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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.10.2009
Aktenzeichen: 4 K 169/09 Erb
Rechtsgebiete: ErbStG, EStG
Vorschriften:
ErbStG § 13a Abs. 1 | |
ErbStG § 13a Abs. 2 | |
ErbStG § 13a Abs. 4 | |
EStG § 15 Abs. 1 | |
EStG § 15 Abs. 3 | |
EStG § 18 Abs. 4 |
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin ist die Ehefrau des Erblassers A. Der Erblasser war Kommanditist der A GmbH & Co. KG (A KG).
Der Erblasser übertrug mit notariell beurkundetem Vertrag vom 14. Dezember 2004 seinen Kommanditanteil von 625.000 EUR an der A KG "einschließlich aller Gesellschafterkonten" auf seine Tochter B, geb. A. Ferner trat er an seine Tochter die Ansprüche aus dem von ihm der A KG gewährten Gesellschafterdarlehen, das in der notariellen Urkunde mit einem Wert zum 31. Dezember 2003 von 1.475.713,91 EUR angegeben wurde, in Höhe von 60 v.H. ab. Die Tochter des Erblassers bestellte diesem an dem übertragenen Kommanditanteil in Höhe von 40 v.H. den Nießbrauch. Der Nießbrauch sollte 40 v.H. des Gewinnanteils umfassen, der auf den Kommanditanteil entfiel. Darüber hinaus sollte der Erblasser zu 40 v.H. an dem auf den Kommanditanteil entfallenden Verlust beteiligt sein. B hatte nach Abschnitt 1 § 2 Abs. 7 der notariellen Urkunde ihre Stimmrechte als Gesellschafterin der A KG zu 40 v.H. nach den Weisungen des Erblassers auszuführen. Diesem sollten die uneingeschränkten Auskunfts- und Einsichtsrechte eines Gesellschafters zustehen. B bestellte unter Abschnitt 1 § 3 der notariellen Urkunde der Klägerin aufschiebend bedingt durch den Tod des Erblassers den lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch an dem ihr übertragenen Kommanditanteil. Für den Inhalt des Nießbrauchs sollten die Regelungen unter Abschnitt 1 § 2 der notariellen Urkunde entsprechend gelten.
Der Erblasser verstarb am ..... März 2006. Er wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts X vom ...... August 2006 von der Klägerin allein beerbt.
Das beklagte Finanzamt setzte gegen die Klägerin mit Bescheid vom 26. März 2008 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Erbschaftsteuer fest. Dabei setzte es das Gesellschafterdarlehen mit 605.527 EUR sowie den Nießbrauch an dem B übertragenen Kommanditanteil mit 346.000 EUR an. Den Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) sowie den Bewertungsabschlag nach § 13a Abs. 2 ErbStG gewährte es nicht.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch machte die Klägerin geltend: Bei dem Gesellschafterdarlehen gegenüber der A KG mit einem Wert von 622.406 EUR und dem Nießbrauch an dem B übertragenen Kommanditanteil mit einem Wert von 324.167 EUR handele es sich um nach § 13a ErbStG begünstigtes Betriebsvermögen. Der Erblasser sei nach den Regelungen unter Abschnitt 1 § 2 des Übertragungsvertrags vom 14. Dezember 2004 bis zu seinem Tod Mitunternehmer der A KG geblieben. Diese Mitunternehmerstellung sei mit seinem Tod auf sie übergegangen.
Das beklagte Finanzamt setzte mit Bescheid vom 19. Mai 2008 die Erbschaftsteuer gegen die Klägerin auf 230.223 EUR neu fest. Dabei setzte es das Gesellschafterdarlehen mit 622.406 EUR sowie den Nießbrauch an dem B übertragenen Kommanditanteil an der A KG mit 324.167 EUR an. Den Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG und den Bewertungsabschlag nach § 13a Abs. 2 ErbStG gewährte es nicht. Den Einspruch wies es mit Entscheidung vom 12. Dezember 2008 zurück und führte aus: Der Erblasser sei zwar auf Grund seiner Stellung als Nießbraucher Mitunternehmer der A KG gewesen. Dennoch könne die Klägerin den Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG und den Bewertungsabschlag nach § 13a Abs. 2 ErbStG nicht beanspruchen, weil der Erblasser nicht mehr an der A KG beteiligt gewesen sei. Ein zivilrechtliches Nutzungsrecht stelle kein begünstigtes Betriebsvermögen dar. Der Erwerb des Gesellschafterdarlehens habe nicht im Zusammenhang mit der Übertragung eines begünstigten Mitunternehmeranteils gestanden.
Die Klägerin wiederholt mit ihrer Klage im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren.
Die Klägerin beantragt,
1. den Erbschaftsteuerbescheid vom 19. Mai 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2008 dahingehend zu ändern, dass für das Gesellschafterdarlehen gegenüber der A KG sowie den Nießbrauch an dem B übertragenen Kommanditanteil der Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG und der Bewertungsabschlag nach § 13a Abs. 2 ErbStG gewährt wird;
2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt es vor: Die Klägerin sei zwar Mitunternehmerin geworden. Die Anwendung der Steuerbegünstigung des § 13a ErbStG setzte jedoch voraus, dass ein Anteil an einer Personengesellschaft Gegenstand des Erwerbs sei. Erwerbsgegenstand sei im Streitfall ein Nutzungsrecht, das nicht nach § 12 Abs. 5 ErbStG, sondern nach § 12 Abs. 1 ErbStG zu bewerten sei.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Erbschaftsteuerbescheid vom 19. Mai 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2008 ist - im angefochtenen Umfang - rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das beklagte Finanzamt hat zu Recht für das Gesellschafterdarlehen und den Nießbrauch an dem B übertragenen Kommanditanteil an der A KG den Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG und den Bewertungsabschlag nach § 13a Abs. 2 ErbStG versagt.
Nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG gelten der Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG und der verminderte Wertansatz nach § 13a Abs. 2 ErbStG für inländisches Betriebsvermögen (§ 12 Abs. 5 ErbStG) u.a. bei dem Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Aufzählung der begünstigten Erwerbsgegenstände in § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG ist abschließend (Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 15. März 2006 II R 74/04, BFH/NV 2006, 1663).
Im Streitfall hat die Klägerin keinen Anteil an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG erworben. Bei dem Gesellschafterdarlehen handelt es sich um Sonderbetriebsvermögen, das mangels Übertragung eines entsprechenden Anteils an der A KG kein nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG begünstigtes Betriebsvermögen ist. Unerheblich ist insoweit, ob das Gesellschafterdarlehen Forderungscharakter (§ 438 Abs. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -) oder Einlagencharakter hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1663; BFH-Beschluss vom 12. Januar 2006 II B 104/05, BFH/NV 2006, 745).
Der Nießbrauch an dem B übertragenen Kommanditanteil, den die Klägerin gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG von Todes wegen erworben hat, ist gleichfalls kein Anteil an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG. Der Nießbrauch vermittelt nur ein dingliches Nutzungsrecht, ohne dass der Nießbraucher Gesellschafter wird (Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. November 1998 II ZR 213/97, Neue Juristische Wochenschrift 1999, 571).
Der Senat folgt nicht der teilweise im Schrifttum vertretenen Auffassung, dass ein bloßes Nutzungsrecht begünstigtes Betriebsvermögen i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG sein könne, wenn es bereits beim Erblasser Betriebsvermögen war und beim Erwerber Betriebsvermögen bleibt (vgl. Weinmann in Moench/Kien-Hümbert/Weinmann, ErbStG § 13a Randnr. 20; Götz/Jorde, Finanz-Rundschau 2003, 998, 1005). Der BFH hat in seinem Urteil in BFN/NV 2006, 1663 offen gelassen, ob auch der bloße Übergang einer ertragsteuerrechtlichen Mitunternehmerstellung ohne zivilrechtliche Beteiligung an der Gesellschaft die Voraussetzungen des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG erfüllen kann. Nach Ansicht des Senats steht dem der Wortlaut des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG entgegen. Diese Bestimmung erfordert nicht nur, dass der Erwerber Mitunternehmer wird. Vielmehr muss Gegenstand des Erwerbs im dritten dort genannten Fall auch ein Anteil an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG sein. Dies setzt nach dem Verständnis des Senats eine Beteiligung des Erwerbers an der betreffenden Gesellschaft voraus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.
Ende der Entscheidung
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