Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 15.06.2005
Aktenzeichen: 4 K 4122/03 VM
Rechtsgebiete: KraftStG, MinöStG
Vorschriften:
MinöStG § 25b | |
MinöStG § 25c Nr. 1 Buchst. a | |
MinöStG § 25d | |
KraftStG § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a |
Tatbestand
Die Klägerin unterhält einen landwirtschaftlichen Betrieb mit 82,31 ha Ackerland und 4,54 ha Grünland. Am 17. September 2002 beantragte sie die Vergütung von Mineralölsteuer für das Jahr 2001 nach § 25b des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) in der Fassung des Agrardieselgesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl I, 1980). Der Vergütungsantrag umfasste den Verbrauch von 3.149,16 l versteuertes Gasöl für einen LKW der Marke Daimler-Benz mit dem amtlichen Kennzeichen ...-..., der als Viehtransporter eingesetzt wurde.
Das Hauptzollamt A, dessen Zuständigkeit im Verlauf des Klageverfahrens auf das beklagte Hauptzollamt übergegangen ist, setzte mit Bescheid vom 2. Dezember 2002 die Steuervergütung für das Jahr 2001 fest. Dabei lehnte es eine Vergütung des für den Viehtransporter verwendeten Gasöls ab, weil dieser nicht als Sonderfahrzeug anerkannt werden könne.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie vorbrachte: Der Viehtransporter werde ausschließlich in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb für die Beförderung der dort erzeugten Schweine und Rinder eingesetzt. Der Transporter sei durch seine Bauart, insbesondere auf Grund des fest verbundenen Spezialaufbaus, für die Verwendung in einem landwirtschaftlichen Betrieb geeignet und bestimmt. Für andere Transporte sei das Fahrzeug nicht geeignet. Sie unterhalte keinen gewerblichen Tierzucht- oder Handelsbetrieb, sondern einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Ackerbau und Viehwirtschaft, der als solcher steuerlich anerkannt sei. Als Indiz für ein Sonderfahrzeug sei auch die im Fahrzeugschein aufgeführte Schlüsselnummer 060200 anzusehen.
Mit Entscheidung vom 25. Juni 2003 wies das Hauptzollamt A den Einspruch zurück. Zur Begründung führte es aus: Bei dem Viehtransporter handele es sich zwar um ein Sonderfahrzeug i.S. des § 25b Abs. 2 MinöStG. Der Begriff des Sonderfahrzeugs sei jedoch in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 3 Nr. 7 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) auszulegen. Hiernach könnten LKW, die speziell zum Transport von Tieren ausgestattet worden seien, regelmäßig nicht als Sonderfahrzeuge anerkannt werden, weil derartige Fahrzeuge auch in gewerblichen Tierzucht- und Handelsbetrieben eingesetzt und damit für Zwecke eines Gewerbebetriebs verwendet werden könnten. Auf die tatsächliche Verwendung des Viehtransporters im landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin komme es demgegenüber nicht an.
Die Klägerin hat am 23. Juli 2003 Klage erhoben, mit der sie vorträgt: Der Begriff des Sonderfahrzeugs in § 25b Abs. 2 MinöStG weiche von der entsprechenden Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 7 Satz 2 KraftStG ab. Eine nur mögliche Verwendung eines Viehtransporters für gewerbliche Zwecke sei nach § 25b Abs. 2 MinöStG unschädlich. Erst eine tatsächlich anderweitige Verwendung führe zum Verlust des Vergütungsanspruchs. Durch den Einsatz des LKW als Viehtransporter ändere sich die Art ihres landwirtschaftlichen Betriebs nicht. Bei dem Viehtransporter handele es sich um ein Spezialfahrzeug, das ausschließlich für die Beförderung der in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb erzeugten Rinder und Schweine eingesetzt werde. So seien die Seitenwände einschließlich der Anbindungen für den Transport der eigenen Mastbullen verstärkt worden. Vor der Laderampe sei aus Sicherheitsgründen eine zusätzliche Abschlusstür für das Verladen von Mastbullen angebracht worden. Es sei ebenso für zusätzliche Frischluftzufuhr und Abtrennungen zum Transport von Schweinen wie für zusätzliche seitliche Türen gesorgt worden, um während der Beförderung bessere Kontrollmöglichkeiten zu haben. Wegen seiner geringen Deckenhöhe sei das Fahrzeug nicht für den Transport von Reitpferden geeignet. Es widerspreche zudem dem Zweck des § 25b MinöStG und stelle eine unzulässige Ungleichbehandlung dar, einen Ackerschlepper mit einem angehängten Viehanhänger zu begünstigen, eine Vergütung bei einem als Viehtransporter umgebauten LKW jedoch zu versagen. Maßgebend könne nur sein, ob in einem landwirtschaftlichen Betrieb ein Verbrauch an Gasöl stattgefunden habe und der Inhaber mit Mineralölsteuer belastet worden sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
1. das beklagte Hauptzollamt unter teilweiser Aufhebung des Festsetzungsbescheids des Hauptzollamts A vom 2. Dezember 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2003 zu verpflichten, ihr Mineralölsteuer für 3.149,16 l Gasöl zu vergüten, das zum Betrieb des Viehtransporters mit dem amtlichen Kennzeichen ...-... im Kalenderjahr 2001 verwendet worden ist;
2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt es vor: In Anlehnung an das Kraftfahrzeugsteuerrecht könnten Sonderfahrzeuge i.S. des § 25b MinöStG nur solche Fahrzeuge sein, die nach § 3 Nr. 7 KfzStG von der Kraftfahrzeugsteuer befreit seien oder als Sonderfahrzeuge in den Fahrzeugpapieren gekennzeichnet seien. Letzteres sei hier nicht der Fall. Das Finanzamt B habe zudem mitgeteilt, dass der Viehtransporter weder von der Kraftfahrzeugsteuer befreit noch als Sonderfahrzeug anerkannt sei. Die Begünstigung nach § 25b MinöStG müsse auf Betriebe der Land- und Forstwirtschaft beschränkt bleiben und könne nicht auf gewerbliche Betriebe erweitert werden. Eine Ungleichbehandlung der Verwendung von Ackerschleppern liege nicht vor, weil die üblicherweise in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzten Zugmaschinen nicht mit LKW zu vergleichen seien.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung über die Klage erklärt.
Gründe
Das angegangene Gericht ist nach wie vor für die Entscheidung über die Klage zuständig. Der mit Wirkung ab dem 2. August 2004 eingetretene Übergang der örtlichen Zuständigkeit auf das beklagte Hauptzollamt hat nach § 70 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes nichts an der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts geändert. Denn im Streitfall ist keine Änderung des Streitgegenstands eingetreten (BFH-Urteil vom 25. Januar 2005 I R 87/04 in Abgrenzung zu BFH-Beschluss vom 9. November 2004 V S 21/04, BFHE 207, 511, BStBl II 2005, 101).
Die Klage ist begründet. Der Festsetzungsbescheid des Hauptzollamts A vom 2. Dezember 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit damit die Vergütung von Mineralölsteuer für 3.149,16 l Gasöl, das zum Betrieb des Viehtransporters mit dem amtlichen Kennzeichen ...-... im Kalenderjahr 2001 verwendet worden ist, abgelehnt worden ist (§ 101 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat auch für diese Menge an Gasöl einen Anspruch auf die Vergütung der Mineralölsteuer.
Nach § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MinöStG wird die Steuer für nachweislich versteuerte Gasöle nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes, die in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft zum Betrieb von Sonderfahrzeugen bei der Ausführung von Arbeiten zur Gewinnung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse durch Bodenbewirtschaftung oder durch mit Bodenbewirtschaftung verbundene Tierhaltung vom 1. Januar 2001 an verwendet worden sind, auf Antrag vergütet. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung sind hier erfüllt.
Die Klägerin unterhält einen landwirtschaftlichen Betrieb i.S. des § 25c Nr. 1 Buchst. a MinöStG. Der in Rede stehende Viehtransporter wurde auch unstreitig bei der Ausführung von Arbeiten zur Gewinnung tierischer Erzeugnisse durch mit Bodenbewirtschaftung verbundene Tierhaltung verwendet. Das Hauptzollamt A und das beklagte Hauptzollamt stellen nicht in Abrede, dass der Transporter ausschließlich für die Beförderung der im landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin erzeugten Schweine und Rinder eingesetzt worden ist, wie sie dies im Einspruchsverfahren dargelegt hat. Gemäß § 25b Abs. 3 Nr. 1 MinöStG gilt auch die Beförderung von im eigenen Betrieb gewonnenen Erzeugnissen als Ausführung von Arbeiten zur Gewinnung tierischer Erzeugnisse durch mit Bodenbewirtschaftung verbundene Tierhaltung.
Bei dem fraglichen Viehtransporter handelt es sich auch um ein Sonderfahrzeug i.S. des § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MinöStG. Gemäß § 25b Abs. 2 MinöStG gelten als Sonderfahrzeuge Maschinen oder Fahrzeuge, die in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft verwendet werden und nach ihrer Bauart und ihren Vorrichtungen für die Verwendung in diesen Betrieben geeignet und bestimmt sind. Der Viehtransporter wird ausschließlich im landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin für die Beförderung der dort erzeugten Rinder und Schweine verwendet. Das Fahrzeug ist durch seine Bauart und seine Vorrichtungen auch für eine derartige Verwendung geeignet und bestimmt. Wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen und näher dargelegt hat, ist der Transporter speziell für die Beförderung von Rindern und Schweinen hergerichtet worden.
Anders als das Hauptzollamt A gemeint hat, setzt § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 MinöStG nicht voraus, dass das jeweilige Fahrzeug nicht auch in gewerblichen Tierzucht- und Handelsbetrieben eingesetzt und damit für Zwecke eines Gewerbebetriebs verwendet werden kann. Die Rechtsprechung des BFH zu § 3 Nr. 7 KraftStG, nach der die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Anerkennung als Sonderfahrzeug grundsätzlich nicht für solche Fahrzeuge in Betracht kommt, die außer in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in Betrieben verwendet werden können, die den Produktionsfaktor Boden nicht einsetzen (BFH-Urteil vom 22. Juni 2004 VII R 42/03, BFHE 206, 383, BStBl II 2004, 903), kann nicht auf § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 MinöStG übertragen werden. Denn die letztgenannte Bestimmung verlangt als solche im Gegensatz zu § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG nicht, dass das Sonderfahrzeug "ausschließlich" in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet wird. Ferner setzt § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 MinöStG im Unterschied zu § 3 Nr. 7 Satz 2 KraftStG nicht voraus, dass die Fahrzeuge "nur für die bezeichneten Verwendungszwecke geeignet und bestimmt sind".
Einer einengenden Auslegung des Begriffs des Sonderfahrzeugs i.S. des § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MinöStG dahingehend, dass eine nur mögliche Verwendung des Fahrzeugs für gewerbliche Zwecke schädlich ist, bedarf es auch nach dem Sinn und Zweck der Vergütungsregelung nicht. Zwar soll durch die §§ 25b ff. MinöStG nur die Verwendung von Gasöl in bestimmten Maschinen und Fahrzeugen zur Bodenbewirtschaftung und bodengebundener Tierhaltung begünstigt werden (BTDrucks 14/4218, S. 7). Vergütungsberechtigt ist jedoch nur derjenige Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (§ 25c MinöStG), der das Gasöl für die Ausführung der in § 25b Abs. 1 und 3 MinöStG beschriebenen Arbeiten verwendet (§ 25d MinöStG). Eine Steuervergütung für die Verwendung von Gasöl zum Betrieb von Sonderfahrzeugen in gewerblichen Tierzuchtbetrieben scheidet bereits nach § 25b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1 MinöStG aus. Einer einengenden Auslegung des Begriffs des Sonderfahrzeugs, die - wie im Streitfall - auch begünstigte Arbeiten von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft von der Steuervergütung ausschließen würde, bedarf es daher nicht. Nach § 25b Abs. 2 MinöStG ist auch unerheblich, ob das jeweilige Sonderfahrzeug kraftfahrzeugsteuerrechtlich als solches anerkannt oder gekennzeichnet worden ist. Nichts anderes ergibt sich aus dem vom Hauptzollamt A genannten und noch zu § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Landwirtschafts-Gasölverwendungsgesetzes ergangenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Juni 1989 8 A 46/88 (Recht der Landwirtschaft 1989, 243). Denn dort wurde lediglich darauf abgestellt, ob ein Fahrzeug oder eine Maschine von bestimmter Beschaffenheit allgemein und üblicherweise von Betrieben der Landwirtschaft verwendet wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.