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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 27.10.2006
Aktenzeichen: 18 V 3174/06 A(U)
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 2 S. 2
FGO § 69 Abs. 3
AO 1977 § 146 Abs. 1
AO 1977 § 158
AO 1977 § 162 Abs. 2 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

18 V 3174/06 A(U)

Tenor:

Die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 2004 vom 29.6.2006 sowie der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für das 2. Quartal 2005 vom 23.6.2006 und für das 3. Quartal 2005 vom 30.6.2006 wird vorläufig bis einen Monat nach Ergehen der Einspruchsentscheidung in Höhe von 472,- EUR (Umsatzsteuer 2004), in Höhe von 728,31 (Umsatzsteuer 2. Quartal 2005) sowie in Höhe von 11.472,50 EUR (Umsatzsteuer 3. Quartal 2005) ausgesetzt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt 60%, der Antragsgegner 40% der Kosten des Verfahrens.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe:

Die Antragstellerin, eine GmbH, deren Alleingesellschafterin zugleich die Geschäftsführerin war, betrieb in den Jahren 2004 und 2005 verschiedene Sonnenstudios. Ab Oktober 2003 unterhielt sie ein Studio in"A", "B"str., welches sie im Januar 2005 veräußerte. Des Weiteren unterhielt sie ab Februar 2005 ein Studio in "C", "D", sowie im Jahre 2005 ein weiteres Studio in der "E"straße. Die Antragstellerin leaste Sonnenbänke. Die Vermittlung der Leasingverträge erfolgte über Verkaufsagenturen.

Bei einer Umsatzsteuersonderprüfung für die Jahre 2004 und die Voranmeldungszeiträume Januar bis September 2005 stellte die Prüferin (u.a.) fest: Ein Konto der Antragstellerin bei der Sparkasse war nicht Bestandteil der vorgelegten Buchführung. Gutschriften auf diesem Konto in Form von unbaren Zahlungen sind nicht als Umsätze der Antragstellerin erfasst worden. Für die Studios wurde in der Buchführung eine gemeinsame Kasse erstellt. Die Einzahlungen auf das Konto bei der Sparkasse überstiegen die in der Buchführung vermerkten Entnahmen aus der Kasse. Bei Berücksichtigung der erhöhten Entnahmen weist die Kasse in den Jahren 2004 und 2005 Fehlbeträge in einer Größenordnung von bis zu 36.800,- EUR aus. In 2004 wurden tageweise Einnahmen nicht erfasst. Tagesendsummenbons wurden im Jahre 2005 nicht täglich erzeugt. Erlöse aus dem Studio "D" in"C", welches am 26.2.2005 eröffnet wurde, wurden erst ab dem 15.3.2005 gebucht.

Die Kassenbuchführung sah weder Lohnbuchungen für die Geschäftsführerin, die zugleich Alleingesellschafterin der Antragstellerin war, noch für Dritte vor, obwohl es sich ausweislich der Akten der Antragsgegnerin - des Finanzamts - um die einzige Einnahmequelle der Alleingesellschafterin handelte. Zudem wiesen die monatlichen Einnahmen für das Studio in "A" erhebliche Schwankungen auf, obwohl der monatliche Stromverbrauch im Wesentlichen gleich blieb. Die Prüferin kam zu dem Ergebnis, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei und kalkulierte den Umsatz aus den Sonnenbänken auf der Basis eines Bruttoerlöses von 1,85 EUR pro kWh. Als Schätzungsgrundlage diente dabei der von der Antragstellerin angemeldete Umsatz für den Monat Januar 2004. Unter Zugrundelegung des anhand der Rechnungen für das Jahr 2004 und den Monat Januar 2005 ermittelten Stromverbrauchs für das Sonnenstudio in "A" ergab sich ein Erlös je kWh von 1,44 EUR, welcher unterhalb des Durchschnittswerts laut Richtsatzsammlung lag. Da eine Kalkulation für die Studios "D" und "B"straße mangels Vorlage der Stromrechnungen nicht möglich war, schätzte die Prüferin die Umsätze in Anlehnung an die Kalkulation für das Studio in "A" mit monatlich 15.000,- EUR netto je Sonnenstudio. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Anlage 2 zum Prüfungsbericht vom 2.5.2006 Bezug genommen. Ausweislich des Prüfungsberichts konnte die Antragstellerin während der Prüfung keine Aufzeichnungen, Preislisten, Handzettel oder Ähnliches vorlegen, anhand derer die Umsätze beziehungsweise Laufzeiten der Geräte festgestellt werden konnten. Die Prüferin stellte jedoch fest, dass das während der Prüfung im Jahre 2005 aktuelle Angebot für Besonnungen ausweislich der Fensterbeschriftung des Sonnenstudios "D" "ab 4,99 EUR für bis zu 1/2 Stunde" lautete.

Die Umsätze aus den Tageseinnahmen erhöhte die Prüferin um bereits verbuchte Umsätze aus Hilfs- und Nebengeschäften sowie um weitere bisher nicht verbuchte Umsätze und kürzte diverse Vorsteuerbeträge.

Dabei stellte die Prüferin hinsichtlich der nicht verbuchten Umsätze unter anderem fest, dass die Antragstellerin seit dem 1.8.2005 über die Fa. "F" eine Bistroeinrichtung im Wert von netto 34.000,- EUR leaste. Lieferant der Bistroeinrichtung sollte die "G" GmbH mit Sitz in sein. Am 23.8.2005 wurde dem Betriebskonto der Antragstellerin ein Betrag in Höhe von 34.800,- EUR gutgeschrieben, welcher bisher nicht als Umsatz, sondern als Einlage des Hr."H", des Ehemanns der Alleingesellschafterin, erfasst worden ist. Ausweislich der Kontounterlagen handelte es sich hierbei um eine Scheckzahlung seitens der "G" GmbH, die dem Betriebskonto der Antragstellerin gutgeschrieben worden ist .

Die Prüferin vertrat daraufhin die Ansicht, dass es sich bei der Zahlung der "G" GmbH um ein Entgelt für einen Leistungsaustausch in Form der Veräußerung der Bistroeinrichtung seitens der Antragstellerin an die "G" GmbH mit anschließender Rückvermietung durch die "F" GmbH (im sog. SaleandLease BackVerfahren) handele und erhöhte die Umsätze für den Voranmeldungszeitraum 3. Quartal 2005 um 30.000, EUR.

Des Weiteren stellte die Prüferin bezüglich der geleasten Sonnenbänke fest, dass verschiedene Leasingsonderzahlungen nicht von der Antragstellerin, sondern von zwischengeschalteten Verkaufsagenturen beziehungsweise Leasingvermittlern (im folgenden: Händlern) bezahlt worden sind und die Antragstellerin die Leasingsonderzahlungen als erhaltene Rabatte verbucht hatte. Die Prüferin kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Zahlungen entweder um steuerpflichtige Umsätze der Antragstellerin aus Provisionen, die für das Zustandekommen des Geschäftsabschlusses gezahlt wurden, oder um unechte Zuschüsse (Entgelt von dritter Seite) handle. Sie erhöhte die Umsätze für das Jahr 2004 um 2.950,- EUR sowie die Umsätze für die Voranmeldungszeiträume 2. Quartal 2005 (um 4.889,44 EUR) und 3. Quartal 2005 (um 41.703,10 EUR)

Der Antragsgegner - das Finanzamt - änderte entsprechend den Feststellungen der Prüferin den Umsatzsteuerbescheid 2004 sowie die Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume 1. bis 3. Quartal 2005.

 Mehrsteuern Umsatzsteuer 2004:22.842,69 EUR
Mehrsteuern 1. Quartal 2005:9.849,92 EUR
Mehrsteuern 2. Quartal 2005:5.151,13 EUR
Mehrsteuern 3. Quartal 2005:8.200,33 EUR
Insgesamt:46.044,07 EUR

Insgesamt ergaben sich dabei folgende Mehrsteuerbeträge:

Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein, über den bisher noch nicht entschieden wurde. Auf Antrag setzte das Finanzamt die Vollziehung der angefochtenen Bescheide teilweise aus, indem es im Rahmen der Nachkalkulation für den Zeitraum 2004 und Januar 2005 einem Bruttoerlös von 1,44 EUR je kWh berücksichtigte und für die Monate ab Februar 2005 bezüglich der geschätzten Tageseinnahmen einen Abschlag von 15% berücksichtigte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berechnung des Finanzamts vom 21.07.2006 für Zwecke der Aussetzung Bezug genommen.

Unter Berücksichtigung der bisher ausgesetzten Beträge verbleiben folgende Mehrsteuern aufgrund der (geänderten) Bescheide:

 Umsatzsteuer 2004:15.674,70 EUR
Umsatzsteuer 1. Quartal 20058.801,95 EUR
Umsatzsteuer 2. Quartal 20054.138,63 EUR
Umsatzsteuer 3. Quartal 20056.512,83 EUR
insgesamt:35.128,11 EUR

Mit ihrem bei Gericht gestellten Antrag begehrt die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide und führt zur Begründung aus: Es bestehe kein Anlass für eine Schätzung. Die Buchführung sei formell ordnungsgemäß. Dem Finanzamt sei die gesamte Buchführung überlassen worden. Die Kasse sei täglich geführt worden, es seien die Endsummen eingetragen worden und die Einzelaufzeichnungen aufbewahrt worden. Zudem habe sie dem Finanzamt hinsichtlich der Sonnebänke Preislisten und Kalkulationen zur Erlösermittlung vorgelegt.

Selbst wenn die Buchführung nicht formell ordnungsgemäß sei, folge hieraus allein noch nicht die Berechtigung zu einer Schätzung, weil auch eine formell ordnungswidrige Buchführung sachlich richtig sein könne. Die Kalkulationsmethode, die das Finanzamt bei der Berechnung der Steuer verwandt habe, führe zu unangemessenen Ergebnissen, weil die Prüferin von dem höchsten nach der Buchführung erzielten Erlös pro kWh Stromverbrauch (Januar 2004) ausgegangen sei. Dieser Wert sei für eine Kalkulation nicht geeignet, weil die Kunden Chipkarten ähnlich einer Kreditkarte verwenden würden. Im Monat Januar hätte jedoch der größte Teil der Kundschaft sich durch Zahlung eines beliebigen Betrags einen derartigen Kredit verschafft, der dann in den Folgemonaten aufgebraucht worden sei. Bei einem Bruttoerlös von 1,44 EUR pro KW würde bei einer Stromaufnahme der Geräte von durchschnittlich 14 kW/h, welcher dem Finanzamt bekannt sei, ein Preis pro Stunde von 20,16 EUR erreicht. Dies treffe jedoch nicht zu, zumal sie von den Kunden maximal 4,99 EUR pro halbe Stunde verlangt habe. Eine weitere Beweisführung sei ihr zurzeit nicht möglich, weil geeignetes Beweismaterial vom Finanzamt für Steuerstrafsachen beschlagnahmt worden sei

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 2004 vom 29.6.2006 sowie der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für das 1. bis 3. Quartal 2005 in vollem Umfang auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Das Finanzamt führt ergänzend und vertiefend aus: Die Hinzuschätzung sei dem Grunde nach gerechtfertigt, weil keine ordnungsgemäße Buchführung vorliege. Die Vorgänge des Bankkontos seien nicht gebucht worden. Kasseneinnahmen und Tagesendsummenbons fehlten, so dass keine Kassensturzfähigkeit bestehe. Die Kasse weise erhebliche Fehlbeträge aus. Ein Vergleich des Stromverbrauchs mit den erklärten Umsatzerlösen (Zeitreihenvergleich) ergebe erhebliche Abweichungen, die durch das Ergebnis des durchgeführten Chi-Tests bestätigt würden, weil eine gleichmäßige Verteilung der Ziffern nicht vorliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des Umsatzsteuersonderprüfungsberichts, auf den Inhalt des vom Antragsgegner eingereichten Prüfungsordner (Band 1) sowie die Schriftsätze der Beteiligten im Aussetzungsverfahren Bezug genommen.

II. Der Antrag hat teilweise Erfolg.

1. Das Gericht hat den Antrag dahingehend ausgelegt, dass die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide insoweit begehrt, als die Festsetzungen auf den von der Prüferin getroffenen Feststellungen beruhen.

2. Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 S. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit aussetzen. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Dabei brauchen die Tat- und Rechtsfragen nicht abschließend geprüft zu werden (BFH-Urteil vom 4.5.1977 I R 162-163/76, BStBl. II 1977, 765). Denn das summarische Verfahren ist abgekürzt und vereinfacht. Wegen der Eilbedürftigkeit des Aussetzungsverfahrens findet eine Beschränkung der Sachverhaltsprüfung auf den Akteninhalt der Finanzbehörde und auf präsente Beweismittel statt; weiter gehende Sachverhaltsermittlungen des Gerichts sind nicht geboten (BFH-Beschluss vom 21.07.1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 16).

3. Diesen Maßstab zugrundegelegt bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Umsatzsteuervorauszahlungsbescheids für das 3. Quartal 2005 im Hinblick auf den Ansatz eines Umsatzerlöses in Höhe von 30.000,- EUR, welcher nach Ansicht des Finanzamts aus der Veräußerung einer Bistroeinrichtung durch die Antragstellerin resultieren soll. Im Rahmen der summarischen Prüfung kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Bistroeinrichtung durch die Antragstellerin veräußert worden ist, weil der Antragsgegner insoweit selbst vermerkt hat, eine Rückfrage bei der "G" GmbH habe ergeben, dass die Zahlung zur Begleichung einer Rechnung der Firma "I" geleistet worden ist. Zudem war Geschäftsführer einer "I" GmbH mit Sitz in (vergleiche Handelsregisterauszug HRB 17002, Amtsgericht ) im fraglichen Zeitraum der Ehemann der Alleingesellschafterin. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Veräußerung der Bistroeinrichtung an die "G" GmbH durch die Firma "I" GmbH erfolgte, und demzufolge ist nicht ausgeschlossen, dass der Veräußerungserlös auf das betriebliche Konto der Antragstellerin - als Einlage - gezahlt worden ist.

Insoweit mindern sich die Umsatzerlöse für den Voranmeldungszeitraum 3. Quartal 2005 um 30.000,- EUR.

4. Es bestehen ebenfalls ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Umsatzsteuerbescheids 2004 sowie der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für das 2. und 3. Quartal 2005, soweit das Finanzamt annimmt, es handle sich bei den von den Händlern geleisteten Leasingsonderzahlungen um ein provisionsähnliches Entgelt bzw. um einen unechten Zuschuss für eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung der Antragstellerin. Es ist bereits nicht ersichtlich, welche Leistung der Antragstellerin dem als erhaltenen Rabatt verbuchten Beträgen konkret zugrunde liegen sollte. Die (in Betracht kommende) bloße Weitergabe der den zwischengestalteten Gesellschaften zustehenden Provisionen gegenüber den Herstellern an den Kunden stellt jedenfalls keinen Leistungsaustausch zwischen der Antragstellerin und dem Händler dar (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14. April 1983 V B 28/81, BStBl. II 1983, 393; Abschnitt 151 Absatz 3 Beispiel 2 der Umsatzsteuerrichtlinie -UStR). Diesbezüglich mindern sich für Aussetzungszwecke die Umsatzerlöse für das Jahr 2004 um 2.950,- EUR, für das 2. Quartal 2005 um 4.889,44 EUR sowie für das 3. Quartal 2005 um 41.703,10 EUR.

5. Keine ernstlichen Zweifel bestehen dagegen an der Rechtmäßigkeit des Umsatzsteuerbescheids 2004 sowie der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für das 1. bis 3. Quartal 2005, soweit das Finanzamt Zuschätzungen wegen Buchführungsmängeln vorgenommen hat.

a. Der Senat geht davon aus, dass das Finanzamt dem Grunde nach zur Schätzung berechtigt war, weil die Buchführung der Besteuerung nicht zu Grunde gelegt werden konnte (§§ 162 Abs. 2 S. 2, 158 AO).

Gemäß § 146 Abs. 1 AO sind Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Dabei sollen Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festgehalten werden. Das tägliche Festhalten der Kasseneinnahmen und Kassenausgaben soll gewährleisten, dass ein Buchsachverständiger jederzeit durch einen Kassensturz den festgehaltenen Istbestand mit dem Sollbestand laut Kassenbuchführung abgleichen kann (sog. "Kassensturzfähigkeit").

Im Streitfall bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Antragstellerin - den Feststellungen der Prüferin entsprechend - in den Jahren 2004 und 2005 entgegen § 146 Abs. 1 AO die Kasseneinnahmen nicht täglich (und nicht vollständig) festgehalten hat.

Zwar trägt die Antragstellerin vor, sie habe die Kasse tageweise geführt. Dies ergebe sich auch aus der dem Finanzamt überlassenen Buchführung. Der Senat folgt jedoch bei summarischer Prüfung den Feststellungen der Prüferin, auch wenn die Buchführungsunterlagen der Antragstellerin dem Gericht selbst nicht vorliegen. Denn die Prüferin hat die von der Antragstellerin aufgezeichneten Kassenbeträge, wie dem vom Finanzamt überlassenem Prüfungsordner zu entnehmen ist, zunächst tageweise aufgelistet und anschließend die Tage beziehungsweise Zeiträume, an denen keine Aufzeichnungen erfolgten, konkret benannt. Ein Sorgfaltsverstoß, der zu einem Übersehen von Aufzeichnungen geführt haben könnte, liegt insoweit fern.

Bereits dieser Verbuchungsmangel begründet eine Schätzungsbefugnis, weil die ordnungsgemäße Kassenbuchführung für den Betrieb der Antragstellerin, die ihre Einnahmen überwiegend im Barverkehr erzielt, wesentlich ist und die Verstöße damit zu begründeten Zweifeln an der sachlichen Richtigkeit der durch die Kassenbuchführung ermittelten Einnahmen und Umsätze führt.

Darüber hinaus weist die Buchführung der Antragstellerin weitere gewichtige Verstöße gegen das Gebot der Vollständigkeit und Richtigkeit der Buchführung (im Sinne des § 146 Abs. 1 Satz 1 AO) auf, die ungeachtet der vorherigen Verstöße zur Schätzung berechtigen würden. Denn das betriebliche Konto war nicht Bestandteil der Buchführung der Antragstellerin. Des Weiteren bestehen erhebliche Differenzen zwischen den Einzahlungen auf dem betrieblichen Konto und den zum Zwecke der Einzahlung entnommenen und verbuchten Kassenbeträgen. So übersteigen die Einzahlungen auf dem betrieblichen Konto die im zeitlichen Zusammenhang mit den Einzahlungen verbuchten Kassenentnahmen erheblich. Legt man den Einzahlungen auf dem Bankkonto entsprechende aus der Kasse entnommene Beträge zugrunde, so führt dies zu erheblichen Kassenfehlbeträgen. Eine anderweitige Mittelherkunft für die Einzahlungen auf dem Bankkonto als die aus der Tätigkeit der Antragstellerin ist jedoch nicht ersichtlich und wurde auch nicht dargetan. In Anbetracht dessen ist, weil die Antragstellerin ihre Einnahmen größtenteils im Barverkehr erzielt, davon auszugehen, dass Bareinnahmen im beträchtlichen Umfang nicht verbucht worden sind, so dass auch aus diesem Grunde ernstliche Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Buchführung bestehen.

b. Ernstliche Zweifel an der Höhe der Schätzung bestehen nicht. Die vom Finanzamt für Aussetzungszwecke kalkulierten Umsatzerlöse liegen innerhalb des zulässigen Schätzungsrahmens. Der dabei vom Finanzamt verfolgte methodische Ansatz, den Bruttoerlös je kWh anhand der Buchführungsunterlagen der Antragstellerin zu ermitteln und bei der Kalkulation von dem höchsten auf diesem Wege ermittelten Wert auszugehen, ist plausibel. Zwar weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass wegen der Möglichkeit, Guthaben auf die Chipkarten zu laden, kein zwingender zeitlicher Zusammenhang zwischen den Erlösen und dem Stromverbrauch bestehen muss. Entscheidend ist aber, ob sich bei der Ermittlung von Durchschnittswerten auf Monatsbasis entsprechende Verschiebungen auch auf die monatlichen Umsatzerlöse auswirken. Bei summarischer Prüfung lässt sich dies nicht feststellen. Es ist auch nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund sich das Aufladen der Chipkarten mit einem Guthaben, dessen Höhe zudem im Belieben des Kunden steht, nach dem Vortrag der Antragstellerin nur auf drei Monate (Januar, Mai und Juni) beschränken soll. Vielmehr liegt es auch in Anbetracht des monatlichen Stromverbrauchs im Zeitraum Januar 2004 bis Januar 2005, welcher im wesentlichen gleich bleibt, nahe, dass ein Aufladen der Chipkarten laufend und ohne einen Schwerpunkt auf bestimmte Monate erfolgte.

Dabei liegt der vom Finanzamt der Aussetzung zugrundegelegte Wert von 1,44 EUR je kWh innerhalb der Vergleichswerte aus der Richtsatzkartei. Der Einwand der Antragstellerin, dass bei einem Bruttoerlös von 1,44 EUR je kWh und einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 14 kWh ein Erlös von 20,16 EUR zu erzielen sei, die Antragstellerin jedoch maximal 4,99 EUR von den Kunden verlangt habe, steht dem nicht entgegen. Selbst wenn man für das summarische Verfahren den Angaben der Antragstellerin folgend einen durchschnittlichen Stromverbrauch der Sonnenbänke von 14 kWh unterstellt, spricht dies nicht dafür, den geschätzte Bruttoerlös im konkreten Fall als unzutreffend anzusehen. Denn ausweislich der Prüfungsfeststellungen hat die Antragstellerin Besonnungen ab einem Preis von 4,99 EUR bis zu einer halben Stunde angeboten. Da es sich hierbei um das günstigste Angebot handelte, welches sich - auch in Anbetracht der langen Bräunungsdauer von maximal einer halben Stunde - in der Regel nur auf die Benutzung von Sonnenbänken bezieht, die eine geringere Bräunungsleistung und demnach einen unter dem Durchschnitt liegenden Stromverbrauch aufweisen, erscheint auch der von der Antragstellerin angegebene Erlös von 20,16 EUR je Betriebsstunde bei einem unterstellten Stromverbrauch der Sonnebänke von durchschnittlich 14 kWh als nicht von vornherein unrealistisch.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der Beschwerde sind nicht ersichtlich (§§ 128 Abs.3, 115 Abs.2 FGO).

Ende der Entscheidung

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