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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.06.2007
Aktenzeichen: 15 K 4884/06 KE,K,G
Rechtsgebiete: KStG, BestG NRW


Vorschriften:

KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6
KStG § 4 Abs. 1
KStG § 4 Abs. 5 S. 1
BestG NRW § 1 Abs. 2
BestG NRW § 1 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

15 K 4884/06 KE,K,G

Tenor:

Die Körperschaftsteuerbescheide 2004 und 2005 vom 14.07.2006, die Gewerbesteuer-Messbescheide 2004 und 2005 vom 10.07.2006 sowie die Kapitalertragsteuerfestsetzungen für die Anmeldungszeiträume VIII/2005 und VIII/2006 vom 10.07.2006 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin - eine Kommune - betreibt ein Krematorium, das als organisatorisch und finanzwirtschaftlich unselbständiger Regiebetrieb geführt wird.

Der Beklagte beurteilt diese Tätigkeit als einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG. Er beruft sich hierbei im wesentlichen auf einen Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17.03.2005 I B 245/04, BFH/NV 2005, 1135. Nach vergeblicher Aufforderung zur Vorlage von Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen erließ der Beklagte auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhende Körperschaftsteuerbescheide und Gewerbesteuer-Messbescheide für 2004 und 2005 sowie Kapitalertragsteuerbescheide für die Anmeldungszeiträume VIII/2005 und VIII/2006.

Hiergegen hat die Klägerin nach erfolglosen Einsprüchen Klage erhoben. Sie vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem Krematorium um einen Hoheitsbetrieb nach § 4 Abs. 5 EStG handelt und begründet ihre Auffassung wie folgt:

Nach dem Gesetz über das Friedhofs und Bestattungswesen für NordrheinWestfalen vom 17.06.2003 (BestG NRW) sei der Betrieb von Krematorien als hoheitliche Aufgabe einzuordnen, da diese Aufgabe in NordrheinWestfalen wie schon nach der früheren Rechtslage den Körperschaften des öffentlichen Rechts eigentümlich und vorbehalten sei. Die Genehmigung zur Anlage und Unterhaltung einer Feuerbestattungsanlage nach § 1 Abs. 2 BestG NRW werde grundsätzlich nur einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erteilt. Durch dieses Verfahren solle sichergestellt werden, dass die technischen Anforderungen an eine Einäscherungsanlage sowie deren würdige Gestaltung beachtet werde und keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere für die Gesundheit und die Belange der Strafrechtspflege ausgehe. Zwar könne nach § 1 Abs. 5 BestG NRW der öffentlichrechtliche Friedhofsträger, bei dem es sich nach § 1 Abs. 1 BestG NRW stets um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handeln müsse, die Errichtung und den Betrieb seiner Feuerbestattungsanlage widerruflich einem Übernehmer übertragen; die Aufgabe als solche verbleibe aber bei der Körperschaft des öffentlichen Rechts und sei weiterhin dieser eigentümlich und vorbehalten.

Die nach § 1 Abs. 5 BestG NRW gegebene Privatisierungsmöglichkeit stelle eine "schlichte" Beleihung dar, mit der Folge, dass die privaten Krematorienbetreiber lediglich als sog. beliehene Unternehmer tätig würden. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang, dass sich die Körperschaft des öffentlichen Rechts durch die gewählte Privatisierungsform nicht endgültig der übertragenen Aufgabe entledigen könne und die Aufgabe somit am Markt im Wettbewerb auch nicht eigenständig von anderen privaten Unternehmern erbracht werden könne. Verbleibe die Aufgabe als solche und damit die Letztverantwortung für die Tätigkeit jedoch bei dem Träger der öffentlichen Gewalt, sei die Aufgabe weiterhin ihm eigentümlich und vorbehalten. Soweit der Beklagte entscheidend darauf abstelle, dass nach der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 5 BestG NRW Ziel der Neuregelung die Erweiterung des Betätigungsfelds für private Unternehmer und die Förderung des Wettbewerbs gewesen sei, verkenne er, dass es die unterschiedlichsten Formen der Privatisierung gebe und das Ausmaß der Entstaatlichung von der materiellen Privatisierung hin zur formellen Privatisierung stetig abnehme. Die Beleihung stelle eine lediglich funktionale Privatisierung dar, bei der der Träger der öffentlichen Verwaltung die Zuständigkeit und damit die Verantwortung für die jeweilige öffentliche Aufgabe behalte und nur die Erledigung der Aufgabe auf einen Privaten delegiere.

Die Klägerin beantragt,

die Körperschaftsteuerbescheide 2004 und 2005 vom 14.07.2006, die Gewerbesteuer-Messbescheide 2004 und 2005 vom 10.07.2006 sowie die Kapitalertragsteuerfestsetzungen für die Anmeldungszeiträume VIII/2005 und VIII/2006 vom 10.07.2006 ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält daran fest, dass die Klägerin mit ihrem Krematorium einen Betrieb gewerblicher Art unterhält. Zur Begründung nimmt er auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Bezug:

Die Klägerin wende zwar zu Recht ein, dass der BFHBeschluss in BFH/NV 2005, 1135 zur bayerischen Rechtslage ergangen sei. Es sei jedoch nicht anzunehmen, dass der BFH bei Übertragung seiner Entscheidungsgrundsätze auf die nordrheinwestfälische Rechtslage eine anderweitige Entscheidung im Sinne der Klägerin treffen würde. Der BFH habe nämlich entscheidend darauf abgestellt, dass nach bayerischer Rechtslage auch privatwirtschaftliche Unternehmen Feuerbestattungsanlagen betreiben können und es demzufolge als unzweifelhaft rechtens angesehen, den Betrieb eines Krematoriums nicht mehr als allein der öffentlichen Hand vorbehaltene Aufgabenerfüllung zu beurteilen. Der BFH habe die hypothetische Möglichkeit einer Wettbewerbssituation mit Betreiberpersonen des Privatrechtes (potentieller Wettbewerb) genügen lassen, um daraus den Schluss zu ziehen, dass der Betrieb eines Krematoriums nicht mehr der Ausübung öffentlicher Gewalt zuzuordnen sei.

Die Begründung des Senats im Vollziehungsaussetzungsbeschluss vom 9.10.2006 15 V 3325/06 A(KE,K), wonach private Krematorienbetreiber in NRW lediglich beliehene Unternehmer seien, stehe im ersichtlichen Widerspruch zur Auffassung des Landesgesetzgebers. Auch nach der nordrheinwestfälischen Rechtslage könnten privatwirtschaftliche Unternehmen selbst Feuerbestattungsanlagen betreiben. § 1 Abs. 5 BestG NRW öffne Personen des Privatrechtes die grundsätzliche Möglichkeit, Aufgaben der Feuerbestattung in eigener Trägerschaft (als Übernehmer) zu erfüllen. Nach der allgemeinen Gesetzesbegründung zum BestG NRW (Hinweis auf LTDrS. 12/2728) sollte gerade das Betätigungsfeld für Unternehmen erweitert und der Wettbewerb gefördert werden. Dies werde in der Begründung zu § 1 Abs. 5 BestG NRW dahingehend konkretisiert, dass mit dieser Vorschrift die im Feuerbestattungsgesetz bisher schon vorgesehene Privatisierung erheblich erweitert werden sollte. Hieraus ergebe sich, dass mit der nach § 1 Abs. 5 BestG NRW möglichen Übertragung der Errichtung und des Betriebs der Feuerbestattungsanlage auf einen Dritten eine allgemeine Marktöffnung im Sinne der Aufgabenübertragung mit direkter Leistungserbringung des beauftragten Dritten an den Endverbraucher erfolgen solle. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut liege eine Übertragung der Aufgabe durch schlichte Beleihung gerade nicht vor.

Der Auffassung der Klägerin und des Finanzgerichts im Vollziehungsaussetzungsbeschluss, dass nur die Durchführung der Aufgabe, nicht aber die Aufgabe selbst auf Dritte übertragen werden könne, könne nicht gefolgt werden, wie ein Vergleich mit der Bestimmung des § 1 Abs. 4 BestG NRW und der abweichenden Gesetzesbegründung ergebe. Nach § 1 Abs. 4 BestG NRW könnten sich Friedhofsträger bei Errichtung und Betrieb ihrer Friedhöfe "Dritter bedienen". Nach der Gesetzesbegründung solle die Vorschrift den Friedhofsträgern die Möglichkeit bieten, bei Erfüllung dieser Aufgabe Dritte als Erfüllungsgehilfen einzubeziehen, während der Friedhofsträger selbst für die vollständige und ordnungsgemäße Durchführung verantwortlich bleibe. Eine echte Aufgabenverlagerung in den privaten Sektor komme angesichts der öffentlichen Funktion der Friedhöfe nicht in Betracht. Demgegenüber sei in der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 5 BestG NRW ausdrücklich von der Möglichkeit zur Privatisierung die Rede. Es handele sich um eine echte Aufgabenverlagerung. Die Bezeichnung "seine" Feuerbestattungsanlage solle lediglich dokumentieren, dass es sich um eine Aufgabe handele, die bisher vom Friedhofsträger wahrgenommen worden sei. Die Errichtung der Anlage solle zusammen mit der Aufgabe in das Eigentum des Dritten übergehen.

Schließlich sei auch der von der Klägerin angeführte Vergleich zu den Bestimmungen des Kreislaufwirtschafts und Abfallgesetzes nicht geeignet, die als klar zu beurteilende Rechtslage des BestG NRW in Zweifel zu ziehen. Es sei bereits nicht auszumachen, dass die Pflichtaufgaben im Bereich der Abfallentsorgung überhaupt übertragen werden könnten. Im übrigen bleibe selbst bei Annahme der Übertragbarkeit die Verantwortlichkeit der öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger für die Erfüllung der Pflichten unberührt. Der öffentlich rechtliche Entsorgungsträger dürfe sich allenfalls eines Erfüllungsgehilfen bedienen, die Aufgabe selbst jedoch nicht übertragen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die angefochtenen Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Kapitalertragsteuerbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin unterhält mit ihrem Krematorium keinen Betrieb gewerblicher Art gem. § 4 Abs. 1 KStG. Denn nach dem nordrheinwestfälischen Bestattungsrecht handelt es sich bei einer Feuerbestattungsanlage um einen Betrieb, der überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dient (sog. Hoheitsbetrieb nach § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG).

1. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG lediglich mit ihren BgA unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Zu den BgA gehören alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KStG). Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 Satz 2 KStG). Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG fallen hierunter allerdings nicht solche Betriebe, die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen (sog. Hoheitsbetriebe). Derartige Hoheitsbetriebe sind auch nicht gewerbesteuerpflichtig (vgl. § 2 Abs. 2 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung).

Unter Ausübung öffentlicher Gewalt sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung solche Tätigkeiten zu verstehen, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und vorbehalten sind. Kennzeichnend dafür ist die Erfüllung spezifisch öffentlichrechtlicher Aufgaben, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind, und zu deren Annahme der Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist (vgl. im einzelnen BFHUrteil vom 25.01.2005 I R 63/03, BStBl II 2005, 501 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen unter II 2).

Eine Ausübung öffentlicher Gewalt ist allerdings insoweit ausgeschlossen, als sich die Körperschaft durch ihre Einrichtungen in den allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr einschaltet und eine Tätigkeit entfaltet, die sich ihrem Inhalt nach von der Tätigkeit eines privaten gewerblichen Unternehmens nicht wesentlich unterscheidet. Denn trotz öffentlichrechtlicher Aufgabenzuweisung kann sich eine öffentlichrechtlichen Körperschaft im Bereich der privatunternehmerischen Gewerbeausübung bewegen, in dem die Steuerfreiheit der Tätigkeit zu Wettbewerbnachteilen für private Unternehmer führen könnte. Von einer derartigen Wettbewerbssituation ist allerdings ist nicht schon deshalb auszugehen, weil die einer der öffentlichrechtlichen Körperschaft zugewiesene Aufgabe auch Personen des Privatrechts (als sog. beliehenen Unternehmern) übertragen werden kann und diese in Ausübung dieser Tätigkeiten ebenfalls hoheitlich tätig werden. Der erkennende Senat hat deshalb die Tätigkeit eines kommunalen Katasteramtes trotz teilweiser Übertragung der Aufgaben der Landesvermessung an öffentlich bestellte Vermessungsingenieure als Hoheitsbetrieb gewertet und es hierbei insbesondere für unerheblich gehalten, ob mit der Übertragung der Aufgabe Zwangs oder Monopolrechte verbunden sind (Senatsurteil vom 05.06.2003 15 K 1986/00 K, EFG 2003, 1333, bestätigt durch BFHUrteil in BStBl II 2005, 501).

2. Nach dem nordrheinwestfälischen Bestattungsrecht erfüllt die Klägerin mit dem Betrieb des Krematoriums eine spezifisch öffentlichrechtliche, aus der Staatsgewalt abgeleitete Aufgabe außerhalb des Bereichs der privatunternehmerischen Gewerbeausübung. Private Unternehmer dürfen und können in NordrheinWestfalen kein Krematorium betreiben. Es handelt sich damit um eine Tätigkeit, die in diesem Bundesland öffentlichrechtlichen Körperschaften eigentümlich und vorbehalten ist.

a) Trotz der in § 1 Abs. 5 BestG NRW vorgesehenen Übertragungsmöglichkeit des Betriebs eines Krematoriums an einen privaten Unternehmer ist die Einäscherung in Nordrhein-Westfalen weiterhin eine Aufgabe, die juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Träger öffentlicher Gewalt eigentümlich und vorbehalten ist.

Bereits der Wortlaut des § 1 Abs. 5 BestG NRW spricht entgegen der Auffassung des Beklagten gerade nicht dafür, dass der Landesgesetzgeber den Betrieb eines Krematoriums nicht mehr als öffentlichrechtliche Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge werten wollte. Denn dem Friedhofsträger, bei dem es sich nach § 1 Abs. 2 BestG NRW um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handeln muss, wird lediglich die Möglichkeit eingeräumt, den Betrieb seiner Feuerbestattungsanlage widerruflich einem Übernehmer zu übertragen. Damit bleibt die öffentlichrechtliche Körperschaft auch nach der Übertragung Träger dieser Einrichtung.

Der Wortlaut stimmt in den maßgebenden Punkten mit § 1 Abs. 4 BestG NRW weitgehend überein, der dem Friedhofsträger gestattet, den Betrieb von Friedhöfen, auf denen ausschließlich Totenasche beigesetzt wird (sog. Friedwald) auf private Rechtsträger zu übertragen und bei dem es sich um eine Regelung handelt, die auch nach Auffassung des Beklagten eine bloß formelle Privatisierung (Beleihung) enthält. Soweit der Beklagte aus der jeweiligen Gesetzesbegründung gewichtige Unterschiede zwischen beiden Absätzen herauszustellen versucht, verkennt er, dass für die Auslegung einer Vorschrift grundsätzlich nur der Wortlaut selbst maßgebend ist. Dieser ist aber eindeutig und spricht für die auch in der einschlägigen Kommentarliteratur vertretenen Auffassung, wonach die privaten Krematorienbetreiber im Sinne des § 1 Abs. 5 BestG NRW beliehene Unternehmer sind (vgl. Menzel/Hamacher, Kommentar zum BestG NRW, 2003, § 1 Ziff. 8).

Auch aus Sicht der Verfasser des Gesetzentwurfs zum BestG NRW besteht im Übrigen der vom Beklagten besonders herausgestellte sachliche Unterschied zwischen den Regelungen zur Übertragung von Aufgaben und Einrichtungen auf private Rechtsträger in § 1 Abs. 4 und Abs. 5 BestG NRW gerade nicht. Nach den Hinweisen des Ministeriums für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes NRW zur Auslegung und Durchführung des BestG NRW (Stand 12/2003) ist in beiden Fällen ist ein Beleihungsvertrag abzuschließen. Der (private) Übernehmer verpflichtet sich hierin, eigenverantwortlich und selbständig hoheitliche Aufgaben wahrzunehmen, während sich der Übertragende sich Kontroll- und Eingriffsrechte vorbehält, die er auch wahrzunehmen hat.

Nicht zuletzt machen auch die Unterschiede zum bayerischen Bestattungsrecht deutlich, dass der Gesetzgeber in Nordrhein-Westfalen die Einäscherung gerade nicht aus dem hoheitlichen Bereich der Totenbestattung ausklammern wollte. Auch in Bayern war bis zum 1.09.1994 der Betrieb von Feuerbestattungsanlagen nur juristischen Personen des öffentlichen Rechts gestattet. Nunmehr dürfen dort Feuerbestattungsanlagen mit Genehmigung der zuständigen Behörde von privaten Unternehmen betrieben werden (Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BestG Bayern). Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere für die Gesundheit und die Belange der Strafrechtspflege zu befürchten sind, die Würde des Verstorbenen und das sittliche Empfinden der Allgemeinheit nicht verletzt werden und sonstige Vorschriften des öffentlichen Rechts nicht entgegenstehen (Art. 13 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 und Art. 5 BestG Bayern). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung auch dort, wo die Kommune bereits selbst eine Feuerbestattungsanlage betreibt.

Dagegen bleibt es in Nordrhein-Westfalen der betroffenen Körperschaft des öffentlichen Rechts als Friedhofsträger freigestellt, ob sie überhaupt eine Feuerbestattungsanlage errichten will und ob sie diese Anlage gegebenenfalls selbst betreibt oder durch einen Übernehmer betreiben lässt. Ein Rechtsanspruch privater Unternehmer auf Errichtung oder Betrieb einer eigenen Feuerbestattungsanlage besteht nicht.

b) Der nordrheinwestfälische Gesetzgeber hat mit der ausschließlichen Zuweisung der Aufgabe der Leichenverbrennung an öffentlichrechtliche Körperschaften diesen auch nicht lediglich formal eine Aufgabe übertragen, die üblicherweise auch private Unternehmer ausführen (können).

aa) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung reicht allerdings das Bestehen einer Zuweisungsnorm allein nicht aus, um eine Tätigkeit der öffentlichen Hand als dieser eigentümlich und vorbehalten zu qualifizieren. Der BFH hat unter Anlegung eines strengen Maßstabs in jedem Einzelfall geprüft, ob und welche konkreten Aufgaben der Körperschaft öffentlichen Rechts zugewiesen worden sind und ob die Körperschaft öffentlichen Rechts eine ihr gesetzlich übertragene allgemeine Funktion nach dem Charakter der einzelnen Tätigkeiten durch hoheitliche oder privatwirtschaftliche Mittel verwirklicht (z.B. BFH-Urteile vom 30.6.1988 V R 79/84, BStBl II 1988, 910 undvom 14.3.1990 I R 156/87, BStBl II 1990, 866 jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

bb) Die Einäscherung stellt unbeschadet der rechtlichen und tatsächlichen Situation in anderen Bundesländern jedenfalls in Nordrhein-Westfalen derzeit keine Tätigkeit dar, die ihrer Art nach privatunternehmerisch ist.

Das Bestattungswesen ist nach § 1 Abs. 1 BestG NRW eine gemeindliche Pflichtaufgabe. Die Feuerbestattung ist Teil des Bestattungswesens und gehört zum Kern der kommunalen Daseinsvorsorge unter gesundheitspolitischen, kulturellen und sozialen Gesichtspunkten. Der Landesgesetzgeber hat den öffentlichrechtlichen Körperschaften mit der Zuweisungsnorm in § 1 Abs. 5 BestG NRW eine spezifisch öffentliche Aufgabe übertragen, die sie im Rahmen ihrer hoheitlichen Aufgaben wahrgenommen haben, seit es Feuerbestattungsanlagen in diesem Lande gibt.

Dass es sich bei der Einäscherung um keine wesensnotwendig hoheitliche Tätigkeit handelt und der Gesetzgeber die Durchführung von Feuerbestattungen auch für private Unternehmer hätte öffnen können (vgl. hierzu Beschluss des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 4.7.1996 16V II94, NVwZ 1997, 481), macht sie noch nicht zu einer originär privatunternehmerischen Tätigkeit. Die Entscheidung des Landesgesetzgebers, diese Tätigkeit in NordrheinWestfalen weiterhin nur öffentlichrechtlichen Körperschaften vorzubehalten, ist auch für die Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG maßgebend.

3. Der BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1135 steht der Entscheidung des erkennenden Senats nicht entgegen. Der nichtamtliche Leitsatz zu diesem Beschluss enthält zwar die allgemeine Feststellung, dass der Betrieb eines Krematoriums keine Aufgabe mehr sei, die juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Träger öffentlicher Gewalt eigentümlich und vorbehalten sei. Die Entscheidung befasst sich jedoch ausschließlich mit dem bayerischen Bestattungsrecht, das - anders als das BestG NRW - den Betrieb einer Feuerbestattungsanlage durch private Unternehme ausdrücklich zulässt.

Die Frage, ob eine Tätigkeit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und vorbehalten ist, kann und muss im Hinblick auf die Maßgeblichkeit landesgesetzlicher Regelungen nicht für den gesamten Geltungsbereich des Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuergesetzes einheitlich beantwortet werden (vgl. auch Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 4 Rdnr. 127 und Damas, DStZ 2005, 145). Der BFH selbst hält divergierende Entscheidungen ebenfalls für möglich, wenn er bei der Prüfung, ob ein Wasserzweckverband im Land Brandenburg hoheitlich oder im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art tätig wird, ausschließlich auf das dort geltende Landesrecht abstellt (vgl. BFH-Urteil vom 8.1.1998 V R 32/97, BStBl II 1998, 410). Hiervon geht jedenfalls im Ergebnis auch der Körperschaftsteuersenat des BFH in seiner das Urteil des erkennenden Senats vom 5.6.2003 15 K 1986/00 K bestätigenden Entscheidung zur Tätigkeit eines kommunalen Vermessungs- und Katasteramtes aus, die sich ebenfalls ausschließlich auf die einschlägige landesrechtliche Regelung stützt (BFH-Urteil in BStBl II 2005, 501).

4. Für die Entscheidung ist auch unerheblich, ob, was der Senat nicht geprüft hat, die kommunalen Krematorien in Nordhrein-Westfalen möglicherweise in Wettbewerb zu privat betriebenen Feuerbestattungseinrichtungen in anderen Bundesländern stehen.

a) Ist von einer hoheitlichen Tätigkeit auszugehen, so kommt es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Frage eines tatsächlichen oder potentiellen Wettbewerbs nicht mehr an (z.B. BFH-Urteil vom 23.10.1996 I R 1-2/94, BStBl II 1997, 139 zur kommunalen Hausmüllentsorgung). Auch eine mögliche Wettbewerbsituation vermag nichts daran zu ändern, dass die Leichenverbrennung durch die Klägerin überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dient und deshalb als Hoheitsbetrieb zu beurteilen ist.

b) Die Entscheidung steht schließlich auch nicht in Widerspruch zu europarechtlichen Regelungen.

Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) mit Urteil vom 8.6.2006 Rs. C 430/04, HFR 2006, 830 (vgl. hierzu auch Vorabentscheidungsersuchen BFHBeschluss vom 8.7.2004 VII R 24/03, BStBl II 2004, 1034 sowie BFHUrteil vom 5.10.2006 VII R 24/03, BStBl II 2007, 243 zum Auskunftsanspruch eines privaten Betreibers gegen einen kommunalen Betrieb) entschieden, dass der Betrieb eines kommunalen Krematoriums auch dann steuerbar ist, wenn es sich um einen Hoheitsbetrieb handelt, der in Wettbewerb zu privaten Leistungserbringern steht. Die Entscheidung stützt sich auf Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. 5. 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), wonach öffentlichrechtliche Körperschaften auch mit ihren hoheitlichen Tätigkeiten als Steuerpflichtige gelten, sofern eine Behandlung als NichtSteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Diese zur Umsatzsteuer ergangene Entscheidung ist jedoch auf die direkten Steuern schon mangels entsprechender Rechtsgrundlage nicht übertragbar. Für die körperschaftsteuerliche Unterscheidung zwischen BgA und Hoheitsbetrieb bleibt es bei einem zweistufigen Verfahren (vgl. hierzu Gosch, BFHPR 2005, 291). Steht fest, dass die öffentlichrechtliche Körperschaft hoheitlich tätig wird, kommt es nicht (mehr) darauf an, ob eine tatsächliche oder potentielle Wettbewerbssituation zu ertragsteuerpflichtigen Unternehmen besteh.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

6. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Zwar ist der BFH an die Rechtsauslegung landesrechtlicher Vorschriften durch das Finanzgericht gebunden, soweit kein Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegt. Es erscheint jedoch sachdienlich, dem BFH Gelegenheit zur Klarstellung zu geben, dass seine Entscheidung in BFH/NV 2005, 1135 entgegen der von den Körperschaftsteuerreferenten der Länder vertretenen Auffassung nicht bundesweit gilt.



Ende der Entscheidung

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