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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.05.2009
Aktenzeichen: 15 K 2503/07 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Einkommensteuerbescheid 1985 vom 28.12.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.06.2007 wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ( § 17 EStG) auf 569.460 DM herabgesetzt werden. Die Berechnung der Steuer wird auf den Beklagten übertragen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Veräußerungsgewinns i. S. von § 17 EStG, den der (am 18.12.2005) verstorbene "M" (im Folgenden: Erblasser) im Streitjahr 1985 erzielt hat.

Der Erblasser war seit Jahren (bereits vor 1980) mit einem Anteil von 17,284 % (nominell 14.000 DM) unmittelbar an der "C-GmbH" (im Folgenden: "C-GmbH") beteiligt. Darüber hinaus hielt er eine mittelbare Beteiligung an der "C-GmbH" von 9,456 % (0,05 % zzgl. 9,38 %), die auf folgenden Verhältnissen beruhte:

Beteiligung von 0,11 % an der "E-KGaA" (im Folgenden: "E-KGaA"), die wiederum zu 48,1 % an der "C-GmbH" beteiligt war; d. s. mittelbar 0,11 x 48,1 % = 0,05 %;

Beteiligung von 28 % an der "M-KGaA" (im Folgenden: "M-KGaA"), die wiederum zu 69,76 % an der "E-KGaA" beteiligt war; d. s. 28 x 69,76 x 48,1 % = 9,38 %.

Die Beteiligung an der "M-KGaA" hatte der Erblasser bei deren Gründung am 13.06.1980 u. a. durch Einbringung seiner Kommanditanteile an der "C-KG" (im Folgenden: "C-KG") erworben. Von der Einlage ausgenommen war indes die Beteiligung des Erblassers an der "C-GmbH", damals Sonderbetriebsvermögen II des Erblassers bei der "C-KG" ("C-GmbH" als Komplementärin der "C-KG" mit einer Einlage von 30.000 DM); stattdessen entnahm der Erblasser die Beteiligung an der "C-GmbH" in sein Privatvermögen. Der Teilwert der GmbH-Anteile betrug lt. Feststellung der GroßBP "L-Stadt" vom 11.07.1987 zum Entnahmezeitpunkt am 13.06.1980 17,361 % = 2.430.540 DM. Ein Gewinn aus der Überführung der Anteile aus dem Sonderbetriebsvermögen II ins Privatvermögen (Teilwert 2.430.540 DM abzgl. Nominalwert 14.000 DM) wurde steuerlich nicht erfasst; eine Nachholung der Besteuerung durch die GroßBP "L-Stadt" scheiterte an der zwischenzeitlich eingetretenen Bestandskraft der Gewinnfeststellung 1980 der "C-KG".

Mit Wirkung zum 01.09.1985 veräußerte der Erblasser seine unmittelbare Beteiligung an der "C-GmbH" (17,284 %, Nominalwert 14.000 DM) zum Preis von 3 Mio. DM an die "M-KGaA". Einen Veräußerungsgewinn gab der Erblasser in seiner Einkommensteuererklärung 1985 nicht an, weil er der Ansicht war, an der "C-GmbH" nicht wesentlich i. S. von § 17 EStG beteiligt gewesen zu sein; der (Erst-)Bescheid vom 06.07.1987 erging erklärungsgemäß.

Nachdem der Beklagte durch Mitteilung des FA "N-Stadt" von der Anteilsveräußerung erfahren hatte, setzte er mit nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung -AO- geändertem Bescheid vom 08.02.1988 Einkünfte i. S. von § 17 EStG von 2.986.000 DM (3.000.000 DM abzgl. 14.000 DM) an. Hiergegen legte der Erblasser Einspruch ein und machte geltend, es fehle an der für den Tatbestand des § 17 EStG erforderlichen wesentlichen Beteiligung; sein ehemaliger Anteil an der "M-KGaA" erfülle nicht die Anforderungen an eine mittelbare Beteiligung und sei daher außer Acht zu lassen. Hilfsweise wandte der Erblasser ein, der Veräußerungsgewinn betrage allenfalls 569.460 DM; dem Erlös von 3 Mio. DM sei nicht der Nominalwert der Beteiligung, sondern der Teilwert im Entnahmezeitpunkt (2.430.540 DM) gegenüber zu stellen, weil die Entnahme einer Anschaffung gleich stehe. Im Rahmen einer am 14.03.1989 beim Erblasser begonnenen Betriebsprüfung -BP-, die zwischendurch für mehrere Jahre im Hinblick auf vorgreifliche Prüfungen in Sachen "C"/ "U-Firma" ruhte, verblieb der Beklagte bei seiner bisherigen Ansicht (s. Bericht vom 10.03.1998, Tz. 8) und wurde hierin von der Oberfinanzdirektion -OFD- "S" bestätigt. Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens gab der Erblasser seinen Einwand, an der "C-GmbH" nicht wesentlich beteiligt gewesen zu sein, auf, hielt indes sein Begehren zur Herabsetzung des Veräußerungsgewinns aufrecht. Nach Erlass weiterer Änderungsbescheide aus im vorliegenden Verfahren nicht streitigen Gründen - zuletzt Einkommensteuerbescheid 1985 vom 28.12.1998 - wies der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 05.06.2007 als unbegründet zurück; die Entscheidung wurde dem Testamentsvollstrecker über das Vermögen des zwischenzeitlich verstorbenen Erblassers, zugleich als Empfangsbevollmächtigtem der Erben, sowie der Ehefrau des Erblassers, "Y", bekannt gegeben. Der Beklagte führte aus, dem Veräußerungspreis (3 Mio. DM) seien die Anschaffungskosten der Anteile (14.000 DM) gegenüber zu stellen. Ein Ansatz des Teilwertes als Anschaffungskosten wäre nur dann möglich gewesen, wenn die stillen Reserven bei der Entnahme tatsächlich aufgedeckt worden wären; hier aber seien die Anteile unstreitig zum Nominalwert von 14.000 DM ins Privatvermögen überführt worden. Die Entnahme von Anteilen werde allein dann einer Anschaffung steuerlich gleich gestellt, wenn dieser Vorgang zur Realisierung von Wertsteigerungen geführt habe; auf diese Weise solle eine doppelte Besteuerung vermieden werden. Angesichts der hier bisher fehlenden Gewinnrealisierung gelte es indes eine teilweise Nichtversteuerung zu verhindern.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Im Verlauf des Klageverfahrens ist auch die Ehefrau des Erblassers, "Y", verstorben; zudem hat der Beklagte die Einspruchsentscheidung zusätzlich dem zwischenzeitlich eingetretenen Erben ("A") des ebenfalls verstorbenen Miterben "X" bekannt gegeben.

In der Sache begründen die Kläger ihr Begehren auf Herabsetzung des Veräußerungsgewinns wie folgt: Im Bereich des § 17 EStG sei der Teilwert der Bewertungsmaßstab für die Anschaffungskosten, wenn die Anteile aus einem Betriebsvermögen entnommen worden seien. Das gelte auch dann, wenn das Finanzamt es versäumt habe, den angefallenen Entnahmegewinn zu besteuern. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs -BFH-, dass der Teilwert eines entnommenen Gebäudes nur dann als Bemessungsgrundlage für die weitere Abschreibung -AfA- heranzuziehen sei, wenn der Entnahmegewinn auch tatsächlich besteuert worden sei, gelte ausschließlich für die weitere AfA; die Abschreibung solle insgesamt nicht höher sein als die Summe der für das Gebäude insgesamt angefallenen Aufwendungen. Eine derartige Fallgestaltung liege hier jedoch nicht vor. Stattdessen sei den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung und der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung Rechnung zu tragen; die Bestandskraft der Feststellungsbescheide könne nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Beklagte eine in Vorjahren versäumte Entnahmebesteuerung im Streitjahr nachhole, indem er den Entnahmewert einfach niedriger ansetze als in § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG vorgesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Klagevorbringens wird auf die Schriftsätze vom 07.08.2007 und 26.02.2008 Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1985 vom 28.12.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.06.2007 dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 2.416.540 DM auf 569.460 DM herabgesetzt werden,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte wendet ergänzend zu den Gründen der Einspruchsentscheidung ein, es widerspreche nicht dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung, dass er nunmehr im Streitjahr, nach Erkennen des ihm im Entnahmejahr 1980 unterlaufenen Fehlers, den Veräußerungsgewinn nach den zwischenzeitlich als zutreffend erkannten Besteuerungsgrundlagen besteuere. Auf den Schriftsatz vom 08.11.2007 wird Bezug genommen.

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten ( § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-); der Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG ist auf den geltend gemachten Betrag herabzusetzen.

Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft sind nach Maßgabe des § 17 EStG steuerpflichtig, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war; diese Voraussetzungen sind vorliegend - wie die Beteiligten zwischenzeitlich auch übereinstimmend annehmen - erfüllt; insbesondere hat die hier steuerlich maßgebende unmittelbare und mittelbare Beteiligung des Erblassers mit insgesamt 26,74 % die Grenze der Wesentlichkeit überstiegen.

Veräußerungsgewinn ist gemäß § 17 Abs. 2 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis die Anschaffungskosten übersteigt. Hat der Veräußerer die Anteile aus dem Betriebsvermögen entnommen, ist dieser Vorgang wie eine Anschaffung zu werten; der Entnahmewert tritt insoweit an die Stelle der Anschaffungskosten. Diesen Grundsatz hat der BFH mit Urteil vom 09.08.1983 (VIII R 177/80, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1983, 759) für die Abschreibung entwickelt: Es entspreche dem Sinn und Zweck der Vorschriften über die AfA, die Bemessungsgrundlage für die weiteren AfA eines vom Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsguts mit dem Teilwert oder dem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Überführung anzusetzen. Die Überführung eines Wirtschaftsguts vom Betriebsvermögen in das Privatvermögen sei ein anschaffungsähnlicher Vorgang, bei dem die Bemessungsgrundlage für weitere AfA nicht höher sein könne als der Aufwand, der jemals für das überführte Wirtschaftsgut erwachsen sei. Werde ein Gebäude vom Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt, dann sei der Teilwert ( § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) oder der gemeine Wert ( § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG), mit dem das Gebäude bei der Überführung steuerlich erfasst worden sei, den Anschaffungskosten i. S. des § 7 Abs. 4 EStG gleichzusetzen; dieser Wert sei auch Bemessungsgrundlage für die weitere AfA. Vorstehende Grundsätze seien auf den Fall der Betriebsaufgabe i. S. von § 16 EStG zu übertragen (BFH-Urteil vom 29.04.1992 XI R 5/90, BStBl II 1992, 962). Nach Ansicht der Literatur gelten diese Grundsätze auch für den Bereich des § 17 Abs. 2 EStG; für entnommene Anteile trete hier bei deren späterer Veräußerung an die Stelle der historischen Anschaffungskosten der Entnahmewert (etwa Pyszka in GmbH-Rundschau -GmbHR- 1998, 1173; Pung/Dötsch in Dötsch u.a., Körperschaftsteuer, EStG § 17 Rdn. 145; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 27. A., § 17 Rdn. 179; Eilers/R. Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 17 Rdn. 207; Gosch in Kirchhof, EStG, 5. A., § 17 Rdn. 235; a. A. Ebling in Blümich, EStG, § 17 Rdn. 204). Einer derartigen Gleichstellung der Anteilsentnahme mit einem Anschaffungsvorgang und dem daraus folgenden Ansatz des Teilwertes ( § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) statt der historischen Anschaffungskosten stimmt hier der Beklagte im Ausgangspunkt ebenfalls zu.

Vorstehender Grundsatz hat in der Rechtsprechung allerdings Ausnahmen erfahren. Bei der Überführung eines Betriebsgrundstücks in das Privatvermögen sind als künftige AfA-Bemessungsgrundlage weiterhin die ursprünglichen Anschaffungskosten zugrunde zu legen, wenn die stillen Reserven nicht steuerlich erfasst worden sind. Das gilt etwa dann, wenn eine Betriebsaufgabe zunächst nicht als solche erkannt worden ist und die Veranlagung aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden kann; in derartigen Fällen können anlässlich der Betriebsaufgabe die Vorschriften über die Auflösung der stillen Reserven ( § 16 Abs. 3 EStG) nicht (mehr) angewendet werden. Wenn aber die gesetzliche Fiktion eines Veräußerungsgeschäfts ( § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG) im Einzelfall nicht tatsächlich umgesetzt werden kann, entfällt die Rechtfertigung für den Ansatz fiktiver Anschaffungskosten als künftige AfA-Bemessungsgrundlage (vgl. BFH-Urteil vom 15.12.1993 X R 158/90, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1994,476). Ferner hat der BFH als AfA- Bemessungsgrundlage nicht den Teilwert im Zeitpunkt der Entnahme, sondern die ursprünglichen Anschaffungskosten herangezogen, wenn der Steuerpflichtige eine eigengenutzte, zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörende Wohnung gemäß § 52 Abs. 15 EStG erfolgsneutral aus dem Betriebsvermögen entnommen und anschließend vermietet hatte (BFH-Urteil vom 14.12.1999 IX R 62/96, BStBl II 2000, 656 mit Rechtsprechungsnachweisen). Teilwert oder gemeiner Wert bilden nur dann die maßgebliche Bemessungsgrundlage, wenn das Gebäude mit diesen Werten "steuerlich erfasst" wurde; die Bemessungsgrundlage für die weitere AfA kann nicht höher sein als der Aufwand des Steuerpflichtigen für das überführte Wirtschaftsgut (BFH-Urteile vom 03.05.1994 IX R 59/92, BStBl II 1994, 749; vom 10.05.1995 IX R 54/91, BFH/NV 1995, 1055).

Der vorliegende Fall rechtfertigt - insoweit entgegen der Ansicht des Beklagten - keine (weitere) Ausnahme von dem Grundsatz, dass bei Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG vom Teilwert der zuvor entnommenen Anteile auszugehen ist. Die höchstrichterlich anerkannten Ausnahmefälle betreffen sämtlich die Problematik der AfA-Bemessungsgrundlage; insofern soll der Steuerpflichtige Beträge nur in der Höhe abschreiben können, in der ihm tatsächlich Aufwendungen erwachsen sind; soweit die stillen Reserven nicht steuerlich erfasst worden sind, fehlt es an einem solchen Aufwand. Diese Rechtsproblematik ist hier jedoch nicht einschlägig; es geht vorliegend nicht darum, die steuerliche Geltendmachung tatsächlich nicht aufgewandter Beträge zu verhindern. Streitgegenständlich ist hier die Besteuerung eines nicht nur gesetzlich fingierten Veräußerungsvorgangs (so bei Betriebsaufgabe im Fall des § 16 Abs. 3 EStG; vgl. BFH- Urteil vom 14.12.1999 IX R 62/96, BStBl II 2000, 656), sondern einer tatsächlich erfolgten Anteilsveräußerung; der Gewinn aus diesem Rechtsgeschäft ist nach dem Gesetz durch Gegenüberstellung des Veräußerungserlöses und der "Anschaffungskosten" zu ermitteln. Anschaffungskosten sind auch dann die Entnahmewerte von zu früherem Zeitpunkt aus dem Betriebsvermögen überführten Anteilen, wenn die im Betriebsvermögen gebildeten stillen Reserven damals nicht erfasst wurden. Insoweit gilt es hier nicht - wie in den Abschreibungsfällen - unberechtigte Steuervorteile zu verhindern, sondern die Besteuerung auf tatsächlich erzielte, nämlich über den Entnahmewert hinaus gehende, Vorteile zu beschränken. Denn § 17 EStG stellt eine Ausnahmevorschrift dar; mit ihr durchbricht der Gesetzgeber den Grundsatz, dass Veräußerungen von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens steuerlich irrelevant sind. Wertveränderungen von wesentlichen Beteiligungen im Betriebsvermögen werden abschließend durch §§ 4, 5 und 16 EStG erfasst. Im Hinblick auf das Konkurrenzverhältnis dieser Vorschriften wäre es systemwidrig, den Anwendungsbereich des § 17 EStG auch auf Wertveränderungen im Betriebsvermögen zu erstrecken. § 17 EStG ist keine Korrekturnorm, durch die das Finanzamt nachträglich eine unterbliebene Ermittlung des Entnahmegewinns in früheren Veranlagungszeiträumen nachholen bzw. ausgleichen kann (so überzeugend Pyszka in GmbHR 1998, 1173).

Dass bei Einlage eines Wirtschaftsguts gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 EStG und bei Bestimmung des Veräußerungsgewinns nach § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG (n. F.) nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut nicht auf den objektiv zutreffenden, sondern auf den tatsächlich angesetzten Wert des Wirtschaftsguts abzustellen ist, spricht entgegen der Ansicht des Beklagten nicht gegen einen Klageerfolg, sondern stützt im Gegenteil das Vorbringen der Kläger: Im Bereich des § 17 EStG hat der Gesetzgeber eine derartige Regelung gerade unterlassen, so dass bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns nach dieser Vorschrift der Ansatz des objektiv zutreffenden Wertes (hier des Entnahmewertes) statt des tatsächlich bei der Entnahme berücksichtigten Betrages (hier des Nominalwertes) auch aus diesem Gesichtspunkt berechtigt ist.

Ob bei Ansatz des geltend gemachten geminderten Veräußerungsgewinns i. S. von § 17 EStG die sich hieraus ergebende Besteuerung über die Dauer des Haltens der Gesellschaftsanteile hinweg das sog. objektive Nettoprinzip verletzt, kann und muss vorliegend dahinstehen. Denn, wie die Kläger zutreffend anführen, vermag der Grundsatz der Nettobesteuerung nicht die verfahrensrechtlichen Regeln der Bestandskraft von Steuerbescheiden zu durchbrechen. Materiell unrichtig ist hier die Steuerfestsetzung des Veranlagungszeitraums 1980, bei der ein Ansatz des Entnahmegewinns infolge eines Fehlers der Finanzbehörde unterblieben ist. Da dieser rechtswidrige Bescheid bestandskräftig ist, wäre eine Änderung nur bei einschlägigen Änderungsvorschriften möglich, die hier indes fehlen. Eine Möglichkeit der Berichtigung des im Jahr 1980 unterlaufenen Fehlers i. R. nunmehr der Berechnung des Veräußerungsgewinns gemäß § 17 EStG im Streitjahr (1985), also in einem späteren Besteuerungsabschnitt mit einem eigenständigen, getrennt zu beurteilenden Bescheid, scheidet aus den dargelegten verfahrens- wie auch materiellrechtlichen Gründen aus.

Die Übertragung der Berechnung der Steuer auf den Beklagten stützt sich auf § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten war wegen der Schwierigkeit der Sache notwendig, § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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