Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.02.2007
Aktenzeichen: 15 K 4856/04 E,F
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
AO 1977 § 164 Abs. 2
AO 1977 § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

15 K 4856/04 E,F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die steuerliche Behandlung der Rückzahlung einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Der am 09.09.1995 verstorbene "I" war zu 50% an der "B-GmbH" beteiligt. Gleichfalls beteiligt war der am 09.11.1972 verstorbene "X" (Bruder von "I"). "X" vermachte seinem Sohn "Q" (Neffe von "I") seinen Anteil an der Gesellschaft. Im Jahr 1984 übertrugen die Testamentsvollstrecker im Erbfall "X" diesen Anteil an den Sohn "Q". Herr "I" verweigerte jedoch die Zustimmung der Übertragung der Anteile. Im Zuge der Nachlassregelung führten die beiden Gesellschafter der "B-GmbH" verschiedene Prozesse um die Übertragung der Geschäftsanteile. Letztinstanzlich unterlag der "I". Anschließend wies "I" den Geschäftsführer der "B-GmbH" an, gegen Herrn "Q" auf Feststellung zu klagen, dass er nicht Inhaber der Geschäftsanteile an der "B-GmbH" geworden sei. Die begehrte Feststellung wurde in mehreren Instanzen vom Landgericht Düsseldorf (Az. 32 O 226/87), Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. 6 U 160/92) und dem Bundesgerichtshof abgewiesen. Die Kosten für diese Rechtsstreitigkeiten wurden von der GmbH übernommen. Nach Abschluss dieser Verfahren wurde "I" durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Az. 36 O 110/91) vom 12.05.1992 verurteilt, an die "B-GmbH" die für die Feststellungsklage angefallenen Anwalts- und Gerichtskosten i.H.v. 3.565.368,46 DM nebst entgangenen Anlagezinsen i.H.v. 1.133.626,00 DM zu zahlen. Das Landgericht Düsseldorf verurteilte Herrn "I" auf Grund schuldhafter Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, da er den Geschäftsführer der GmbH angewiesen hatte, auf dem Rechtsweg gegen die Gesellschafterposition des "Q" vorzugehen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Führung der Rechtsstreite nicht gesellschaftlichen Interessen diente, sondern erkennbar ausschließlich den Zweck verfolgt habe, die Rechtskraft der bereits zuvor ergangenen Entscheidungen zur Anteilsübertragung durch eine Feststellungsklage zu umgehen. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 12.05.1992 Bezug genommen (Bl. 19ff der FG-Akte). Die gegen das Urteil des Landgerichts eingelegte Berufung wurde durch das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. 6 U 160/92) abgewiesen.

Im Jahr 1993 zahlte Herr "I" die Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von 3.565.368,46 DM und die entgangenen Anlagezinsen in Höhe von 1.133.626,00 DM an die GmbH zurück. Die Aufwendungen der GmbH für die Anwalts- und Gerichtskosten nebst den entgangenen Zinsen wurden vom Beklagten für die betroffenen Kalenderjahre 1988 bis 1990 als verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an Herrn "I" gewertet. Ein Anspruch der GmbH gegen "I" war in ihrer Gewinnermittlung nicht aktiviert worden.

In der für den Veranlagungszeitraum 1993 eingereichten Einkommensteuererklärung erfasste "I" die Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung i.H.v. 3.565.368,00 DM als negative Einnahmen (Zeile 18, Anlage KSO 1993). Die entgangenen Zinsen i.H.v. 1.133.626,00 DM wurden in Zeile 25 als Werbungskosten erklärt (Kennziffer 26.16, Anlage KSO 1993). Im erstmaligen Einkommensteuerbescheid 1993 vom 15.05.1996, der bereits den Erben bekanntgegeben wurde, ließ der Beklagte zunächst die Schadensersatzzahlung als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen zum Abzug zu, die Zinsen erkannte er jedoch nicht als Werbungskosten an. Der Bescheid stand gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Die Kläger als Beteiligte der Erbengemeinschaft legten hiergegen am 24.05.1996 Einspruch ein. Im Zuge des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte seine Auffassung zur Behandlung der Schadensersatzzahlung als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen und teilte dies mit Schreiben vom 09.07.1996 den Klägern mit. Diese zogen daraufhin ihren Einspruch zurück. Mit nach § 164 Abs. 1 AO geändertem Einkommensteuerbescheid vom 04.02.1997 ließ der Beklagte weder die Schadensersatzzahlung als negative Einnahmen noch die Zinsen als Werbungskosten zum Abzug zu. Der Beklagte setzte die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit geändertem Einkommensteuerbescheid 1993 vom 04.02.1997 auf 15.666.593,00 DM fest. Der verbleibende Verlustabzug auf den 31.12.1993 wurde auf 1.867.241,00 DM festgesetzt.

Gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1993 legten die nunmehr Erben des zwischenzeitlich verstorbenen "I" Einspruch ein. Zu diesem Zeitpunkt stand eine Prüfung der Höhe der Einkünfte aus Kapitalvermögen durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung "E-Stadt" bevor. Auf Anregung des Beklagten stimmten die Kläger dem Ruhen des Einspruchsverfahrens bis zu einer Klärung durch die Konzernbetriebsprüfung zu. Die Betriebsprüfung wurde im Jahre 2004 beendet. Hinsichtlich der Prüfungsfeststellungen wird auf den Bericht vom 31.03.2004 (PGBL-Nr. "01/0001"), Tz. 2.2.3.4, verwiesen. Der Betriebsprüfers behandelte die Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung als Einlage, ließ jedoch die Zinsen für die Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung als Werbungskosten zum Abzug zu. Den verbleibenden Verlustabzug auf den 31.12.1993 stellte der Beklagte auf 7.116.796,00 DM fest. Für das Folgejahr 1994 erging ebenfalls ein geänderter Einkommensteuerbescheid.

Im Rahmen des nunmehr fortgeführten Einspruchsverfahrens vertraten die Kläger die Auffassung, dass sowohl die Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung als auch die entgangenen Anlagezinsen als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen zu qualifizieren seien. Dies ergebe sich aus den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19.01.1977 I R 188/74, BFHE 123, 124, BStBl II 1977, 847 und vom 06.03.1979 VIII R 26/78, BFHE 217, 514, BStBl II 1979, 510. Es könne nur dann von einer Einlage des Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen der Kapitalgesellschaft ausgegangen werden, wenn die Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung auf einer rechtlichen oder tatsächlichen Verpflichtung beruhe. Das Urteil des BFH vom 03.08.1993 VIII R 82/91, BFHE 174, 24, BStBl II 1994, 561 bestätige, dass aus der Sicht des Gesellschafters eine Einlage anzunehmen sei, wenn weder eine rechtliche noch eine tatsächliche Verpflichtung zur Rückzahlung der Leistung bestehe. Es sei zwischen Schadensersatz- und Rückgewähransprüchen zu unterscheiden. Schadensersatzansprüche seien im Jahr der Zahlung bei der Gesellschaft als Einnahme und bei dem Gesellschafter als negative Einnahme anzusetzen. Denn die Rückzahlung sei weder durch das Gesellschaftsverhältnis noch auf Grund einer Satzungsklausel noch auf Grund des Kapitalerhaltungsgebots veranlasst. Der Anspruch sei funktional nicht mit einem Einlageanspruch vergleichbar. Hier sei das Gesellschaftsverhältnis für die erfolgte Rückzahlung nicht ursächlich gewesen, da "I" als Gesellschafter zivilrechtlich festgestellte Ersatzansprüche zu erfüllen hatte. Er sei mithin so behandelt worden, wie jeder fremde Dritte, der der Gesellschaft einen Schaden zufüge. Das Urteil des LG Düsseldorf habe keinen Zweifel daran gelassen, dass nicht das Gesellschaftsverhältnis, sondern das schuldrechtliche Verhältnis für die Rückzahlung an die Gesellschaft ausschlaggebend gewesen sei. Die gezahlten Zinsen teilten den Charakter der Hauptleistung der Rückzahlung als verdeckte Gewinnausschüttung und seien deshalb ebenfalls als negative Einkünfte zu qualifizieren.

Mit Einspruchsentscheidung vom 26.07.2004 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, der Einspruch auf Rückgewähr einer verdeckten Gewinnausschüttung habe den Charakter einer Einlageforderung. Der Rückzahlungsanspruch fuße auf der schuldhaften Verletzung der Treuepflicht. Der Rückzahlungsanspruch sei somit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. "I" habe gerade nicht wie ein beliebiger Dritter gegenüber der Gesellschaft gehaftet. Vielmehr sei er auf Grund einer schuldhaften Verletzung der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft zur Zahlung verpflichtet gewesen. Eine solche Treuepflicht könne aber nur den Gesellschafter und keinen Dritten treffen. Die Rückzahlung der verdeckten Gewinnausschüttung sei daher als Einlage zu behandeln. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 26.07.2004 verwiesen.

Mit ihrer Klage tragen die Kläger vor, in den BFH-Urteilen vom 25.05.1999 VIII R 59/97, BFHE 188, 569, BStBl II 2001, 226 und 29.08.2000 VIII R 7/99, BFHE 192, 554, BStBl II 2001, 173 sei über die Rückgewähr einer verdeckten Gewinnausschüttung auf Grund einer entsprechenden Satzungsklausel und die Rückzahlung einer offenen Gewinnausschüttung nach § 31 Abs. 1 GmbH-Gesetz entschieden worden. Offen geblieben sei in diesen Urteilen die Frage, ob für Schadensersatzansprüche etwas Anderes gelte als für Rückgewähransprüche und ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Schadensersatzzahlungen des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft nicht als Einlage, sondern als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen anzusetzen seien. Bereits mit Beschluss vom 14.07.1998 VIII B 38/98, BFHE 186, 379, BB 1998, 1982 beantworte der BFH die Frage dahin, dass zwischen der Verpflichtung zur Rückgewähr einer verdeckten Gewinnausschüttung und einem erfolgswirksam zu aktivierenden Schadensersatzanspruch der Gesellschaft zu unterscheiden sei. Letzterer liege dann vor, wenn lediglich der Eintritt eines Schadens bei der Kapitalgesellschaft in Frage stehe, der nicht mit einer zweckgerichteten Vermögensmehrung beim Gesellschafter verbunden sei. Schadensersatzansprüche seien im Jahr der Zahlung bei der Gesellschaft als Einnahmen und bei dem Gesellschafter als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen anzusetzen, da die Rückzahlung nicht durch das Gesellschaftsverhältnis - weder auf Grund einer Satzungsklausel noch auf Grund des Kapitalerhaltungsgebots - veranlasst sei. Der Anspruch sei funktional mit einem Einlageanspruch der Gesellschaft nicht zu vergleichen. Die in den Beschlüssen des BFH in BFHE 186, 379, BB 1998, 1982 und vom 09.03.2000 VIII B 113/99, juris zum Ausdruck kommende Unterscheidung zwischen Rückgewähransprüchen und Schadensersatzansprüchen sei auch durch die Urteile in BFHE 188, 569, BStBl II 2001, 226 und BFHE 192, 554, BStBl II 2001, 173 nicht überholt. Dies zeige der zwischen den beiden Urteilen liegende Beschluss vom 09.03.2000 VIII B 113/99, juris, in dem nochmals ausdrücklich die Unterscheidung zwischen Rückgewähr- und Schadensersatzansprüchen hervorgehoben werde. Schließlich liege in der Änderung des Bescheids durch den Beklagten ein Verstoß gegen § 176 Abs. 1 Nr. 3 Abgabenordnung - AO -. Denn erst aufgrund des am 25.05.1999 ergangenen Urteils in BFHE 188, 569, BStBl II 2001, 226 sei der Beklagte zu dem Ergebnis gekommen, die Rückzahlung der Anwalts- und Gerichtskosten sei als verdeckte Einlage zu werten.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31.12.1993 dahingehend zu ändern, dass der Verlust mit 10.682.164,00 DM festgestellt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Der angefochtene Verlustfeststellungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Der erkennende Senat geht mit den Beteiligten davon aus, dass die Zuwendungen der GmbH an "I" die Voraussetzungen einer vGA i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erfüllten und diese vGA auch nicht durch die Rückgewähr- und Schadensersatzpflicht von "I" ausgeschlossen wurde. Diese Beurteilung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH, der in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil in BFHE 188, 569, BStBl II 2001, 226) entschieden hat, dass ein Rückgewähranspruch der Annahme einer vorherigen vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz -KStG - nicht entgegensteht.

2. Der Anspruch auf Rückgewähr einer vGA hat aus Sicht der Kapitalgesellschaft den Charakter einer Einlageforderung. Ob dies für Rückgewähransprüche auf Grund Satzung in gleicher Weise wie für allgemeine Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern gilt, ist bislang höchstrichterlich nicht ausdrücklich entschieden. Entschieden hat dies der BFH bislang nur in Bezug auf im Gesellschaftsvertrag vereinbarte oder kraft Gesetz bestehende Rückgewähransprüche (§§ 30, 31 GmbHG) (vgl. Beschluss des BFH vom 9. März 2000, VIII B 113/99, juris m. w. N.; Urteile des BFH in BFHE 192, 554, BStBl II 2001, 173 und BFHE 188, 569, BStBl II 2001, 226). Für andere Ansprüche hat er dies bislang offengelassen (BFH-Urteil vom 6. März 1979 VIII R 26/78, BFHE 127, 514, BStBl II 1979, 510).

3. Für den vorliegend zu beurteilenden Schadensersatzanspruch auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht (vgl. hierzu die Ausführungen auf S. 10f des Urteils des LG Düsseldorf) kann nach Auffassung des Senats nichts anderes gelten. Auch hier ist die Rückgewähr der erhaltenen Vorteile (vGA) durch den verstorbenen Gesellschafter als Einlage zu qualifizieren. Ein Ansatz als negative Einnahmen oder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen scheidet damit aus.

Bestimmend für diese Beurteilung ist, dass der Schadensersatzanspruch sein auslösendes Moment in der Gesellschafterstellung und der Pflichtverletzung des Gesellschafters findet. Dies führt dazu, dass das die Einlage kennzeichnende Tatbestandsmerkmal, das der Kapitalgesellschaft aus gesellschaftsrechtlicher Veranlassung ein Wirtschaftsgut zugeführt wird, aus Sicht der Kapitalgesellschaft ebenso wie des Gesellschafters vorliegt. Der Senat folgt nicht der Auffassung der Kläger, die die steuerliche Behandlung des Rückgewähranspruchs als Einlage von den zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen zwischen der Kapitalgesellschaft und dem betroffenen Gesellschafter abhängig machen und nur gesellschaftsrechtliche Rückgewähransprüche auf Grund einer Satzungsklausel als Einlage im steuerrechtlichen Sinne behandeln, Schadensersatzansprüche hingegen unberücksichtigt lassen wollen. Denn Sinn und Zweck des steuerlichen Veranlassungsprinzips gebieten es, den Zusammenhang zwischen einer Leistung der Gesellschaft und dem Gesellschaftsverhältnis unabhängig von dem Charakter der getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarung zu beurteilen. Diese Betrachtungsweise ist schon deshalb geboten, weil sich die Leistungsbeziehungen zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter gleichzeitig auf unterschiedliche zivilrechtliche Grundlagen stützen können, auch wenn die Leistung insgesamt nur einmal gefordert werden kann. Die Veranlassung einer Leistung der Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter muss folglich auch dann einheitlich - als gesellschaftsrechtlich - beurteilt werden, wenn sich für sie Rechtsgrundlagen daneben auch im allgemeinen Schuldrecht finden lassen. Anderenfalls könnte der betreffende Gesellschafter selbst darüber bestimmen, ob die auf Grund der Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht erzielten Einnahmen steuerfrei oder steuerbar sind. Hält er die Beteiligung - wie im Streitfall - in seinem Privatvermögen, könnte er damit die Besteuerung der vGA nachträglich insgesamt neutralisieren, falls man die Rückgewähr der vGA auf Grund des Schadensersatzanspruchs als Werbungskosten oder negativen Einnahmen qualifiziert. Die Kapitalgesellschaft ihrerseits könnte aber auf Grund der bei ihr anzusetzenden Einlage den hierdurch bedingten Zugang im EK 04 (§ 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG) bzw. im steuerfreien Einlagekonto nach § 27 KStG n.F. nach §§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG a.F., 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG steuerfrei an den Anteilsinhaber ausschütten.

4. Dem Beklagten war es schließlich auch nicht im Hinblick auf § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO verwehrt, einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid zu erlassen. Nach dieser Vorschrift darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids zuungunsten des Steuerpflichtigen nicht berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofes des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist.

Die Einschränkung der Änderungsmöglichkeit durch § 176 AO ist zwar auch zu beachten, wenn der Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist (vgl. BFH-Urteil vom 28.05.2002 IX R 86/00, BFHE 199, 1, BStBl II 2002, 840). Eine steuerverschärfende Änderung der Rechtsprechung zwischen Erlass des Erstbescheids und des angefochtenen Änderungsbescheids hat im Streitfall jedoch nicht stattgefunden. Bereits der BFH-Beschluss in BFHE 186, 379, BB 1998, 1982 zeigt deutlich, dass eine eindeutige Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Rückgewähr- und Schadensersatzansprüchen einer Kapitalgesellschaft gegen ihren Gesellschafter im klägerischen Sinne gerade nicht bestanden hat. Hiervon abgesehen hat der BFH bereits mit Entscheidung vom 03.08.1993 VIII R 82/91, BFHE 174, 24, BStBl II 1994, 561 die Rückzahlung von Gewinnanteilen aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft beim Gesellschafter als Einlage und nicht als negative Einnahmen oder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen behandelt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

6. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Der BFH hat sich bislang, soweit ersichtlich, nur mit der steuerlichen Einordnung einer Rückzahlung einer vGA aufgrund einer Satzungsklausel oder aufgrund der §§ 30, 31 GmbHG befasst.

Ende der Entscheidung

Zurück