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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.05.2009
Aktenzeichen: 4 K 4390/08 VM,VE
Rechtsgebiete: MinöStV, Richtlinie (EG) 2003/96, EnergieStG, EnergieStV


Vorschriften:

MinöStV § 50 Abs. 1
Richtlinie (EG) 2003/96 Art. 14 Abs. 1b
Richtlinie (EG) 2003/96 Art. 14 Abs. 2
EnergieStG § 27 Abs. 2
EnergieStG § 52 Abs. 1
EnergieStV § 60 Abs. 4
EnergieStV § 60 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 24.04.2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.10.2008 verpflichtet, der Klägerin 52.915,02 EUR Mineralölsteuer und 22.138,46 EUR Energiesteuer zu erstatten.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine polnische Aktiengesellschaft mit Sitz in A, war die Muttergesellschaft eines europaweit operierenden Konzerns der Logistikbranche mit etwa .... Tochterunternehmen, davon zwei in Deutschland. Der Konzern war sowohl als Spediteur in Europa und Russland als auch als ...........unternehmen in Polen und Deutschland tätig. Zudem verfügt die Klägerin über eine gewerbliche Immobilie auf B.

Die Klägerin mietete von einer dritten Firma am 16.03.2005 das Flugzeug des Typs .............. mit dem Kennzeichen ..... trocken, d.h. ohne Gestellung des Kraftstoffs, den die Klägerin zu tragen hatte. Dieses Flugzeug setzte die Klägerin ausschließlich zu ihren geschäftlichen Zwecken ein, insbesondere zu Reisen des Vorstands zu Tochtergesellschaften, zu Kunden und zu Geschäftspartnern.

Mit ihrem am 31.12.2007 beim Beklagten eingegangenen Antrag beantragte die Klägerin für im Jahr 2006 unternommene, einzeln und mit dem Reisezweck und der Flugstrecke aufgeführte Flüge die Erstattung von 58.674,62 EUR Mineralölsteuer nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Mineralölsteuergesetzes MinöStG und von 16.378,86 EUR Energiesteuer nach § 52 des Energiesteuergesetzes EnergieStG . Nach den Rechnungen, die die Klägerin für ihren auf dem Flughafen C getankten Flugturbinenkraftstoff (Kerosin) erhalten hatte, war die Mineralölsteuer (für die Zeit vom 01.01. bis 31.08.2006) bzw. die Energiesteuer (für die Zeit vom 01.09. bis 31.12.2006) jeweils gesondert ausgewiesen. Die sich so ergebenden Beträge legte die Klägerin dem Erstattungsantrag zugrunde. Die von der Klägerin getätigten Flüge fanden innerhalb Deutschlands, von Deutschland in andere Mitgliedstaaten der EU und zurück, zwischen anderen Mitgliedstaaten außer Deutschland sowie im Verkehr mit Drittländern, der Schweiz, Norwegen und Russland, statt. Alle Flüge erfolgten zu geschäftlichen Zwecken der Klägerin.

Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 24.04.2008 ab und führte dazu aus, die Steuerbegünstigung sei nur für Luftfahrtunternehmen vorgesehen, die gewerbsmäßig Fluggäste oder Fracht beförderten oder gewerbsmäßig Luftfahrzeuge zur entgeltlichen Erbringung von Dienstleistungen einsetzten. Dabei sei die Eigenschaft eines Luftfahrtunternehmens durch eine entsprechende Genehmigung nach dem Luftverkehrsgesetz nachzuweisen. Werkflüge seien nur begünstigt, wenn sie von einem Luftfahrtunternehmen aufgrund eines Beförderungsvertrags erbracht würden. Diese Voraussetzungen seien bei der Klägerin nicht gegeben.

Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und verwies zur Begründung im Wesentlichen auf die rechtlichen Ausführungen im Senatsurteil vom 31.10.2007, 4 K 3864/06 VM.

Mit Einspruchsentscheidung vom 22.10.2008 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Dazu führte er aus: Unter Geltung des MinöStG bis zum 31.07.2006 sei die Steuerentlastung für Luftfahrtbetriebsstoffe nach § 50 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes MinöStV in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Nr. 3 MinöStG davon abhängig gewesen, dass die Luftfahrt von Luftfahrtunternehmen betrieben werde. Die Klägerin sei aber kein Luftfahrtunternehmen, da ihr die dazu erforderliche luftverkehrsrechtliche Genehmigung fehle. Aus diesem Grunde stehe der Klägerin auch keine Steuerentlastung nach § 52 EnergieStG in Verbindung mit § 60 Abs. 4 der Verordnung zur Durchführung des Energiesteuergesetzes EnergieStV für die Zeit vom 01.08. bis zum 31.12.2006 zu.

Das Senatsurteil vom 31.10.2007, 4 K 3864/06 VM, betreffe nur einen nicht verallgemeinerungsfähigen Einzelfall.

Die hier einschlägigen Bestimmungen des Mineralöl- und Energiesteuerrechts stellten auch zutreffende Umsetzungen des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie (EG) 2003/96 des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom vom 27.10.2003 (ABl. EU Nr. L 283/51) RL 2003/96 - dar. Aus den Abs. 11 und 23 RL der Erwägungsgründe zur 2003/96 ergebe sich der für den Streitfall nicht überschrittene Umsetzungsspielraum der nationalen Rechtsetzung, zumal die Mitgliedstaaten schon nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96 eine Beschränkung auf internationale oder innergemeinschaftliche Transporte vornehmen könnten. Schon deshalb seien die Regelungen für innerdeutsche Flüge richtlinienkonform.

Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt dazu vor: Obwohl sie kein Luftfahrtunternehmen nach § 20 des Luftverkehrsgesetzes LuftVG oder nach Art. 4 der VO (EWG) Nr. 2407/92 sei, stehe ihr der beantragte Mineralölsteuererstattungsanspruch nach §§ 50 MinöStV, 4 Abs. 1 Nr. 3 MinöStG zu. Bei gemeinschaftrechtskonformer Auslegung komme es darauf nicht an, da Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96 diese Einschränkung nicht vornehme und den nationalen Gesetzgeber dazu auch nicht ermächtige. Insbesondere sei eine Auslegung der Richtlinienbestimmungen durch niederrangigeres Recht ausgeschlossen. Die von ihr vorgenommenen Flüge seien nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96 begünstigt. Davon ausgeschlossen sei nur die Luftfahrt zu privaten Vergnügungszwecken. Sie könne sich auch unmittelbar auf die Richtlinienbestimmungen berufen.

Gleiches gelte auch für die beantragte Energiesteuervergütung nach §§ 27, 52 EnergieStG.

Nach den Ausführungen des Gesetzgebers im Gesetzgebungsverfahren des EnergieStG komme es nicht auf das formelle Bestehen einer Luftverkehrsgenehmigung an. Vielmehr werde ganz auf dieses Kriterium verzichtet, sofern es sich um gewerbliche Dienstleistungen handele, die keine gewerbliche Personen- oder Sachbeförderungen darstellten.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24.04.2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.10.2008 zu verpflichten, ihr 52.915,02 EUR Mineralölsteuer und 22.138,46 EUR Energiesteuer zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, mit der Steuerbegünstigung nur für zugelassene Luftfahrtunternehmen werde deren höheren Sicherheitsstandards Rechnung getragen. Dies gelte auch für das Energiesteuerrecht, wie die Begründung zu § 60 EnergieStV zeige.

Die Beteiligten haben auf die mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 24.04.2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.10.2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit es das beklagte Hauptzollamt abgelehnt hat, der Klägerin die insgesamt angemeldete Steuer zu vergüten, § 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung FO .

Die Klägerin hat für den Vergütungsabschnitt vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2006 Anspruch auf die Vergütung von 52.915,02 EUR Mineralölsteuer.

Nach § 50 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStV) wird auf Antrag einem Luftfahrtunternehmen die Steuer für Luftfahrtbetriebsstoffe erstattet oder vergütet, die es im Steuergebiet versteuert bezogen und für steuerfreie Flüge verwendet hat. Unter einem Luftfahrtunternehmen ist ein Unternehmen zu verstehen, das Personen oder Sachen gewerbsmäßig, d.h. gegen Entgelt und nicht nur gegen Ersatz der Selbstkosten befördert (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 6. Februar 1996 VII R 101/94, BFHE 179, 511). Im Streitfall kann dahinstehen, ob die Klägerin, die im Kalenderjahr 2006 weder über eine Betriebsgenehmigung nach § 20 LuftVG noch über eine solche nach Art. 4 VO Nr. 2407/92 verfügte, ein Luftfahrtunternehmen betreibt. Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96, die seit dem 1. Januar 2004 anzuwenden ist (Art. 28 Abs. 2 RL 2003/96), erfordert als höherrangiges Gemeinschaftsrecht für eine Steuerbefreiung lediglich, dass die Energieerzeugnisse als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt verwendet werden. Der Anwendungsbereich dieser Bestimmung ist nicht auf Luftfahrtunternehmen beschränkt. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat zudem bereits entschieden, dass sich ein einzelner unmittelbar auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19.10.2992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern aus Mineralöle (ABl. EG Nr. L 316/12) RL 92/81 , der Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96 entspricht, berufen kann (Urteil v. 10.06.1999 C-346/97, Slg. 1999, I-3419 Rz. 31). Daher kann für eine Erstattung oder Vergütung von Mineralölsteuer nach § 50 Abs. 1 MinöStV nicht mehr darauf abgestellt werden, ob der jeweilige Antragsteller ein Luftfahrtunternehmen betreibt.

Die Klägerin hat das von ihr im Steuergebiet versteuert bezogene Flugbenzin auch für steuerfreie Flüge verwendet. Nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Unterabs. 1 RL 2003/96 haben die Mitgliedstaaten die Verwendung von Energieerzeugnissen als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt - "autre que l'aviation de tourisme privée" in der französischen Fassung und "other than in private pleasure-flying" in der englischen Fassung der Bestimmung - von der Steuer zu befreien. Unter privater nichtgewerblicher Luftfahrt ist zu verstehen, dass das Luftfahrzeug von seinem Eigentümer oder der durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten natürlichen oder juristischen Person für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird (Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Unterabs. 2 RL 2003/96).

Im Streitfall hat die Klägerin das von ihr "trocken" gecharterte Luftfahrzeug, zwar nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen, aber für andere gewerbliche, kommerzielle Zwecke ihres Unternehmens genutzt. Sie hat mit dem Flugzeug den sog. Werkverkehr betrieben. Die Aufzählung der Regelbeispiele in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Unterabs. 2 RL 2003/96 - die Nutzung des Luftfahrzeugs für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke - schließt einen Rückgriff auf den allgemeinen Tatbestand der Nutzung des Luftfahrzeugs für kommerzielle Zwecke nicht aus. Das ergibt sich bereits daraus, dass nach der Vorschrift lediglich die rein private Nutzung von Luftfahrzeugen nicht begünstigt ist. Der EuGH hat überdies zu dem Begriff der "Schifffahrt" im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c RL 92/81 entschieden, dass jede Schifffahrt zu kommerziellen Zwecken in den Anwendungsbereich der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befreiung von der harmonisierten Verbrauchsteuer fällt: Die Regelung unterscheide nicht nach dem jeweiligen Zweck der Schifffahrt, weil die Wettbewerbsverzerrungen, die durch die Richtlinie verhindert werden sollten, unabhängig von der Art der betreffenden gewerblichen Schifffahrt auftreten könnten (EuGH-Urteile vom 01.04.2004 C-389/02, Slg. 2004, I-3537 Rzn. 23 und 25 sowie vom 01.03.2007 C-391/05, Slg. 2007, I-1793 Rz. 36). Der Senat hat keine Bedenken, die vom EuGH zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. c RL 92/81 entwickelten Grundsätze auf die vergleichbare Bestimmung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96 zu übertragen. Daher ist auch im Streitfall davon auszugehen, dass die Klägerin das von ihr gecharterte Luftfahrzeug zu kommerziellen Zwecken genutzt hat, indem sie es für eigenbetriebliche Zwecke im Werkverkehr eingesetzt hat. Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96 auf bestimmte Arten kommerzieller Zwecke sieht das Gemeinschaftsrecht nicht vor. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hätte, wenn er über die private nichtgewerbliche Luftfahrt hinaus bestimmte Arten kommerzieller Luftfahrt von der obligatorischen Steuerbefreiung hätte ausnehmen wollen, eine solche Beschränkung der Befreiung ausdrücklich regeln müssen (EuGH-Urteil v. 01.04.2004 C389/02, aaO. Rz. 26 - zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. c RL 92/81).

Der Senat sieht sich in seiner Auffassung auch durch das BFH-Urteil vom 27.06.2006 VII R 62/05, BFH/NV 2006, 2132, bestätigt. In dieser Entscheidung hat der BFH ausgeführt, dass eine von einem Versicherungsunternehmen in Meeresgewässern der Gemeinschaft zur Besichtigung von Schäden an versicherten Yachten und zur Betreuung von Regatten eingesetzte Barkasse zu kommerziellen Zwecken verwendet werde. In dem entschiedenen Fall ließ es der BFH für die Annahme eines kommerziellen Zwecks u.a. ausreichen, dass die Barkasse als Werbemaßnahme bei der Begleitung einer Regatta in unmittelbarem Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit des Versicherungsunternehmens stand, ohne dass dieses hierfür ein Entgelt von Dritten erhielt.

Der Kläger hat für den Vergütungsabschnitt vom 1. August bis zum 31. Dezember 2006 einen Anspruch auf die Vergütung von 22.138,46 EUR Energiesteuer.

Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG wird auf Antrag eine Steuerentlastung für nachweislich versteuerte Energieerzeugnisse gewährt, die zu den in § 27 EnergieStG genannten Zwecken verwendet worden sind. Die Steuerentlastung kann in der Vergütung der Steuer bestehen (§ 45 EnergieStG). Nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG darf u.a. Flugbenzin steuerfrei in Luftfahrzeugen für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt verwendet werden. § 60 Abs. 4 EnergieStV definiert in dem hier interessierenden Zusammenhang die private nichtgewerbliche Luftfahrt im Sinne des § 27 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG als die Nutzung eines Luftfahrzeugs durch seinen Eigentümer oder den durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen Nutzungsberechtigten zu anderen Zwecken als zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen oder Sachen durch Luftfahrtunternehmen oder zur gewerbsmäßigen Erbringung von Dienstleistungen. Gewerbsmäßigkeit soll nach § 60 Abs. 5 EnergieStV vorliegen, wenn die mit dem Luftfahrzeug gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und der Unternehmer auf eigenes Risiko und eigene Verantwortung handelt.

Die Bestimmung des Begriffs der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt durch § 60 Abs. 4 und 5 EnergieStV widerspricht Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96, weil sie die eigenbetriebliche Verwendung eine Luftfahrzeugs zu kommerziellen Zwecken von dem Anwendungsbereich des § 27 Abs. 2 EnergieStG ausnimmt. Da sich die Klägerin unmittelbar auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96 als höherrangiges Gemeinschaftsrecht berufen kann (EuGH-Urteil v. 10.06.1999 C-346/97, aaO. Rz. 31), kann sich das beklagte Hauptzollamt nicht auf die dieser Vorschrift widersprechenden Bestimmungen des § 60 Abs. 4 und 5 EnergieStV stützen.

Die Klägerin kann sich nicht nur hinsichtlich der mit ihrem Luftfahrzeug durchgeführten innergemeinschaftlichen Flüge und der Flüge nach und aus Drittländern auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96 berufen. Der deutsche Gesetzgeber hat von der ihm durch Art. 14 Abs. 2 Satz 1 RL 2003/96 eingeräumten Befugnis, die Steuerbefreiung gemäß Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96 auf internationale oder innergemeinschaftliche Transporte zu beschränken, keinen Gebrauch gemacht (s. BT-Drs. 16/1172 S.39). Er hat nur in der Begründung des Gesetzesentwurfs erwogen, die Steuerbefreiung in der Durchführungsverordnung auf bestimmte Begünstigte, nämlich zugelassene Luftfahrtunternehmen zu begrenzen und mit § 66 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a EnergieStG vorgesehen, die Voraussetzungen für die Steuerbefreiungen einschließlich der Begriffe näher durch das Bundesministerium der Finanzen BMF bestimmen zu lassen. Dem ist das BMF später mit der insoweit unzutreffenden Regelung des § 60 Abs. 4 und 5 EnergieStV nachgekommen.

Unbeschadet dessen kann sich ein Mitgliedstaat, der seine Verpflichtungen zur Umsetzung einer Richtlinie verletzt hat, auch nicht darauf berufen, dass er die durch die Richtlinie begründeten Rechte des einzelnen hätte begrenzen können, wenn er die Richtlinie umgesetzt hätte (EuGH-Urteile vom 19. 11.1991 C-6/90 und C-9/90, Slg. 1990, I-5357, NJW 1992, 165 ff. Rz. 21 , vom 29.04. 2004 C-102/02, Slg. 2004 , I-5405 Rz. 63, vom 14.07.2005 C-142/04, Slg. 2005, I-7181 Rz. 35). Der deutsche Gesetzgeber hat seine Verpflichtung zur Umsetzung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 verletzt, weil er eine Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a des Mineralölsteuergesetzes nur für Luftfahrtunternehmen vorgesehen hat, die Luftfahrtbetriebsstoffe für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen verwenden. Ferner hat das BMF in § 60 Abs. 4 und 5 EnergieStV den Kreis der steuerbefreiten Tatbestände zu eng definiert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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