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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.08.2009
Aktenzeichen: 17 K 3411/08 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 33
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt als Steuerberater Einkünfte aus selbstständiger sowie nichtselbstständiger Arbeit.

In der Einkommensteuererklärung für 2003 machten die Kläger Aufwendungen für eine 19-tägige Kur (vom 21.04.2003 bis 10.05.2003) des Klägers in der X-Privatklinik als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) geltend, da die private Krankenversicherung nur einen Teil der Kosten erstattet habe. Die Abrechnung der Versicherung lautete wie folgt:

 Aufwendungenerstattungsfähignicht erstattungsfähig (Gründe) 
ärztliche Leistungen:958,62 EUR251,16 EUR707,46 EURGebührenhöhe
Labor:827,42 EUR669,50 EUR157,97 EURnicht belegt
Präparate:1.174,63 EUR278,81 EUR895,82 EURA-Präparat
Anwendungen/Sport1.426,20 EUR1.013,76 EUR412,44Ergometertraining
Kuraufenthalt2.221,81 EUR0 EUR2.221,81 EURnicht versichert
 6.608,73 EUR2.213,23 EUR4.395,50 EUR

Auf Grund des abgeschlossenen Tarifs erbrachte die Kasse keine Leistungen bezüglich des Kuraufenthalts (Unterkunft, Verpflegung, Kurtaxe und Telefon) und des Organpräparats A-Präparat. Die Aufwendungen für ärztliche Behandlungen bezuschusste sie bis zur Höhe des normalen Gebührensatzes und für Anwendungen und Sport zu 80 %. Eine Erstattung der Kosten des Ergometertrainings lehnte sie allerdings ab, weil eine medizinische Notwendigkeit nicht ersichtlich sei. Darüber hinaus zog sie den vereinbarten Selbstbehalt von 1.100 EUR ab, so dass der Kläger nur eine Leistung von 910 EUR erhielt.

Das beklagte Finanzamt (FA) wies darauf hin, dass Kuraufwendungen nur dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden könnten, wenn ein vor Kurantritt erstelltes amtsärztliches Attest die medizinische Notwendigkeit der Kur bescheinige. Mit Bescheid vom 12.08.2005 berücksichtigte es die Aufwendungen nur insoweit, als sie von der Krankenkasse dem Grunde nach als erstattungsfähig anerkannt worden waren. Nach Abzug der Erstattung in Höhe von 910,48 EUR berücksichtigte es daher noch 1.302,75 EUR als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG.

Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Der Kläger trug vor, er sei auf Grund eines Buches auf die Privatklinik und die Behandlung mit dem A-Präparat aufmerksam geworden. Die Autorin war als leitende Ärztin und Chefärztin der Klinik tätig. Er legte eine ärztliche Bescheinigung seines Hausarztes vom 20.03.2003 vor. Hierin bestätigte dieser die Diagnosen degeneratives Wirbelsäulenleiden, Pes Plano, Steatosis Hepatitis, Hyperurikämie, Adipositas und Diabetes mellitus. Er teilte mit, der Kläger nehme zur Behandlung der Diabetes das Medikament ..... ein. Eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme mit Stoffwechselüberwachung, Abklärung des Leberschades und strikter Diät sei aus hausärztlicher Sicht erforderlich und erfolgversprechend. In einer ärztlichen Bescheinigung für die Krankenkasse vom 10.05.2003 und einem Begleitschreiben für den Hausarzt vom 08.05.2003 bestätigte der Klinikarzt das Vorliegen einer Diabetes, degenerativer Wirbelsäulenveränderungen und einer Fettleber sowie die Durchführung folgender Therapien:

1. Immunmodulation durch A-Präparat

2. B-Präparat-Behandlung* (*Hömöopathika werden in Akupunkturpunkte injiziert),

3. Sauerstoff-Aktiv-Therapie,

4. Heilfasten,

5. Physikalische Behandlung mit manueller Therapie nach Dorn, Rückenteilmassage, Qi Gong, Autogenes Training, Wassergymnastik, Ergometertraining.

In einer ärztlichen Bescheinigung vom 29.09.2005 zur Vorlage beim Finanzamt bestätigte die X-Privatklinik, dass der Kläger Injektionen des Präparates A-Präparat erhalten habe, einem Immunmodulator aus der Gruppe der Biological Response Modifiers. Aufgrund einer anhaltenden Überforderungssituation sei bei dem Patienten eine Immundepression zu verzeichnen. Ferner sei die Behandlung wegen degenerativer Wirbelsäulenveränderung erfolgt. Auf den weiteren Inhalt des Schreibens wird verwiesen.

Durch einen Änderungsbescheid vom 16.11.2005 berücksichtigte das FA die von der Krankenkasse nicht erstatteten Aufwendungen für ärztliche Leistungen in Höhe von 707,46 EUR und in Höhe von 157,97 EUR für Laborkosten als weitere außergewöhnliche Belastung.

Unter Berufung auf ein Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 02. März 2006 11 K 2589/05 (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2006, 744) und das hierzu beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Verfahren III R 28/06 legten die Kläger dem FA ein am 16.08.2006 erstelltes amtsärztliches Attest vor. Dies lautet wie folgt:

"Es wird bei Herrn ........ die Notwendigkeit der durchgeführten Heilkur vom 21.04.2003 bis 10.05.2003 in der "X-Privatklinik" bescheinigt."

Das Einspruchsverfahren ruhte bis zum Ergehen des Urteils in dem o.a. Verfahren am 15. März 2007 (siehe Sammlung nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2007, 1841). Mit Einspruchsentscheidung vom 30.07.2008 hat das FA den Einspruch aber gleichwohl zurückgewiesen. Auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Hierauf haben die Kläger Klage erhoben. Sie begehren die Anerkennung weiterer Kuraufwendungen in Höhe von 3.094,22 EUR als außergewöhnliche Belastung (1.785,96 EUR Aufenthaltskosten, 895,82 EUR A-Präparate, 412,44 EUR Ergometertraining).

Die Kläger tragen vor, der Kläger habe die Kur auf Anraten seines Hausarztes angetreten, da er seit Jahren an Diabetes, Fettleber und degenerativen Wirbelsäulenveränderungen leide. Dies ergebe sich aus den Unterlagen seines Arztes. Er sei nicht davon ausgegangen, dass er als freiwillig Versicherter vor Kurantritt ein amtsärztliches Attest einholen müsse. Nach dem angeführten BFH-Urteil könne ein amtsärztliches Attest auch nach der Kur erstellt werden. Die Amtsärztin habe auf Grund der ihr vorgelegten Befunde keine Schwierigkeiten gehabt, im Nachhinein eine Kurnotwendigkeit festzustellen. Dass die A-Präparatbehandlung erfolgreich gewesen sei, ergebe sich aus den Untersuchungsergebnissen der Klinik.

Am 12.01.2009 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, in der das Gericht den Kläger darauf hingewiesen hat, dass aus dem nachträglich erstellten Attest nicht hervorgehe, welche Befunde und Laborwerte der Amtsärztin vorgelegen hätten. Zudem sei aus dem Attest nicht ersichtlich, zur Heilung oder Linderung welcher der beim Kläger vorhandenen Krankheitsbilder die Durchführung einer Kur für notwendig erachtet werde und welche Kurmaßnahmen im Einzelnen für erforderlich gehalten würden. Die Sache ist vertagt worden, um den Klägern Gelegenheit zu geben, ein ergänzendes amtsärztliches Attest einzuholen. Sie haben auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.

Die Kläger haben ein Schreiben der Amtsärztin vom 20.01.2009 vorgelegt, in dem diese ausführt, weitergehende Feststellungen als in dem Schreiben vom 16.08.2006 seien ihr hinsichtlich der im Jahr 2003 durchgeführten Kurmaßnahme nicht möglich. Der Kläger trägt vor, bei einer persönlichen Vorsprache habe die Amtsärztin erklärt, sie sei nicht bereit, ein ergänzendes Attest zu erstellen, da dies auf Grund des langen Zeitablaufs nicht mehr möglich sei.

Die Kläger beantragen,

weitere Aufwendungen in Höhe von 3.094,22 EUR als außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33 EStG zu berücksichtigen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA ist der Auffassung, dass auf ein vor Antritt der Kur erstelltes amtsärztliches Attest im Streitfall nicht verzichtet werden könne. Nach dem vom Kläger angeführten BFH-Urteil könne zwar ein nachträglich ausgestelltes Attest ausnahmsweise zum Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen für die Kur, die zum Teil wissenschaftlich umstrittenen Behandlungsmethoden und die Ausübung von Sport anerkannt werden. Dies gelte aber nur, wenn dem Amtsarzt an Hand objektiver Befunde eine nachträgliche Beurteilung des früheren Gesundheitszustandes möglich sei. Dies sei im Streitfall aber nicht ersichtlich.

Die Klage ist unbegründet.

Das FA hat zu Recht die im Klageverfahren noch streitigen Aufwendungen für die Kur in X nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG berücksichtigt.

I. Nach § 33 EStG wird, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes erwachsen, auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Aufwendungen sind in diesem Sinne zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen sich aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Der BFH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Krankheitskosten ohne Rücksicht auf die Art und Ursache der Erkrankung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, weil er sich ihnen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen kann. Bei Aufwendungen, die ihrer Art nach aber nicht unmittelbar und eindeutig der Heilung oder Linderung einer bestimmten Krankheit dienen und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist - wie z. B. den Kosten einer Kur(reise) oder der Behandlung mit einer wissenschaftlich umstrittenen Methode - verlangt der BFH grundsätzlich ein vor der Maßnahme ausgestelltes amtsärztliches Attest, aus dem sich die medizinische Notwendigkeit der betreffenden Maßnahme klar ergibt. Eine lediglich von dem behandelnden Arzt des Steuerpflichtigen ausgesprochene Empfehlung reicht nicht aus. Denn bei Kur(reisen) hat eine Abgrenzung der zwangsläufigen Aufwendungen für Heilkuren von den Aufwendungen für Erholungsreisen zur Erhaltung der Gesundheit und der Arbeitskraft - diese gehören zu den gemäß § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung - zu erfolgen. Aus dem vor Kurantritt auszustellenden amtsärztlichen Attest sollte sich ergeben, welche Erkrankung/en vorliegen, welche medizinischen Behandlung/en erforderlich sind, dass diese nicht am Wohnort erfolgen können, welche Dauer die Kur(reise) haben muss und welcher Ort als Kurort geeignet erscheint. Ein vor Durchführung einer Maßnahme erstelltes Gutachten hält der BFH im Regelfall deshalb für erforderlich, weil es den Finanzbehörden und auch den Finanzgerichten nicht möglich sei, ohne sachkundige und Unvoreingenommenheit verbürgende Unterstützung anhand objektiver Kriterien über die Notwenigkeit und damit über die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen zu entscheiden. Die Nachweise in dieser qualifizierten Form zu führen sei auch unverzichtbar, um die Inanspruchnahme ungerechtfertigter Steuervorteile zu Lasten der Allgemeinheit zu verhindern. Zudem ließen sich frühere Gegebenheiten im Nachhinein regelmäßig nicht oder jedenfalls nicht mehr zuverlässig feststellen (siehe BFH-Urteile vom 14.02.1980 VI R 218/77, BStBl II 1980, 295; vom 12.06.1991 III R 102/89, BStBl II 1991, 763; 08. Juli 1994, III R 48/93, BFH/NV 1995, 24 und vom 01. Februar 2001 III R 22/00, BStBl II 2001, 543 sowie Beschlüsse vom 15. November 2007 III B 205/06, BFH/NV 2008, 368 und vom 14. Dezember 2007 III B 178/06, BFH/NV 2008, 561).

Ein nachträglich erstelltes amtsärztliches Attest hat der BFH bisher nur in Ausnahmefällen genügen lassen.

Zum einen, wenn der Steuerpflichtige nicht in der Lage war, die Notwendigkeit einer vorherigen Begutachtung zu erkennen, weil der BFH erstmals ein derartiges Erfordernis für bestimmte Aufwendungen aufgestellt hat (vgl. BFH-Urteile vom 2. April 1998 III R 67/97, BStBl II 1998, 613; vom 01. Februar 2001 III R 22/00, BStBl II 2001, 543 und vom 21. April 2005 III R 45/03, BStBl II 2005). Im vorliegenden Fall dürfte dem fachkundigen Kläger die seit dem Jahr 1980 geltende Rechtsprechung des BFH zu Kur(reis)en sowie die darauf basierende Auffassung der Finanzverwaltung bekannt sein (siehe Abschnitt H 186 bis 189 des Einkommensteuerhandbuchs 2003, Stichwort: Kur).

Zum anderen hat der BFH in dem von den Klägern zitierten Urteil des BFH vom 15. März 2007 III R 28/06 (BFH/NV 2007, 1841; zum Fällen von Birken bei Vorliegen einer Birkenpollenallergie) ein nachträglich erstelltes amtsärztliches Attest zum Nachweis der medizinischen Indikation einer Maßnahme ausnahmsweise dann ausreichen lassen, wenn der frühere Gesundheitszustand aufgrund von vorher erhobenen apparatemedizinischen Befunden zuverlässig beurteilt werden könne. Ein nachträgliches Attest ist hiernach dann zu berücksichtigen, wenn der Amtsarzt nicht lediglich auf vorherige subjektive Beurteilungen anderer behandelnder Ärzte und des Steuerpflichtigen zurückgreift kann, sondern wenn ihm objektive Untersuchungsergebnisse (Lungenfunktionstests, Blutwerte, Röntgen-, Ultraschallbilder etc.) vorgelegt werden, auf Grund derer er die medizinische Notwendigkeit einer Maßnahme im Nachhinein sicher beurteilen kann. Einschränkend hat der BFH allerdings ausgeführt, entgegen der Rechtsauffassung des 11. Senats des Finanzgerichts sei ein vorheriges amtsärztliches Gutachten keinesfalls grundsätzlich entbehrlich. Nur wenn ein nachträglich erstelltes Gutachten des Amtsarztes ausnahmsweise einem vor Durchführung einer Maßnahme erstellten gleich zu erachten sei, könne darauf verzichtet werden. Zudem liege im Streitfall die Notwendigkeit der Beseitigung von Birken in der unmittelbaren Umgebung einer nachweislich gegen Birkenpollen allergischen Person auf der Hand. In seinem Beschluss vom 14. Dezember 2007 III B 178/06 ( BFH/NV 2008, 561, zur Anschaffung von Allergiebettzeug) hat der BFH seine Rechtsprechung bestätigt, aber noch einmal betont, dass ein nachträglich erstelltes Attest geeignet sein müsse, die medizinische Notwendigkeit der Maßnahme nachzuweisen.

II. Im vorliegenden Fall wurde die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen nicht durch ein vor Kurantritt ausgestelltes amtsärztliches Attest nachgewiesen. Es liegen lediglich eine hausärztliche Bescheinigung vom 20.03.2003, Bescheinigungen der Privatklinik - sie erzielt ihre Einnahmen aus Kuren - sowie ein nachträgliches amtsärztliches Attest vom 16.08.2006 und ein ergänzendes Schreiben der Amtsärztin vom 20.01.2009 vor.

Dem auf Anforderung des FA beigebrachten nachträglich ausgestellten amtsärztlichen Attest kann nicht entnommen werden, ob der Amtsärztin apparatemedizinische Befunde vorgelegt wurden, an Hand derer es ihr möglich war, den Gesundheitszustand der Klägers in 2003 und die medizinische Notwendigkeit der absolvierten Kur rückwirkend objektiv zu begutachten. Zu einem ergänzenden Attest sieht sich die Amtsärztin nach dem Vortrag des Klägers wegen des langen Zeitablaufs (leider) nicht in der Lage.

Das nachträgliche erstellte Attest kann einem vor der Kur eingeholten Attest aber auch deshalb nicht gleich gestellt werden und ist nicht geeignet, die medizinische Notwendigkeit der durchgeführten Kur nachzuweisen, weil nicht erkennbar ist, dass sich die Amtsärztin überhaupt mit dem Gesundheitszustand des Klägers und der durchgeführten Kur auseinandergesetzt hat. Sie hat sich nicht dazu geäußert, welche Erkrankung/en des Klägers eine Kur(reise) erforderte/n und welche Therapie/n zur Linderung oder Heilung notwendig war/en. An ein nachträglich erstelltes amtsärztliches Attest können inhaltlich aber keine anderen Anforderungen gestellt werden als an ein vor Kurantritt erstelltes. Hierauf hat der BFH in seinem Urteil vom 15. März 2007 II R 28/06 (a.a.O) - wie bereits ausgeführt wurde - ausdrücklich hingewiesen.

Die medizinische Notwendigkeit der Kur(reise) und der dort durchgeführten Maßnahmen liegt auch nicht auf der Hand. Denn viele der von der Privatklinik in Rechnung gestellten Leistungen hätten ebenso von Ärzten, Diätberatern, Physiotherapeuten, Masseuren und Fitnesstrainern am Wohnort des Klägers oder in unmittelbarer Umgebung erbracht werden können. Zudem dienten die durchgeführten Maßnahmen zu einem großen Teil auch der Erholung, Gesundheitsvorsorge und körperlichen Ertüchtigung (Fastenkur im Frühjahr, Autogenes Training, Qi Gong, Massagen, Wassergymnastik, Ergometertraining). Reisen, die diese Maßnahmen beinhalten, werden von Reiseveranstaltern - in Spezialkatalogen - als Kururlaub oder Wellnessurlaub angeboten. Ob die Behandlung mit A-Präparat oder die B-Präparatbehandlung zur Behandlung einer oder mehrerer Krankheitsbilder des Klägers medizinisch erforderlich waren, vermag das Gericht nicht zu beurteilen. Dagegen spricht, dass die X-Privatklinik in ihrem Internetauftritt empfiehlt, (alle) Menschen über 40 sollten mit A-Präparat ihr Immunsystem stärken und die Organfunktionen regulieren. Die angewendete B-Präparat Behandlung wird u.a. Freizeitgolfern zur Vitalisierung aller 17 Problembereiche des Körpers (Herz, Gelenke, Muskeln, Gehirn, Prostata, Lunge, Venen etc.) empfohlen, und es werden die "Erlebnis-Wochen Gesundheit und Golf" angeboten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Ende der Entscheidung

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