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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.09.2006
Aktenzeichen: 3 K 5051/04 GE
Rechtsgebiete: GrEStG


Vorschriften:

GrEStG § 3 Nr. 4
GrEStG § 6 Abs. 1
GrEStG § 8 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

3 K 5051/04 GE

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A, B und der Kläger waren in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Eigentümer des mit einem Zweifamilienhaus bebauten Grundstücks, dessen Erdgeschosswohnung von B und dessen Obergeschosswohnung vom Kläger und von deren Familien bewohnt werden.

Im notariell beurkundeten Vertrag vom 17.02.2003 zwischen den Gesellschaftern und der Ehefrau des Klägers wurde "die Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgelöst" und das Grundstück "handelnd in Gesellschaft bürgerlichen Rechts" zu hälftigem Miteigentum auf den Kläger und seine Ehefrau übertragen. Die Gegenleistung des Klägers und seiner Ehefrau bestand in Barzahlungen von 56.242,11 Euro an B und von 61.355,03 Euro an A, in der Übernahme aller durch Grundpfandrechte zu Gunsten der Sparkasse gesicherten Verbindlichkeiten, in der Ablösung der Verbindlichkeiten gegenüber der Bausparkasse sowie im Ausgleich des Girokontos der GbR bei der Sparkasse (§ 1). Ferner räumten der Kläger und seine Ehefrau dem B ein entgeltliches lebenslängliches Wohnungsrecht an der von ihm bewohnten Wohnung ein (§ 8 a). Der Kläger und seine Ehefrau tragen die Grunderwerbsteuer (§ 12). Durch weiteren notariell beurkundeten Änderungsvertrag vom 04.06.2003 wurde auch die Barzahlung an B auf 61.355,03 Euro festgesetzt.

In den Grunderwerbsteuerbescheiden an den Kläger und seine Ehefrau vom 08.08.2003 setzte der Beklagte die Grunderwerbsteuer auf jeweils 3.209 Euro (= 3,5 v. H. von 91.689 Euro = die Hälfte von 183.378 Euro); die Gegenleistung berechnete der Beklagte wie folgt:

 Barzahlungen 122.710 Euro
Schuldübernahmen:91.001 Euro 
abzüglich 1/3-Anteil Kläger:30.333 Euro  
  60.668 Euro
  183.378 Euro

Der Kläger und seine Ehefrau legten Einspruch ein; wegen der Begründung wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Der Beklagte führte im Schreiben vom 12.05.2004 aus, dass bei einer Grundstücksübertragung im Rahmen einer Auflösung einer GbR auch der Wert des Anteils des das Grundstück übernehmenden Gesellschafters, im Streitfall also der Wert des Anspruchs des Klägers auf das Auseinandersetzungsguthaben in die grunderwerbsteuerliche Gegenleistung einzubeziehen sei (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.02.1977 II R 89/74, Bundessteuerblatt II 1977, 671), was zur folgenden Berechnung der Gegenleistung führe:

 Barzahlungen122.710 Euro
Wert des Auseinandersetzungsguthabens des Klägers61.355 Euro
Schuldübernahmen91.001 Euro
 275.066 Euro

Der für den Kläger und seine Ehefrau anzusetzende Betrag von jeweils 137.533 Euro (= die Hälfte von 275.066 Euro) sei gemäß § 6 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) um 1/3, d. h. um 45.844 Euro, zu vermindern, was eine Bemessungsgrundlage von jeweils 91.689 Euro ergebe; § 6 Abs. 1 GrEStG sei wegen der Regelung in § 3 Nr. 4 GrEStG auch für die Ehefrau des Klägers anzuwenden.

Nachdem der Beklagte die Einsprüche durch Entscheidung vom 26.07.2004 zurückgewiesen hatte, haben der Kläger und seine Ehefrau Klage erhoben; die Ehefrau hat ihre Klage zurückgenommen. Der Kläger begründet seine Klage im Wesentlichen wie folgt:

Der rechnerische Auseinandersetzungsanspruch des Klägers sei zwar mit 61.355 Euro in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, weshalb sich für den Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück ein auf den Kläger entfallender Anteil an der Gesamtbemessungsgrundlage von 137.533 Euro ergebe. Von dem Betrag von 137.533 Euro sei gemäß § 6 Abs. 1 GrEStG ein Betrag von 91.689 Euro steuerfrei zu belassen, weshalb zu versteuernde 45.844 Euro verblieben, was zu 1.604 Euro Grunderwerbsteuer führe. Dies folge daraus, dass der Kläger, der zu einem Drittel an der GbR beteiligt gewesen sei, durch Erwerb des hälftigen Anteils einen ideellen Anteil an dem Grundstück von 1/6 hinzu erworben habe, weshalb die Bemessungsgrundlage der vom Kläger zu entrichtenden Grunderwerbsteuer auch nur 1/6 von 275.066 Euro, d. h. 45.844 Euro ausmachen könne. Das Gleiche ergebe sich aus § 6 Abs. 1 GrEStG, da der Kläger zu einem Drittel an der GbR beteiligt gewesen sei und folglich in Höhe seines Anteils von einem Drittel die Steuer nicht erhoben werde. Dieses Ergebnis entspreche exakt der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in seinem Urteil vom 21.11.1979 II R 96/76, Bundessteuerblatt II 1980, 217, dem das Schrifttum (Boruttau, Grunderwerbsteuer, 15. Auflage, § 6 Randnummer 8) zugestimmt habe; danach komme es bei § 6 Abs. 1 Satz 1 GrEStG nicht darauf an, ob die Miterwerber ebenfalls Gesamthänder gewesen seien, da auch der Erwerb nur eines Miteigentumsanteils in dem Umfang steuerfrei sein solle, zu welchem der Erwerber vorher im Rahmen der Gesamthand an dem ganzen Grundstück beteiligt gewesen sei. Deshalb sei beim Kläger 1/3 von 275.066 Euro, d. h. 91.689 Euro steuerfrei zu belassen. Die Ansicht des Beklagten, der Bundesfinanzhof hätte bei verheirateten Miterwerbern anders entschieden, werde durch nichts gestützt; sie sei auch fernliegend, weil sie auf eine Schlechterstellung verheirateter Miterwerber hinausliefe und deshalb gegen Artikel 6 Grundgesetz verstieße. Der die Ehefrau des Klägers betreffende Grunderwerbsteuerbescheid sei mittlerweile bestandskräftig geworden.

Der Kläger beantragt,

den Grunderwerbsteuerbescheid vom 08.08.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.01.2004 dahin abzuändern, dass die Grunderwerbsteuer auf 1.604 Euro festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auszugehen sei von der Höhe der Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 GrEStG, welche beiden Erwerbern, d. h. dem Kläger und seiner Ehefrau, gemeinsam im Umfang der Beteiligung des Klägers an der GbR gewährt worden sei, wobei die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 GrEStG in Folge der quotalen Zurechnung persönlicher Eigenschaften des Klägers als Gesellschafter der GbR auf dessen Ehefrau übertragen worden sei; ohne diese interpolierende Betrachtungsweise (Zusammenschau des § 6 Abs. 1 mit § 3 Nr. 4 GrEStG) hätte der miterwerbenden Ehefrau keine Steuervergünstigung gewährt werden können. Die Ausführungen des Klägers zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs II R 96/76 berücksichtigten demgegenüber nicht die Besonderheit, dass der Miterwerber im Streitfall kein Fremder, sondern der Ehegatte sei. Da § 6 Abs. 1 GrEStG insgesamt nicht zu einer Besserstellung von erwerbenden Ehegatten führen dürfe, könnten sowohl beim Kläger als auch bei seiner Ehefrau nur eine Steuerbefreiung von jeweils 45.844 Euro (= die Hälfte von 91.689 Euro) angesetzt werden; anderenfalls erhielten der Kläger und seine Ehefrau zusammen eine Steuerbefreiung, die höher als ein Drittel der Gesamtgegenleistung sei

Die Klage ist unbegründet, da der Beklagte sowohl die Gegenleistung als auch die Steuerbefreiung zutreffend berechnet hat.

Die Grunderwerbsteuer bemisst sich nach dem Wert der Gegenleistung, bei einem Kauf nach dem Kaufpreis einschließlich der Nebenleistungen (§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 GrEStG). Bei der Berechnung der Gegenleistung hat der Beklagte zu Recht den im Vertrag vom 17.02.2003 mitenthaltenen Verzicht des Klägers auf das Auseinandersetzungsguthaben als Folge der Auflösung der GbR der Gegenleistung in Höhe von 61.355 Euro zugerechnet (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26.01.1971 II 86/65, Bundessteuerblatt II 1971, 462; Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.02.1977 II R 89/74, Bundessteuerblatt II 1977, 671; Boruttau, a.a.O., § 9 Randnummern 42 und 47). Die Gegenleistung für das gesamte Grundstück betrug - unstreitig - 275.066 Euro. Gegenstand des Erwerbs des Klägers und seiner Ehefrau war jeweils der hälftige Miteigentumsanteil an dem Grundstück, der i. S. von § 1 Abs. 1 i. v. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG als "Grundstück" gilt (Boruttau, a. a. O., § 2 Randnummer 11). Die Miteigentumsanteile haben der Kläger und seine Ehefrau von der Gesamthand GbR, die ein eigenes Grunderwerbsteuersubjekt ist, erworben; der Kläger hat deshalb - entgegen seiner Ansicht - keinen Anteil zu einem bereits bestehenden Grundstücksanteil "hinzuerworben". Die Gegenleistung für die eigenständigen Erwerbe der Miteigentumsanteile durch den Kläger und seine Ehefrau betrug jeweils 137.533 Euro (= die Hälfte von 275.066 Euro).

Der Beklagte hat auch die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 GrEStG zutreffend berechnet. Nach dieser Vorschrift wird, wenn ein Grundstück von einer Gesamthand in das Miteigentum mehrerer an der Gesamthand beteiligten Personen übergeht, die Steuer nicht erhoben, soweit der Bruchteil an dem Grundstück, den der einzelne Erwerber erhält, dem Anteil entspricht, zu dem er am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. § 6 Abs. 1 GrEStG ist auch anzuwenden, wenn - wie im Streitfall die Ehefrau des Klägers - einer der Erwerber an der Gesamthand nicht beteiligt ist (Urteil des Bundesfinanzhofs II R 96/76; Boruttau, a. a. O., § 6 Randnummern 8 und 11; Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, 3. Auflage, § 6 Randziffer 7).

Für den Umfang der zu gewährenden Steuerbefreiung ist auf das den Gegenstand des Erwerbs bildende Grundstück i. S. von § 2 GrEStG abzustellen (Pahlke/Franz, a. a. O., § 6 Randziffer 25). Im Streitfall ist deshalb für die Bemessung der Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 GrEStG jeweils von der anteilig auf den hälftigen Miteigentumsanteil entfallenden Gegenleistung, also von 137.533 Euro auszugehen, was eine Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 GrEStG von jeweils 45.844 Euro (= 1/3 von 137.533 Euro) ergibt. Der Beklagte hat diese Steuerbefreiung im Wege der Interpolation, d. h. durch wertende Zusammenschau der beiden Befreiungsvorschriften § 3 Nr. 4 GrEStG (steuerfreier Grundstückserwerb durch den Ehegatten des Veräußerers) und § 6 Abs. 1 GrEStG, auch bei der Besteuerung der Ehefrau des Klägers berücksichtigt (zur Interpolation: Pahlke/Franz, a. a. O., Vorbemerkungen zu §§ 3 bis 7 Randziffer 20, § 3 Randziffer 8, § 5 Randziffer 65 und § 6 Randziffer 53).

Dem Begehren des Klägers, die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 GrEStG unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs II R 96/76 nicht von der auf den vom Kläger erworbenen hälftigen Miteigentumsanteil entfallenden Gegenleistung (d. h. von 137.533 Euro), sondern von der Gegenleistung für das ganze Grundstück (d. h. von 275.066 Euro) zu berechnen, vermag das Gericht nicht zu folgen. Denn die Gegenleistung i. S. von §§ 8 und 9 GrEStG für den Erwerb des Miteigentumsanteils durch den Kläger und damit die Grunderwerbsteuer bemisst sich - wie ausgeführt - an der Gegenleistung für den Miteigentumsanteil; dann muss sich entsprechend auch die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 GrEStG an der Gegenleistung für diesen Erwerbsgegenstand orientieren. Folgte man der Ansicht des Klägers, so wäre der Erwerb des Grundstücks durch den Kläger und seine Ehefrau im Ergebnis zu mehr als einem Drittel der gesamten Gegenleistung, nämlich in Höhe von insgesamt 137.532 Euro (91.688 Euro für den Kläger; 45.844 Euro für die Ehefrau des Klägers) steuerbefreit. Da der Kläger zu einem Drittel an der GbR beteiligt war, können auch bei Interpolation der Befreiungsvorschriften § 3 Nr. 4 und § 6 Abs. 1 GrEStG bei der Besteuerung der Ehefrau des Klägers die anzusetzenden Steuerbefreiungen gemäß § 6 Abs. 1 für den Erwerb der beiden Miteigentumshälften zusammen nicht höher als ein Drittel der Gesamtgegenleistung sein; die vom Beklagten angesetzten Befreiungen von jeweils 45.844 Euro, zusammen 91.688 Euro, machen genau ein Drittel der Gesamtgegenleistung von 275.066 Euro aus.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Da nicht auszuschließen ist, dass der Bundesfinanzhof in seinem Urteil II R 96/76 eine andere Rechtsauffassung vertreten hat und deshalb die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, war die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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