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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.05.2007
Aktenzeichen: 4 K 975/06 Z
Rechtsgebiete: EU VO Nr. 2913/92
Vorschriften:
EU VO Nr. 2913/92 Art. 220 Abs. 1 S. 1 |
Finanzgericht Düsseldorf
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Klägerin meldete am 2. August 2004 beim beklagten Hauptzollamt aus der Türkei eingeführte "Yufka (Teigwarenblätter)" unter der Unterpos. 1901 20 00 der Kombinierten Nomenklatur (KN) zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Die Teigblätter wurden aus Weizenmehl, Wasser und Salz hergestellt und sodann einer Hitzebehandlung unterzogen, wodurch sie eine mehr oder weniger starke Braunfärbung erhielten. Neben einer Menge von 13.728 kg reiner Teigblätter umfasste die angemeldete Einfuhrsendung auch eine Menge von 1.680 kg mit Käse und Kräutern gefüllte Teigblätter.
Die Zollstelle entnahm der Warensendung jeweils eine Probe und setzte die Einfuhrabgaben gegen die Klägerin mit Bescheid vom 2. August 2004 zunächst auf der Grundlage der von ihr angemeldeten Unterposition fest. Die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt bei der Oberfinanzdirektion A (ZPLA A) kam in ihren Gutachten vom 20. September und 14. Oktober 2004 zu dem Ergebnis, dass die nicht gefüllten Teigblätter in die Unterpos. 1905 90 20 KN und die mit Käse sowie Kräutern gefüllten Teigblätter in die Unterpos. 1905 90 90 KN einzureihen seien. Die Teigblätter hätten auf Grund der deutlich erkennbaren Bräunungsstellen nicht die äußere Beschaffenheit von rohem Teig.
Das beklagte Hauptzollamt forderte von der Klägerin mit Bescheid vom 15. Oktober 2004 8.018,65 EUR Zoll nach, weil die von ihr angemeldeten Waren in die Unterpos. 1905 90 20 KN einzureihen seien. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Nachdem ihr die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt bei der Oberfinanzdirektion B (ZPLA B) eine verbindliche Zolltarifauskunft erteilt hatte, mit der Teigblätter aus Weizenmehl, Wasser und Salz, die hellbraune Bräunungsstellen aufweisen, in die Unterpos. 1905 90 90 KN eingereiht worden waren, hob das beklagte Hauptzollamt den Bescheid vom 15. Oktober 2004 mit Bescheid vom 7. Dezember 2004 auf und erließ ihr die Einfuhrabgaben. Das beklagte Hauptzollamt forderte mit Bescheid vom 15. Juni 2005 von der Klägerin erneut insgesamt 7.815,49 EUR Zoll nach, weil die Teigblätter in die Unterpos. 1905 90 20 KN sowie die mit Käse und Kräutern gefüllten Teigblätter in die Unterpos. 1905 90 90 KN einzureihen seien.
Mit ihrem gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch machte die Klägerin geltend: Die Yufka-Teigblätter seien nur kurz getrocknet worden, um sie haltbarer zu machen. Ein Verzehr der Teigblätter in der eingeführten Form sei ausgeschlossen, weil sie noch weiter verarbeitet werden müssten. Da von der Unterpos. 1905 90 20 KN nur reine Fertigprodukte erfasst würden, seien die Teigblätter in die Unterpos. 1901 20 00 KN einzureihen.
Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 13. Februar 2006 zurück und führte aus: Die Teigblätter seien in die Unterpos. 1905 90 20 KN und die gefüllten Teigblätter seien in die Unterpos. 1905 90 90 KN einzureihen. Durch die Hitzebehandlung hätten die Teigblätter die Eigenschaften von rohem Teig verloren. Die mikroskopische Untersuchung lasse deutlich die durch die Hitzeeinwirkung hervorgerufene Verkleisterung der Weizenstärke erkennen. Die der Klägerin erteilte verbindliche Zolltarifauskunft vom 9. November 2004, mit der Bräunungsstellen aufweisende Teigblätter in die Unterpos. 1905 90 90 KN eingereiht worden seien, habe zum Zeitpunkt der Einfuhr der in Rede stehenden Teigblätter noch nicht gegolten und sei zwischenzeitlich widerrufen worden. Selbst wenn man einen Irrtum der Zollbehörde annehme, sei dieser für die Klägerin als erfahrene Wirtschaftsteilnehmerin erkennbar gewesen. Sie hätte sich rechtzeitig informieren und alle zur Verfügung stehenden Auskünfte einholen müssen.
Die Klägerin hat am 2. März 2006 Klage erhoben mit der sie vorträgt: Die von ihr angemeldeten Yufka-Teigblätter, die ohne Zugabe von Öl hergestellt worden seien, seien für wenige Sekunden einer Wärmebehandlung unterzogen worden. Hierdurch seien sie nicht getrocknet, sondern nur angetrocknet worden. Sie seien auch nicht gebacken, sondern nur wasserreduziert worden, selbst wenn dies zu Verkleisterungen der Stärke geführt habe. Es habe sich deshalb nicht um vollständig gebackene Teigblätter gehandelt, die unmittelbar verzehrt werden könnten. Eine Eignung zum Verzehr sei erst gegeben, wenn sie fertig gebacken und durchgetrocknet seien. Die Waren seien daher in die Unterpos. 1901 20 00 KN, hilfsweise in die Unterpos. 1905 90 90 KN einzureihen. Eine Zuweisung zur Unterpos. 1905 90 20 KN scheide aus, weil die Teigblätter noch nicht ihre endgültige Form gefunden hätten. Dies werde durch die Verordnung (EG) Nr. 218/2003 (VO Nr. 218/2003) der Kommission vom 4. Februar 2003 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl EU Nr. L 29/5) bestätigt, wenn auch die von ihr angemeldeten Teigblätter kein Öl enthielten, was jedoch an der Qualität und dem Geschmack des Teigs nichts ändere. In Weizenmehl seien zudem natürliche pflanzliche Öle vorhanden, die etwa 0,5 % der Inhaltsstoffe bei Yufka-Teigblättern ausmachten. Im Übrigen sei ihrem Ehemann am 24. März 1995 eine verbindliche Zolltarifauskunft erteilt worden, mit der Yufka-Teigblätter in die Unterpos. 1901 20 00 KN eingereiht worden seien. Der T GmbH sei am 13. Oktober 1999 eine verbindliche Zolltarifauskunft erteilt worden, mit der Sac Yufka-Blätterteig ebenfalls in die Unterpos. 1901 20 00 KN eingereiht worden sei. Die Anmeldung von Yufka-Teigblättern unter der Unterpos. 1901 20 00 KN sei jahrelang akzeptiert worden, obwohl das beklagte Hauptzollamt davon ausgegangen sei, dass die Ware der Unterpos. 1905 90 20 KN zuzuweisen sei. Selbst wenn hierin ein Irrtum der Zollbehörde zu sehen sei, handele es sich um einen aktiven Irrtum. Da sie auf der Grundlage der erteilten verbindlichen Zolltarifauskünfte angenommen habe, dass die Teigblätter entweder in die Unterpos. 1901 20 00 KN oder in die Unterpos. 1905 90 90 KN einzureihen gewesen seien, habe sie sich bei ihren wirtschaftlichen Entscheidungen auf die geringere Abgabenbelastung verlassen können. Das beklagte Hauptzollamt habe sich für den Erlass des angefochtenen Bescheids nicht auf eine Änderungsvorschrift stützen können. Mit dem Bescheid vom 7. Dezember 2004 habe es vielmehr den Einfuhrfall abschließend dahin entschieden, dass die nachgeforderten Einfuhrabgaben zu erlassen seien.
Die Klägerin beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 15. Juni 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2006 aufzuheben.
Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt es vor: Die Teigblätter könnten nicht in die Pos. 1901 KN eingereiht werden, weil es sich nicht um fertigen oder zubereiteten Teig, sondern um getrocknete Teigblätter handele, die auf Grund der Wärmebehandlung eine trockene Oberfläche aufweisen würden. Für die Einreihung der Teigblätter in die Unterpos. 1905 90 KN komme es weder auf ihre Verzehrfähigkeit noch darauf an, ob sie noch weiter bearbeitet werden müssten. Die Klägerin könne sich nicht auf die VO Nr. 218/2003 stützen, weil die darin beschriebenen Waren mit pflanzlichem Öl hergestellt worden seien. Demgegenüber seien mit der Verordnung (EG) Nr. 1196/97 (VO Nr. 1196/97) der Kommission vom 27. Juni 1997 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl EG Nr. L 170/13) aus Reismehl, Salz und Wasser hergestellte getrocknete Teigblätter der Unterpos. 1905 90 20 KN zugewiesen worden, wobei auch hier erst nach einer Weiterbehandlung verzehrfertige Erzeugnisse vorlägen. Der Umstand, dass der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag mit Bescheid vom 7. Dezember 2004 erlassen worden sei, beruhe zwar auf einem aktiven Irrtum der Zollbehörde. Diesen Irrtum habe die Klägerin als erfahrene Einführerin jedoch erkennen können. Ihr sei bekannt gewesen, dass Teigblätter, an denen Bräunungsstellen festgestellt worden seien, seit Jahren der Unterpos. 1905 90 20 KN zugewiesen worden seien. Die Zollstelle habe ihre Anmeldung unter der Pos. 1901 KN auch nicht akzeptiert, sondern die Abgaben im Hinblick auf die Untersuchung der Warenproben nicht abschließend festgesetzt. Wenn andere Zollanmeldungen unbeanstandet geblieben seien, bei denen keine Beschau bzw. keine Entnahme von Proben stattgefunden habe, könne nicht von einer Tarifierungsentscheidung oder von einem bewussten Einverständnis mit der angemeldeten Unterposition gesprochen werden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Abgabenbescheid vom 15. Juni 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das beklagte Hauptzollamt hat den Zoll zu Recht nach Art. 220 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex - ZK -) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl EG Nr. L 302/1) nachträglich buchmäßig erfasst und den Abgabenbetrag der Klägerin nach Art. 221 Abs. 1 ZK mitgeteilt. Der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag ist zunächst auf der Grundlage der von ihr angemeldeten Unterposition mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden. Die Teigblätter sind nicht in die von ihr angemeldete Unterposition, sondern in die von der ZPLA A ermittelten Unterpositionen einzureihen.
Das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren ist allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln der KN festgelegt sind (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - , Urteile vom 7. Februar 2002 Rs. C-276/00, Slg. 2002, I-1389 Rdnr. 21; vom 4. März 2004 Rs. C-130/02, Slg. 2004, I-2121 Rdnr. 28). Dabei stellen die Erläuterungen des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens zum Harmonisierten System (Erl(HS)) sowie die Erläuterungen der Kommission zur Kombinierten Nomenklatur (Erl(KN)) ein wichtiges, wenn auch ein nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen dar (EuGH-Urteile in Slg. 2002, I-1389 Rz. 22 sowie in Slg. 2004, I-2121 Rdnr. 28).
Von der Unterpos. 1905 90 20 KN, die im Streitfall in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1789/2003 der Kommission vom 11. September 2003 (ABl EU Nr. L 281/1) anzuwenden ist, werden unter anderem getrocknete Teigblätter aus Mehl oder Stärke und ähnliche Waren erfasst. Wie bereits der Wortlaut dieser Unterposition verdeutlicht, müssen die genannten Teigblätter im Zeitpunkt ihrer Einfuhr nicht vollständig gebacken sein. Es reicht vielmehr aus, wenn sie - wie im Streitfall - durch Hitzeeinwirkung so getrocknet wurden, dass eine Verkleisterung der Weizenstärke eingetreten ist, wie dies die ZPLA A festgestellt hat und von der Klägerin eingeräumt wird. Überdies hat die Untersuchung der entnommenen Proben durch die ZPLA A ergeben, dass die Teigblätter auf Grund der Hitzebehandlung eine mehr oder weniger starke Braunfärbung erhalten haben, so dass sie als vorgebackene Erzeugnisse anzusehen sind. Diese Untersuchungsergebnisse hat die Klägerin nach Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK für die gesamte von ihr angemeldete Warensendung gegen sich gelten zu lassen, ohne dass es darauf ankommt, dass die Teigblätter durch die Hitzebehandlung nur wasserreduziert worden sein sollen. Maßgebend ist allein die objektive Beschaffenheit der Teigblätter im Zeitpunkt ihrer Einfuhr durch die Klägerin.
Anders als die Klägerin meint, steht der Einreihung der Teigblätter in die Pos. 1905 KN nicht entgegen, dass diese noch nicht verzehrfertig waren, sondern weiter bearbeitet werden mussten. Der Wortlaut der Pos. 1905 KN nennt neben Backwaren auch getrocknete Teigblätter aus Mehl oder Stärke und ähnliche Waren, ohne dass dabei vorausgesetzt wird, dass es sich um Waren handelt, die zum unmittelbaren Verzehr geeignet sind. Dies wird bestätigt durch die Erl(HS) zu Pos. 1901 Rdnr. 32.5. Hiernach sind bereits teilweise gebackene Backwaren, die ein weiteres Backen erfordern, bevor sie verzehrt werden können, von der Pos. 1901 ausgenommen. Auch den Erl(HS) zu Pos. 1905 Rdnr. 24.0 und 28.0 kann entnommen werden, dass dieser Position neben einer Anzahl "meist gebackener" Waren aus Mehl- oder Stärketeig auch lediglich vorgebackene bzw. getrocknete Waren aus Mehl- oder Stärketeig zuzuweisen sind. Darüber hinaus werden mit der VO Nr. 1196/97 sowie mit der VO Nr. 218/2003 den in Rede stehenden Teigblättern ähnliche Waren ebenfalls der Pos. 1905 KN zugewiesen. Wenn auch diese Einreihungsverordnungen andere Waren betreffen, so können sie doch als Argumentationshilfe herangezogen werden (Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 9. Mai 2000 VII R 14/99, BFH/NV 2001, 72).
Da demnach die Teigblätter von der Pos. 1905 KN erfasst werden, ist ein Rückgriff auf die Auffangposition 1901 KN nicht zulässig (BFH-Beschlüsse vom 22. April 2002 VII B 142/01, BFH/NV 2002, 1183; vom 9. Februar 2004 VII B 109/03, BFH/NV 2004, 990). Innerhalb der Pos. 1905 KN sind die nicht gefüllten Teigblätter in die Unterpos. 1905 90 20 KN einzureihen. Eine Einreihung dieser Teigblätter in die Unterpos. 1905 90 90 KN kommt nich in Betracht, weil ihnen im Gegensatz zu den im Anhang zur VO Nr. 218/2003 beschriebenen Waren kein Öl zugesetzt worden ist. Soweit die Klägerin unter Beweisantritt behauptet, in Weizenmehl seien natürliche pflanzliche Öle vorhanden, die etwa 0,5 % der Inhaltsstoffe bei Yufka-Teigblättern ausmachten, kann dies als richtig unterstellt werden. Denn dies würde nichts an der Einreihung der nicht gefüllten Teigblätter in die Unterpos. 1905 90 20 KN ändern. Auf den natürlichen Gehalt an pflanzlichen Ölen in dem in dieser Unterposition genannten Mehl kommt es nicht an. Tarifierungserheblich kann nach der VO Nr. 218/2003 allenfalls der im Streitfall nicht gegebene Umstand sein, dass dem zur Herstellung der Teigblätter verwendeten Weizenmehl neben Salz und Wasser noch pflanzliches Öl zugesetzt worden ist.
Die mit Käse und Kräutern gefüllten Teigblätter sind in die Unterpos. 1905 90 90 KN einzureihen, weil es sich hierbei nicht nur um getrocknete Teigblätter aus Mehl oder Stärke und ähnliche Waren i.S. der Unterpos. 1905 90 20 KN handelt. Da es jedenfalls auch getrocknete Teigblätter sind, verbleiben die Waren in der Pos. 1905 KN. Die Käse- und Kräuterfüllung verleiht ihnen nicht ihren wesentlichen Charakter (3b der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur - AV -). Denn ohne die Teigblätter würden die Waren ihre charakteristischen Eigenschaften verlieren (vgl. hierzu das EuGH-Urteil vom 7. Februar 2002 Rs. C-276/00, Slg. 2002, I-1389 Rdnr. 26).
Der nachträglichen buchmäßigen Erfassung des von der Klägerin geschuldeten Abgabenbetrags stand auch nicht Art. 220 Abs. 2 i.V.m. Art. 217 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b ZK entgegen. Die verbindliche Zolltarifauskunft der ZPLA B, mit der Teigblätter aus Weizenmehl, Wasser und Salz, die hellbraune Bräunungsstellen aufweisen, in die Unterpos. 1905 90 90 KN eingereiht worden sind, ist der Klägerin erst am 9. November 2004 und damit nach der Abgabe der Zollanmeldung vom 2. August 2004 erteilt worden (Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 2 ZK). Die verbindliche Zolltarifauskunft vom 24. März 1995 (Bl. 22 GA) ist nicht der Klägerin erteilt worden (Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 1 ZK) und war am 2. August 2004 nicht mehr gültig (Art. 12 Abs. 4 Satz 1 ZK). Überdies bezog sich diese Auskunft ebenso wie die der T GmbH erteilte verbindliche Zolltarifauskunft vom 13. Oktober 1999 (Bl. 23 GA) nur auf "ungebackene Teigblätter".
Von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung des geschuldeten Abgabenbetrags war auch nicht nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK abzusehen. Dabei kann zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass zumindest in dem Erlass des Bescheids vom 7. Dezember 2004, mit dem der Abgabenbescheid vom 15. Oktober 2004 aufgehoben worden ist und die Einfuhrabgaben erlassen worden sind, ein Irrtum der Zollbehörde zu sehen ist. Die Klägerin hat jedenfalls nicht alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten. Dies setzt voraus, dass der Anmelder alle im Gemeinschaftsrecht sowie in den zu seiner Ergänzung und Umsetzung erlassenen Vorschriften vorgesehenen Angaben macht, die für die beantragte Zollbehandlung erforderlich sind ( EuGH-Urteile vom 1. April 1993 Rs. C-250/91, Slg. 1993, I-1819 Rdnr. 29 sowie vom 14. November 2002 Rs. C-251/00, Slg. 2002, I-10433 Rdnr. 61). Nach Art. 216 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (ZK-DVO) der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl EG Nr. L 253/1) i.V.m. Anhang 37 Titel II C. Nr. 31 zur ZK-DVO, der im Streitfall noch in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Art. 1 Nr. 18 der Verordnung (EG) Nr. 2286/2003 der Kommission vom 18. Dezember 2003 (ABl EU Nr. L 343/1) anzuwenden ist, waren in der Anmeldung die zum Erkennen der Waren erforderlichen Angaben zu machen. Unter dieser Warenbezeichnung war die übliche Handelsbezeichnung der Ware zu verstehen, die so genau sein musste, dass die sofortige und eindeutige Identifizierung sowie die unmittelbare und richtige Einreihung der Ware möglich war (Anhang 37 Titel II C. Nr. 31 zur ZK-DVO). Die Klägerin hat in ihrer Anmeldung die eingeführten Waren jedoch lediglich mit "Yufka (Teigblätter)" bezeichnet, ohne die tarifierungserhebliche Hitzebehandlung und dadurch hervorgerufene teilweise Braunfärbung der Teigblätter anzugeben. Ferner hat sie nicht die ebenfalls tarifierungserhebliche unterschiedliche Beschaffenheit der Warensendung angemeldet, die neben einer Menge von 13.728 kg reiner Teigblätter auch eine Menge von 1.680 kg mit Käse und Kräutern gefüllte Teigblätter umfasste. Auf Grund der in der Zollanmeldung gemachten Angaben der Klägerin war daher nicht eine unmittelbare und richtige Einreihung der Waren möglich.
Anders als die Klägerin meint, war das beklagte Hauptzollamt auch noch nach dem Ergehen des Bescheids vom 7. Dezember 2004, mit dem der Abgabenbescheid vom 15. Oktober 2004 aufgehoben worden ist und die Einfuhrabgaben erlassen worden sind, auf Grund der Art. 220 Abs. 1 Satz 1, 221 Abs. 1 ZK befugt, den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag erneut nachzuerheben. Die Zollschuld war nach Art. 242 Satz 1 ZK nicht erloschen, weil sie zu Unrecht erlassen worden war. Innerhalb der Verjährungsfrist des Art. 221 Abs. 3 Satz 1 ZK durfte das beklagte Hauptzollamt den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag erneut nachfordern, ohne an vorangegangene Entscheidungen gebunden zu sein. Denn eine zollrechtliche Entscheidung, mit der Einfuhrabgaben nacherhoben werden, ist in seinem Bestand und in seiner Wirkung unabhängig von einem zuvor ergangenen Abgabenbescheid (BFH-Beschluss vom 6. August 1996 VII B 35/96, BFH/NV 1997, 207).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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