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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 09.09.2008
Aktenzeichen: 3 K 3072/06 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 33
EStG § 33a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

3 K 3072/06 E

Tenor:

Unter Abweisung der Klage im übrigen wird der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vom 19.5.2005 dahingehend geändert, dass die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb auf 575.031 DM herabgesetzt werden. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Gründe:

Die Kläger wurden im Jahr 2001 Opfer einer Straftat, bei der die Täter Bargeld in Höhe von 21.000 DM und Uhren und Schmuck im Wert von von 1.475.000,00 DM erbeuteten. Wegen des Hergangs der Straftat im Einzelnen wird auf die Zeugenvernehmung der Klägerin durch die Polizei (Bl. 21 ff Gerichtakte zivilgerichtliches Verfahren) und den Auszug aus der Ermittlungsakte, der sich in dem vom Beklagten überreichten Leitzordner befindet, Bezug genommen.

Am 27.07.2001 erhielt der Kläger von der Versicherung zunächst eine Entschädigung i.H.v. 21.000,00 DM für das Bargeld und 444.300,00 DM für den Schmuck. Eine weitergehende Entschädigung lehnte die Versicherung mit der Begründung ab, dass eine höhere Versicherungssumme nicht vereinbart worden sei. Im zivilrechtlichen Verfahren vor dem Landgericht machte der Kläger geltend, dass die unstreitig abgeschlossene Hausratversicherung nachträglich erhöht worden sei und allein für den Inhalt des Safes, in dem der Schmuck und die Uhren aufbewahrt worden seien, eine Versicherungssumme von 1,5 Mio. DM vereinbart worden sei. Das Landgericht Düsseldorf erhob Beweis über die Frage, ob zwischen dem Kläger und der Versicherung eine Vertragsänderung stattgefunden hatte. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Zivilgerichtsakte Bl. 139 ff Bezug genommen. Mit Urteil vom 28.1.2003 (11 O 68/02) obsiegte der Kläger. Das Landgericht begründete die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass dem Kläger der Anspruch zwar nicht aufgrund einer Erhöhung der Versicherungssumme zustehe, dass er aber wegen der zögerlichen Behandlung seines Antrages auf Erhöhung der Versicherungssumme einen gleich hohen Anspruch aus positiver Vertragsverletzung des Versicherungsvertrages gegen die Versicherung habe. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil (Bl. 193 Zivilgerichtakte) Bezug genommen. In dem sich daran anschließenden Berufungsverfahren vor dem OLG Düsseldorf ( I4 U 39/03) einigten sich die Parteien nach einem Hinweis des Gerichts (Bl. 265), dass der Ausgang des Verfahrens in jeder Hinsicht ungewiss sei, mit Vergleich vom 12.12.2003 darauf, dass die Versicherung lediglich eine weitere Entschädigung i.H.v. 312.071,80 EUR (610.359,39 DM) zahlt.

Die Kläger wurden gemäß § 26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für den Veranlagungszeitraum 2001 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in 2001 Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG. Im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung des Gewerbebetriebes wurde bezüglich der Aufwendungen für ein Kfz eine Vereinbarung getroffen, dass keine Kosten für diesen Pkw als Betriebsausgabe anzuerkennen seien und dass deswegen von einer Verminderung der Betriebsausgaben in Höhe von 36.073 DM auszugehen sei. Desweiteren stellten die Kläger den Antrag, den nicht durch die Versicherung ersetzten Teil des Schadens i.H.v. 420.340,61 DM als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuerveranlagung des Jahres 2001 steuermindernd zu berücksichtigen. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bekanntgabe des Änderungsbescheides für Einkommensteuer 2001 vom 19.5.2001 ab.

Mit dem Einspruch beantragten die Kläger, außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG in Höhe von 420.340,61 DM zum Abzug zuzulassen und eine Kürzung der Betriebsausgaben wegen des Pkw nur in Höhe des tatsächlich als Aufwand gebuchten Betrages von 29.598,28 DM vorzunehmen.

Zur Begründung trugen sie vor, hinsichtlich der tatsächlichen Verständigung über die Betriebskosten des Pkw einem Irrtum erlegen zu sein, weil sie erst nach der Verständigung Gelegenheit gehabt hätten, das Zahlenwerk zu überprüfen und hierbei festgestellt hätten, dass der vom Beklagten in der tatsächlichen Verständigung genannte Wert erheblich über den tatsächlich angefallenen und als Betriebsausgabe gebuchten Aufwendungen liege.

Der durch die Straftat erlittene Verlust sei zu berücksichtigen, weil der BFH (Urteil vom 18.03.2004, III R 31/02) den Abzug von Lösegeldzahlungen bzw. Zahlungen an Erpresser bei einer Gefahr für Leib oder Leben dann als außergewöhnliche Belastung zulasse, wenn die Geschädigten sich nicht durch eigenes vorwerfbares Verhalten in die Schaden bringende Situation manövriert hätten. Die Kläger hätten sich insoweit nichts vorzuwerfen. Die Gegenstände seien nicht gestohlen worden, sondern die Klägerin sei durch Gewaltanwendung gezwungen worden, die Safes zu öffnen und zumindest einen Teil der Beute eigenhändig in die Taschen der Täter zu räumen.

Seine ablehnende Einspruchsentscheidung vom 30.6.2006 begründete der Beklagte im Wesentlichen damit, dass unfreiwillige Vermögensverluste nicht mit dem Sachverhalt einer Lösegeldzahlung vergleichbar seien und keine Erpressung, sondern ein Raub vorgelegen habe. Außerdem sei entscheidend für den Vermögensverlust die Tatsache gewesen, dass die Versicherung nicht gezahlt habe, was entweder seine Ursache darin gehabt habe, dass die Kläger unterversichert gewesen seien oder aber dass sie infolge des Vergleiches vor dem Oberlandesgericht auf einen tatsächlich bestehenden Anspruch verzichtet hätten. Da beide Ursachen vermeidbar gewesen seien, sei der Schaden nicht zwangsläufig eingetreten. Außerdem müssten sich die Kläger vorhalten lassen, dass sie zunächst im Bankschließfach gelagerte Schmuckstücke in den häuslichen Tresor gelegt und sich nicht, nach dem die eine Bankfiliale geschlossen worden sei, wieder nach einem Bankschließfach in einer anderen Filiale umgesehen hätten.

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen vor:

Aufgrund der tatsächlichen Verständigung sei eine Betriebskostenkürzung in Höhe von 36.073,22 DM für den Pkw vorgenommen worden. Tatsächlich seien in der Gewinnermittlung für den Porsche nur Betriebsausgaben in Höhe von 29.598,28 DM enthalten gewesen, eine darüber hinausgehende Kürzung sei greifbar gesetzeswidrig.

Der Vergleichsvorschlag des OLG sei angenommen worden, weil das Prozessrisiko als hoch eingeschätzt worden sei, aus der Betriebsprüfung für die Jahre 1998 bis 2003 am 16.12.2003 eine Nachzahlungssumme in Höhe von ca. 790.000 Euro fällig geworden sei und die Kläger dieses Geld ohne die weitere Versicherungserstattung nicht hätten aufbringen können. Die Kläger gingen mit dem LG Düsseldorf davon aus, dass tatsächlich eine Erhöhung der Versicherungssumme nicht stattgefunden habe. Entsprechend hätten sie aufgrund der Straftat keinen gleichwertigen Anspruch gegen die Versicherung erlangt, den sie sich als Vorteil anrechnen lassen müssten. Das LG habe den Sachverhalt nur unter Schadenersatzgesichtspunkten im Sinne der Kläger entschieden. Da sich das OLG diesbezüglich nicht sicher war und eine Abweisung der Klage insgesamt gedroht habe, könne dem Kläger nicht vorgeworfen werden, sich auf den Vergleich eingelassen zu haben. Es sei für sie unter diesen Umständen unzumutbar gewesen, den Prozess weiterzuführen.

Die Schmuckstücke seien wegen der Schließung der Bankfiliale in den häuslichen Safe gebracht worden. Es sei bereits ein anderes Schließfach in einer anderen Filiale angemietet gewesen, das nur noch nicht habe genutzt werden können, weil es vom Vormieter noch nicht geräumt gewesen sei.

Da das Verhalten der Klägerin als Herausgabe der Gegenstände zu werten sei, lägen weder Diebstahl noch Raub vor, sondern es sei der Tatbestand der räuberischen Erpressung erfüllt. Dass die Kläger die Wertgegenstände zuhause aufbewahrt hätten, könne ihnen nicht vorgeworfen werden, denn sie hätten durch die Anschaffung eines entsprechenden Tresors und die Einrichtung von Alarmanlagen sowie die Absicherung über den Alarmcode ausreichende Diebstahlsvorsorge getroffen. Die Kläger hätten zudem alles ihnen zumutbare getan, um für ausreichenden Versicherungsschutz durch die Hausratversicherung zu sorgen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2001 in Form des Änderungsbescheides vom 19.5.2005 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30.6.2006 dahingehend zu ändern, dass außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG in Höhe von 420.340,61 DM berücksichtigt werden und der Gewinn aus Gewerbebetrieb um 6.474 DM gemindert wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen vor:

Die tatsächliche Verständigung entfalte Bindungswirkung, weil sie formell ordnungsgemäß zustande gekommen sei.

Es handele sich um einen Raub, denn die Täter hätten der Klägerin die Ohrringe abgerissen und auch sonst sei nicht davon auszugehen, dass die Täter darauf gewartet hätten, von der Klägerin die einzelnen Stücke aus dem Tresor überreicht zu bekommen, vielmehr müsse bei lebensnaher Betrachtung angenommen werden, dass die Täter sich nach dem Öffnen des Tresors selbst bedient hätten. Die endgültige Belastung sei erst durch den gerichtlichen Vergleich erfolgt und deswegen nicht zwangsläufig gewesen, zumal die Kläger eingeräumt hätten, dass ein nicht unwesentliches Motiv für die Annahme darin gelegen habe, dass sie wegen der Steuernachzahlungen, die auf nicht adäquatem Sozialverhalten beruhten, dringend Geld gebraucht hätten. Schließlich sei noch die erste Instanz davon ausgegangen, dass ein entsprechender Anspruch gegen die Versicherung bestanden habe, weshalb auch der Beklagte von einem Verzicht auf bestehende Ansprüche ausgehe, der nicht zu Lasten der Allgemeinheit sozialisiert werden könne.

Die Klage ist nur in dem im Tenor ausgesprochenen Umfang begründet.

Der angefochtene Steuerbescheid ist rechtmäßig, soweit es die Nichtberücksichtigung des Wertes der durch die Straftat abhanden gekommenen Gegenstände als außergewöhnliche Belastung betrifft (siehe dazu nachfolgend I); der angefochtene Steuerbescheid ist hingegen rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 100 Absatz 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO-), soweit der Beklagte infolge der Vereinbarung über das Kfz den Gewinn aus Gewerbebetrieb des Klägers um mehr als 29.598,28 DM erhöht hat (siehe dazu nachfolgend II).

I.

Gem. § 33 a Einkommensteuergesetz (EStG) darf auf Antrag eine die zumutbare Belastung übersteigende außergewöhnliche Belastung vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen.

1. Aufwendungen liegen vor.

a) Aufwendungen liegen vor, wenn der Steuerpflichtige willentlich Ausgaben tätigt. Keine Aufwendungen stellen demgegenüber Vermögensverluste dar, die ohne willentliche Leistungshandlung eintreten (Arndt in Kirchof/Söhn § 33 Abs. 1 B 3 mit weiteren Nachweisen). Dementsprechend führen Ausgaben, die unter Zwang erfolgen (Lösegeldzahlungen, vgl. dazu BFH-Urteil vom 6. Mai 1994 III R 27/92, BStBl. II 1995, 104; Zahlung an Erpresser, vgl. dazu BFH-Urteil vom 18. März 2004 III R 31/02, BStBl. II 2004, 867), zu Aufwendungen, die unter den weiteren Voraussetzungen der Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit nach § 33 EStG berücksichtigungsfähig sind. Hingegen stellen Vermögensverluste durch einen Diebstahl, einen Unfall, Brand- oder Wasserschaden mangels Willensbetätigung des Steuerpflichtigen keine Aufwendung dar. Aufwendungen entstehen in diesen Fällen erst bei der Wiederbeschaffung der Wirtschaftsgüter und sind nur insoweit als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abziehbar, wie die Wiederbeschaffung wegen der existentiellen Notwendigkeit des Vorhandenseins dieser Wirtschaftsgüter zwangsläufig ist (vgl. dazu BFH-Urteil vom 23.2.1968 VI R 97/67, BFHE 92, 199 und BFH-Urteil vom 6.5.1994 III R 27/92, BstBl. II 1995, 104; Sunder - Plassmann DStR 1993, 1163, ders. DStZ 1995, 193 ).

1. b)

Unter Anwendung der vorstehenden Maßstäbe geht der Senat davon aus, dass unmittelbar durch den durch die Straftat hervorgerufenen Verlust des Schmuckes und der Uhren ein Aufwand entstanden ist und Aufwand nicht erst infolge künftiger oder etwa schon getätigter Wiederbeschaffungen anzunehmen ist. Dies folgt daraus, dass der zu beurteilende Sachverhalt eher einer Lösegeldzahlung denn einem Diebstahl gleichzusetzen ist.

Wie bei einer Lösegeldzahlung wurde mit einer Gefahr für Leib oder Leben der Kläger durch die Täter gedroht. Infolgedessen hat die Klägerin den Tresor geöffnet und damit durch eine willentliche Handlung das Erbeuten des Schmuckes ermöglicht. Schon deswegen führt der straftatbedingte Verlust der Wertgegenstände zu Aufwand. Es ist zur Überzeugung des Senates hingegen für die Frage, ob Aufwand vorliegt, ohne Bedeutung, ob die Tat strafrechtlich als räuberischer Diebstahl zu werten ist, weil die Täter selbst den Schmuck aus dem Tresor genommen haben, oder ob eine räuberische Erpressung vorliegt, weil die Klägerin die Wertgegenstände persönlich ausgehändigt hat, zumal sich dieser Sachverhalt nicht mehr aufklären lässt. Bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass die Klägerin einen Teil der Beute ausgehändigt hat und sich die Täter einen anderen Teil selbst genommen haben. Eine Wertung dieses Lebenssachverhaltes für steuerliche Zwecke dahingehend, dass ein Teil der Beute unmittelbar zu Aufwand führt, hinsichtlich des anderen Teiles aber erst die Wiederbeschaffung, wäre schlechthin unverständlich.

Der Vergleich mit der Lösegeldzahlung verbietet sich nicht etwa deshalb, weil vorstehend Sachwerte statt Geld aufgewendet wurden, denn nach dem System der Einkommensermittlung des EStG sind nicht nur Zu- oder Abflüsse in Geld, sondern auch solche in Gestalt geldwerter Güter zu berücksichtigen. Entsprechend umfasst der in § 33 EStG verwendete Begriff der Aufwendungen Geldausgaben und die Hingabe von Sachwerten in gleicher Weise (BFH-Urteil vom 15.3.1991 III R 26/89, BFH/NV 1991, 669 und Arndt in Kichhof/Söhn § 33 Abs. 1 Rz. B 1).

2. Ein Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung scheitert daran, dass die Aufwendungen nicht zwangsläufig erwachsen sind.

Dies gilt allerdings nicht schon deswegen, weil es sich bei den erbeuteten Gegenständen sämtlich um existentiell nicht notwendige Güter handelt, denn vorliegend ist Aufwand nicht erst bei der Wiederbeschaffung, sondern bereits bei dem straftatbedingten Verlust der Vermögensgegenstände entstanden (siehe oben).

Der durch den Verlust der Vermögensgegenstände entstandene Aufwand ist steuerlich jedoch nur dann berücksichtigungsfähig, wenn und soweit die Steuerpflichtigen hierdurch endgültig wirtschaftlich belastet sind. Dies führt zum einen dazu, dass etwaige Ersatzansprüche die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen mindern und ggfs. ganz neutralisieren ( BFH- Urteil vom 22.1.1971 VI R 242/69, BStBl. II 1972, 177 und BFH- Urteil vom 30.6.1999 III R 8/95, BStBl.II 1999, 766). Zum anderen wird in Literatur und Rechtsprechung die Zwangsläufigkeit der Belastung verneint, wenn etwaige Ersatzansprüche gegen Dritte nicht geltend gemacht werden (Schmieszek in Bordewin/ Brandt § 33 EStG Rz. 64 und Arndt in Kirchhof/Söhn § 33 Abs.1 EStG C 31, beide mit Nachweisen auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes) oder der Steuerpflichtige sich gegen den eingetretenen Schaden nicht versichert hat, obwohl die Mehrzahl der Steuerpflichtigen üblicherweise entsprechende Vorsorge trifft (Schmieszek in Bordewin/Brandt § 33 EStG Rz. 64 und Arndt in Kirchhof/Söhn § 33 Abs.1 EStG C 30, beide mit Nachweisen auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes). Begründet wird diese Auffassung damit, dass Schäden, gegen die sich die Mehrzahl der Steuerpflichtigen auf eigene Kosten versichert, nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden dürfen.

Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, war der eingetretene Schaden über die Hausratversicherung absicherbar. Der Abschluss einer Hausratversicherung ist in Deutschland auch üblich und wird, gerade in gut situierten Kreisen, nahezu flächendeckend praktiziert, so dass die Zwangsläufigkeit des Schadens zu verneinen wäre, wenn kein Versicherungsschutz bestünde.

Es ist nicht mehr aufklärbar, ob der Kläger eine Hausratversicherung abgeschlossen hatte, deren Versicherungssumme den ganzen Schaden abgedeckt hätte. Denkbar sind zwei Varianten, die allerdings beide dazu führen, die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen zu verneinen: Entweder bestand Versicherungsschutz in der vom Kläger im Zivilrechtstreit behaupteten Höhe (Variante 1), oder ein Vertrag über die Erhöhung ist nicht zustande gekommen (Variante 2).

In der Variante 1 hätte der Kläger einen Anspruch gegen die Versicherung gehabt, der den straftatbedingten Aufwand zu kompensieren geeignet gewesen wäre. Diesen Anspruch hätte der Kläger nicht weiterverfolgt, was zu außergewöhnlichen Belastungen nur dann führen kann, wenn die gerichtliche Durchsetzung der Forderung unzumutbar war. Der Senat ist der Auffassung, dass das grundsätzlich jedem Rechtsstreit innewohnende Prozessrisiko die Unzumutbarkeit einer klageweisen Geltendmachung allein nicht begründen kann. Anderenfalls wäre niemand verpflichtet, seine Ansprüche zunächst gerichtlich durchzusetzen, bevor er die Allgemeinheit in Anspruch nimmt, was im Ergebnis auf das Recht hinausliefe, zu wählen, ob die Versicherung oder die Allgemeinheit zahlen soll. Wahlrecht und Zwangsläufigkeit schließen sich aber aus. Entsprechend müssten andere Umstände als das allgemeine Prozessrisiko vorliegen, die es im Einzelfall rechtfertigen, den Schaden der Allgemeinheit aufzuerlegen.

Die Kläger haben sich darauf berufen, dass sie faktisch gezwungen gewesen seien, den Vergleich anzunehmen, da sie so wenigstens die Hälfte des Schadens ersetzt bekommen hätten, anderenfalls riskiert hätten, von der Versicherung über die unstreitige Versicherungssumme hinaus gar keine Leistungen zu erhalten und sie zu diesem Zeitpunkt dringend Geld benötigt hätten. Diese Umstände rechtfertigen zur Überzeugung des Senates indes nicht, von einer Zwangsläufigkeit der Belastung wegen der Unzumutbarkeit der Durchführung des Rechtsstreites auszugehen. Der Kläger hat die von ihm aufgezählten Schwierigkeiten durch eigene Nachlässigkeit selbst geschaffen. Er hat seine Bemühungen um (höheren) Versicherungsschutz ruhen lassen, obwohl ihm keine Versicherungspolice über die Erhöhung der Versicherungssumme ausgehändigt wurde und obwohl ihm keine höheren Beiträge in Rechnung gestellt wurden. Außerdem hat er es unterlassen, der Versicherung eine Auflistung des in dem Tresor verwahrten Schmucks zu übersenden, obwohl es auf der Hand liegt, dass gegenüber der Versicherung zumindest glaubhaft gemacht werden muss, dass entsprechende Werte, die im Tresor aufbewahrt werden sollen, vorhanden sind. Der finanzielle Engpass beruhte auf hohen Steuernachzahlungen infolge steuerunehrlichen Verhaltens der Kläger. Im Ergebnis haben sich lediglich Risiken realisiert, die die Kläger ohne weiteres hätten vermeiden können bzw. die sie, soweit es den finanziellen Engpass aufgrund der hohen Steuernachzahlung betrifft, bewusst und gewollt eingegangen sind. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht sachgerecht, von einer Zwangslage auszugehen, die es rechtfertigt, die Kläger auf Kosten der Allgemeinheit zu entlasten.

In Variante 2 hätte der Kläger eine mögliche und heutzutage nahezu von jedermann wahrgenommene Versicherungsmöglichkeit nicht ausgeschöpft, was die Geltendmachung des Schadens als außergewöhnliche Belastung ausschließt. Der Kläger kann sich nicht damit entlasten, vom Bestehen einer ausreichenden Versicherung ausgegangen zu sein, weil er die Erhöhung der Versicherungssumme nicht mit der gebotenen Sorgfalt betrieben hat (siehe oben die Ausführungen zu Variante 1).

II.

Die Klage hat insoweit Erfolg, wie der Beklagte den Gewinn aus Gewerbebetrieb um mehr als 29.598 DM erhöht hat. Der der Besteuerung zugrunde zu legende Gewinn aus Gewerbebetrieb des Klägers ist daher um 6.475 DM zu vermindern.

Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 11. 12.1984 VIII R 131/76, BStBl. II 1985, 354) ist eine tatsächliche Verständigung (nur) über schwierig zu ermittelnde tatsächliche Umstände zulässig und bindend (vgl. dazu auch BFH Urteil vom 6.2.1991 I R 13/86, BStBl. II 1991, 673), sofern die Verständigung nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. Danach war zwar eine tatsächliche Verständigung darüber möglich, ob, und wenn ja in welchem Umfang der Pkw, um den es hier geht, betrieblich genutzt wurde. Nachdem aber Einigkeit dahingehend erzielt worden war, dass für den Pkw von keiner betrieblichen Nutzung auszugehen ist, war der Sachverhalt insgesamt geklärt. Eine tatsächliche Verständigung hinsichtlich der Höhe des wegen dieses Sachverhaltes rückgängig zu machenden Betriebsausgabenabzuges war weder nötig noch möglich. Aufgrund der Einigung stand nämlich fest, dass konsequenterweise alle Betriebsausgaben, die für dieses Fahrzeug geltend gemacht worden waren, rückgängig zu machen waren.

Eine Verständigung über die Höhe des zu korrigierenden Aufwands wäre allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn die tatsächlich für das Kfz gebuchten Betriebsausgaben nur schwer oder gar nicht zu ermitteln gewesen wären. Davon ist indes nicht auszugehen. Wie der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat, waren die tatsächlich gebuchten Kosten leicht durch einen Blick in das entsprechende Konto der Buchführung festzustellen.

III.

Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 FGO zugelassen. Es ist klärungsbedürftig, wie Fälle zu behandeln sind, in denen zwar eine Versicherung besteht, die Versicherungssumme zur Abdeckung des Schadens aber nicht ausreicht. Es ist ferner klärungsbedürftig, unter welchen Umständen ein bestehendes Prozessrisiko die gerichtliche Durchsetzung etwa bestehender Ersatzansprüche unzumutbar mit der Folge macht, dass - soweit auch die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 33 EStG erfüllt sind - die nicht ersetzten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135, 136 FGO. Die Kosten des Verfahrens waren den Klägern insgesamt aufzuerlegen, weil sie nur zu einem ganz geringfügigen Teil (1,5 %) obsiegt haben (vgl. § 136 Abs. 1 Satz 2 FGO).



Ende der Entscheidung

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