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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.10.2005
Aktenzeichen: 4 K 5249/03 Erb
Rechtsgebiete: EStG, UmwG, ErbStG, AO, BGB
Vorschriften:
ErbStG § 1 Abs. 1 | |
ErbStG § 7 Abs. 1 | |
ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 4 | |
UmwG § 202 Abs. 1 Nr. 1 | |
UmwG § 272 | |
EStG § 17 | |
BGB § 38 | |
BGB § 41 | |
BGB § 45 | |
AO § 42 |
Tatbestand
Die Klägerin war Mitglied des Familienvereins A.G. e. V. (Familienverein). Sie wendet sich gegen die Festsetzung von Schenkungsteuer durch den Beklagten wegen der Umwandlung des Familienvereins in eine GmbH.
Am 3. April 1970 gründete Herr A.G., der Vater der Klägerin, gemeinsam mit seinem Bruder, Herrn I. G., den "G e. V.". Durch notariellen Vertrag vom 3. Juni 1970 übertrugen Herr G und sein Bruder von ihren Geschäftsanteilen an der H-Gesellschaft für Vermögensverwaltung und -vermittlung mbH (H-GmbH) von je nominell 500.000,00 DM Teilbeträge in Höhe von je nominell 455.000,00 DM auf den "Familienverein G e. V.".
Am 9. Januar 1972 verstarb Herr A.G. In der Folgezeit kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Familienstämmen. Dies führte dazu, dass auf der Mitgliederversammlung am 30. November 1973 Herrn I.G. und die übrigen Mitglieder seiner Familie aus dem Verein austraten und einen eigenen Verein gründeten ("Familien-Verein I.G. e. V"). Der ursprüngliche Familienverein änderte seinen Namen durch Satzungsänderung in "Familienverein A.G. e. V." (im Folgenden: Familienverein). Durch notariellen Vertrag vom 27. Dezember 1973 übertrug er u. a. den Geschäftsanteil an der H-GmbH von nominell 455.000,00 DM auf den Familienverein I.G. e. V.
Zweck des Familienvereins war die Pflege und Förderung gemeinschaftlicher Familieninteressen der Angehörigen der Familie A.G. (§ 2 Abs. 1 der Satzung). Der Verein war nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet und nahm nicht am Wirtschaftsverkehr mit Gewinnerzielungsabsicht teil (§ 2 Abs. 3 der Satzung). Dem Verein gehörten ordentliche und jeweils drei außerordentliche - familienfremde - Mitglieder an (§ 4 Abs. 1 der Satzung). Als Familie im Sinne der Satzung galten gemäß § 3 Abs. 1 der Satzung: Frau L.G., eheliche, leibliche Abkömmlinge von ihr und Herrn A.G. sowie deren eheliche, leibliche Nachkommen sowie die Ehegatten von Abkömmlingen. § 10 der Satzung regelte die Auflösung des Vereins. Nach Abs. 1 fiel das Vermögen des Vereins für den Fall, dass dieser vor Ablauf des 31. Dezember 2019 aufgelöst werden sollte, an die testamentarischen Erben nach A.G.; Frau L.G. sollte für diesen Fall einen lebenslänglichen Nießbrauch in Höhe der Hälfte der gesamten Erträge am aufgelösten Vereinsvermögen erhalten.
Mit Schreiben vom 15. September 1995 beantragte der Familienverein eine verbindliche Auskunft zu der Frage, ob bei einer Umwandlung des Vereins nach § 272 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) in eine Kapitalgesellschaft Schenkungsteuer anfalle. Ausweislich der Vermögensteuererklärungen bestehe das Vereinsvermögen im Wesentlichen aus einer 44,5 %-igen Beteiligung am Stammkapital der H-GmbH.
Nach Beteiligung der Oberfinanzdirektion teilte das Finanzamt, dessen Zuständigkeit in der Folgezeit auf den Beklagten übergegangen ist, mit Schreiben vom 30. Januar 1996 mit, dass die beabsichtigte Umwandlung Schenkungsteuer nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) auslöse. Zwar bleibe durch die Umwandlung des Vereins in eine GmbH die Identität des Rechtsträgers als juristische Person gewahrt. Erbschaftsteuerlich seien jedoch der Verein und die GmbH als verschiedene Rechtsträger anzusehen, so dass eine "Auflösung" des Vereins vorliege. Würde man keine Auflösung des Vereins annehmen, könnte durch eine zwischengeschaltete Umwandlung in eine GmbH erreicht werden, dass das Vereinsvermögen ohne schenkungsteuerliche Belastung an die Vereinsmitglieder ausgekehrt werde, weil im Falle der Liquidation einer GmbH durch Übertragung von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter kein schenkungsteuerlicher Tatbestand verwirklicht werde. Seine Auffassung werde gestützt durch die Regelung im Erlass des Finanzministers NRW vom 7. Dezember 1983, S 3800-15-VA2.
Auf der Mitgliederversammlung vom 19. April 2000 fassten die Mitglieder des Vereins den Beschluss, den Verein im Wege der formwechselnden Umwandlung von einem eingetragenen Verein in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß §§ 272 ff. UmwG zum 19. April 2000, 24 Uhr in die M-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (M-GmbH) umzuwandeln. Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung von Vermögen, insbesondere die Gründung, der Erwerb und die Finanzierung von in- und ausländischen Versicherungsunternehmen sowie von Beteiligungen an solchen Unternehmen. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 450.000,00 € und ist aufgeteilt in drei Geschäftsanteile von je 150.000,00 €. An die Stelle der bisherigen Mitgliedschaftsrechte der Mitglieder am Verein treten Stammeinlagen der nunmehrigen Gesellschafter an der Gesellschaft. Die drei Gesellschafter - vormals Mitglieder des Familienvereins - sind neben der Klägerin ihre Mutter, Frau L.G., sowie ihr Bruder, R.G.. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Erklärung vom 19. April 2000 (UR-Nr.) sowie auf den Gesellschaftsvertrag der M-GmbH vom selben Tage Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 31. Januar 2003 teilte der Beklagte mit, dass die formwechselnde Umwandlung des Familienvereins in eine Kapitalgesellschaft den gesetzlichen Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG erfülle, weil die durch Mitgliederbeschluss herbeigeführte Umwandlung das Erlöschen des Rechtsträgers "Verein" bewirke. Die ursprüngliche Zuordnung des Vereinsvermögens der Mitglieder werde so entscheidend geändert, dass nach dem Zweck der gesetzlichen Bestimmung die Umwandlung einer Auflösung des Vereins nach § 41 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gleichzusetzen sei. Schenkungsteuerpflichtiger Erwerber sei dabei nicht die GmbH selbst, sondern (seien) die Vereinsmitglieder nach Bruchteilen, mit denen sie als Gesellschafter am Stammkapital der entstandenen Kapitalgesellschaft beteiligt würden. Eine analoge Anwendung von Steuertatbeständen zu Lasten des Steuerpflichtigen sei auch nicht generell ausgeschlossen. Die formwechselnde Umwandlung sei erst mit Einführung des Umwandlungsgesetzes zum 1. Januar 1995 geschaffen worden. Bis dahin sei eine "Umwandlung" nur möglich gewesen, indem man zunächst den Verein habe auflösen und im Anschluss daran die GmbH habe gründen müssen. Auch hier sei es bereits durch vertragliche Regelungen möglich gewesen, die Mitglieder zu verpflichten, das auszukehrende Vereinsvermögen ungeschmälert in die GmbH einzubringen, um so eine andere Verwendung zu verhindern. Im Ergebnis habe das neue Umwandlungsgesetz nur die Möglichkeit geschaffen, die Umwandlung auf direktem Wege zu erreichen. Eine Belastung der öffentlichen Haushalte sollte ausdrücklich ausgeschlossen werden. Es sei nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen, ein Steuerschlupfloch zur Umgehung des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG zu schaffen.
Der Aufforderung des Beklagten, eine Schenkungsteuererklärung abzugeben, kam die Klägerin in der Folgezeit nicht nach.
Mit Schenkungsteuerbescheid vom 3. Juni 2003 setzte der Beklagte Schenkungsteuer in Höhe von 344.001,78 € (672.809,00 DM) gegen die Klägerin fest. Dabei schätzte er die Besteuerungsgrundlagen und nahm als Gegenstand des Erwerbs zum Umwandlungsstichtag die ausgegebenen Anteile am Stammkapital der M-GmbH (Nennwert 450.000,00 €) an, die er mit ihrem gemeinen Wert bewertete. Ausgehend von einem Wert des Erwerbs in Höhe von 6.568.655,00 DM und einem Freibetrag in Höhe von 400.000,00 DM gemäß § 16 ErbStG sowie einer Steuerbefreiung für Betriebsvermögen in Höhe von 2.627.462,00 DM gemäß § 13 a ErbStG ermittelte der Beklagte einen steuerpflichtigen Erwerb der Klägerin in Höhe von 3.541.100,00 DM. Unter Berücksichtigung der Steuerklasse I und eines Steuersatzes von 19 % errechnete er die festgesetzte Schenkungsteuer.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 27. August 2003 im Wesentlichen mit der Begründung zurückwies, dass die neuen Gesellschaftsanteile eine vermögensmäßige Beteiligung der Klägerin an der Kapitalgesellschaft begründen würden. Diese Anteile seien übertragbar und stets vererblich. Diese Änderung an den Beteiligungsrechten rechtfertige es, schenkungsteuerlich eine Auflösung des Vereins anzunehmen.
Mit ihrer am 19. September 2003 erhobenen Klage trägt die Klägerin ergänzend vor: Die vom Beklagten vorgenommene Auslegung des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG widerspreche Wortlaut, Historie sowie Sinn und Zweck der Vorschrift. Die "Umwandlung" könne schon begrifflich nicht unter die "Auflösung" eines Familienvereins subsumiert werden. Die Auslegung finde aber ihre Grenze im Wortlaut der Norm. Zudem sei zu berücksichtigen, dass § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG eine Fiktion aufstelle, die nicht ohne weiteres auf andere Lebenssachverhalte übertragen werden könne. Darüber hinaus liege eine Vermögensverschiebung, wie vom Gesetz gefordert, bei einer Umwandlung gemäß § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG nicht vor. Der Beklagte könne auch nicht erklären, wer Zuwendender im vorliegenden Fall sein solle; dies sei weder der Familienverein noch die GmbH noch sie (die Klägerin) selbst. Die vom Beklagten im Ergebnis vorgenommene analoge Auslegung der einschlägigen Bestimmung sei daher nicht möglich. Schließlich sei auch zumindest fraglich, ob die subjektiven Voraussetzungen einer Schenkung vorliegen würden.
Die Klägerin beantragt,
den Schenkungsteuerbescheid des Beklagten vom 3. Juni 2003 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. August 2003 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und verweist zur Begründung auf sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.
Gründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der Schenkungsteuerbescheid des Beklagten vom 3. Juni 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. August 2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)).
Die Umwandlung des Familienvereins A.G. durch Beschluss der ehemaligen Vereinsmitglieder vom 19. April 2000 in die M-GmbH unterliegt keiner Schenkungsteuer, weil ein steuerpflichtiger Vorgang im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG dadurch nicht begründet worden ist.
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden, was - im hier relevanten Fall - bei Auflösung eines Vereins, dessen Zeck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, erworben wird. Die Voraussetzungen der Norm liegen nicht vor.
Zwar handelte es sich beim Familienverein A.G. nach dessen Satzung um einen Verein im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, dessen Vermögen in Zeitabständen von 30 Jahren seit dem Zeitpunkt des Vermögensübergangs (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) der Besteuerung unterlag.
Allerdings liegt keine Auflösung des Vereins vor mit der Folge, dass das Vereinsvermögen gemäß § 45 BGB den anfallsberechtigen Mitgliedern, u.a. der Klägerin, zugefallen wäre. Insbesondere kann von einer Auflösung des Vereins durch Mitgliederbeschluss gemäß § 41 BGB nicht ausgegangen werden. Denn der Familienverein ist vielmehr durch Beschluss der Mitgliederversammlung vom 19. April 2000, damit noch vor Ablauf der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG bestimmten Frist von 30 Jahren, die am 3. Juni 1970 endete (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG), formwechselnd in eine Kapitalgesellschaft gemäß §§ 272 ff. UmwG umgewandelt worden. In der formwechselnden Umwandlung liegt weder eine Auflösung des Vereins noch ein Sachverhalt, der hiermit vergleichbar wäre, wovon der koordinierte Ländererlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 7. Dezember 2000 offenbar ausgeht.
Gemäß § 202 Abs.1 Nr.1 UmwG besteht der formwechselnde Rechtsträger (hier: Verein) in der im Umwandlungsbeschluss bestimmten Rechtsform (hier: GmbH) weiter. Kennzeichnend für eine formwechselnde Umwandlung ist, dass an ihr nur ein Rechtsträger beteiligt ist, es weder zu einer Gesamtrechtsnachfolge eines Rechtsträgers in das Vermögen eines anderen kommt noch es der Übertragung der einzelnen Vermögensgegenstände bedarf. Die formwechselnde Umwandlung wird durch das Prinzip der Identität des Rechtsträgers, der Kontinuität seines Vermögens (wirtschaftliche Identität) und der Diskontinuität seiner Verfassung bestimmt (allgemeine Meinung, vgl. nur Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 4. Dezember 1996 - II B 116/96 - Bundessteuerblatt (BStBl) II 1997, 661 (662); Petersen, Betriebsberater (BB) 1997, 1981 (1982) m.w.N.). Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht den zivilrechtlichen Vorgaben des Umwandlungsrechts etwa nicht folgen sollte (vgl. zum Grunderwerbsteuerrecht ausdrücklich bejahend: BFH, Beschluss vom 4. Dezember 1996 - II B 116/96 - a.a.O.; ferner Grüter/Mitsch, Deutsches Steuerrecht (DStR) 2001, 1827 (1830)). Dies schon deshalb nicht, weil gerade das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs maßgeblich durch das Zivilrecht geprägt wird und dieses einer hiervon abweichenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise grundsätzlich entgegensteht (vgl. nur Urteil vom 25. Januar 2001 - II R 39/98 - Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (HFR) 2001, 678).
Daraus folgt aber, dass der Familienverein A.G. gemäß § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG in der M-GmbH weiter besteht, das Vereinsvermögen unverändert Gesellschaftsvermögen geworden ist und an die Stelle der Mitgliedschaftsrechte nunmehr die Rechte der Gesellschafter getreten sind. Von einer Auflösung des Vereins, wie es das Gesetz fordert, kann daher nicht die Rede sein (vgl. in diesem Sinne, also eine Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG verneinend, auch: Troll/Gebel/Jülicher, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Loseblatt, Stand: März 2005, § 7 Rn. 344; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 14. Auflage 2004, § 7 Rn. 115; Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2001, § 7 Rn. 154; Petersen, BB 1997, 1981; Grüter/Mitsch, DStR 2001, 1827 (1830);
a.A. offenbar Kapp/Ebeling, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Loseblatt, Stand: Juni 2005, § 7 Rn. 155).
Der vom Beklagten eingenommene Standpunkt läuft in Fällen der formwechselnden Umwandlung im Ergebnis auf eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG hinaus, ohne diese allerdings als solche zu benennen, und beruht auf dem bereits angeführten koordinierten Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 7. Dezember 2000. Der Senat sieht jedoch keine Basis für eine Ausweitung der Vorschrift auf Fälle der formwechselnden Umwandlung.
Bedenken gegen eine solche Ausweitung des Besteuerungstatbestands bestehen schon deshalb, weil es sich bei § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG um eine gesetzliche Fiktion handelt ("Als Schenkungen unter Lebenden gelten ..."), die daher eng auszulegen und auf den Fall der Auflösung des Familienvereins zu beschränken sein dürfte. Zudem sind die in § 7 Abs. 1 ErbStG angeführten Fälle einer Schenkung unter Lebenden abschließend aufgezählt.
Abgesehen davon, dass es sich bei der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung in Fällen der vorliegenden Art um eine zumindest problematische steuerverschärfende Analogie zum Nachteil des Steuerpflichtigen handeln dürfte (darauf weisen zu Recht hin: Petersen, BB 1997, 1981 (1983); Grüter/Mitsch, DStR 2001, 1827 (1831)), vermag der Senat eine planwidrige Regelungslücke, die im vorliegenden Fall geschlossen werden müsste, nicht zu erkennen. Die Möglichkeit der identitätswahrenden Umwandlung eines Vereins in eine Kapitalgesellschaft aufgrund der §§ 272 ff. UmwG besteht seit 1995, ohne dass das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG hieraus Konsequenzen gezogen hätte. Hierzu hätte für den Gesetzgeber jedenfalls ausreichend Gelegenheit bestanden, weil das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz seitdem mehrfach geändert worden ist, insbesondere durch das Jahressteuergesetz 1997.
Darüber hinaus sind die Sachverhalte "Auflösung" und "Umwandlung" eines Vereins aber auch nicht miteinander vergleichbar. Das beruht auf dem in § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG festgeschriebenen Identitätsprinzip im Falle der formwechselnden Umwandlung, wonach ein echter Vermögensübergang von einem Rechtsträger auf den anderen gerade nicht erfolgt. Bei einer Umwandlung bleibt das Vermögen in Höhe der Einlagen der Gesellschafter gebunden. Der einzige Vorteil besteht darin, dass gemäß § 15 GmbHG über den Geschäftsanteil nunmehr verfügt werden kann und er ebenfalls vererblich ist, was gemäß § 38 BGB für das Mitgliedschaftsrecht ausdrücklich ausgeschlossen wird. Auch sind die Anteile der Gesellschafter weiterhin steuerverhaftet. Bei einer entgeltlichen Verfügung über den Geschäftsanteil dürfte gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Einkommensteuer entstehen, im Falle der Schenkung Schenkungsteuer; im Übrigen Erbschaftsteuer. Demgegenüber sind die Mitglieder bei einer Auflösung des Vereins gemäß § 45 BGB anfallsberechtigt mit der Folge, dass ein echter Vermögensübergang stattfindet, der steuerbar ist. Da das anfallsberechtigte Mitglied einen gesetzlichen Anspruch auf das Vermögen hat, käme eine freigebige Zuwendung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG als Besteuerungstatbestand nicht in Betracht, deswegen ist der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG durch das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz vom 17. April 1974 erstmals auf Vereine ausgeweitet worden. Denn bis dahin fiel gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG 1959 nur bei Aufhebung einer Stiftung Steuer an, weshalb dieser Zustand "aus Gründen der Steuergerechtigkeit" beseitigt werden sollte. In der steuerlichen Gleichstellung von Stiftung einerseits und Verein andererseits erschöpft sich aber erkennbar der Zweck der Regelung, insbesondere sollte hiermit keine über die Auflösung des Vereins hinausgehende Besteuerungskompetenz geschaffen werden.
Schließlich kann in der Umwandlung auch keine freigebige Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gesehen werden. Dies folgt schon daraus, weil - wie dargestellt - ein Vermögensübergang in Form der Entreicherung und Bereicherung gemäß § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG nicht festgestellt werden kann. Auch der Umstand, dass die Mitgliedschaftsrechte nunmehr zu Gesellschaftsrechten erstarkt sind, lässt eine Bereicherung der Klägerin nicht erkennen. Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs selbst bei einer Auflösung des Vereins § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nur einschlägig, wenn das Vermögen auf solche Mitglieder übertragen worden ist, die keine Vereinsmitglieder gewesen sind (vgl. BFH, Urteil vom 14. Juni 1995 - II R 92/92 - BStBl II 1995, 609). Die Klägerin ist indes Mitglied des Familienvereins gewesen, so dass für eine Besteuerung nur auf § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG hätte abgestellt werden können.
Der Senat vermag in dem Beschluss der Mitglieder des Familienvereins, diesen kurz vor Ablauf der in § 1 Abs.1 Nr. 4 ErbStG bestimmten Frist formwechselnd in eine GmbH umzuwandeln, auch keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO, der auch im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht anwendbar ist (BFH, Beschluss vom 24. Mai 2000 - II B 74/99 - Sammlung der nicht veröffentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH/NV) 2001, 162), zu erkennen. Von einer Umgehung ist auszugehen, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die unangemessen ist, also der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorgegebene typische Gestaltung zur Erreichung bestimmter wirtschaftlicher Ziele nicht gebraucht, sondern hierfür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel, Steuern zu sparen, nicht erreichbar sein soll. Die Unangemessenheit einer Rechtsgestaltung tritt insbesondere zutage, wenn diese keinem wirtschaftlichen Zweck dient (vgl. nur BFH, Urteil vom 8. Mai 2003 - IV R 54/01 - BStBl II 2003, 854; Urteil vom 17. Dezember 2003 - IX R 60/98 - BStBl II 2004, 646).
Ausreichende Anhaltspunkte für eine unangemessene Gestaltung lassen sich dem Streitfall jedoch nicht entnehmen. Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Vermögen der nunmehrigen M-GmbH durch die Umwandlung der Besteuerung nicht endgültig entzogen worden ist; es bleibt - wie bereits dargestellt - auch weiterhin steuerverhaftet. Es ist zum derzeitigen Zeitpunkt auch überhaupt nicht absehbar, ob sich mit der gewählten Gestaltung dauerhaft überhaupt Steuern sparen lassen. Darüber hinaus haben die Mitglieder des Vereins lediglich von der ihnen durch die §§ 272 ff. UmwG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Verein in eine Kapitalgesellschaft umzuwandeln. Dieser Weg kann nicht ohne weiteres als ungewöhnlich bezeichnet werden, auch wenn der Mitgliederbeschluss erst kurz vor Ablauf der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG bestimmten Frist erfolgt ist. Denn die Mitglieder des Vereins waren nachweislich schon seit 1995 darum bemüht, den Familienverein entsprechend umzuwandeln, was sich aus dem Auskunftsersuchen vom 15. September 1995 an das seinerzeit noch zuständige Finanzamt ergibt. Auch kann nach Lage der Dinge nicht davon ausgegangen werden, die Umwandlung habe keinem wirtschaftlichen Zweck gedient. Hierzu hat die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass es bei einem international ausgerichteten Versicherungskonzern für die Außendarstellung unvernünftig gewesen sei, den Familienverein, der sehr stark an die Mitglieder, also an Personen gebunden gewesen sei, weiter fortzuführen. So sei die Akzeptanz einer Kapitalgesellschaft bei ausländischen Unternehmen sehr viel höher als die bei einem Familienverein; letztendlich habe sich das Modell "Familienverein" als in der Praxis überholt erwiesen. Der Senat sieht auch keine Veranlassung, dieser Einschätzung der Klägerseite etwa keinen Glauben zu schenken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO zugelassen, um der Finanzverwaltung Gelegenheit zu geben, den von ihr im Falle der formwechselnden Umwandlung eines Vereins in eine Kapitalgesellschaft im koordinierten Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 7. Dezember 2000 eingenommenen Rechtsstandpunkt nunmehr höchstrichterlich klären zu lassen.
Anmerkung
Verweis auf Parallelverfahren: FG Düsseldorf, Urteil vom 05.10.2005, 4 K 4933/03 Erb
Ende der Entscheidung
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