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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.03.2007
Aktenzeichen: 15 K 52/04 F
Rechtsgebiete: AO 1977, EStG


Vorschriften:

AO 1977 § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
AO 1977 § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
EStG § 16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

15 K 52/04 F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die rückwirkende Änderung eines Veräußerungsgewinns.

Die Gesellschafter "E" und die "Q-GmbH & Co. KG" ("Q") gründeten mit Vertrag vom 18.03.1999 die "Q GmbH & Co. KG und E GbR". Die beiden Gesellschafter waren je zur Hälfte beteiligt. Die GbR führte den Namen "Grundstücksgesellschaft E-Stadt O-straße 001 GbR" (im Folgenden "O-GbR"). Zweck der Gesellschaft war der gemeinschaftliche Erwerb und die gemeinschaftliche Nutzung des Grundstücks "O-Straße 001" in "E-Stadt". Die Gesellschaft ermittelte ihre Einkünfte durch Betriebsvermögensvergleich nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG.

Die beteiligten Gesellschafter "E" und die "Q" erwarben mit Vertrag vom 04.03.1999 (Urkunden-Nr. "0002" für 1999, Notar "T") den Grundbesitz Flur "XX", Flurstück "XXX", "O-Straße 001" mit einer Fläche von 1.007 qm. Als Kaufpreis wurde zum einen ein Betrag in Höhe von 500.000,00 DM vereinbart. Zum anderen bestand die Verpflichtung zur Erstellung von zwei Eigentumswohnungen sowie zwei Stellplätzen.

Mit Vertrag vom 11.06.1999 (Urkunden-Nr. "0003" für 1999, Notar "T") übertrug die "Q-GmbH & Co. KG" ihren 50-prozentigen Anteil an der "O-GbR" auf Herrn "I". In dem Vertrag wurde vereinbart, dass die "Q" für ihr Ausscheiden "als lästiger Gesellschafter" eine von der GbR zu zahlende Abfindung i.H.v. 100.000,00 DM erhält. Da der Buchwert der von der "Q" auf den neuen Gesellschafter "I" übergegangenen Anteile im Zeitpunkt des Ausscheidens 0,00 DM betrug und in der GbR zu diesem Zeitpunkt keine stillen Reserven vorhanden waren, wurde die Zahlung von den Beteiligten als Zahlung an einen ausscheidenden lästigen Gesellschafter eingeordnet. Dementsprechend wurde die Zahlung bei der "O-GbR" als sofort abziehbare Betriebsausgabe berücksichtigt (Buchung in der Gewinnermittlung: Konto 4900 Sonstige betriebliche Aufwendungen an Konto 75600 Verbindlichkeit "Q" 100.000,00 DM).

Aufgrund der sich im Jahr 2000 ergebenden schlechten Verkäuflichkeit der von der "O-GbR" erstellten Wohnungen verhandelten die Kläger im November 2002 - drei Jahre nach dem Ausscheiden der "Q" - erneut über die Zahlung des bis dahin noch nicht beglichenen Abfindungsbetrags. Mit Rücksicht auf die eingetretene schwere Verkäuflichkeit der Wohnungen wurde die Abfindung mit Vereinbarung vom 13.11.2002 auf 25.000,00 EUR (= 48.895,75 DM) reduziert und sogleich bezahlt. Buchhalterisch wurde die Minderung der Verbindlichkeit von 100.000,00 DM auf 48.895,75 DM jedoch nicht nachvollzogen. Ein außerordentlicher Ertrag in Höhe von 51.104,25 DM wurde in der Gewinnermittlung 2002 nicht erfasst.

Am 14.02.2001 reichten die Kläger den Jahresabschluss und die Feststellungserklärung der GbR für 1999 ein. Die Einkünfte verteilten sich dabei wie folgt:

 "E""I"Gesamt
./. 96.094,06 DM./. 96.094,06 DM./. 192.188,12 DM

Die Veranlagung erfolgte mit Bescheid vom 22.02.2001 erklärungsgemäß.

Am 08.11.2002 reichten die Kläger eine geänderte Feststellungserklärung ein, in der 100.000,00 DM in Zeile 16 der Anlage GSE (Kz. 45.30) als Veräußerungsgewinn nach § 16 EStG erklärt wurden. Die Einkünfte verteilten sich dabei wie folgt:

 "E""I""Q"Gesamt
./. 96.094,06 DM./. 96.094,06 DM100.000,00 DM./. 92.188,00 DM

Mit geändertem Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte 1999 vom 06.02.2003 stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß mit ./. 92.188,00 DM fest.

Gegen den geänderten Feststellungsbescheid 1999 vom 06.02.2003 legte die "Q" am 07.03.2003 Einspruch ein. Sie trug vor, die Beteiligten "E" und "I" hätten aus Liquiditätsgründen lediglich eine Zahlung i.H.v. 18.000,00 EUR (= 35.204,94 DM) geleistet. Daher sei der Gewinnanteil der "Q" GmbH & Co. KG mit 35.204,94 DM anzusetzen.

Der Beklagte zog daraufhin mit Schreiben vom 08.05.2003 die Beteiligten "E" und "I" nach § 360 Abgabenordnung - AO - zum Einspruchsverfahren hinzu. Der Beklagte änderte am 18.06.2003 den Feststellungsbescheid 1999 und stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit ./. 92.188,12 DM fest. Die Einkünfte verteilten sich dabei wie folgt:

 "E""I""Q"Gesamt
./. 63.696,53 DM./. 63.696,53 DM35.204,94 DM./. 92.188,12 DM

Die Beteiligten "E" und "I" legten gegen den geänderten Feststellungsbescheid am 14.07.2003 Einspruch ein. Sie trugen vor, es handele sich bei Ausfall der Abfindungszahlung nicht um ein rückwirkendes Ereignis, sondern um einen Geschäftsvorfall des Jahres 2002 mit Auswirkung in 2002. Sie hätten erst am 13.11.2002 festgelegt, dass mit der Zahlung von 25.000,00 EUR (= 48.895,75 DM) durch die "E" und "I" GbR an die "Q" sämtliche Ansprüche aus der Übertragung der Gesellschaftsanteile an Herrn "I" abgegolten seien. Dies wirke aber nicht auf das Jahr 1999 zurück. Die Rückwirkung einer Kaufpreisänderung gelte nicht für den Erwerber des Betriebs- oder Gesellschaftsanteils, sondern nur für den Veräußerer. Der Grund, der zu einer Rückwirkung führe, liege darin, dass beim Veräußerer, nachdem er einen Betrieb oder seine Beteiligung veräußert habe, die Grundsätze der Bilanzierung nicht mehr anwendbar seien, weil sich die späteren Ereignisse nicht mehr steuerlich auswirken könnten. Diese Erwägungen träfen auf den Erwerber jedoch nicht zu, denn dieser ermittele ab Übernahme des Betriebs seinen Gewinn durch Buchführung und Bilanzierung, weshalb es keine Probleme gäbe, nachträgliche Ereignisse in der Bilanz und der Gewinnermittlung zu erfassen. Damit müsse es sein Bewenden haben, dass sich eine nachträgliche Minderung der Anschaffungskosten erst ab dem Minderungszeitpunkt auswirke und nicht früher.

Der Beklagte zog daraufhin mit Schreiben vom 06.10.2003 die "Q" zu dem Verfahren hinzu. Dabei wurde auf die beabsichtigte Erhöhung des Veräußerungsgewinns auf 48.895,75 DM hingewiesen.

Der Beklagte erließ am 17.11.2003 einen geänderten Feststellungsbescheid für das Jahr 1999 und stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit ./. 92.188,12 DM fest. Die Einkünfte verteilten sich dabei wie folgt:

 "E""I""Q"Gesamt
./. 70.541,94 DM./. 70.541,94 DM48.895,75 DM./. 92.188,12 DM

Mit Einspruchsentscheidung vom 08.12.2003 wies der Beklagte den Einspruch schließlich als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Vereinbarung vom 13.11.2002 mit der Änderung der Kaufpreishöhe für die Gesellschaftsanteile sei ein rückwirkendes Ereignis, das auf den Veräußerungszeitpunkt am 11.06.1999 zurückwirke. Die Vereinbarung eines Kaufpreises von 25.000,00 EUR (= 48.895,75 DM) anstelle von 100.000,00 DM führe dazu, dass für den Veräußerer eine geringerer Veräußerungsgewinn entstehe. Gleichzeitig stelle die Zahlung an die "Q" nur i.H.v. 48.895,75 DM eine Betriebsausgabe dar. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 08.12.2003 (Bl. 5 bis 10 der FG-Akte) verwiesen.

Gegen die geänderte Zurechnung der Einkünfte ihnen gegenüber haben die Gesellschafter der "E" und "I" GbR Klage erhoben. Sie halten daran fest, dass ein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht vorliege. Der Beklagte missachte, dass die Vereinbarung vom 13.11.2002 auf Grund einer von den Beteiligten im Jahr 1999 nicht vorhersehbaren späteren Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse, d.h. wegen neuer Verhältnisse auf Grund freier Parteivereinbarung, ausgehandelt worden sei. Die Vereinbarung erfasse keineswegs Gegebenheiten, die bereits bei der früheren Vereinbarung über die Abfindungszahlung existent gewesen seien. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO bezögen sich allgemein auf Sachverhalte, in denen aus Rechtsgründen, z.B. wegen einer Anfechtung des Kaufvertrags oder wegen vorliegender Gewährleistungsansprüche die vereinbarten Kaufpreise ganz oder teilweise zurück zu zahlen seien. Die spätere Rückabwicklung habe in diesen Fällen ihren Ursprung in den Gegebenheiten des früheren Vertragssachverhaltes. Die hier zu beurteilende Vereinbarung vom 13.11.2002 sei dagegen getroffen worden, weil drei Jahre nach dem ursprünglichen Vertrag die spätere ungünstige wirtschaftliche Entwicklung des Bauvorhabens und die schlechte Verkäuflichkeit der Wohnungen Auswirkungen auf die Fälligkeit der Abfindung gehabt hätten. Im Interesse einer Bereinigung der aufgetretenen Probleme hätten die Vertragsparteien über die Abfindung neu verhandelt. Die Parteien hätten ohne Bezug auf Rechtssätze (z.B. wegen Anfechtung, Wandlung oder Gewährleistung) über die eingetretene Situation frei verhandelt und in freier Vereinbarung eine andere Gestaltung der Abfindung vereinbart. Es könne daher im vorliegenden Fall nicht zu einer steuerlichen Vergangenheitswirkung kommen. Für das Ertragssteuerrecht gälten das Prinzip der Abschnittsbesteuerung und der Grundsatz, dass Sachverhalte, die zu einer Verwirklichung eines steuerlichen Tatbestands geführt hätten, in der verwirklichten Form der Besteuerung zu unterwerfen seien. Später eintretende Entwicklungen könnten generell nicht zu einer Beseitigung des ursprünglichen Steuertatbestandes führen. Die beiden angeführten Grundsätze sollten unzweifelhaft nicht durch § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO aufgehoben werden. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO könne nur als eine Ausnahmeregelung verstanden werden. Diese gelte nur für Fälle, in denen der ursprüngliche Sachverhalt aus Rechtsgründen nicht aufrecht erhalten werden könne. Dagegen komme eine Rückwirkung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht in Betracht, wenn sich wirtschaftliche Risiken und Wagnisse eines Geschäfts später realisierten und zu einer veränderten Betrachtung des früher Ausgehandelten führten. Das von den Vertragsparteien bei ihrem Vertragsabschluss eingegangene wirtschaftliche Risiko bzw. dessen spätere Realisierung sei kein Ereignis, das gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO steuerliche Wirkung für die Vergangenheit habe. Im Übrigen bestehe für die steuerliche Behandlung einer Vertragsdurchführung und der Abwicklung einer Zahlungsverpflichtung zwischen der Seite des Veräußerers und der Seite des Erwerbers kein Korrespondenzprinzip. Dies bedeute, dass Beurteilungsgrundsätze, die von der Rechtsprechung für die Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO entwickelt worden seien, nicht auf die Verhältnisse des Erwerbers übertragen werden könnten.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 18.01.2007 die "Q" GmbH & Co. KG zu dem Klageverfahren notwendig beigeladen.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1999 vom 17.11.2003 und die Einspruchsentscheidung vom 08.12.2003 aufzuheben und die Besteuerungsgrundlagen für die Gesellschafter "E" und "I wie im ursprünglichen Bescheid vom 06.02.2003 i.H.v. ./. 96.094,00 DM festzusetzen (Bl. 1 d. FG-Akte).

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen (Bl. 24 der FG-Akte).

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung. Der Hinweis auf die Abschnittsbesteuerung führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Entgegen der Ansicht der Kläger werde in der nachträglichen Vereinbarung vom 13.12.2002 mit einer Minderung des Kaufpreises ein Ereignis gesehen, das sich rückwirkend nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auf die Höhe des Veräußerungsgewinns auswirke. Denn durch diese Vereinbarung sei der Kaufpreis nachträglich gemindert worden. In dem von den Klägern angeführten Urteil des BFH vom 09.02.1994 IX R 110/90, BStBl II 1995, 47 führe in den Fällen, in denen eine dauernde Last vereinbart werde, eine nachträgliche Änderung nicht zu einem rückwirkenden Ereignis. Bei der Vereinbarung einer dauernden Last bestehe das Wagnis darin, dass im Zeitpunkt der Vereinbarung die Dauer der Zahlungen nur an Hand statistischer Wahrscheinlichkeitswerte geschätzt werden könne. Ein solcher Fall liege hier jedoch nicht vor, da im Fall der Klägerin der vereinbarte Kaufpreis vermindert worden sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Feststellungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegt dann vor, wenn die gestundete Kaufpreisforderung für die Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft zu einem nach der Veräußerung liegenden Zeitpunkt, insbesondere in einem späteren Veranlagungszeitraum, ganz oder teilweise uneinbringlich wird. Nach Auffassung des Senats gilt dies auch, wenn eine wegen Lästigkeit gezahlte Abfindung nachträglich herabgesetzt oder uneinbringlich wird.

1. Gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Hierzu rechnen auch nach der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums am Betrieb eintretende Umstände, die sich auf die Höhe des Veräußerungspreises auswirken, und zwar auch dann, wenn der gezahlte Kaufpreis allein für die "Lästigkeit" des ausscheidenden Gesellschafters gezahlt wird. Die Voraussetzungen des § 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AO liegen hingegen nicht vor, wenn das Finanzamt - wie im Fall des § 173 Abs.1 AO - lediglich nachträglich Kenntnis von einem bereits gegebenen Sachverhalt erlangt (vgl. zum Ganzen Großer Senat des BFH vom 19.07.1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897).

2. Ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, ob m.a.W. eine solche Änderung dazu führt, daß bereits eingetretene steuerliche Rechtsfolgen mit Wirkung für die Vergangenheit sich ändern oder vollständig entfallen, bestimmt sich allein nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht. Bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs nach § 16 EStG wirken nachträgliche Änderungen des Veräußerungspreises materiellrechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurück. Entsprechend ändert sich die Höhe eines zuvor auf diesen Zeitpunkt ermittelten Veräußerungsgewinns. Ein bereits bestandskräftiger Steuerbescheid ist bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AO mit Wirkung für den Zeitpunkt der Veräußerung zu ändern.

3. Diese Grundsätze gelten auch, wenn bei einer bilanzierenden Mitunternehmerschaft eine vereinbarte Lästigkeitsabfindung später uneinbringlich wird. Veräußerungspreis ist auch ein Betrag, der bei den verbleibenden Gesellschaftern als Abfindung eines lästigen Gesellschafters nicht aktivierungspflichtig, sondern abzugsfähig ist. Die Lästigkeitsabfindung ist damit Teil des Veräußerungsgewinns (SchmidtWacker, EStG, 25. Auflage 2006, § 16 Rz. 459; Reiß in Kirchhof/Söhn, § 16 EStG, Rz. C 101). Der Anspruch auf Zahlung der Lästigkeitsabfindung ist mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber entstanden. In diesem Zeitpunkt ist er zu aktivieren, und zwar unabhängig davon, ob die vereinbarte Abfindung sofort fällig, in Raten zahlbar oder langfristig gestundet ist und wann die Abfindungszahlung dem ausscheidenden Gesellschafter tatsächlich zufließt. Dies erfordert es, später eintretende Veränderungen bei der ursprünglich vereinbarten Abfindungszahlung solange und soweit materiellrechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung des Gesellschaftsanteils zurückzubeziehen, als der Erwerber seine Verpflichtung zur Zahlung der Abfindung noch nicht erfüllt hat. Dabei ist es unerheblich, welche Gründe für die Minderung der Abfindung maßgebend waren und ob diese ihre Ursache beim Veräußerer oder beim Erwerber haben. Nur dieses Ergebnis vermeidet ein verfassungsrechtlich bedenkliches Übermaß der Besteuerung, das dann eintreten würde, wenn der Ausscheidende einen Gewinn zu versteuern hätte, den er tatsächlich nicht erzielt hat und die verbleibenden Gesellschafter eine Betriebsausgaben steuermindernd berücksichtigen könnten, die sie in dieser Höhe nicht getätigt haben.

4. Die Auffassung der Kläger, wonach eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nur in Bezug auf die Feststellung der Einkünfte der "Q", nicht aber in Bezug auf ihre Einkünfte zu erfolgen, verkennt, dass im Rahmen der Besteuerung einer Mitunternehmerschaft nach §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2a AO der Veräußerungsgewinn in die einheitlich und gesonderte Feststellung der Einkünfte der Mitunternehmer einzubeziehen ist. Die gesonderte Feststellung wird gegenüber mehreren Personen einheitlich vorgenommen. In die Feststellung einzubeziehen sind Einkünfte, die zwar nur einen Gesellschafter betreffen, aber die Höhe der gemeinschaftlichen Einkünfte beeinflussen. Ist - wie hier - der Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft unstreitig und nicht angefochten, hat bei einer Abfindung wegen Lästigkeit die Minderung des Veräußerungsgewinns eines der Beteiligten zwangsläufig Auswirkungen auf die Höhe der den übrigen Beteiligten zuzurechnenden Einkünfte. Es ist daher nicht möglich, die Tatsache der Herabsetzung der Lästigkeitsabfindung für die "Q" bereits im Streitjahr und für die Kläger erst im Jahr 2002 zu berücksichtigen, zumal die Kläger dies auch selbst in ihrer Gewinnermittlung 2002 so nicht vollzogen haben.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da sie keinen eigenen Antrag gestellt hat (vgl. Gräber/Stapperfend, FGO, Kommentar, 6. Aufl., § 139 Anm. 136 u. 138 mit Rechtsprechungsnachweisen).

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