben erfasst worden, damit die erklärten Umsätze mit den erklärten Benzinkosten in Einklang zu bringen seien. Bei einer Jahresfahrleistung von durchschnittlich 93.100 Kilometer pro Fahrzeug ergäbe sich bei einem Verbrauch von 8,5 Liter Diesel pro 100 km unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Dieselpreise der Jahre 2003 (0,836 EUR brutto pro Liter), 2004 (0,937 EUR brutto pro Liter) und 2005 (1,061 EUR brutto pro Liter) folgende zusätzlich als Betriebsausgaben im Schätzungswege zu berücksichtigende Benzinkosten:

2003: 13.850,00 EUR

2004: 18.916,00 EUR

2005: 10.234,00 EUR.

Die Betriebsprüfung führte zu der folgenden Gewinnänderung:

2003 2004 2005

Mehrumsatz 16 % 114.646,00 EUR 111.908,00 EUR 44.292,00 EUR

(Mietwagen)

Mehrumsatz 7 % 2.195,00 EUR 70.573,00 EUR

(Taxi)

Nettolohnkosten ./. 53.196,00 EUR ./. 52.864,00 EUR ./. 50.757,00 EUR

Benzinkosten ./. 13.850,00 EUR ./. 18.916,00 EUR ./. 10.234,00 EUR

AfA Taxikonzessionen 2.668,00 EUR

GewSt-Rückstellung ./.

1.260,00 EUR

./. 1.260,00 EUR

./. 4.230,00 EUR

Gewinnänderung

laut BP 46.340,00 EUR 41.063,00 EUR 52.312,00 EUR

Gewinn bisher

./. 1.489,00 EUR

968,00 EUR

9.984,00 EUR

Gewinn nach BP 44.851,00 EUR 42.031,00 EUR 62.296,00 EUR

Die Berechnung der Mehrumsätze ist den Anlagen 2 bis 6 des Zwischenberichtes über die Betriebsprüfung vom 16.11.2007 zu entnehmen, auf die vollinhaltlich verwiesen wird. Bei der Ermittlung der Mehrumsätze wurden folgende Fahrleistungen der Mietwagen und Taxen berücksichtigt:

2003 2004 2005

Fahrleistungen lt. BP-Ermittlung

- Mietwagen 465.500 km 465.500 km 162.925 km

- Taxen - 7.750 km 186.200 km

Mit Bescheiden vom 27.11.2007 für die Jahre 2003 und 2004 und Bescheid vom 06.12.2007 für das Jahr 2005 änderte der Antragsgegner die ursprünglichen Einkommensteuer-Festsetzungen und legte die von der Betriebsprüfung ermittelten Gewinne der Besteuerung zugrunde. Die Änderung der ursprünglichen Bescheide für die Jahre 2003 und 2004 erfolgte nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und die Änderung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2005 nach § 164 Abs. 2 AO.

Gegen die Bescheide legten die Antragsteller fristgerecht Einspruch ein.

Mit ihrem Einspruch wenden sich die Antragsteller gegen die von der Betriebsprüfung ermittelten Hinzuschätzungen. Das Ergebnis des Chi-Quadrat-Tests berechtige den Antragsgegner nicht, die Einnahmen und Gewinne im Schätzungsweg zu ermitteln. Denn es sei offensichtlich, dass bei einem Mietwagen-Unternehmen nicht verschiedene Produkte mit verschiedenen Preisen angeboten würden. Vielmehr würde ein einziges Produkt, nämlich der Kilometerpreis pro gefahrenem Kilometer, in Rechnung gestellt. Da auch nach Auffassung der Finanzverwaltung durchschnittlich eine ähnliche Anzahl von Kilometern pro Fahrt gefahren würde, sei es mehr als einleuchtend, dass bestimmte Werte häufiger vorkämen und somit die Werte, die sich im Rahmen des Chi-Quadrat-Tests ergäben, sich deutlich von anderen Prüfungsfällen unterschieden. Darüber hinaus werde der ermittelte Fahrpreis vom Kunden in fast allen Fällen auf den nächst glatten Euro-Betrag oder halben Euro-Betrag (z.B. 4,50 EUR) aufgerundet. Auch hierdurch ergäbe sich für die Ermittlung der Werte im Rahmen eines Chi-Quadrat-Testes eine Abweichung im Verhältnis zu anderen Prüfungsfällen. Aus dem Ergebnis des Chi-Quadrat-Testes könnten somit keine Rückschlüsse auf die Ordnungsmäßigkeit der geführten Kasse gezogen werden. Schon allein hieraus ergebe sich, dass der von der Betriebsprüfung erstellten Kalkulation jegliche Grundlage fehle.

Die ermittelte durchschnittliche Jahresfahrleistung in Höhe von 93.100 Kilometern pro Fahrzeug sei nicht zutreffend. Die von der Betriebsprüfung für einzelne Fahrzeuge ermittelte Jahresfahrleistung sei auf die anderen Fahrzeuge ohne Prüfung übertragen und auf eine jährliche Jahresfahrleistung hochgerechnet worden. Hierbei sei außer Acht gelassen worden, dass für zwei Fahrzeuge im Prüfungszeitraum keine Kilometerstände anhand von Rechnungen hätten festgestellt werden können. Darüber hinaus seien Fahrzeuge vorhanden, deren durchschnittliche Jahreskilometerleistung deutlich unter dem von der Betriebsprüfung ermittelten Wert lägen. Es handele sich zum einen um das Fahrzeug mit dem Kennzeichen . Dieses Fahrzeug sei am 01.06.2001 angeschafft und am 01.09.2003 bei einem Kilometerstand von 175.000 Kilometer veräußert worden, so dass sich eine jährliche Fahrleistung von rund 77.000 Kilometern ergebe. Zum anderen gelte dies für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen . Dieses Fahrzeug sei am 10.09.2003 angeschafft und habe im Zeitpunkt der Betriebsprüfung (ca. Juli 2007) erst eine Fahrleistung von 270.000 Kilometern gehabt. Somit betrage die durchschnittliche Fahrleistung für dieses Fahrzeug rund 70.000 Kilometer. Unter Berücksichtigung dieser veränderten durchschnittlichen Jahresfahrleistungen und der Fahrleistungen der anderen Fahrzeuge ergäbe sich eine durchschnittliche Jahreskilometerfahrleistung von rund 410.000 Kilometern. Nach Abzug der von der Betriebsprüfung angesetzten 3 % für sonstige Fahrten verbleibe eine durchschnittliche jährliche Fahrleistung in Höhe von rund 400.000 Kilometern.

Die durchschnittliche Entfernung pro durchgeführter Fahrt betrage außerdem nicht wie von der Betriebsprüfung angenommen 5 Kilometer, sondern 10,92 Kilometer. Der Antragsteller habe diese Entfernung auf Basis aller Rechnungsfahrten für den Monat November 2003 für alle von der "A" durchgeführten Fahrten ermittelt. Dafür spreche auch, dass im Gegensatz zu Taxen von den Mietwagenunternehmern häufiger Rechnungsfahrten über eine größere Entfernung (z.B. Flughafen "B") durchgeführt würden.

Die Betriebsprüfung sei außerdem von einem zu hohen durchschnittlichen Bruttoentgelt für Fahrten, die mit einem Festpreis entgolten würden, ausgegangen. Auf Grund von zahlreichen Angeboten in den Ferienmonaten (nachweisbar durch entsprechende Zeitungsannoncen) würden z.B. für Flughafenfahrten erheblich niedrigere Preise, z.B. in Höhe von brutto 30,00 EUR, annonciert und somit auch nur vereinnahmt. Der durchschnittliche Bruttopreis für die gefahrenen Kilometer betrage daher nur 0,40 EUR.

Weiterhin sei der Antragsgegner von einer zu hohen Besetztquote der Fahrzeuge ausgegangen. Das norddeutsche Beratungsunternehmen Linne & Krause habe für verschiedene deutsche Städte im Auftrag der jeweiligen Straßenverkehrsämter Gutachten gemäß § 13 Abs. 4 des Personenbeförderungsgesetzes über die Funktionsfähigkeit der Taxigewerbe der betroffenen Städte erstellt. In diesen Gutachten würden auch die für die jeweiligen Städte gültigen, auf empirischen Daten ermittelten Besetztquoten dargestellt. Danach betrage bundesweit die durchschnittliche Besetztquote bei Taxen zwischen 40 und 50 %. Da "C"-Stadt zu den strukturell wirtschaftsschwächeren Standort zähle, sei die Besetztquote am unteren Ende der Skala anzusiedeln. Hierzu trage auch bei, dass die Konkurrenzsituation auf Grund der vorhandenen zwei Mietwagenvereine ("A" und "D") sowie der weiterhin vorhandenen Taxen sehr stark ausgeprägt sei. Die Betriebsprüfung selbst habe in ihrem Bericht dargestellt, dass bei Mietwagenunternehmen im Gegensatz zu Taxiunternehmen eine geringere Besetztquote zu berücksichtigen sei. Nach Angaben des Antragstellers, der in seiner Eigenschaft als langjähriger Vorsitzender von "A" umfangreiche Statistiken für jede Hauptversammlung erstellt und vorgetragen habe, betrage die Besetztquote unter 30 %. Bestätigt würden diese Angaben durch ein Gutachten aus dem süddeutschen Raum, dass durch eine namhafte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellt worden sei.

Hinsichtlich des Lohnaufwandes müsse berücksichtigt werden, dass die wöchentliche Arbeitszeit des Antragstellers zwischen 70 und 80 Stunden betrage. Darüber hinaus habe die Antragstellerin im Prüfungszeitraum ebenfalls zeitweise im Betrieb des Antragstellers unentgeltlich ausgeholfen. Die in der Buchhaltung erfassten Löhne seien daher zutreffend erfasst worden.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Aspekte ergebe sich, dass die von der Betriebsprüfung vorgetragenen, im wesentlichen auf Mutmaßungen bestehenden, Feststellungen widerlegt werden könnten.

Im Verlauf der Betriebsprüfung reichte der Prozessvertreter der Antragsteller Verprobungen für die Jahre 2003 bis 2005 ein. Im Rahmen der Verprobungen berücksichtigte der Prozessvertreter eine jährliche Gesamtkilometerleistung für die Mietwagen von 400.500 Kilometer in den Jahren 2003 und 2004 und von 140.175 Kilometer für das Jahr 2005. Bei der Verprobung der Taxifahrten für das Jahr 2005 ging der Prozessvertreter von einer Jahreskilometerzahl in Höhe von 160.000 Kilometern aus. Darüber hinaus berücksichtigte er den Anteil der Krankenfahrten der Mietwagen mit 10 % der Umsätze und die Besetztfahrten der Mietwagen mit 30 % und der Taxen mit 40 %. Es ergaben sich folgende Nettomehrumsätze:

2003 2004 2005

Mietwagen 46.898,00 EUR 37.195,00 EUR 6.674,00 EUR

Taxen - - 29.516,00 EUR

Die Antragsteller stellten außerdem Anträge auf Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2005 beim Antragsgegner. Der Antragsgegner setzte daraufhin die Vollziehung ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über die Einsprüche aus. Die Aussetzung der Vollziehung erfolgte unter der aufschiebenden Bedingung, das Sicherheit in Höhe der auszusetzenden Steuer geleistet werde. Gegen den Bescheid über die Aussetzung der Vollziehung vom 09.01.2008 legten die Antragsteller fristgerecht Einspruch ein und beantragten die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung ohne die Festsetzung von Sicherheitsleistungen. Den Einspruch lehnte der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 25.03.2008 ab.

Mit Einspruchsentscheidungen, jeweils vom 25.03.2008, wies der Antragsgegner die Einsprüche der Antragsteller gegen die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2005 zurück.

Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, nach § 162 Abs. 1 AO habe das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wenn es sie nicht ermitteln oder berechnen könne. Zu schätzen sei insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige die Bücher und Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen habe, nicht vorlegen könne, oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden könnten. Nach § 158 AO seien die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen nur dann der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn sie den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprächen. Nach den §§ 145 ff. AO und den § 238 ff. des Handelsgesetzbuches (HGB) seien sämtliche Geschäftsvorfälle laufend, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzuzeichnen. Für die Streitjahre seien keine Schichtzettel oder sonstige Arbeitsnachweise vorgelegt worden, aus denen hervorgehe, welcher Fahrer, wann, welche Tour zu welchem Fahrpreis getätigt habe. Da die Kassenführung als wesentlicher Bestandteil der Buchführung bei einem überwiegend mit Bargeschäften tätigen Betrieb wegen Fehlens sämtlicher Schichtzettel für den Prüfungszeitraum als nicht ordnungsgemäß zu verwerfen sei, sei die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen allein schon deshalb gerechtfertigt. Die Antragsteller würden in ihrer Argumentation völlig verkennen, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei. Die Fehlerhaftigkeit der Buchführung sei durch das Ergebnis des Chi-Quadrat-Tests als weiteres Indiz bestätigt werden. An der Aussagekraft des Chi-Quadrat-Tests änderten auch die Ausführungen des Antragstellers nichts, da sie insbesondere für die erste und zweite Stelle vor dem Komma nicht stichhaltig seien.

Die Höhe der Schätzungen sei nicht zu beanstanden. Die Zahlen der Betriebsprüfung würden entweder auf Angaben beruhen, die sich aus Belegen des Antragstellers ergäben, auf feststehenden Preisen (Grundgebühren/Gebühren) oder auf Erfahrungswerten, die für derartige Betriebe (Gutachten zu Mietwagen/Taxen: Besetztquote) feststünden.

Die geschätzte Jahresfahrleistung pro Fahrzeug liege innerhalb des Bereiches von 80.000 bis 100.000 Kilometern, der in dieser Branche nach den vorliegenden Erfahrungswerten üblich sei. Die vom Antragsteller berechnete Jahresfahrleistung sei weder konkret dargelegt noch ausreichend glaubhaft gemacht worden. Außerdem seien der Betriebsprüfung keine anderen als die ausgewerteten Reparaturrechnungen und sonstigen Rechnungen mit eingetragenen Kilometerständen vorgelegt worden.

Ebenso sei die vom Antragsteller für den Bereich "A" geschätzte Besetztquote von weniger als 30 % trotz mehrfacher Aufforderung weder nachgewiesen noch konkret glaubhaft gemacht worden. Die Besonderheiten bei den Mietwagen "A" seien bereits ausreichend berücksichtigt worden, da im Vergleich zum Taxi-Bereich lediglich eine Besetztquote von 40 % (statt 50 %) angesetzt worden sei. Die vom Antragsteller angeführte Berechnung der durchschnittlichen Entfernungskilometer könne nicht nachvollzogen werden. Abgesehen davon, dass die von der Betriebsprüfung angesetzten 5 Kilometer bei den zuvor geführten Besprechungen nie bestritten worden sei, sei die Berechnung des Antragstellers (Auswertung für einen Monat und alle "A"-Unternehmer) nicht nachvollziehbar und nicht repräsentativ für die Streitjahre.

Die als Betriebsausgaben gebuchten Lohnkosten führten selbst unter Berücksichtigung der unterstellten Fahrleistung des Betriebsinhabers pro Woche von 50 Stunden lediglich zu einem möglichen Einsatz der Fahrzeuge von durchschnittlich 4,5 Stunden täglich. Im normalerweise umsatzstarken Monat Dezember (hier: 2003) ergebe sich sogar nur eine Einsatzzeit von 3,5 Stunden täglich. Dies sei nach den Erfahrungswerten völlig unwahrscheinlich und abwegig: danach würden die Wagen in der Regel täglich 2 Schichten fahren. Die nicht erfassten Nettolöhne seien in Höhe von 40 % der laut Kalkulation nicht erklärten Umsätze als Betriebsausgaben geschätzt worden. Dieser Ansatz sei nach den Feststellungen der Steuerfahndung in diesem Gewerbe durchaus üblich und umfasse teilweise Spannen bis zu 45 %. Festzustellen sei weiterhin, dass auch der Steuerberater der Antragsteller in seinen vom Antragsgegner nicht überprüfbaren sogenannten Verprobungen in jedem Streitjahr einen erheblich höheren Umsatz, als bisher erklärt, errechnet habe.

Am 25.03.2008 erließ der Antragsgegner Aufteilungsbescheide zur Einkommensteuer 2003 bis 2005. Gegen diese Bescheide wurde Einspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden wurde.

Die Antragsteller haben am 08.04.2008 Klage wegen Einkommensteuer 2003 bis 2005 erhoben, die unter dem Aktenzeichen 14 K 1213/08 E zurzeit noch anhängig ist. Ebenfalls am 08.04.2008 stellten die Antragsteller einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ohne die Anordnung von Sicherheitsleistungen.

Zur Begründung des Aussetzungsantrags tragen die Antragsteller vor, in der Gewährung der Aussetzung der Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistungen liege eine teilweise Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung, so dass die formalen Voraussetzungen für die Anrufung des Finanzgerichts gegeben seien. Es sei in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass der Antragsgegner bereits Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die Antragsteller eingeleitet und diesen dadurch praktisch jegliche wirtschaftliche Dispositionsfreiheit genommen habe. Der Aussetzungsantrag sei auch begründet, da aus tatsächlichen Gründen ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide bestehen würde. Beim Erlass dieser Bescheide sei der Antragsgegner von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, in dem er die Besteuerungsgrundlagen, insbesondere die gewerblichen Einkünfte des Antragstellers, unangemessen hoch geschätzt habe. Bereits im Einspruchsverfahren seien Tatsachen oder Erfahrungssätze vorgetragen worden, welche gegen die Richtigkeit der Schätzung sprächen. Diesen Vortrag habe der Antragsgegner bei der Entscheidung über die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung offensichtlich nicht einbezogen. Der vorliegende Antrag richtet sich insbesondere gegen die Anordnung der Sicherheitsleistung. Bei der Anordnung einer Sicherheitsleistung sei das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Durch die Sicherheitsleistung werde die wirtschaftliche Freiheit der Antragsteller beschnitten, daher dürfe dies nicht unbegrenzt lange geschehen, vielmehr müsse die Zeitdauer der Inanspruchnahme der Sicherheit in einem angemessenen Verhältnis zu den Schwierigkeiten stehen, die Sach- und Rechtslage bis zur Entscheidungsreife aufzuklären. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Eine Sicherheit dürfe nicht gefordert werden, wenn es dem Steuerpflichtigen nicht möglich sei, eine Sicherheit zu leisten. Auch dies sei im vorliegenden Fall gegeben. Der Antragsteller verfüge über keinerlei Vermögen, das er als Sicherheit zur Verfügung stellen könne. Bereits in der Schlussbesprechung habe der Antragsteller darauf hingewiesen, dass er eine eventuell entstehende Steuerlast nur durch eine weitere Kreditaufnahme begleichen könne. In Anbetracht der nunmehr festgesetzten, jedoch fraglichen Steuerforderungen, werde sich kein Kreditinstitut bereit erklären, für diese Steuerforderungen eine Finanzierung zu ermöglichen.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 und 2004 vom 27.11.2007 und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 vom 06.12.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 25.03.2008 bis einen Monat nach Bekanntgabe einer Entscheidung im Hauptsachverfahren (Az. 14 K 1213/08 E) ohne Anordnung von Sicherheiten von der Vollziehung auszusetzen,

soweit Aussetzung der Vollziehung gewährt wird, die Verwirkung von Säumniszuschlägen bis zum Ergehen der gerichtlichen Entscheidung über den Aussetzungsantrag aufzuheben,

hilfsweise,

die Beschwerde zuzulassen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung verweist der Antragsgegner auf die Ausführungen in den Einspruchsentscheidungen vom 25.03.2008.

II.

Der Antrag der Antragstellerin ist unzulässig.

Für den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung fehlt der Antragstellerin nach Erlass der Aufteilungsbescheide vom 25.03.2008 das Rechtschutzbedürfnis. Die Antragstellerin kann nach Erlass der Aufteilungsbescheide nicht mehr geltend machen, durch einen unzutreffenden Ansatz der gewerblichen Einkünfte des Antragsgegners im Umfang der Vollziehbarkeit der Einkommensteuerbescheide in ihren Rechten verletzt zu sein. Denn die gewerblichen Einkünfte des Antragstellers werden im Rahmen der Aufteilung der Steuerschuld alleine dem Antragsteller und nicht ihr zugerechnet (§ 270 AO). Nach dem Aufteilungsmaßstab des § 270 AO führen die gewerblichen Einkünfte somit nicht zu den auf die Antragstellerin entfallenden und vollziehbaren Steuerschulden. Die Steuerschulden der Antragstellerin beruhen ausschließlich auf einer fiktiven getrennten Veranlagung mit ihren Einkünften unter Anrechnung ihrer Lohnsteuerabzugsbeträge (vgl. FG Berlin Beschluss vom 30.08.1991 VI 342/88, EFG 1992, 150). Nur in diesem Umfang kann sie ein Rechtsverletzung geltend machen. Im vorliegenden Antragsverfahren hat die Antragstellerin nur Gründe gegen die Rechtmäßigkeit der angesetzten gewerblichen Einkünfte des Antragstellers vorgetragen.

Der Antrag des Antragstellers ist zulässig und in dem im Tenor bezeichneten Umfang begründet. Die Zulässigkeit des Antrags folgt daraus, das der Antragsgegner dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2003 bis 2005 nur eingeschränkt, nämlich unter der Bedingung der Leistung von Sicherheiten, stattgegeben hat (vgl. § 69 Abs. 4 Satz 1 Finanzgerichtsordnung FGO).

Der Antrag des Antragstellers ist in dem im Tenor beschriebenen Umfang begründet.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn und soweit bei der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, des unstreitigen Sachverhalts und der gerichtsbekannten Tatsachen erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 17. Mai 2005 I B 109/04, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofes BFH/NV 2005, 1782 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall bestehen bei der im Aussetzungsverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung lediglich ernstliche Zweifel an der ermittelten, durchschnittlichen Fahrleistung der Mietwagen, im Übrigen erscheint die vom Antragsgegner durchgeführte Kalkulation zur Schätzung der gewerblichen Gewinne nach summarischer Prüfung zutreffend.

Der Antragsgegner war dem Grunde nach zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen berechtigt. Gemäß § 162 Abs. 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Diese allgemeine Schätzungsbefugnis gilt nach § 162 Abs. 2 AO insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt. Das gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können.

Ein dementsprechender Schätzungsanlass war vorliegend gegeben, da der Antragsteller im Rahmen der von dem Antragsgegner durchgeführten Betriebsprüfung keine Schichtzettel oder andere Ursprungsaufzeichnungen über die Bareinnahmen vorgelegt hat.

Im Taxigewerbe sind erstellte Schichtzettel als sogenannte Einnahmeursprungsaufzeichnungen grundsätzlich aufzubewahren (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Februar 2007, V B 161-162/05, BFH/NV 2007, 1208). "Schichtzettel" enthalten Angaben der jeweiligen Fahrer, des Datums der Schicht, des Schichtbeginns, des Schichtendes, der "Total- und Besetztkilometer", der Touren, des Fahrpreises, des Tachostandes, der Fahrten ohne Uhr, der Gesamteinnahmen, der Lohnabzüge, der sonstigen Abzüge, der verbleibenden Resteinnahmen und der an den Unternehmer abgelieferten Beträge. Die Schichtzettel enthalten also Angaben, aus denen sich die Höhe der Umsätze und damit auch der Betriebseinnahmen unmittelbar ergeben. Sie sind als sonstige Unterlagen i.S.d. § 147 AO für die Besteuerung von Bedeutung und aufzubewahren. Die Vernichtung der Schichtzettel bedeutet einen Verstoß gegen diese Pflicht.

Die Verletzung der Aufbewahrungsfrist begründet die Schätzungsbefugnis des Finanzamtes (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 25/02, BFH/NV 2004, 599). Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Inhalt der Schichtzettel unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinander gereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2004 XI R 25/02, BStBl II 2004, 599). Diese Voraussetzung ist im Streitfall jedoch nicht erfüllt.

Das Ergebnis des Chi-Quadrat-Tests war somit zur Rechtfertigung der Schätzung nicht erforderlich. Der Antragsgegner hat das Ergebnis lediglich als ein weiteres Indiz für eine fehlerhafte Kassenführung angesehen.

Die vom Antragsgegner durchgeführte Schätzung ist nach summarischer Prüfung auch der Höhe nach - mit Ausnahme der ermittelten jährlichen Fahrleistung - nicht zu bestanden.

Die Schätzung ist ein Verfahren, Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Feststellung trotz Bemühens um Aufklärung nicht möglich ist. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für ein solches Verfahren von Bedeutung sein können (vgl. § 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Ziel der Schätzung ist der Ansatz derjenigen Besteuerungsgrundlagen, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Hierbei können die jeder Schätzung anhaftenden Unsicherheiten vernachlässigt werden.

Der Antragsgegner hat auf Basis der ermittelten, durchschnittlichen Jahresleistung pro Fahrzeug unter Berücksichtigung von Rechnungsfahrten und Leerfahrten die Anzahl der besetzten Fahrten ermittelt und unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Fahrtenlänge von 5 km die Bruttoumsätze und den Gewinn des Antragstellers in den jeweiligen Streitjahren geschätzt.

Nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen (Prüferhandakte) erscheint die vom Antragsgegner angenommene Jahresfahrleistung in Höhe von 93.100 km für die Mietwagen zu hoch. Dies ergibt sich nicht unter Berücksichtigung der vom Antragsteller angeführten niedrigeren Fahrleistungen der Fahrzeuge mit dem amtlichen Kennzeichen und . Denn das Fahrzeug hat nach Aktenlage nicht nur eine jährliche Laufleistung von rund 77.000 km. Es ist laut der Verbindlichen Bestellung vom 29.08.2003 am 01.10.2001 und nicht - wie vom Antragsteller vorgetragen - am 01.06.2001 angeschafft worden. Da es unstreitig mit einer Laufleistung von 175.000 Kilometern am 01.09.2003 veräußert wurde, beträgt die jährliche Laufleistung dieses Fahrzeugs 91.304 km. Soweit der Antragsteller eine niedrigere Laufleistung des Fahrzeuges anführt, hat er diese weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.

Unter Berücksichtigung der in der Prüferhandakte vorhandenen Reparaturrechnungen und übrigen Rechnungen mit Kilometerangaben hat der Senat im summarischen Verfahren aber lediglich eine durchschnittliche Jahresfahrleistung pro Fahrzeug von 88.625 km, abgerundet 88.600 km, ermittelt. Diese berechnet sich wie folgt:

Kennzeichen Zulassungstag Datum und km-Stand durchschnittliche

und km-Stand Jahresfahrleistung

25.06.2002 0 km 30.12.2004 242.379 km 96.951 km

25.10.2002 0 km 27.12.2004 193.064 km 89.106 km

25.10.2002 0 km 21.05.2003 45.000 km 77.142 km

01.10.2001 0 km 29.08.2003 175.000 km

91.304 km

354.503 km : 4 = 88.625 km

Für die Jahre 2003 und 2004 ist somit eine Jahresfahrleistung der Mietwagen von insgesamt 443.000 km (5 Fahrzeuge x 88.600 km) und für das Jahr 2005 von insgesamt 155.050 km (5 Fahrzeuge für 2 Monate + 4 Fahrzeuge für 1 Monat + 2 Fahrzeuge für 3 Monate + 1 Fahrzeug für 1 Monat; dies entspricht 1 Fahrzeug für 21 Monate und somit 88.600 : 12 Monate x 21 Monate = 155.050 km) anzusetzen. Die Abweichung zur Berechnung des Antragsgegners ergibt sich daraus, dass der Antragsgegner das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen gar nicht und das Fahrzeug mit einer Jahresfahrleistung von 91.000 km berücksichtigt hat. Zur Ermittlung der Jahresfahrleistung des Fahrzeugs hat der Betriebsprüfer den Zeitraum vom 10.12.2003 (km-Stand laut Reparaturrechnung 91.320) bis zum 07.06.2004 (km-Stand laut Reparaturrechnung 136.746) herangezogen. Gründe, die die Nichtberücksichtigung des Fahrzeugs und die Heranziehung des abgekürzten Ermittlungszeitraums für das Fahrzeug rechtfertigen, sind vom Antragsgegner nicht vorgetragen worden und auch aus den Akten nicht ersichtlich. Sie sind auch nicht aus dem Umstand zu schließen, dass keine weiteren Belege mit Kilometerständen während der Betriebsprüfung vorgelegt wurden.

Soweit der Antragsteller Einwendungen gegen die weiteren Variablen der Kalkulation erhoben hat (durchschnittliche Fahrtenlänge, Bruttopreis der Rechnungsfahrten, Besetztquote, Lohnaufwand), hat er seine Einwendungen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen bzw. nicht glaubhaft gemacht.

So hat er seine Aufzeichnungen aus November 2003 über die Länge der durchgeführten Mietwagenfahrten nicht vorgelegt und somit die von ihm angeführte durchschnittliche Entfernung pro Fahrt von 10,92 km nicht glaubhaft gemacht. Im Übrigen geht auch das Gutachten der Unternehmensberater Linne & Krause Marketing und Forschung zum Taximarkt in "B" - auf das der Antragsteller in einem anderen Zusammenhang verweist - von einer durchschnittlichen Fahrtenlänge von 5 km in NRW-Städten aus. Diese durchschnittliche Entfernung hat der Antragsgegner der Kalkulation zu Grunde gelegt. Zwar ist dem Antragsteller insoweit zuzustimmen, dass für Mietwagen längere durchschnittliche Entfernungen angenommen werden müssen, da mit ihnen im Gegensatz zu Taxen häufiger Rechnungsfahrten über eine größere Entfernung (z.B. Flughafen "B") durchgeführt werden. Diese Fahrten hat der Antragsgegner aber in der Kalkulation getrennt von den durchschnittlichen 5 km - Fahrten berücksichtigt. Sie können somit nicht nochmals die durchschnittliche Fahrtenlänge beeinflussen. Nach Aktenlage sind nämlich die Rechnungsfahrten mit "A" getrennt abgerechnet worden; die Erlöse aus den Rechnungsfahrten waren dem Betriebsprüfer bekannt. Von den Erlösen hat er 25 % als Flughafenfahrten und 75 % als Krankenfahrten berücksichtigt. Die Erlöse pro Flughafenfahrt hat der Betriebsprüfer auf 38 EUR geschätzt und beispielsweise für das Jahr 2003 311 Flughafenfahrten (40.744 EUR Erlöse x 25 % : 38 EUR = 311 Fahrten) sowie eine gesamte Fahrleistung für Flughafenfahrten von 23.325 km angenommen. Die 23.325 km hat der Betriebsprüfer von der geschätzten durchschnittlichen Fahrleistung für das Jahr 2003 (465.500 km) abgezogen und bei der weiteren Kalkulation, die unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Fahrtenlänge von 5 km erfolgte, nicht mehr einbezogen. Die Kalkulation für die Jahre 2004 und 2005 erfolgte nach demselben Schema.

Seinen Vortrag, die Flughafenfahrten seien zu einem niedrigeren Entgelt (30 EUR) angeboten worden, hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.

Das gleiche gilt für die niedrigere Besetztquote, der Antragsteller hat weder die von ihm angeführten Statistiken noch das Gutachten aus dem süddeutschen Raum zur Besetzquote eingereicht. Die Besetzquote beträgt laut Richtsatzsammlung (siehe Betriebsprüfungskartei Teil III "Taxiunternehmer") erfahrungsgemäß 40 % bis 60 %. Im Zentrum größerer Städte liege dieser Anteil wegen der häufigen Kurzstrecken- und Anschlussfahrten (einschließlich zufälliger Fahrgastaufnahme bei Leerfahrten) an der oberen Grenze. In ländlichen Bereichen könne der Fahrer in aller Regel nur ein- und denselben Taxistand anfahren, im Stadtbereich dagegen den nächstgelegenen Halteplatz. Die Besetzquote von 40 % berücksichtigt somit bereits, dass das Taxi auf der Rückfahrt zum Taxistand in aller Regel leer ist. Dies ist vergleichbar mit der Rückfahrt des Mietwagens zur Zentrale. Dabei übersieht der Senat nicht, dass der Mietwagen auch eine Leerfahrt bis zur Aufnahme der Fahrgäste absolviert. Solche Leerfahrten werden aber auch von Taxen durchgeführt, da nicht jede besetzte Taxifahrt am Taxistand beginnt.

Der Ansatz einer niedrigeren Besetzquote kommt auch nicht im Hinblick auf den strukturell wirtschaftsschwachen Standort "C" und die Konkurrenzsituation der vorhandenen Mietwagenvereine ("A" und "D") in Betracht. Die Konkurrenzsituation zu vorhandenen Mietwagenvereinen besteht in den meisten deutschen Städten. Ohne Darlegung und Glaubhaftmachung, welche konkreten gewinnmindernden Umstände der Antragsgegner bei seiner Schätzung nicht berücksichtigt hat, sieht der Senat keine Veranlassung auf Grund eigener Schätzungsbefugnis von der Schätzung des Antragsgegners abzuweichen. Dass der Antragsgegner die Besteuerungsgrundlagen nicht genau im Schätzungswege ermitteln kann, ist dem Schätzungsverfahren immanent. Eine genaue Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen kann im Schätzungsweg trotz Bemühens um Zuverlässigkeit allenfalls zufällig erreicht werden. Diese Unschärfe, die jeder Schätzung anhaftet, muss der Steuerpflichtige, soweit sie sich zu seinen ungunsten auswirkt, hinnehmen, zumal er den Anlass für die Schätzung gegeben hat (vgl. BFH-Urteil vom 26.04.1983 VIII R 38/82, BStBl II 1983, 618).

Die Erfassung des zusätzlichen Lohnaufwandes als Betriebsausgaben wirkt für einkommensteuerrechtliche Zwecke zugunsten des Antragstellers. Die Erfassung einer höheren Arbeitsleistung des Antragstellers würde zur Minderung der Betriebsausgaben und damit zu einer Gewinnerhöhung führen. Davon abgesehen hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass er selbst in den Streitjahren tatsächlich zwischen 70 und 80 Stunden pro Woche gearbeitet und die Antragstellerin zeitweise ausgeholfen hat. Diesen Nachweis hätte er beispielsweise durch die Vorlage der Schichtzettel führen können. Der Ansatz der eigenen Arbeitszeit des Antragstellers mit 50 Stunden pro Woche erscheint möglich und wahrscheinlich, so dass der Antragsgegner seine Schätzungsbefugnis nach summarischer Prüfung auch hinsichtlich dieses Punktes zutreffend ausgeübt hat.

Hinsichtlich der entstandenen Säumniszuschläge wird die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide nach § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO im Umfang der gewährten Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuern 2003 bis 2005 bis zum Ergehen der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit der Maßgabe aufgehoben, dass die ab Fälligkeit der Einkommensteuernachzahlungen für 2003 sowie 2004 (am 02.01.2008 laut Bescheiden vom 27.11.2007) und für 2005 (10.01.2008 laut Bescheid vom 06.12.2007) gem. § 240 Abs. 1 AO entstandenen Säumniszuschläge entfallen. Die Aufhebung der Vollziehung erfasst die kraft Gesetzes eintretende Verwirkung von Säumniszuschlägen, obwohl diese nicht zum Regelungsinhalt des Steuerbescheides gehört (vgl. BFH-Beschluss vom 23.06.1977 V B 41/73, BStBl II 1977, 645). Der Aufhebung der Vollziehung kommt insoweit Rückwirkung zu. Schon verwirkte Säumniszuschläge können bezogen auf den Zeitpunkt, ab wann ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes erkennbar vorlagen, durch Aufhebung der Vollziehung rückwirkend beseitigt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 30.03.1993, VII R 37/92, BFH/NV 1994, 4). Denn die Ausübung von Druck i.S. von § 240 AO ist nur berechtigt, wenn die Vollziehung eines Steuerbescheids ansteht, der entweder nicht angefochten ist oder bezüglich dessen Anfechtung keine ernstlichen Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen, nicht aber dann, wenn der Steuerbescheid angefochten wird und --wenn auch ggf. nachträglich-- ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit von Anfang an festgestellt werden.

Es waren ernstliche Zweifel an der Berechnung der Jahresfahrleistung der Mietwagen vom Zeitpunkt des Erlasses der Einkommensteuer-Änderungsbescheide 2003 bis 2005 vorhanden. Denn es sind keine Gründe für die Nichtberücksichtigung eines Fahrzeuges und die Heranziehung des abgekürzten Ermittlungszeitraumes für ein anderes Fahrzeug erkennbar.

Eine weitergehende Aussetzung der Vollziehung ist auch nicht deshalb zu gewähren, weil die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Eine derartige unbillige Härte liegt nach der Rechtsprechung des BFH vor, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Zahlung Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder schwer wieder gutzumachen wären oder wenn die wirtschaftliche Existenz gefährdet würde (vgl. Tipke/Kruse, a. a. O., Stand: Februar 2002, § 69 FGO Tz. 101 ff. mit Nachweisen der Rechtsprechung). Anhaltspunkte dafür, dass eine derartige unbillige Härte vorliegt, ergeben sich weder aus dem Vortrag des Antragstellers noch aus den Akten; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Antragsteller nicht nachgewiesen, dass seine wirtschaftliche Existenz durch die Zahlung der Steuern gefährdet würde.

Die gewährte Aussetzung der Vollziehung wird nicht von einer Sicherheitsleistung im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 3 FGO abhängig gemacht, da die Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Bescheide insoweit besonders schwerwiegend sind und in Folge dessen mit großer Wahrscheinlichkeit in der Hauptsache ein für den Antragsteller günstiges Ergebnis zu erwarten ist (vgl. Beermann/Gosch, AO/FGO Kommentar, § 69 Rdnr. 208 mit weiteren Nachweisen aus der Rechsprechung).

Die Berechnung der auszusetzenden Beträge wird dem Antragsgegner analog § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO übertragen (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Auflage, § 100 Rdnr. 32 mit weiteren Nachweisen).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.

Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 128 Abs. 2 i. V. m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO).



Ende der Entscheidung

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