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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.03.2007
Aktenzeichen: 16 K 4797/04 F
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 4a S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

16 K 4797/04 F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt --FA--) bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der freiberuflichen Einkünfte für das Streitjahr 1999 den --ansonsten unstreitigen-- Gesamtgewinn (313.851,34 DM) um einen Hinzurechnungsbetrag wegen nicht abziehbarer Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (StBereinG 1999) vom 22.12.1999 (Bundesgesetzblatt --BGBl-- I 1999, 2601, Bundessteuerblatt --BStBl-- I 2000, 13) i.H. von 34.129 DM auf 347.980,34 DM erhöhen durfte.

Die Klägerin ist eine Personengesellschaft (GbR), die im Wirtschaftsjahr 1999 von der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) zur Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) überging. Die Klägerin erklärte (zunächst) einen festzustellenden Gewinn von 312.967,22 DM. Derselbe beruhte u.a. auf der Einnahme-Überschussrechnung, in der Schuldzinsen i.H. von 62.495,43 DM als Betriebsausgaben abgezogen waren, sowie der Ermittlung eines --unstreitigen--Übergangsverlustes wegen Wechsels der Gewinnermittlungsart i.H. von 606.285,72 DM.

Das FA ging (zunächst) davon aus, dass der erklärte Gewinn um einen Hinzurechnungsbetrag nach § 4 Abs. 4a EStG i.H. von (Gewinn 312.967,22 DM ./. Entnahmen 931.028,21 DM = Überentnahmen 618.060,89 DM x 6 v.H. =) 37.083,65 DM zu erhöhen sei. Demgemäß stellte es im erstmaligen Feststellungsbescheid 1999, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) erging, die Einkünfte auf 350.050 DM fest.

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 12.2.2002 einen Änderung dahin, dass die Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG entfalle. Insgesamt seien Unterentnahmen i.H. von 67.617,78 DM entstanden. Der Übergangsverlust sei bei der Ermittlung der Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG nicht einzubeziehen. Ferner seien Einlagen aus Sonderbilanzen der Gesellschafter (79.392,95 DM) zu berücksichtigen.

Das FA lehnte den Änderungsantrag mit Bescheid vom 19.4.2002 ab.

Dagegen richtete sich der fristgerecht eingelegte Einspruch der Klägerin. Wegen ihres Vorbringens im Vorverfahren wird auf die Darstellung des Vorbringens in der Einspruchsentscheidung sowie die in der Einspruchsentscheidung (s. dort S. 3 unten) im Einzelnen aufgeführten Schreiben der Klägerin Bezug genommen.

Der Einspruch hatte nur teilweise Erfolg. Das FA stellte mit Einspruchsentscheidung vom 27.7.2004, die unter Aufrechterhaltung des Vorbehalts der Nachprüfung erging, die Einkünfte auf 347.980,34 DM fest. Es ging dabei von einem Gesamtgewinn vor Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG i.H. von 313.851,34 DM aus und erhöhte diesen um einen Hinzurechnungsbetrag nach § 4 Abs. 4a EStG i.H. von 34.129 DM. Letzteren ermittelte das FA ausgehend von der bereits um Einlagen gekürzten "Summe der Entnahmen" (882.667,95 DM), dem Gewinn vor Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG (313.851,34 DM) und den sich daraus ergebenden Überentnahmen für das Streitjahr 1999 (568.816,61 DM). Wegen der Berechnungen und Ausführungen des FA wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage. Wegen des Vorbringens der Klägerin wird auf die Schriftsätze vom 10.11.2004, 25.2.2005, 29.9.2006 und 15.1.2007 verwiesen.

Das FA erließ einen in Bezug auf die Gewinnverteilung geänderten Feststellungsbescheid 1999 vom 15.12.2004 (unter Aufrechterhaltung des Vorbehalts der Nachprüfung), der nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens wurde.

Die Klägerin beantragt,

das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 19.4.2002 und der Einspruchsentscheidung vom 27.7.2004 zu verpflichten, den Feststellungsbescheid 1999 vom 15.12.2004 dahin abzuändern, dass die Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit 313.851,34 DM festgestellt und entsprechend S. 2 des Schriftsatzes vom 10.11.2004 auf die Gesellschafter verteilt werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, aus welchen Gründen die Klage als eine solche auszulegen ist, die von der GbR als Klägerin (nicht von ihren Gesellschaftern) erhoben wurde.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Soweit das FA die nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 mit 6 v.H. der Überentnahme des Wirtschaftsjahres 1999 i.H. von 568.816,61 DM unter Berücksichtigung eines "Startguthabens" zum 1.1.1999 von 0 DM ermittelt und dem Gewinn hinzugerechnet hat, stellt dies keinen Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin dar.

1. a) § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 lautet wie folgt:

"Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Entnahmen und Einlagen, die in den letzten drei Monaten eines Wirtschaftsjahres getätigt werden, sind nicht zu berücksichtigen, soweit sie in der Summe in den nächsten drei Monaten des Folgejahres wieder rückgängig gemacht werden. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit sechs vom Hundert der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt. Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 4.000 Deutsche Mark verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen. Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt. Die Sätze 1 bis 6 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen."

b) Diese Vorschrift ist nach der Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 11 EStG 1999 erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31.12.1998 endet (§ 52 Abs. 11 Satz 1 EStG 1999).

2. Soweit die Klägerin gegen die Vorschrift verfassungsrechtliche Bedenken erhoben hat (s. Streitpunkte VI. und VII. lt. Einspruchsentscheidung) greifen dieselben nicht durch.

Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die inzwischen ergangenen Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21.9.2005 X R 47/03 (BStBl II 2006, 504) undvom 7.3.2006 X R 44/04 (BStBl II 2006, 588). Dem BFH-Urteil in BStBl II 2006, 504 lassen sich zutreffende Ausführungen zur Problematik der Rückwirkung entnehmen (s. dort unter II. 3. der Gründe). Ebenso zutreffend hat der BFH in BStBl II 2006, 588 entschieden, dass die formell verfassungsgemäße Vorschrift des § 4 Abs. 4a EStG auch unter dem Blickwinkel des Nettoprinzips verfassungsrechtlich unbedenklich sei, da sie an Überentnahmen und somit an private Ursachen anknüpfe; sie sei auch hinreichend bestimmt.

3. Zu Recht hat das FA angenommen, dass bei der Ermittlung der Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 nicht ein gegenüber § 4 Abs. 3 EStG modifizierter Gewinnbegriff zur Anwendung kommt und dieser Gewinnbegriff den im Wirtschaftsjahr 1999 erzielten Übergangsverlust aus dem Wechsel der Gewinnermittlungsart umfasst.

a) Der BFH hat in BStBl II 2006, 588 (s. dort unter II. 3. der Gründe) entschieden, dass der Gewinnbegriff in § 4 Abs. 4a EStG mangels einer besonderen Bestimmung in dieser Vorschrift i.S. des allgemeinen Gewinnbegriffs in § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 4 Abs. 3 EStG auszulegen ist (u.a. mit Hinweis auf s. Tz. 8 des Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 17.11.2005, BStBl I 2005, 1019). Der "Gewinnbegriff im Allgemeinen" (Amtliche Überschrift zu § 4 EStG) sei in § 4 Abs. 1 und 3 EStG innerhalb des mit "Gewinn" überschriebenen Abschnitt II. 3. des EStG legal definiert. Dem Wortlaut des § 4 Abs. 4a EStG lasse sich nicht entnehmen, dass die Vorschrift bei der Berechnung der Über- bzw. Unterentnahmen generell von einem modifizierten Gewinnbegriff ausgehen würde. Vielmehr folge aus § 4 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 2 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2001 (StÄndG 2001) vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3794 , BStBl I 2002, 4), dass die Bestimmung selbst deutlich mache, wenn ausnahmsweise nicht der Gewinn i.S. des § 4 Abs. 1 und 3 EStG der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen zugrunde gelegt werden soll.

b) Der im Streitfall nach § 4 Abs. 3 EStG zur Anwendung kommende Gewinnbegriff umfasst auch den Übergangsverlust mit der Folge, dass sich das steuerunschädliche Entnahmepotential minderte.

aa) Nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 ("Gewinn des Wirtschaftsjahres") sind sowohl Übergangsgewinne als auch Übergangsverluste einzubeziehen. Dies folgt aus der ständigen BFH-Rechtsprechung betreffend die "Rechtsgrundlage" für derartige Gewinnkorrekturen:

So hat der BFH z.B. für den Fall des Übergangs zum Bestandsvergleich ausgesprochen, dass bei diesem Übergang mit Hilfe von Zu- und Abschlägen der Gewinn im ersten Wirtschaftsjahr mit Bestandsvergleich so zu korrigieren ist, dass der Steuerpflichtige im Gesamtergebnis Gewinne erzielt, wie er sie erzielt hätte, wenn er auch in der Zeit der Überschussrechnung seinen Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt hätte (BFH-Urteil vom 24.1.1985 IV R 155/83, BStBl II 1985, 255). Diese Gewinnkorrekturen im ersten Wirtschaftsjahr mit Bestandsvergleich hat die Rechtsprechung aus dem Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 EStG und dessen systematischem Verhältnis zu § 4 Abs. 3 EStG abgeleitet (so BFH-Urteile vom 28.5.1968 IV R 202/67, BStBl II 1968, 650, und vom 3.7.1968 I 113/65, BStBl II 1968, 736).

Entsprechendes gilt (umgekehrt) im --hier vorliegenden-- Fall des Übergangs zur Überschussrechnung. Die Gewinnkorrekturen im ersten Wirtschaftsjahr mit Überschussrechnung (hier: der Übergangsverlust) sind aus dem Gewinnbegriff des § 4 Abs. 3 EStG und dessen systematischem Verhältnis zu § 4 Abs. 1 EStG abzuleiten. Sie sind demzufolge Bestandteil des (laufenden) "Gewinns des Wirtschaftsjahres" 1999.

bb) Diese Auslegung steht auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes, wie er insbesondere in der periodenübergreifenden Regelung des § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 zum Ausdruck kommt. Durch die unterschiedliche Gewinnermittlungsart ergeben sich in den einzelnen Jahren unterschiedliche Gewinne und damit unterschiedliche Über-/Unterentnahmen bzw. Kürzungsbeträge nach § 4 Abs. 4a EStG. "Daher" (so zutreffend Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 24. Aufl., 2005, § 4 Rz. 528 a.E.) "sind auch bei Wechsel der Gewinnermittlungsart anfallende Übergangsgewinne zu berücksichtigen."

cc) Auch die Finanzverwaltung geht davon aus, dass "Übergangsgewinne" i.S. von R 17 Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 2003 bzw. R 4.6 EStR 2005 bei Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG einzubeziehen sind (s. Tz. 8 des BMF-Schreibens in BStBl I 2005, 1019; s. ferner Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 25. Aufl., 2006, § 4 Rz. 525; Wied in Blümich, § 4 EStG Rz. 618). Dass unter "Übergangsgewinne" auch "Übergangsverluste" zu verstehen sind, liegt auf der Hand. Dies entspricht der allgemein gebräuchlichen Terminologie des Gesetzgebers. Soweit er (nur) den Begriff "Gewinn" verwendet (s. § 4 Abs. 1 und 3, § 17 EStG), ist darunter unzweifelhaft stets auch ein "Verlust" zu verstehen.

dd) Die gegenteiligen Ausführungen der Klägerin (u.a. im letzten Schriftsatz vom 15.1.2007) überzeugen nicht. Sie beruhen insbesondere auf einem unzutreffenden Verständnis der norminterpretierenden Verwaltungsanweisung in Tz. 8 des BMF-Schreibens in BStBl I 2005, 1019 in dem Sinne, dass es sich um eine Billigkeitsregelung handele, wonach nur Übergangsgewinne, nicht aber Übergangsverluste einzubeziehen seien.

ee) Der im Streitfall im Wirtschaftsjahr 1999 erfasste Übergangsverlust trägt dem Umstand Rechnung, dass die Klägerin im Gesamtergebnis Gewinne erzielt, wie sie erzielt hätte, wenn sie auch in der Zeit des Bestandsvergleichs (bis zum 31.12.1998) ihren Gewinn durch Überschussrechnung ermittelt hätte. Da damit aber keine Änderung von Über- oder Unterentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre verbunden ist, erweist sich die Einbeziehung des Übergangsverlustes auch als verfassungsrechtlich unbedenklich.

4. Soweit das FA aus anderen Gründen zur Ermittlung der Überentnahmen im Wirtschaftsjahr 1999 von einem Gewinn vor Anwendung des § 4 Abs. 4 a EStG i.H. von 313.851,34 DM ausgegangen ist, besteht hierüber --zu Recht-- kein Streit.

5. Auch hinsichtlich der Höhe der Entnahmen für die Überentnahmeberechnung 1999 (Streitpunkt IV. lt. Einspruchsentscheidung) ist der vom FA vertretenen Ansicht beizupflichten:

a) Wie der BFH mit Urteil vom 21.9.2005 X R 46/04 (BStBl II 2006, 125) entschieden hat, ist nach Einführung des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 der Schuldzinsenabzug zweistufig zu prüfen. Es ist zunächst zu klären, ob der betreffende Kredit nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen (vgl. insbesondere Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8.12.1997 GrS 1-2/95, BStBl II 1998, 193 ) eine betriebliche oder private Schuld ist. Sodann ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 abziehbar sind. Private Verbindlichkeiten, deren Zinsen nach § 4 Abs. 4 EStG nicht betrieblich veranlasst sind, sind bei der Ermittlung der Entnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG nicht zu berücksichtigen (vgl. BMF-Schreiben vom 22.5.2000 IV C 2 -S 2144- 60/00, BStBl I 2000, 588 Tz. 6 und 7). Werden eingehende Betriebseinnahmen zur Tilgung eines Sollsaldos verwendet, der aufgrund privater Zahlungsvorgänge entstanden ist oder sich dadurch erhöht hat, liegt hierin im Zeitpunkt der Gutschrift eine Entnahme, die bei der Ermittlung der Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 zu berücksichtigen ist. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen des BFH in BStBl II 2006, 125 unter II. 6. der Gründe verwiesen.

b) Dementsprechend erweisen sich die Ausführungen des FA in der Einspruchsentscheidung betreffend diesen Streitpunkt (Behandlung der kreditfinanzierten Beträge von 877.766,67 DM, die noch im Laufe des Jahres 1999 durch Betriebseinnahmen wieder ausgeglichen und deshalb als Entnahmen zu behandeln seien) als zutreffend.

c) Soweit die Klägerin ferner die Ansicht vertritt (s. z.B. S. 3 f. des Schriftsatzes vom 10.11.2004), dass die sog. Tätigkeitsvergütungen sämtlicher Gesellschafter von je 160.000 DM p.a. nicht als Entnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG zu behandeln seien, ist dem ebenfalls nicht zu folgen.

Entnahmen liegen vor, wenn Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen) in den privaten Bereich der Gesellschafter oder in einen anderen betriebsfremden Bereich überführt werden. Hiervon ausgehend geht das BMF-Schreiben in BStBl I 2005, 1019 in Tz. 32d zutreffend davon aus, dass diesem Sinne die Zahlung der Geschäftsführungsvergütung i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 2. Halbs. EStG auf ein privates Konto des Gesellschafters eine Entnahme ist, die bloße Gutschrift auf dem Kapitalkonto des Gesellschafters jedoch nicht. Dieselbe Auffassung hat auch das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 26.5.2004 1 K 1623/02 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2006, 185) vertreten.

6. Das FA ist bei Anwendung des § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG nur von Überentnahmen im Wirtschaftsjahr 1999 ausgegangen. Das mithin berücksichtigte "Startguthaben" am 1.1.1999 i.H. von 0 DM stellt offensichtlich keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Kläger dar. Denn Unterentnahmen aus Wirtschaftsjahren, die vor dem 1.1.1999 endeten, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich (Kapitalstand 31.12.1998: -88.938 DM). Über die --nach dem BFH-Urteil in BStBl II 2006, 504 naheliegende--Frage, ob das FA Überentnahmen aus Wirtschaftsjahren, die vor dem 1.1.1999 endeten, hätte berücksichtigen dürfen, ist wegen des Verböserungsverbotes nicht zu entscheiden. Die Finanzverwaltung (s. Tz. 5 des BMF-Schreibens vom 12.6.2006 IV B 2 - S 2144 - 39/06, BStBl I 2006, 416) geht allerdings davon aus, dass auf Überentnahmen die Grundsätze des BFH-Urteils in BStBl II 2006, 504 keine Anwendung fänden. Entstehe aus den saldierten Über- und Unterentnahmen der Jahre vor 1999 eine Überentnahme oder sei das Kapitalkonto am Ende des vor dem 1.1.1999 endenden Jahresabschlusses --wie hier-- negativ, bleibe der Betrag bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen --auch in den Veranlagungszeiträumen 1999 und 2000-- unberücksichtigt.

7. Keine rechtlichen Bedenken begegnet auch die Anwendung des § 4 Abs. 4a Sätze 5 und 6 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 (Streitpunkt V. lt. Einspruchsentscheidung). Es geht um die Frage, ob der typisierte Hinzurechnungsbetrag nach § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG i.d.F. des StBereinG 1999, den das FA ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin ermittelt hat (s. oben), den um Zinsen für Darlehen zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (vgl. § 4 Abs. 4a Satz 6 EStG i.d.F. des StBereinG 1999) und um den in jedem Fall unschädlichen Betrag i.H. von 4.000 DM (§ 4 Abs. 4a Satz 5 EStG) gekürzten tatsächlichen Schuldzinsenaufwand übersteigt.

a) Die Kläger wollten (hilfsweise) folgende Berechnung des (Höchst-)Hinzurechnungs-betrages (Beträge DM):

 Angefallene Zinsen lt. Gewinnermittlung62.495,43
abzüglich privat veranlasste Zinsen-884,02
abzüglich Investitionszinsen (§ 4 Abs. 4a Satz 6 EStG i.d.F. des StBereinG 1999)-31.517,15
abzüglich Minderungsbetrag (§ 4 Abs. 4a Satz 5 EStG i.d.F. des StBereinG 1999)-4.000,00
Hinzurechnungsbetrag26.094,26

Der Streit betrifft dementsprechend nur die Frage, ob der Hinzurechnungsbetrag 34.129 DM oder 26.094,26 DM (Differenz 8.034,74 DM) beträgt.

b) Das FA ist dem nicht gefolgt, und zwar deshalb nicht, weil es nur Investitionszinsen i.H. von 7.181,66 DM anerkannte. Die diesbezüglichen Ausführungen sind zutreffend. Der Senat hält es in diesem Punkt für ermessensgerecht, von der Begründungserleichterung nach § 105 Abs. 5 FGO Gebrauch zu machen.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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