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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 26.10.2006
Aktenzeichen: 15 K 1096/05 E
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 7g Abs. 3
EStG § 4 Abs. 3
EStG § 18 Abs. 3
AO § 164 Abs. 1
AO § 164 Abs. 3
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

15 K 1096/05 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 Einkommensteuergesetz - EStG -.

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2003 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist von Beruf Steuerberater. Er erzielte im Jahr 2003 Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus seiner in einem Einzelunternehmen betriebenen Steuerberatungspraxis in "FStadt". Der Kläger ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch EinnahmeÜberschussRechnung.

Am 30.01.2004 veräußerte der Kläger den Mandantenstamm seiner Steuerberatungskanzlei mit Wirkung zum 01.05.2004 an die "B" GmbH Steuerberatungsgesellschaft in "F-Stadt". Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Veräußerungsvertrag des Notars "C", Urkunden-Nr. "01"/2004 vom 30.01.2004, verwiesen. Der Kaufpreis betrug 230.000,00 EUR. Der Kläger behielt wenige Mandate zurück, um diese weiter steuerlich zu betreuen. Der Wert dieser Mandate wurde mit 2.500,00 EUR angesetzt. Die zurückbehaltenen Mandate machten weniger als 10 % der Einnahmen aus dem gesamten Mandantenstamm der Steuerberatungspraxis aus. Es bestand zudem Einigkeit der Parteien darüber, dass dem Kläger eine weitere Steuerberatungstätigkeit im Rahmen der von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Nutzung des halben Steuersatzes bei Betriebsveräußerung gesetzten Grenzen gestattet sein sollte. Ein Wettbewerbsverbot wurde nicht vereinbart. Das Inventar der Praxis einschließlich der technischen Anlagen wurde nicht mitveräußert, sondern größtenteils an Dritte verkauft. Die Anstellungsverhältnisse mit den drei Angestellten und einer Auszubildenden gingen kraft Gesetzes (§ 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -) auf die Erwerber über.

Am 31.03.2004 reichten die Kläger die Einkommensteuererklärung für 2003 beim Beklagten - dem Finanzamt "F-Stadt" - nebst der Gewinnermittlung für die Steuerberatungspraxis ein. Die Gewinnermittlung war am 30.03.2004 erstellt worden. Der Kläger erklärte aus der Steuerberatungspraxis einen Gewinn i.H.v. 64.627,00 EUR. In der Gewinnermittlung wurde u.a. die Einstellung einer Ansparrücklage als Aufwand geltend gemacht (Konto 4850 "Abschreibung Sachanlagen/steuerliche Sondervorschriften"). Es wurde erläutert, dass die Rücklage i.H.v. insgesamt 22.000,00 EUR für die Anschaffung eines Pkws der gehobenen Mittelklasse mit voraussichtlichen Anschaffungskosten von 53.430,00 EUR i.H.v. 21.372,00 EUR gebildet worden sei. Ferner wurde eine Rücklage für die voraussichtliche Anschaffung eines Laptops mit Anschaffungskosten von 1.570,00 EUR i.H.v. 628,00 EUR gebildet.

Der Kläger war ab Mai 2004 nur noch geringfügig als betriebswirtschaftlicher Berater, Vermögensberater, Hausverwalter und Steuerberater tätig. Die auf diese Tätigkeiten entfallenden Einnahmen betrugen 7.035,60 EUR zzgl. Umsatzsteuer und machten weniger als 10 % der durchschnittlichen Einnahmen aus der Steuerberatungspraxis in den letzten drei Jahren vor der Veräußerung aus. Einnahmen aus den zurückbehaltenen Mandaten wurden im Streitjahr 2003 nicht erzielt. Der Kläger übte seine Tätigkeiten nunmehr in seinem Wohnhaus in der "N-Straße 1" in "F-Stadt" aus. Dort verfügte er über einen Büroraum mit den üblichen Einrichtungen.

Am 21.05.2004 veranlagte der Beklagte die Kläger für 2003 mit gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Einkommensteuerbescheid. Der Gewinn aus der Steuerberatungspraxis wurde erklärungsgemäß berücksichtigt. In den Erläuterungen zum Einkommensteuerbescheid wurden die Kläger aufgefordert, den voraussichtlichen Anschaffungszeitpunkt für den Pkw und den Laptop mitzuteilen. Ferner wurden die Kläger aufgefordert zu erläutern, welcher Pkw erworben werden sollte und wie die Ansparrücklage ermittelt worden sei. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde mit Bescheid vom 20.07.2004 gem. § 164 Abs. 3 AO aufgehoben.

Am 29.11.2004 erließ der Beklagte einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2003. In diesem Bescheid wurden die Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. 85.999,00 EUR angesetzt. In den Erläuterungen zum Bescheid wurde angeführt, dass die gebildete Rücklage für den Pkw nicht anerkannt werden könne. Der Betrieb sei zum 30.04.2004 veräußert worden. Eine nur geringe betriebliche Nutzung des Pkw rechtfertige keine Zuordnung zum Betriebsvermögen. Voraussetzung für die Bildung einer Ansparrücklage sei zudem, dass die Investition im Zeitpunkt der Rücklagenbildung auch tatsächlich noch durchführbar sei und sie für einen aktiven, noch bestehenden Betrieb erfolge. Bei Aufstellung der Gewinnermittlung sei aber bereits bekannt gewesen, dass der Betrieb mit Wirkung vom 01.05.2004 veräußert werde.

Gegen den Änderungsbescheid erhoben die Kläger mit Schreiben vom 07.12.2004 Einspruch. Zur Begründung führten sie aus, dass auch bei der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ein Ansatz von gewillkürtem Betriebsvermögen möglich sei und die nur geringe betriebliche Nutzung des Pkws nicht zur Versagung des Ansatzes als Betriebsvermögen führen dürfe.

Mit Einspruchsentscheidung vom 28.02.2005 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, im Zeitpunkt der Erstellung der Gewinnermittlung sei der Vertrag über die Veräußerung und Übertragung der Steuerberatungspraxis bereits abgeschlossen gewesen. Eine Veräußerung i.S.d. § 18 Abs. 3 EStG liege gem. H 147 EStH Stichwort "Veräußerung" vor, wenn die für die Ausübung wesentlichen wirtschaftlichen Grundlagen, insbesondere die immateriellen Wirtschaftsgüter wie Mandantenstamm und Praxiswert, entgeltlich auf einen Anderen übertragen worden seien. Unschädlich sei dabei die Fortführung einer freiberuflichen Tätigkeit in geringem Umfang, wenn die darauf entfallenden Umsätze in den letzten drei Jahren weniger als 10 % der gesamten Einnahmen ausmachten. Wesentlicher Bestandteil einer Steuerberatungspraxis sei jedoch der Mandantenstamm. Mit dem Übertragungsvertrag vom 30.01.2004 habe gerade der Mandantenstamm unter Zurückbehaltung weniger Mandate auf den Erwerber übergehen sollen. Mithin seien die wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert und aufgegeben worden. Der Betrieb sei hierdurch beendet worden. Die zurückbehaltenen Mandate führten nicht dazu, dass der Betrieb in der bisherigen Form weiter bestehe. Im Zeitpunkt der Erstellung der Gewinnermittlung sei damit bekannt gewesen, dass die Investition in das Fahrzeug nicht mehr für den veräußerten Betrieb würde erfolgen können. Außerdem sei auch die Investition tatsächlich nicht durchgeführt worden. Auch sei im Zeitpunkt der Erstellung der Gewinnermittlung ersichtlich gewesen, dass das Fahrzeug die Verbleibensvoraussetzungen im Betriebsvermögen nicht würde erfüllen können.

Die Kläger haben am 15.03.2005 gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2005 Klage erhoben. Sie tragen vor, der Kläger sei zur Bildung einer Ansparrücklage hinsichtlich des Pkws gem. § 7g Abs. 3 EStG berechtigt gewesen. Die Neuanschaffung sei für die verbliebene Tätigkeit als Steuerberater weiterhin möglich gewesen. Er habe zwar mit notariellem Vertrag vom 30.01.2004 den wesentlichen Teil seiner Steuerberatungspraxis in Form des Mandantenstamms veräußert. Er sei jedoch weiterhin als Steuerberater tätig geblieben. Zum einen habe er in geringem Umfang Steuerberatungsmandate zurückbehalten und sei überleitend tätig. Zum anderen führe er seine Steuerberatungskanzlei auch insoweit weiter, als er den Teilbetrieb betriebswirtschaftliche Beratung, hier vor allem durch Vermögensberatung sowie Hausverwaltung, weiterbetreibe. Es handele sich dabei in den Grenzen des Artikel 1 § 5 Rechtsberatungsgesetz sämtlich um "Vereinbare Tätigkeiten der steuerberatenden Berufe" i.S. von § 57 Abs. 4 Steuerberatungsgesetz und § 39 Abs. 1 Nr. 8 Berufsordnung der Steuerberater. Mit der Veräußerung des Mandantenstamms sei insbesondere auch keine Betriebsaufgabe verbunden gewesen. Eine solche habe er niemals erklärt. Für private Zwecke stehe ihm zudem ein weiterer Pkw zur Verfügung. Schon aus diesem Grunde könne die Bildung einer Ansparrücklage für die Anschaffung eines Pkw im gewillkürten Betriebsvermögen nicht mit dem Argument abgelehnt werden, der anzuschaffende Pkw werde nur in geringem Umfang betrieblich genutzt. Außerdem übersteige die betriebliche Nutzung die 10%-Grenze - bezogen auf die Gesamtnutzung des Pkw - bei weitem. Auch aus der Anwendung des § 1 Abs. 1 a Umsatzsteuergesetz auf die Veräußerung des Mandantenstammes lasse sich nicht herleiten, dass der Betrieb "nicht in seiner bisherigen Form" bestehen geblieben sei. Es treffe zwar zu, dass eine Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S.d. Umsatzsteuerrechts nur dann gegeben sei, wenn die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens übertragen werden und der Erwerber in die Lage versetzt werde, den Betrieb fortzuführen. Dies sei in Bezug auf den veräußerten Mandantenstamm schon allein deshalb der Fall gewesen, weil sämtliche Mandatsbeziehungen übertragen worden seien und die mit der Bearbeitung dieser Mandate befassten Arbeitnehmer kraft Gesetzes (§ 613a BGB) auf die Erwerber übergegangen seien. Eine Präjudizwirkung für die Bildung einer Ansparrücklage könne hierin jedoch nicht erkannt werden. Für das vom Finanzamt aufgestellte Postulat, das bisherige Unternehmen müsse "in seiner bisherigen Form bestehen bleiben", finde sich in der Regelung des § 7g EStG keine Stütze. Es reiche aus, dass eine Investition i.S. von § 7g Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 "beabsichtigt" sei. Die Investition müsse lediglich ausreichend konkretisiert sein, d.h. der Ansparrücklage müsse eine noch durchführbare objektiv mögliche Investition zu Grunde liegen. Der Sinn und Zweck der Vorschrift, die Liquidität von kleinen und mittleren Betrieben durch den Steuerstundungseffekt mittels Vorziehens der späteren AfA zu stärken, verbiete zwar die Rücklagenbildung nach vollzogener Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung. Dieser Gesichtspunkt greife hier jedoch nicht, da der Betrieb fortgeführt worden sei. In der Verlegung des Betriebs in die neue Betriebsstätte in der "N-Straße 1" in "F-Stadt" liege keine neue betriebliche Tätigkeit. Auch die Betriebsbezogenheit der Ansparrücklage ändere nichts daran, dass eine "Fortführung des Betriebs in der bisherigen Form" keineswegs Voraussetzung für die Bildung einer Ansparrücklage sei. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass die anzuschaffenden Wirtschaftsgüter später nicht die Voraussetzungen des § 7g Abs. 2 EStG erfüllen müssten. Deshalb sei für die Bildung einer Ansparrücklage unerheblich, in welchem Umfang das Wirtschaftsgut später auch privat genutzt werde und ob die Verbleibensvoraussetzungen sowie die qualifizierte Nutzung des § 7g Abs. 2 Nr. 2 EStG erfüllt würden.

Der Beklagte hat am 28.12.2005 einen aus nicht streitgegenständlichen Gründen geänderten Einkommensteuerbescheid 2003 erlassen.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2003 vom 28.12.2005 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der geltend gemachten Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG neu festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Ausübung des Wahlrechts zur Bildung von Ansparabschreibungen sei zu einem Zeitpunkt, in dem der Betrieb bereits veräußert oder aufgegeben worden sei und tatsächlich noch keine Investition getätigt worden sei, nicht zulässig. Das Wahlrecht sei im Rahmen der Erstellung der Gewinnermittlung auszuüben. Die Gewinnermittlung für 2003 sei im März 2004 erstellt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Vertrag über die Veräußerung und Übertragung der Steuerberatungspraxis bereits abgeschlossen gewesen. Durch die Übertragung des Mandantenstamms seien die wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert und aufgegeben worden. Der Betrieb sei beendet worden. Die zurückbehaltenen Mandate hätten nicht dazu geführt, dass der Betrieb in der bisherigen Form fortbestehe. Auch die überleitende Tätigkeit in der Praxis des Übernehmers führe nicht zu einem Fortbestehen. Ein Fortbestehen in bisheriger Form könne auch nicht dadurch angenommen werden, dass der Kläger den Teilbetrieb "betriebswirtschaftliche Beratung" weiter betreibe. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage gewesen, das Unternehmen in der bisherigen Form fortzuführen. Die vom Kläger geplante Anschaffung des Fahrzeugs habe nicht mehr für das Unternehmen erfolgen können, in dessen Gewinnermittlung die Ansparrücklage eingestellt worden sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Steuerakten des Beklagten, insbesondere die Gewinnermittlungen des Klägers in 2003 und 2004, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Der geänderte Einkommensteuerbescheid vom 28.12.2005 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Kläger konnte die Ansparrücklage im Zeitpunkt der Erstellung der Gewinnermittlung 2003 und ihrer Einreichung beim Finanzamt auf Grund zwischenzeitlicher Veräußerung und Aufgabe seines Steuerberatungsbetriebes nicht mehr bilden. Denn die vom Kläger geplante Anschaffung des Fahrzeugs konnte auf Grund der geplanten Betriebsaufgabe nicht mehr für das Unternehmen erfolgen, in dessen Gewinnermittlung die Ansparrücklage eingestellt worden war.

1. Nach § 7g Abs. 3 bis 5 EStG können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Ansparrücklage darf dabei 40 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige "voraussichtlich bis zum Ende des 2. auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs anschaffen oder herstellen wird". Spätestens am Ende des 2. auf ihre Bildung folgende Wirtschaftsjahrs ist die Ansparrücklage gewinnerhöhend aufzulösen (§ 7g Abs. 4 EStG). Ermittelt der Steuerpflichtige - wie im Streitfall - den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, sind gemäß § 7g Abs. 6 EStG die Absätze 3 bis 5 mit Ausnahme von Abs. 3 Nr. 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist.

2. Voraussetzung für die Rücklagenbildung ist u.a., dass der Steuerpflichtige das begünstigte Wirtschaftsgut "voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs anschaffen oder herstellen wird". Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, ob und ggf. wie nachzuweisen ist, dass eine Investition i.S. von § 7g Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 "beabsichtigt" ist (BFH-Urteil vom 12.12.2001 XI R 13/00, BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385). Der Steuerpflichtige ist daher nicht gehalten, die Absicht einer Investition nachzuweisen. Allerdings muss die Investition ausreichend konkretisiert sein (BFH-Urteil vom 25.04.2002 IV R 30/00, BFHE 199, 170, BStBl II 2004, 182). Im Rahmen der zur Annahme einer "voraussichtlichen" Investition erforderlichen Prognose ist vor allem zu prüfen, ob der Ansparrücklage eine (noch) durchführbare, objektiv mögliche Investition zu Grunde liegt (BFH-Urteil vom 17.11.2004 X R 41/03, BFH/NV 2005, 848). Gibt der Steuerpflichtige eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung für das Vorjahr zu einem Zeitpunkt ab, zu dem er bereits die Betriebsaufgabe erklärt oder den Betrieb veräußert hat, darf der Gewinn des Vorjahrs daher nicht mehr um eine Ansparrücklage gemindert werden (BFH-Urteil vom 13.05.2004 IV R 11/02, BFH/NV 2004, 1401; Schmidt/Drenseck, EStG, § 7g, Rz. 23; Blümich/Brandis, § 7g EStG, Rz. 84a).

3. Der Beklagte hat die vom Kläger in seiner Gewinnermittlung 2003 gebildete Ansparrücklage zu Recht nicht anerkannt, da die vorstehenden Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt sind. Die vom Kläger gebildete Ansparrücklage betraf eine Investition, von der im Zeitpunkt der Rücklagenbildung bereits feststand, dass sie nicht mehr für den Betrieb des Klägers vorgenommen werden würde. Denn mit dem Vertrag über die Veräußerung des Mandantenstamms am 30.01.2004 hat der Kläger seinen steuerberatenden Betrieb zum 01.05.2004 aufgegeben.

a. Eine Aufgabe des "ganzen Betriebs" i.S. der §§ 18 Abs. 3 i.V.m. §§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG liegt vor, wenn auf Grund eines Entschlusses, den Betrieb aufzugeben, die bisher in diesem Betrieb entfaltete selbständige Tätigkeit endgültig eingestellt wird und alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang entweder insgesamt in das Privatvermögen überführt, anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt, an verschiedene Erwerber veräußert oder teils veräußert, teils in das Privatvermögen überführt werden, so dass der Betrieb als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen aufhört. Zu den wesentlichen Grundlagen zählen diejenigen Wirtschaftsgüter, die nach der Art des Betriebes und ihrer Funktion im Betriebsablauf zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und besonderes Gewicht für die Betriebsführung besitzen. Dazu gehören immaterielle Wirtschaftsgüter wie der Geschäftswert, aber auch sonstige immaterielle Werte, die üblicherweise in den Geschäftswert eingehen, wie z.B. Geschäftsbeziehungen oder der Kunden- oder Mandantenstamm.

b. Zur Aufgabe der wesentlichen Betriebsgrundlagen als Merkmal der Betriebsaufgabe muss, da der Betrieb in § 18 Abs. 3 EStG tätigkeitsbezogen zu verstehen ist, als weiteres Merkmal die Beendigung der bisherigen selbständigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen hinzukommen. Denn der Zweck der Vergünstigungsregelungen der §§ 18 Abs. 3, 16, 34 EStG besteht darin, die steuerliche Erfassung der in einem bestimmten Betrieb im Laufe der Zeit angesammelten stillen Reserven im Falle der Aufgabe dieses Betriebs sicher zu stellen. Das ist aber nur gewährleistet, wenn feststeht, dass das aufgegebene Betriebsvermögen nicht mehr der selbständigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen dient. Deshalb muss der Steuerpflichtige zwar nicht jedwede selbständige Tätigkeit einstellen. Er muss aber diejenige Tätigkeit beenden, die mit dem aufgegebenen Betriebsvermögen verbunden war. Erforderlich ist somit eine Tätigkeitsbeendigung, die sich objektiv auf ein bestimmtes Betriebsvermögen und subjektiv auf ein bestimmtes Steuerrechtssubjekt bezieht. Es muss die mit dem aufgegebenen Betriebsvermögen verbundene selbständige Tätigkeit von demjenigen eingestellt worden sein, der zuvor mit Hilfe dieses Betriebsvermögens den Tatbestand der Erzielung selbständiger Einkünfte verwirklicht hat. Entscheidend für die Aufgabe der wesentlichen Grundlagen eines Betriebsvermögens ist damit, dass der Steuerpflichtige gerade seine auf dieses Vermögen bezogene Tätigkeit beendet (so ausdrücklich für den Fall der steuerbegünstigten Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen einer Freiberuflerpraxis BFH-Urteil vom 07.11.1991 IV R 14/90, BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457).

c. Deshalb reicht es nach Auffassung des Senats für eine Betriebsaufgabe einer Steuerberatungspraxis aus, wenn der wesentliche Teil des bisherigen Mandantenstammes veräußert oder aufgegeben wird. Es ist unschädlich, wenn nach der Beendigung der bisherigen selbständigen Tätigkeit durch eine minimale weitere Betreuung oder Zurückbehaltung von Mandanten eine geringfügige selbständige Betätigung des Steuerpflichtigen fortgeführt wird. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BFH, wonach eine Fortführung in geringfügigem Umfang nach Veräußerung oder Aufgabe der wesentlichen Betriebsgrundlagen unschädlich ist, wenn mit dem zurückbehaltenen Mandantenstamm in den letzten drei Jahren vor der Praxisaufgabe weniger als 10 v.H. der gesamten Einnahmen erwirtschaftet worden sind (BFH-Urteile vom 29.10.1992 IV R 16/91, BFHE 169, 352, BStBl II 1993, 182 undvom 18.05.1994 I R 109/93, BFHE 175, 249, BStBl II 1994, 925).

d. Hier ist der Kläger nach der Veräußerung seines Mandantenstamms geringfügig weiter steuerberatend tätig gewesen. Er ist vielmehr in einem neuen, anderen Betrieb tätig gewesen, für den er die Ansparrücklage nicht gebildet hatte. Mit der Veräußerung des Mandantenstamms hat der Kläger eine Betriebsveräußerung vollzogen. Mit der damit verbundenen Beendigung der konkreten betrieblichen Betätigung des Klägers in Bezug auf diesen Mandantenstamm steht definitiv fest, dass es nicht mehr zu den vormals ins Auge gefassten ("voraussichtlichen") Investitionen in Bezug auf diesen Mandantenstamm kommen wird. Deshalb kann für diesen Betrieb auch keine künftige AfA vorgezogen werden. Der Kläger hat damit die Ansparrücklage für einen Betrieb gebildet, den er zu diesem Zeitpunkt bereits veräußert hatte und hinsichtlich dessen eine zukünftige Anschaffung der Wirtschaftsgüter nicht mehr möglich war.

4. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, mit den Bereichen "betriebswirtschaftliche Beratung", "Vermögensberatung" und "Hausverwaltung" Teilbereiche des bisherigen Betriebs fortgeführt zu haben. Abgesehen davon, dass er die Ansparrücklage nicht für diese Teilbereiche gebildet hat, handelt es sich bei diesen Tätigkeiten nicht um Teilbetriebe seiner vormaligen steuerberatenden Tätigkeit. Ein Teilbetrieb ist ein mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter, organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich betrachtet alle Merkmale eines Betriebs i.S. des EStG aufweist und für sich lebensfähig ist. Eine völlig selbständige Organisation mit einer Buchführung ist nicht erforderlich. Notwendig ist jedoch die Eigenständigkeit des Betriebsteils. Hier hat der Kläger zum einen in 2003 aus den zurückbehaltenen Mandaten keine Einnahmen erzielt. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass im Rahmen der Steuerberatungspraxis des Klägers ein organisatorisch verselbständigter Bereich "betriebswirtschaftliche Beratung", "Vermögensberatung" oder "Hausverwaltung" bestanden hat. Der Kläger hat keine Unterlagen und Beweismittel vorgelegt, die auf eine organisatorische Selbständigkeit dieser drei Bereiche schließen lassen. Die bloße Erfassung der Erlöse auf einem eigenen Konto im Rahmen der Gewinnermittlung reicht nicht aus. Der Kläger übte diese Tätigkeiten nach der Veräußerung des Mandantenstamms vielmehr erstmals eigenständig in einem neuen Betrieb aus. Dieser neue Betrieb "betriebswirtschaftliche Beratung, Vermögensberatung und Hausverwaltung" ist aber nicht mit dem Betrieb der veräußerten Steuerberatungspraxis identisch.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Es fehlt bislang an einer höchstrichterlichen Entscheidung zur Frage der Zulässigkeit der Bildung einer Ansparrücklage, wenn die freiberufliche Tätigkeit nach einer Betriebsveräußerung in geringem Umfang weitergeführt wird.



Ende der Entscheidung

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