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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.04.2006
Aktenzeichen: 15 K 3630/04 H(L)
Rechtsgebiete: EStG, LStDV, EGV


Vorschriften:

EStG § 3 Nr. 62
EStG § 8 Abs. 1
EStG § 19 Abs. 1
LStDV § 2 Abs. 2
EGV Art. 39
EGV Art. 43
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Einordnungen von Zahlungen der Klägerin zur Zukunftssicherung und Altersversorgung für bei ihr tätige ausländische Arbeitnehmer als geldwerten Vorteil.

Die Klägerin ist eine Tochtergesellschaft der "B Holding GmbH" mit Sitz in "F-Stadt". "...". Die Klägerin beschäftigte rd. 100 Arbeitnehmer. Darunter waren ausländische Mitarbeiter der (schwedischen) "B"-Gruppe (sog. Expatriates). Die Beschäftigungsdauer der Expatriates im Inland war unterschiedlich. Sie beschränkte sich teilweise auf zwei bis drei Jahre, teilweise dauerte sie unbegrenzt an. Im Streitzeitraum waren bei der Klägerin drei Personen mit schwedischer und niederländischer Staatsangehörigkeit beschäftigt. Diese unterlagen auch der inländischen Sozialversicherungspflicht. Die Klägerin führte für diese Arbeitnehmer Arbeitgeberanteile an die Sozialversicherung ab.

Zur Organisation der Angelegenheiten der international tätigen Expatriates wurde seitens der "B"-Gruppe 1984 die "Q" Ltd. mit Sitz in "M-Stadt (Großbritanien)" gegründet. Die "Q" Ltd. unterstützte die Unternehmen der "B"-Gruppe in allen Fragen, die im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Expatriates auftraten. Zu dem Aufgabenbereich der "Q" Ltd. zählte u. a. auch die Sicherstellung der Altersversorgung und Zukunftssicherung für die international tätigen Mitarbeiter. Die "Q" Ltd. übernahm die Zahlungen zur Zukunftssicherung und Altersversorgung der außerhalb ihres Heimatlandes eingesetzten Arbeitnehmer, d. h. auch für ausländische Arbeitnehmer, die bei deutschen "B"-Gesellschaften tätig waren sowie für deutsche Arbeitnehmer, die bei "B"-Gesellschaften im Ausland beschäftigt waren. Die bei der "Q" Ltd. angefallenen Kosten wurden an die Unternehmen der "B"-Gruppe weiterbelastet. Dazu gehörte auch die Klägerin. Den Zahlungen der Klägerin an die "Q" Ltd. lagen tarifvertraglich ausgehandelte Pensionspläne für Angestellte und Arbeiter zugrunde, die von der "B"-Gruppe zwingend eingerichtet werden mussten. Nach diesen tarifvertraglichen Regelungen hatte die "B"-Gruppe die ins Ausland entsandten Arbeitnehmer sozialversicherungsrechtlich so zu stellen, als ob diese ununterbrochen in Schweden tätig gewesen seien. Für die in Deutschland tätigen Expatriates leistete die "Q" Ltd. daher neben Zahlungen zur internationalen Kranken- und Gruppenunfallversicherung auch Zahlungen zu internationalen Pensionsversicherungen. Im Streitfall handelte es sich dabei um Zahlungen an niederländische und schwedische Versicherungsunternehmen. Ziel dieser Zahlungen war, die Ruhegehaltszahlungen der betreffenden Expatriates an die Zahlungen anzugleichen, die der Expatriate bei ununterbrochener Versicherung in seinem Heimatland bei einem bestimmten Jahresgehalt erhalten hätte. Damit sollten Rentenausfälle während der Abwesenheit im Heimatland verhindert werden. Die "Q" Ltd. leistete dabei die Versicherungsbeiträge direkt an das Versicherungsunternehmen. Der betroffene Arbeitnehmer hatte unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen einen Anspruch auf die Versicherungsleistung. Hinsichtlich der Einzelheiten der geleisteten Zukunftssicherungsleistungen ("...") wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 22.06.2004 (Blatt 1 ff. der FG-Akte) verwiesen.

Die Klägerin behandelte die Aufwendungen, die ihr von der "Q" Ltd. für die Altersversorgung weiterbelastet wurden, in den Jahren 1995 bis 1999 als nicht steuerpflichtigen Arbeitslohn. Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung durch die Zentrale Außenprüfungsstelle für Lohnsteuer - ZALSt - des Finanzamts "F-Stadt" für den Zeitraum 01.07.1991 bis 31.12.1995 wurde diese Vorgehensweise nicht beanstandet (vgl. den Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 14.03.1996).

Vom 01.12.1999 bis zum 26.06.2000 fand bei der Klägerin eine erneute Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.01.1996 bis 31.12.1999 durch die ZALSt statt. Der Prüfer behandelte die von der "Q" Ltd. gezahlten Beiträge zur Altersvorsorge für die ausländischen Arbeitnehmer nunmehr als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Denn in dieser Höhe waren sie nach Auffassung des Prüfers den deutschen gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträgen gleichzustellen. Der Prüfer und die Klägerin verständigten sich dahingehend, dass die gesamten Beiträge zur Altersversorgung für alle "B"-Konzerngesellschaften bei der Muttergesellschaft "B" Holding GmbH erfasst werden. Demzufolge erfolgte auf der Ebene der "B" Holding GmbH die lohnsteuerliche Erfassung der Beiträge zur Altersversorgung. Zudem hatten sich die "B" Holding GmbH und der Prüfer dahin verständigt, eine hälftige Lohnversteuerung dieser Zukunftssicherungsbeiträge durchzuführen. Die zuständige Aufsichtsbehörde (Oberfinanzdirektion "S") stimmte dieser Verständigung jedoch nicht zu. Daraufhin wurde der Lohnsteuernachforderungsbescheid vom 20.11.2000 bei der "B" Holding GmbH aufgehoben und eine Lohnsteuernachforderung bei den einzelnen betroffenen Tochtergesellschaften, darunter die Klägerin mit Nachforderungsbescheid vom 04.07.2002, durchgeführt. Diese Lohnsteuernachforderungsbescheide wurden jedoch in der Folgezeit aufgehoben und durch Einkommensteuerveranlagungen gegenüber den betroffenen Expatriates in Deutschland ersetzt. Lediglich bei den Arbeitnehmern, die infolge Versetzung ins Ausland im Inland nicht mehr zu ermitteln waren, wurde die Lohnsteuer im Rahmen von Haftungsbescheiden erneut gegenüber den einzelnen Konzerngesellschaften erhoben. Dies erfolgte zuletzt bei der Klägerin mit Haftungsbescheid vom 12.08.2003. Dabei wurden die Zukunftssicherungsleistungen in vollständiger Höhe der Besteuerung unterworfen. Die nachgeforderte Lohnsteuer belief sich auf 54.716,00 €.

Die Klägerin legte gegen diesen Haftungsbescheid vom 12.08.2003 Einspruch ein. Eine Einspruchsentscheidung erging bislang nicht. Die Klägerin erhob daher am 23.06.2004 die nunmehr anhängige Klage.

Mit ihrer Klage ist die Klägerin der Auffassung, der Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 12.08.2003 sei rechtswidrig. Denn in Deutschland werde eine Lohnsteuerpflicht der Zuwendungen zur Altersversorgung vorgelagert im Zeitpunkt der Beitragsleistung angenommen, während in nahezu allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Ausnahme Deutschlands und Luxemburgs das Konzept der nachgelagerten Besteuerung verfolgt werde. Durch die Lohnversteuerung der Zukunftssicherungsleistungen komme es zu einer Doppelbesteuerung, da das Finanzamt unter Berufung auf das deutsche Einkommensteuerrecht einen Abzug der Beiträge als Werbungskosten oder Sonderausgaben und damit die steuerfreie Auszahlung durch den Arbeitnehmer ablehne. Im Ergebnis versteuerten daher die betroffenen schwedischen oder niederländischen Arbeitnehmer die Beiträge im Zeitpunkt der Beitragsleistung in Deutschland sowie bei Rückkehr in ihr jeweiliges Heimatland ein zweites Mal in Schweden bzw. in den Niederlanden bei Bezug der Altersversorgungsleistungen. Dies führe zu einer Benachteiligung der Arbeitnehmer, die ihren Lebensabend nicht in Deutschland verbrächten und damit nicht den deutschen steuerlichen Regelungen unterlägen. Darin liege ein Verstoß gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Europäischen Union. Außerdem bedeute für die bei ihr tätigen Arbeitnehmer aus anderen EU-Mitgliedstaaten, die regelmäßig nur für eine vorübergehende Zeit nach Deutschland entsandt würden, die vorgelagerte Besteuerung der für die Alterssicherung gezahlten Beiträge eine erhebliche finanzielle Beeinträchtigung, die die Aufnahme einer Tätigkeit in Deutschland im Vergleich zu den inländischen Arbeitnehmern als deutlich unattraktiver erscheinen lasse. Die Regelungen des deutschen Einkommen- und Lohnsteuerrechts, die zu einer vollen Besteuerung der von der Klägerin abgeführten Vorsorgeaufwendungen führten, begründeten daher einen Verstoß gegen die in Artikel 39 des EG-Vertrages garantierte Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Der Beklagte könne sich ferner nicht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH darauf berufen, dass Beitragszahlungen sowohl an ausländische Pensionskassen als auch an inländische Pensionskassen nur dann steuerlich anerkannt werden könnten, wenn sie aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung geleistet würden. Denn es sei zu berücksichtigen, dass die ausländischen Mitgliedstaaten kein der Bundesrepublik vergleichbares gesetzliches Rentenversicherungssystem hätten. Daher müsse auch in Deutschland anerkannt werden, dass die anderen EU-Mitgliedstaaten die Rentenversicherungssysteme gegenüber dem deutschen System vollständig unterschiedlich eingerichtet hätten. Letztlich schreibe auch Artikel 7 der Verordnung 1612/68 (EWG) vor, dass eine Gleichbehandlung bei den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für Wanderarbeiter sicherzustellen sei. Dies gelte sowohl für sämtliche Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, als auch für soziale und steuerliche Vergünstigungen. Inländische Arbeitnehmer verblieben nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben regelmäßig im Inland und kämen in den Genuss der Steuerfreiheit der Vorsorgeleistungen. Die nur für kurze Zeit im Inland tätigen sowie die nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben in ihrer Heimatländer zurückkehrenden Wanderarbeiter würden jedoch regelmäßig einer zusätzlichen Besteuerung der Vorsorgeleistungen ausgesetzt. Für das Jahr 1995 sei zudem Festsetzungsverjährung eingetreten. Eine Änderungsmöglichkeit nach den §§ 172 ff. Abgabenordnung - AO - bestehe nicht. Außerdem seien die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage in dem vorliegenden Fall erfüllt. Die Klage sei nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben worden. Zudem sei die erhebliche Verfahrensdauer eines vorangegangenen Rechtsstreits bei dem Finanzgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 15 K 7720/00 L zu berücksichtigen. Klägerin sei zwar die "B" Holding GmbH gewesen. Dieser Rechtsstreit habe aber materiell-rechtlich die identische Rechtsfrage zum Streitgegenstand gehabt. In diesem Klageverfahren habe der Beklagte mit Schriftsatz vom 26.04.2001 angekündigt, die Einleitung eines Konsultationsverfahrens gegenüber dem Finanzministerium NRW vorzuschlagen. Das Ergebnis des Konsultationsverfahrens werde dann zu einer Erledigung des Rechtsstreits führen. Auskünfte über den Stand des Konsultationsverfahrens seien aber nicht gegeben worden. Mündliche Anfragen bei der Oberfinanzdirektion seien ohne Ergebnis geblieben.

Der Beklagte hat am 20.01.2005 einen geänderten Lohnsteuerhaftungsbescheid erlassen und dem Klagebegehren hinsichtlich des Zeitraums bis zum 31.12.1998 abgeholfen und die Haftungssumme auf 7.244,35 € beschränkt.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid vom 20.01.2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Untätigkeitsklage für nicht zulässig. Die lange Verfahrensdauer im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren sei durch mehrere Gründe gerechtfertigt gewesen. So sei am 03.11.2003 ein Informationsaustausch mit der für das Vorverfahren zuständigen Sachbearbeiterin erfolgt. Am 25.03.2004 sei eine Vorlage an die vorgesetzte Dienststelle (Oberfinanzdirektion "S") erfolgt. Die Vertreterin der Klägerin sei am 24.05.2004 über diesen Sachverhalt informiert worden. Mit Schreiben der vorgesetzten Behörde vom 28.06.2004 habe der Beklagte weitere Anweisungen zur Erledigung des Einspruchs erhalten. Daraufhin seien weitere Ermittlungen durchgeführt und entsprechendes Kontrollmaterial zur Post gegeben worden. In der Sache selbst sei zudem eine Ungleichbehandlung der Expatriates gegenüber Inländern nicht gegeben. § 3 Nr. 62 EStG stelle Zukunftssicherungsleistungen unabhängig davon steuerfrei, ob diese an einen inländischen oder ausländischen Versicherungsträger gezahlt würden. Dies ergebe sich auch aus R 24 Abs. 1 Lohnsteuerrichtlinien - LStR -. Voraussetzung sei jedoch in beiden Fällen, dass die Beitragszahlungen auf Grund einer dem Arbeitgeber nach inländischem oder ausländischem Recht obliegenden gesetzlichen Verpflichtungen geleistet würden. Bestehe eine derartige Verpflichtung nicht, stellten auch Beiträge an einen inländischen Versicherungsträger steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Nach dem bisherigen Sachvortrag der Klägerin sei eine gesetzliche Verpflichtung zur Leistung der Beiträge durch den Arbeitgeber nicht gegeben. Vielmehr resultierten die Zahlungsverpflichtungen allein aus tarifvertraglichen Vereinbarungen zwischen den Arbeitgebern und den Gewerkschaften.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die beigezogenen Steuerakten des Beklagten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Untätigkeitsklage ist zulässig. Da seit der Einspruchsentscheidung mehr als sechs Monate verstrichen sind, ist die Klage in die Zulässigkeit hineingewachsen.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene (geänderte) Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 20.01.2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die von der Klägerin für den Arbeitnehmer gezahlten Beiträge an ausländische (private) Versicherungen stellen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar und sind vom Beklagten zu Recht der Lohnsteuer unterworfen worden.

1. Es handelt sich um lohnsteuerpflichtige Einnahmen. Einnahmen sind nach § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 EStG zufließen. Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge) sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen, § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Bei den von der Klägerin gezahlten Versicherungsbeiträgen an die "Q" Ltd. handelt es sich um einen derartigen geldwerten Vorteil. Denn der Anspruch aus der Versicherung steht unmittelbar dem jeweiligen Arbeitnehmer zu.

a. § 3 Nr. 62 EStG greift im Streitfall nicht zu Gunsten der Klägerin ein. § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG regelt die Steuerfreiheit von Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers. Dies sind gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung solche Ausgaben, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder eine diesem nahestehende Person für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern. Dabei unterscheidet § 3 Nr. 62 EStG zwischen diesbezüglichen Arbeitgeberpflichtausgaben (Satz 1) und freiwilligen Arbeitgeberleistungen (Sätze 2 bis 4). Weil nach Satz 1 Steuerfreiheit insoweit besteht, als der Arbeitgeber zu den Ausgaben für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung (Rechtsverordnung) verpflichtet ist, fallen darunter sämtliche Arbeitgeberpflichtbeiträge zu allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung, d. h. zur Kranken-, Unfall-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Da der Arbeitgeber diese Pflichtbeiträge in Folge einer eigenen, ihm unmittelbar selbst auferlegten öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zu erbringen hat, stellen sie keinen Arbeitslohn, sondern allgemeine Kosten eines Arbeitsplatzes dar, sodass die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG letztlich nur deklaratorisch wirkt. Der Wortlaut der Vorschrift stellt dabei allein auf eine gesetzliche Arbeitgeberverpflichtung ab. Hiervon geht auch Abschnitt 24 Abs. 1 Satz 2 LStR aus. Dabei ist die Steuerfreiheit nicht auf inländische Arbeitgeberpflichtbeiträge zu inländischen Sozialversicherungsträgern beschränkt, sondern erfasst auch Arbeitgeberpflichtleistungen auf Grund ausländischer Gesetze. Voraussetzung ist jedoch in beiden Fällen, dass die Beitragszahlungen aufgrund einer dem Arbeitgeber nach inländischem oder ausländischem Recht obliegenden gesetzlichen Verpflichtung geleistet werden. Besteht eine solche Verpflichtung nicht, stellen auch Beiträge an einen inländischen Versicherungsträger steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.

b. Im vorliegenden Fall beruhen die Zahlungsverpflichtungen der Klägerin jedoch nicht auf einer gesetzlichen Verpflichtung. Für die hier streitigen Zahlungen ist weder eine in- noch eine ausländische Gesetzesgrundlage ersichtlich. Vielmehr leistet die Klägerin die Zahlungen an die "Q" Ltd., um die ihren Arbeitnehmern entstehenden Nachteile auf Grund des Wohnortwechsels zwischen den verschiedenen Ländern abzufedern. Soweit die Klägerin vorträgt, aufgrund einer in Schweden bestehenden tarifvertraglichen Regelung zu diesen Zahlungen verpflichtet zu sein, ändert dies daran nichts. Die Vorschrift des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG findet keine Anwendung bei Verpflichtungen aufgrund eines Tarifvertrags (Schmidt-Heinicke, EStG, 24. Auflage 2005, § 3 Stichwort "Zukunftssicherungsleistungen). Wenn der Gesetzgeber der Auffassung gewesen wäre, dass auch tarifvertragliche Verpflichtungen steuerbefreit sein sollen, hätte es angesichts der großen praktischen Bedeutung tarifvertraglicher Verpflichtungen zur Zukunftssicherung nahegelegen, hierauf ausdrücklich im Wortlaut der Vorschrift hinzuweisen. Der Gesetzgeber hat dies aber unterlassen und die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG damit bewusst auf einseitig vom Staat gesetztes Recht beschränkt.

c. Auch eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62 Sätze 2 bis 4 EStG greift im Streitfall nicht ein. Durch diese Vorschrift werden freiwillige Zuschüsse, die der Arbeitgeber zu den Aufwendungen eines von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreiten Arbeitnehmers u.a. für eine Lebensversicherung leistet, den nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfreien gesetzlichen Pflichtbeiträgen des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers gleichgestellt. Es ist hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der betroffene Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit war. Außerdem werden die Zahlungen von der Klägerin nicht an eine Versicherungsgesellschaft, sondern an eine konzerneigene Gesellschaft geleistet.

2. Die Klägerin kann auch keine Steuerfreiheit aus dem maßgeblichen deutsch-schwedischen Doppelbesteuerungsabkommen herleiten. Weder das DBA Schweden noch ein Zusatzabkommen dazu unterstellen Zukunftssicherungsleistungen eines inländischen Arbeitgebers für einen bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer an eine ausländische Versicherung der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 62 Satz 1 oder 2 EStG.

3. Auch auf einen Verstoß gegen EU-Recht kann die Klägerin sich nicht berufen. Das EU-Recht gebietet nicht eine erweiternde europarechtskonforme Auslegung der Vorschrift des § 3 Nr. 62 EStG.

a. Die in Artikel 43 EGV festgelegte Niederlassungsfreiheit sowie der Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EG nach Artikel 39 EGV fordern lediglich, dass Angehörige fremder EG-Mitgliedstaaten bei gleichgelagerten Sachverhalten in steuerlicher und sonstiger rechtlicher Hinsicht den gleichen nationalen Vorschriften wie die Angehörigen des jeweils besteuernden EG-Mitgliedstaates unterworfen werden müssen. Damit führt nur eine Ungleichbehandlung gegenüber inländischen Staatsangehörigen zu einer rechtswidrigen Diskriminierung. Sie setzt voraus, dass im Inland steuerpflichtige EG-ausländische Arbeitnehmer anderen steuer- und sozialgesetzlichen Bestimmungen unterworfen werden, als deutsche Arbeitnehmer in vergleichbaren inländischen Arbeitsverhältnissen.

b. Eine derartige unterschiedliche Behandlung besteht im Streitfall ersichtlich nicht. Auf die Nationalität des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers kommt es für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 62 EStG gerade nicht an. Unerheblich ist auch, ob der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge aufgrund in- oder ausländischer Gesetze entrichten muss. Fehlt es wie hier an einer auf gesetzlicher Grundlage beruhenden Verpflichtung des inländischen Arbeitgebers, weil er ausländischem Sozialversicherungsrecht nicht unterliegt, ist der Tatbestand des § 3 Nr. 62 EStG nicht erfüllt (BFH-Urteil vom 18.05.2004 VI R 11/01, BFHE 206, 158, BStBl II 2004, 1014). Da der Beklagte die entsprechenden Leistungen auch bei inländischen Staatsangehörigen der Besteuerung unterwerfen würde, hat sich der Beklagte an das europarechtliche Gleichbehandlungsgebot aller EG-Arbeitnehmer gehalten. Denn entsprechende vertragliche Zahlungen zugunsten eines inländischen Arbeitnehmers an die "Q" Ltd. wären ebenfalls als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln gewesen. Zudem trifft den Steuerpflichtigen während seiner Arbeitnehmerzeit kein steuerlicher Nachteil. Dieser tritt erst ein, wenn er nach seiner Zurruhesetzung in Schweden die Einnahmen nochmals versteuern muss. Diese Besteuerung ist aber dann eine Frage des frei gewählten Wohnsitzes als Rentner und steht mit der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers in keinem sachlichen Zusammenhang.

c. Ein Verstoß gegen EU-Recht wäre allenfalls gegeben, wenn die Lohnsteuerfreiheit der Zuwendungen ausschließlich deshalb verneint würde, weil an ausländische Versicherungen gezahlt wird oder ausländische Arbeitnehmer betroffen wären. § 3 Nr. 62 EStG stellt Versicherungsleistungen jedoch unabhängig davon frei, ob diese an einen in- oder ausländischen Versicherungsträger geleistet werden und ob in- oder ausländische Arbeitnehmer betroffen sind. Zudem sind auch entsprechende Zahlungen an inländische Versicherer bei inländischen versicherungspflichtigen Arbeitnehmern nicht nach § 3 Nr. 62 EStG freigestellt. Der Gesetzgeber ermöglicht für diese Fallgestaltung, von der die Klägerin keinen Gebrauch gemacht hat, eine Steuerfreiheit bzw. Pauschalversteuerung bei Beiträgen für eine Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 und des § 40b EStG. Auch diese Vorschriften unterscheiden aber weder danach, ob in- oder ausländische Arbeitnehmer betroffen sind noch ob an in- oder ausländische Versicherungen gezahlt wird.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Es fehlt bislang an einer höchstrichterlichen Entscheidung zur lohnsteuerlichen Behandlung von Beiträgen an ausländische Lebensversicherungen, mit denen sozialversicherungsrechtliche Nachteile aufgrund des Wohnortwechsels innerhalb der Europäischen Union ausgeglichen werden sollen.

Ende der Entscheidung

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