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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.01.2009
Aktenzeichen: 2 K 4056/08 StB
Rechtsgebiete: StBerG
Vorschriften:
StBerG § 39 Abs. 2 |
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand:
Der Beklagte ließ den im Jahre 1934 geborenen Kläger antragsgemäß zur Steuerberaterprüfung 2008 zu und forderte ihn auf, die Prüfungsgebühr bis zum 1.8.2008 zu entrichten. Gleichzeitig wies der Beklagte darauf hin, dass es als Verzicht auf die Zulassung zur Prüfung nach § 39 Abs. 2 S. 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) gelte, wenn der Kläger die Prüfungsgebühr nicht rechtzeitig entrichte, und dass dem Kläger nach § 39 Abs. 2 S. 4 StBerG die Hälfte der Prüfungsgebühr erstattet werde, wenn er nach dem 1.8.2008 von der Prüfung zurück trete. Der Kläger überwies am 14.7.2008 die Prüfungsgebühr in Höhe von 1.000 EUR. Die schriftlichen Prüfungen fanden ab dem 7.10.2008 statt.
Mit Fax vom 6.10.2008 teilte der Kläger mit, dass er wegen gesundheitlicher Probleme von der Prüfung zurück trete, und beantragte die Erstattung der Gebühr. Der Beklagte teilte am selben Tage mit, dass er die Gebühr in Höhe von 500 EUR erstatten werde; eine volle Erstattung sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Der Kläger erwiderte, damit sei er nicht einverstanden.
Mit Bescheid vom 13.10.2008 lehnte der Beklagte die Erstattung der vollen Prüfungsgebühr ab. Gegen die Ablehnung erhob der Kläger Klage. Er trägt vor, er habe sich am 6.10.2008 nach einem Sturz eine Platzwunde am Kopf zugezogen, weshalb er an der Prüfung nicht habe teilnehmen können. Es könne nicht sein, dass er die hälftige Gebühr ohne Gegenleistung zahlen bzw. für die Prüfung anderer bezahlen müsse. Sofern das StBerG für den Rücktritt im Krankheitsfalle keine vollständige Erstattung vorsehe, so sei dies verfassungswidrig. Die Festlegung des Zeitpunkts im Sinne des § 39 Abs. 2 S. 4 StBerG auf den 1.8.2008 verstoße gegen Treu und Glauben ( § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB). Weiterhin verweist der Kläger auf § 5 der Abgabenordnung (AO), den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den Gleichbehandlungsgrundsatz, das Umsatzsteuergesetz sowie den Anwendungserlass zu § 88 AO ( AEAO). Schließlich sehe § 40 Abs. 2 Nr. 3 StBerG vor, dass die Bestellung zu versagen sei, wenn der Bewerber aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend unfähig sei, den Beruf des Steuerberaters auszuüben. Hätte er die Steuerberaterprüfung bestanden, so wäre zu erwarten gewesen, dass die Steuerberaterkammer seine Bestellung später oder auch sofort wegen seines Alters bzw. Gesundheitszustands wieder entziehen würde.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 13.10.2008 zu verpflichten, weitere 500,00 EUR an den Kläger zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf § 39 Abs. 2 StBerG. Es könne dahin gestellt bleiben, ob der Kläger tatsächlich prüfungsunfähig erkrankt gewesen sei oder nicht. Alle Rücktrittsfälle kämen unterschiedslos in den Genuss der hälftigen Erstattung der Prüfungsgebühr. Damit werde der Aufwand ausgeglichen, der bei der Prüfungsbehörde für die vergebliche Vorbereitung der schriftlichen Prüfung bezüglich der zurückgetretenen Kandidaten angefallen sei. Diesen vergeblichen Aufwand hätten auch die erkrankten Kandidaten mitverursacht. Deshalb sei es nicht unangemessen, diesen Personenkreis ebenfalls zu belasten.
Das Gericht hat mit Gerichtsbescheid vom 19.11.2008 die Klage abgewiesen. Der Kläger hat dagegen rechtzeitig den Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf die Erstattung der vollen Prüfungsgebühr zu. § 157a Abs. 1 i.V.m. § 39 Abs. 2 S. 3 StBerG bestimmt, dass im Falle eines Rücktritts bis zu dem von der obersten Landesbehörde bestimmten Zeitpunkt die Gebühr nicht erhoben wird. Der Beklagte hat diesen Zeitpunkt auf den 1.8.2008 festgelegt. § 39 Abs. 2 S. 4 StBerG sieht im Falle des Rücktritts bis zum Ende der Bearbeitungszeit für die letzte Aufsichtsarbeit die Erstattung der Hälfte der Gebühr vor. Der Rücktritt erfolgte nach dem 1.8.2008, aber vor dem Ende der Bearbeitungszeit für die letzte Aufsichtsarbeit. Somit hat der Beklagte zu Recht nur die Hälfte der Prüfungsgebühr erstattet. Das Gesetz sieht keine Ausnahmen von diesem Grundsatz vor, auch nicht für den Fall des krankheitsbedingten Rücktritts.
2. Diese Regelung ist nicht verfassungswidrig.
a) Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass eine Gebühr eine Gegenleistung für die tatsächliche Inanspruchnahme einer öffentlich-rechtlichen Leistung ist (zum Begriff: Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 3 AO Rn. 19 ff.). Dem Kläger ist jedoch nicht darin zu folgen, dass er eine Gebühr ohne entsprechende Leistung zahlen müsse. Denn die Prüfungsgebühr wird nicht nur für die eigentliche schriftliche und mündliche Prüfung erhoben, sondern auch für die Prüfungsvorbereitung, die Aufwand verursacht. Im Streitfall liegt mithin die Leistung der Verwaltung, für die die Gebühr erhoben wird, in den Vorbereitungsarbeiten für die Steuerberaterprüfung.
b) Die gesetzliche Regelung differenziert nicht nach dem genauen Rücktrittszeitpunkt oder dem Rücktrittsgrund. Es kommt also insb. nicht darauf an, dass der Aufwand üblicherweise bei einem Rücktritt vor Beginn der Aufsichtsarbeiten geringer als bei einem Rücktritt nach Beginn der Aufsichtsarbeiten ist. Darin liegt eine vom Gesetzgeber gewollte Typisierung und Pauschalierung, die unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität und aus systematischen Überlegungen gerechtfertigt ist.
Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe für die Prüfung des Verhältnisses zwischen Gebühr und Aufwand ergeben sich aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, dem allgemeinen Gleichheitssatz ( Art. 3 Abs. 1 GG) und den Bestimmungen über die bundesstaatliche Finanzverfassung. Bei der Ausgestaltung und insb. der Bemessung der Gebühr kommt dem Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu, der hins. der Regelung über die teilweise Erstattung der Steuerberatergebühr im Rücktrittsfalle nicht überschritten ist. Eine Gebührenbemessung ist verfassungsrechtlich dann nicht mehr sachlich gerechtfertigt, wenn sie in einem "groben Missverhältnis" zu den verfolgten legitimen Gebührenzwecken steht. In erster Linie ist es die Entscheidung des Gesetzgebers, welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er für eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung aufstellt und ggf. welche über die Kostendeckung hinausreichenden Zwecke er mit einer Gebührenregelung anstrebt. Bei der Ordnung der Gebührenerhebung und Gebührenbemessung ist der Gesetzgeber daher berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild zu erfassen. Er darf generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, die verlässlich und effizient vollzogen werden können ( BVerfG-Urteil vom 19.3.2003 2 BvL 9-12/98, BVerfGE 108, 1 m.w.N.).
Eine solche zulässige Typisierung und Pauschalierung liegt im Streitfall vor. Es handelt sich allerdings um eine sehr weitgehende Pauschalierung, da im Falle eines Rücktritts von dem von der Prüfungsbehörde zu bestimmenden Zeitpunkt an bis zum Ende der Bearbeitungszeit der letzten Aufsichtsarbeit, unabhängig von der Höhe des konkret entstandenen Aufwands, immer die Hälfte der Prüfungsgebühr einbehalten wird. Diese Regelung muss in dem Sachzusammenhang mit den Rücktrittsvorschriften (§ 21 der Durchführungsverordnung zum Steuerberatungsgesetz - DVStB) gesehen werden, die ebenfalls bis zum Ende der Bearbeitungszeit der letzten Aufsichtsarbeit einen Rücktritt zulassen. Im Vergleich zu anderen Prüfungsordnungen handelt es sich dabei um eine außergewöhnlich großzügige Regelung, die den Rücktritt nicht von bestimmten Rücktrittsgründen abhängig macht. Die zuständige Behörde muss aus diesem Grund im Falle eines Rücktritts nicht prüfen, warum der Kandidat zurück tritt. Dadurch bleiben der Behörde u.U. aufwendige Feststellungen zum Rücktrittsgrund erspart. Der Beklagte brauchte dementsprechend im Streitfall nicht zu prüfen, ob der Kläger erkrankt war. Darauf kommt es nach dem Gesetz nicht an. Mit den großzügigen Rücktrittsregelungen korrespondiert die Erstattungsregelung in § 39 Abs. 2 S. 4 StBerG, die ebenfalls nicht nach dem Zeitpunkt des Rücktritts - vor oder nach Beginn der Prüfungsarbeiten - oder dem Rücktrittsgrund differenziert ist. Diese Regelung ist somit vor dem systematischen Hintergrund der Rücktrittsvorschriften durchaus konsequent und folgerichtig.
3. Die übrigen vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkte führen zu keiner anderen Entscheidung.
a) Der Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB) bringt regelmäßig keine öffentlich-rechtlichen Ansprüche zum Entstehen oder zum Erlöschen. Er hat allenfalls rechtsbeschränkenden Charakter und kann in diesem Fall verhindern, dass eine Forderung oder ein Recht geltend gemacht werden kann. Dazu ist aber ein illoyales Verhalten der Behörde erforderlich, das im Streitfall offenkundig nicht vorliegt.
b) Die Entscheidung über die Erstattung der Gebühr steht nicht im Ermessen der Verwaltung ( § 164 a StBerG i.V.m. § 5 AO), vielmehr sind die Voraussetzungen für die Erstattung zwingend im Gesetz geregelt.
c) Dass eine Gebühr eine Gegenleistung ist, ergibt sich bereits aus dem allgemeinen Begriff der Gebühr, so dass die Hinweise des Klägers auf das Umsatzsteuergesetz keine weiteren Erkenntnisse bringen.
d) Unerheblich ist schließlich, ob dem Kläger - rein hypothetisch - die Bestellung nach § 40 Abs. 2 StBerG zu versagen wäre. Denn der Kläger entscheidet selbst, ob er zur Prüfung antritt oder nicht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Gründe für die Zulassung der Revision ( § 115 Abs. 2 FGO) sind nicht ersichtlich.
Ende der Entscheidung
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