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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.02.2008
Aktenzeichen: 4 K 3703/06 VSt
Rechtsgebiete: StromStG


Vorschriften:

StromStG § 2 Nr. 2
StromStG § 9 Abs. 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

4 K 3703/06 VSt

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der vom Blockheizkraftwerk (BHKW) der Klägerin erzeugte Strom nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes (StromStG) stromsteuerfrei ist.

Das von der Klägerin betriebene BHKW besteht aus vier Modulen zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme mit einer elektrischen Leistung von zusammen 5.760 kW, die in einem Raum untergebracht sind. Drei der Module haben eine Leistung von je ca. 1,27 MW und das vierte Modul eine Leistung von ca. 1,95 MW. Jedes Modul hat eine eigene Steuerung und einen eigenen Rauchgaskanal oder Kamin. Die Module können strom- oder wärmegeführt gefahren werden. Insbesondere zum Abdecken von Stromspitzen werden die Module getrennt gefahren. Die erzeugte Wärme wird über ein gemeinsames Rohrleitungssystem abgeführt. Brennstoff wird jedem Modul einzeln zugeführt, wobei die Brennstoffmenge zusammen ermittelt wird. Eine Einzelmessung der Brennstoffmenge ist aber möglich. Auch für Motorenöl verfügt jedes Modul über einen eigenen Ölzähler und eigene Zu- und Ableitungen, die aus gemeinsamen Öltanks kommen und dort wieder hineinführen. Für die gemeinsamen Öltanks waren wirtschaftliche und umweltrechtliche Gründe maßgebend.

Das BHKW versorgt den in unmittelbarer Nähe liegenden Stadtteil ...... mit Strom. Zudem werden viele Haushalte dieses Stadtteils mit der durch das BHKW erzeugten Wärme versorgt.

In dem Bericht des Hauptzollamts X - Prüfungsdienst - (HZA-P) vom 17.05.2005, für die auf Anordnung des Beklagten am 08.12.2004 begonnene Außenprüfung der Mineralöl- und Stromsteuer vom 01.01.2002 bis zum 31.12.2003 stellte der Prüfungsbeamte fest, dass die Klägerin mit dem BHKW 2003 insgesamt 11.357,580 MWh Strom erzeugt und in das öffentliche Netz eingespeist hat (Tz. 3.4.1.1).

Der Prüfungsbeamte nahm nur hinsichtlich zweier weiterer, kleinerer Blockheizkraftwerke der Klägerin eine Stromsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG an.

Der Beklagte schloss sich mit Steuerbescheid vom 21.06.2005 den Feststellungen des Prüfungsberichts an und erstattete der Klägerin nur die Stromsteuer für die beiden weiteren, kleineren Blockheizkraftwerke der Klägerin, da der damit erzeugte Strom nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG stromsteuerfrei gewesen sei.

Zur Begründung ihres dagegen fristgerecht eingelegten Einspruchs trug die Klägerin vor, unter Berücksichtigung eines Netzverlustes von 4,12% hätte ihr die Stromsteuer für den vom BHKW erzeugten Strom von 10.889,648 MWh in Höhe von 223.232,78 EUR erstattet werden müssen, da die vier Module keine Gesamtanlage bildeten. Die Module seien eigenständig. Für jedes der Module sei die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG zu gewähren, zumal die weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift gegeben seien.

Das dazu um Stellungnahme gebetene HZA-P teilte dem Beklagten mit, die vier Module des BHKW seien stromsteuerrechtlich als eine Anlage anzusehen, da sie über ein gemeinsames Leistungssystem für die Erdgasversorgung, die gemeinsame Ver- und Entsorgung mit Motorenöl, die gebündelte Abführung der erzeugten Wärme und die gebündelte Einspeisung des erzeugten Stroms verfügten.

Nach Einschaltung aller vorgesetzten Dienststellen wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 22.08.2006 als unbegründet zurück, da das BHKW nicht unter § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG falle. Die Module des BHKW seien in einem Raum bzw. einem Gebäude untergebracht und erfüllten eine einheitliche Funktion. Sie verfügten über ein gemeinsames Leitungssystem für die Erdgasversorgung, die gemeinsame Ver- und Entsorgung mit Motorenöl, die gebündelte Abführung der erzeugten Wärme und die gebündelte Einspeisung des erzeugten Stroms. Der Erdgasverbrauch, die gewonnene Wärme und der erzeugte Strom könnten für jedes Modul nur rechnerisch ermittelt werden. Die Gesamtheit der Module stelle nur ein Kraftwerk dar.

Diese Auslegung werde auch durch § 12a der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (Stromsteuer-Durchführungsverordnung - StromStV) bestätigt.

Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt ergänzend vor, aus den Erlassen des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 02.10.2001 und 18.10.2004 ergebe sich, dass die Frage, ob eine oder mehrere Anlagen zur Stromerzeugung vorlägen, in jedem Einzelfall nach den technischen Gegebenheiten auf der Grundlage sachlicher Abgrenzungskriterien zu beurteilen sei. Bei den dazu im Einzelnen aufgeführten Merkmalen, für die eine Gewichtung nicht vorgetragen worden sei, ergebe sich, dass die getrennten Steuerungen, Fahrweisen und Brennstoffzufahren sowie der Umstand, dass jedes der vier Module für sich eine Einheit sei, für die Eigenständigkeit der Module sprächen.

Entgegen der Annahme des HZA-P könne der Verbrauch jedes Moduls einzeln gemessen werden. Auch liege keine gemeinsame Ver- und Entsorgung mit Motorenöl vor. Vielmehr gebe es zu jedem Modul einzelne Leitungen aus den gemeinsamen Tanks. Für diese Tanks seien wirtschaftliche und umweltschutzrechtliche Gründe maßgebend gewesen.

Für die Annahme der Eigenständigkeit jedes der Module sprächen auch die Zweifel des Beklagten und der Oberfinanzdirektionen A und B bei der Vorlage an das BMF. Dieses begründe die Auffassung der einheitlichen Anlage nur mit der gemeinsamen Unterbringung der Module.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 21.06.2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.08.2006 dahingehend zu ändern, dass ihr für 2003 noch weitere 223.232,78 EUR Stromsteuer zu erstatten sind.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat der Klägerin zu Recht mit dem angefochtenen Bescheid die Stromsteuer für den im Jahr 2003 vom BHKW erzeugten Strom nicht erstattet. Die Klägerin wird dadurch nicht in ihren Rechten verletzt, § 101 der Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Die Module des BHKW sind keine Anlagen, die nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG begünstigt sind. Vielmehr handelt es sich bei den Modulen nur um Teile einer Anlage, in der Strom erzeugt wird.

Die hier streitige Steuerbefreiung richtet sich nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG, der in der Fassung der Gesetzes zur Fortführung der ökologischen Steuerreform vom 16.12.1999 (BGBl. I, 2432) anzuwenden ist. Soweit diese Vorschrift die Steuerbefreiung für Anlagen mit einer Nennleistung von bis zu zwei MW vorsah, waren damit Kleinanlagen gemeint, zu denen nur solche gehörten, die eine Höchstnennleistung von 2 MW liefern konnten. Nur diese Anlagen sollten nach der Ausnahmevorschrift, die eine Befreiung von der grundsätzlichen Stromsteuerpflicht vorsah, und auch schon deshalb eng auszulegen ist, steuerfrei bleiben.

Für die Annahme, dass lediglich derartige kleinere Anlagen von der Stromsteuerpflicht ausgenommen werden sollten, spricht auch § 2 Nr. 2 StromStG in der o. a. Fassung des StromStG, der als Eigenerzeuger in dem hier interessierenden Zusammenhang nur diejenigen bezeichnet, die Anlagen zur Erzeugung von Strom mit einer Nennleistung von mehr als zwei MW betreiben. Da die Stromsteuer bei Eigenerzeugern nach § 5 Abs. 1 S. 2 StromStG durch die Entnahme zum Selbstverbrauch besteht, hat die den Begriff des Eigenerzeugers einengende Bestimmung des § 2 Nr. 2 StromStG zur Folge, dass Betreiber derartiger Anlagen von der Stromsteuerpflicht ausgenommen sind.

Werden demnach nur Kleinanlagen mit einer Nennleistung von bis zu zwei MW von der Steuerpflicht ausgenommen, muss eine Anlage, wie das von der Klägerin betriebene BHKW, deren Strom- und Wärmeerzeugung mit gemeinsamen Zuleitungen und zur gemeinsamen Versorgung des nahen Wohngebiets abgegeben werden, von der Steuerbefreiung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG ausgenommen bleiben, zumal ihre Nennleistung über zwei MW liegt. Dass diese Anlage aus mehreren Modulen mit einer Nennleistung jeweils unter zwei MW liegt, die getrennt gesteuert und versorgt werden, ist insofern unerheblich.

Die Annahme einer die Nennleistung von zwei MW übersteigenden Anlage ergibt sich nicht nur aus dem gemeinsamen Betrieb mit gemeinsamen Strom- und Wärmeleitungen in dem zu versorgenden Stadtteil, sondern auch aus dem gemeinsamen Standort. Auch dieser beweist das Vorliegen einer einzigen Anlage. Insoweit stellt der erst mit Wirkung zum 04.08.2006 durch Art. 2 Nr. 11 der Verordnung zur Durchführung energiesteuerrechtlicher Regelungen und zur Änderung der Stromsteuer-Durchführungsverordnung vom 31.07.2006 (BGBl. I, 1753) geschaffene § 12 a StromStV nur eine Bestimmung dar, die im Rahmen der Ermächtigung des § 11 Nr. 8 Buchst. a StromStG nur den Begriff der Anlage in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG in zulässiger Weise auslegt.

Etwas anderes folgt auch nicht aus den von der Klägerin zitierten und veröffentlichten Erlassen des BMF. Diese Verwaltungsanweisungen sind keine Rechtsnormen. Sie binden nur die nachgeordneten Verwaltungsbehörden, nicht aber die Gerichte (Art 20 Abs. 3, Art 97 Abs. 1 GG). Der Bürger kann im Allgemeinen aus ihnen unmittelbar keinen vor den Gerichten verfolgbaren Rechtsanspruch herleiten. Das Finanzgericht, das nach Art 20 Abs. 3 GG nur an Gesetz und Recht gebunden ist, kann auch den Beklagten nicht verpflichten, die Erlasse auch auf einen Fall anzuwenden, der nach der insoweit maßgebenden Auffassung des BMF davon nicht gedeckt ist. Insoweit sind die Verwaltungsanweisungen nicht wie Gesetze auszulegen. Maßgebend ist nicht, wie das Gericht eine solche Bestimmung verstünde, wenn sie Gesetz wäre, sondern wie die Verwaltung sie verstanden hat und verstanden wissen wollte und wie sie dementsprechend verfahren ist (BFH Urteil v. 27.10.1978 IV R 8/76, BStBl. II 1979, 54 f. m. w. N.). Allenfalls dann, wenn Verwaltungsanweisungen wie bei der Anwendung von Ermessen eine Selbstbindung herbeiführen könnten, wäre eine gerichtliche Überprüfung dahingehend möglich, ob die Auslegung durch die Behörde möglich ist (s. BFH Beschluss v. 04.06.2003 VII B 138/01, BStBl. II 2003, 790, ZfZ 2003, 378). Hier aber ist für die Anwendung der Erlasse keine wie auch immer geartete Selbstbindung zu erkennen. Zudem wäre die vom BMF vorgenommene Auslegung der für die Annahme einer Anlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG nötigen Voraussetzungen nach den eigenen Erlassen auch möglich, denn dabei hat das BMF zutreffend gewichtend auf die einheitliche Funktion und die gemeinsame Unterbringung der Anlage abgestellt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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